Behandelter Abschnitt Lk 3,21-22
Und nun ist die Tür geöffnet, um Jesus zu beschreiben: „Es geschah aber, als das ganze Volk getauft wurde und Jesus getauft war und betete, dass der Himmel aufgetan wurde“ (V. 21). Wie schön ist dieses Bild! