Behandelter Abschnitt Lk 12,1-12
Wir haben gesehen, dass das begünstigte Volk beiseitegesetzt wurde und dass das Gericht auf „dieses Geschlecht“ wartete, nicht auf die Herrlichkeit, und dass die Wehe über jene Gruppen unter ihnen kam, die in der öffentlichen Wertschätzung am höchsten standen, die in der Tat jetzt die offensichtlichen Widersacher des Messias waren. Unser Kapitel beginnt mit der Warnung des Herrn an die Menge, die sich um Ihn drängte, sich vor dem Sauerteig der Pharisäer zu hüten, der Heuchelei ist.
Dementsprechend finden wir den Herrn, der zeigt, dass ein neues Zeugnis geformt werden sollte, das nicht durch das Gesetz, sondern durch das Licht Gottes bestimmt wird. „Es ist aber nichts verdeckt, was nicht aufgedeckt, und verborgen, was nicht erkannt werden wird“ (V. 2). Und dieses Zeugnis, wie es im Licht war, so sollte es auch in der Welt verbreitet werden. Es sollte nichts mehr verborgen sein, nichts mehr verschwiegen werden. Damit stimmt die Lehre des Apostels Paulus völlig überein – dass Gott jetzt, auf die Verwerfung Israels hin, das „Geheimnis, das von den Zeitaltern und von den Geschlechtern her verborgen war, jetzt aber seinen Heiligen offenbart worden ist“ (Kol 1,26). Dasselbe gilt für die Moral. Das Herz wird entblößt, die Natur wird gerichtet, alles wird nun in das Licht Gottes gebracht. „Deswegen wird alles, was ihr in der Finsternis gesprochen habt, im Licht gehört werden, und was ihr in den Kammern ins Ohr geredet habt, wird auf den Dächern verkündet werden“ (V. 3).
Dies ist von größter Wichtigkeit und äußerst ernst. Schon jetzt formt Gott die Menschen im Licht. Das Licht stellt sie auf die Probe. Licht ist seine eigene moralische Natur, die alles aufspürt, was mit sich selbst unvereinbar ist. Das zeigt uns, was für einen wunderbaren Charakter das Christentum sowohl moralisch als auch lehrmäßig hat. Unter dem Gesetz war es nicht so; da waren viele Dinge wegen der Härte ihrer Herzen erlaubt. Der Schleier war noch nicht zerrissen. Gott hatte seine eigene absolute Natur, die in Christus sichtbar wurde, noch nicht hervorgebracht, um den Menschen danach zu beurteilen. Es gab keine richtige Offenbarung Gottes sogar unter dem Gesetz nicht, obwohl es viele Offenbarungen von Ihm gab. Es gab Gebote, es gab Verheißungen, es gab Prophezeiungen, wenn Dinge nicht gut waren, aber Jesus ist die Offenbarung Gottes. So wie Er der eingeborene Sohn ist, ist Er das wahre Licht, das jetzt leuchtet; und so ist auch die Atmosphäre, die der Christ einatmet. Wir wandeln im Licht, so wie Gott im Licht ist. Das war eine ganz neue Lehre, besonders für die Pharisäer, die sie hörten. Sie zeichneten sich durch einen schönen Schein vor den Menschen aus, der in den Augen Gottes Heuchelei war. Die Menge wurde gewarnt, dass all das zu einem Ende kommen würde. Nicht nur der Tag des Gerichts wird es offenbar machen, sondern der Glaube nimmt diesen Tag vorweg. Und nun ist der Glaube gekommen. Das Christentum gründet sich nicht auf das Gesetz, sondern auf den Glauben; und das Christentum allein, sowohl als eine Frage des Lichts als auch der Liebe, geht energisch voran. Überall soll das Evangelium jedem Geschöpf gepredigt werden. Das Wort Christi soll allen Völkern verkündet werden – das Gesetz wurde nur Israel gegeben.
Aber da ist noch eine andere Überlegung, dass es jetzt nicht um das Eingreifen gegenwärtiger irdischer Gerichte geht, sondern um die Furcht vor Gott, dessen ewiges Gericht denen offenbart wird, die sein Wort verachten. „Ich sage aber euch, meinen Freunden: Fürchtet euch nicht vor denen, die den Leib töten und danach nichts weiter zu tun vermögen“ (V. 4). Das Gesetz zeigte irdische Handlungen: Jetzt wird der Zorn Gottes vom Himmel offenbart, und dieser Zorn hat ewige Folgen. Es ist nicht nur die Aufhebung des Zorns über den Menschen, noch die lehrreiche Lektion für alle in einem auserwählten Volk auf der Erde, sondern die Gewissheit, dass Leib und Seele in die Hölle geworfen werden müssen. Dies wird sich gegenwärtig für die als wahr erweisen, die im Widerstand gegen Gott und in der Verwerfung seines letzten Zeugnisses lebend gefunden werden; und es wird auch am Ende des Königreichs für die wahr sein, die seit Anbeginn der Welt in ihren Sünden gestorben sind. Dann wird Gott zeigen, wie wahrhaftig Er der ist, den man fürchten muss; denn die Heuchelei der Pharisäer hatte ihre Wurzel in der Furcht vor Menschen. Sie fürchteten Gott nicht. Sie wollten vor den Menschen gut dastehen, vor allem, wenn es um religiöses Ansehen ging: Ist das wahre Gottesfurcht? „Fürchtet euch nicht vor denen, die den Leib töten und danach nichts weiter zu tun vermögen.“ Durch die Erlösung werden wir zu Gott gebracht. Das Christentum setzt im Wesentlichen voraus, dass der Mensch in die Gegenwart des Unsichtbaren und Ewigen gebracht wird. „Ich will euch aber zeigen, wen ihr fürchten sollt: Fürchtet den, der nach dem Töten Gewalt hat, in die Hölle zu werfen; ja, sage ich euch, diesen fürchtet“ (V. 5).
Aber dann nennt der Herr Motive des Trostes, wie diese der Warnung waren. Das gegenwärtige Licht Gottes und das zukünftige Gericht Gottes waren feierliche Erwägungen für jeden Menschen; aber jetzt finden wir den Trost seiner gegenwärtigen Fürsorge und seines zukünftigen Lohns. „Werden nicht fünf Sperlinge für zwei Cent [assaria] verkauft, und ist nicht einer von ihnen vor Gott vergessen“ (V. 6). Welch unendliche Fürsorge Gottes, die sich bis zum Geringsten herablassen kann, das der Mensch am meisten verachtet! Wie viel mehr dann seine Fürsorge für die, die seine Zeugen sind! Denn jetzt, bei der Beiseitesetzung des jüdischen Volkes, sollte ein neuer Leib von Menschen gebildet werden, die für Christus Zeugnis ablegen sollten und deren Haare auf dem Haupt gezählt werden würden. Es gibt nichts, was jemanden, der für die Wahrheit Zeugnis ablegt, mehr stärkt, als das Bewusstsein der Liebe Gottes, und dass das Geringste, was ihn betrifft, für Gott von Interesse ist. „Aber selbst die Haare eures Hauptes sind alle gezählt. So fürchtet euch nicht; ihr seid vorzüglicher als viele Sperlinge“ (V. 7).
Kein gegenwärtiges Bewusstsein des Guten würde jedoch ausreichen, um jemanden in der Gegenwart des Bösen aufrechtzuhalten. Und Gott schiebt das Böse nicht beiseite, sondern gibt geistliche Kraft, es zu ertragen; Er sendet ein Zeugnis, das das Böse gänzlich verurteilt, und bürgt für die Kraft, es zu ertragen. Die Kraft besteht nun darin, um der Gerechtigkeit oder Christi willen zu leiden, nicht darin, die Welt zu reformieren. Sie besteht nicht darin, das Böse der Welt zu richten. Dazu ist Gott allein befugt, und Er wird es endgültig aufheben und richten, statt zu reformieren. Aber neben alledem braucht der Gläubige den Trost der Zeit, in der er völlig aus der Macht des Bösen herausgenommen sein wird; und die Zukunftsaussicht ist hell vor uns. „Ich sage euch aber: Jeder, der irgend sich vor den Menschen zu mir bekennt, zu dem wird auch der Sohn des Menschen sich vor den Engeln Gottes bekennen; wer mich aber vor den Menschen verleugnet, der wird vor den Engeln Gottes verleugnet werden“ (V. 8.9). Sowohl Treue als auch Untreue haben ihre Folgen am Tag der Herrlichkeit. „Und jeder, der ein Wort sagen wird gegen den Sohn des Menschen, dem wird vergeben werden; dem aber, der gegen den Heiligen Geist lästert, wird nicht vergeben werden“ (V. 10). Dies war bewiesen. Wer hat mehr gegen Ihn geredet als Saulus von Tarsus? Wer war ein eindrucksvollerer Beweis und Zeuge der Vergebung, als er es war? So wird es auch mit der Nation sein. Wenn „dieses Geschlecht“ leiden muss, jetzt leidet und noch leiden wird, so wird doch der Nation am Ende vergeben werden, das heißt einem Überrest. „Dem aber, der gegen den Heiligen Geist lästert, wird nicht vergeben werden.“ Das ist das Schicksal „dieses Geschlechts“. Sie würden nicht nur Christus selbst verwerfen, sondern auch das weitere Zeugnis, das, wie wir gesehen haben, das Ziel des Geistes Gottes ist, uns in diesem Kapitel vor Augen zu führen. Jetzt haben wir ein sehr wichtiges Element in dieser neuen Sache. Nicht nur war da Licht und Wahrhaftigkeit, nicht nur die Energie, die in der Verkündigung ausging, und die bewahrende Fürsorge Gottes jetzt, mit Belohnung in der Zukunft; sondern, neben allem, ist da die Kraft des Heiligen Geistes. Das macht es unsagbar ernst. „Dem aber, der gegen den Heiligen Geist lästert, wird nicht vergeben werden.“ Welch ein Problem! Andererseits: Welch ein gnädiger Beistand für den Gläubigen! Welcher Ernst und welche Übung der Liebe in der Verkündigung muss da sein, wenn man erkennt, dass es in gewissem Sinn schlimmer ist, das Zeugnis zu verwerfen, jetzt, wo der Heilige Geist gegeben ist, als zu der Zeit, als sogar der Herr selbst hier auf der Erde war! Denn der Heilige Geist gibt nicht nur Zeugnis von Christus, sondern auch von seiner vollbrachten Erlösung und seinem Kreuz. Wer also die vollste Barmherzigkeit Gottes ablehnt, nachdem Er die Sünde durch das Opfer seines Sohnes vollständig vergeben hat, zeigt sich völlig unempfänglich sowohl für seine Sünde als auch für die Gnade Gottes und die Herrlichkeit Christi. Dies alles bringt der Heilige Geist nun ungetrübt zum Vorschein. Daher ist es unverzeihlich, Ihn zu lästern. „Dem aber, der gegen den Heiligen Geist lästert, wird nicht vergeben werden.“
Aber der Heilige Geist wirkt nicht nur, indem Er das Zeugnis so ernst besiegelt; Er ist auch eine positive Kraft für den, der mit dem Zeugnis beschäftigt ist. „Wenn sie euch aber vor die Synagogen und die Obrigkeiten und die Gewalten führen, so seid nicht besorgt, wie oder womit ihr euch verantworten oder was ihr sagen sollt“ (V. 11). Denn wenn der Geist gegeben werden würde, würde das Böse in der Welt nicht mehr beiseitegeschoben werden können: Das wird, wie wir wissen, immer schlimmer. Dementsprechend, wenn sie vor die Mächte der Welt gebracht werden sollten, „seid nicht besorgt“, sagt der Herr zu ihnen, „wie oder womit ihr euch verantworten oder was ihr sagen sollt.“ Der Geist der absoluten Abhängigkeit von Gott wird uns hier gezeigt: „denn der Heilige Geist wird euch in derselben Stunde lehren, was ihr sagen sollt“ (V. 12). Das schließt den ersten Teil des Kapitels ab und zeigt uns die Macht des Zeugnisses und damit die Gefahr derer, die es ablehnen, und die Ermutigung derer, die es geben.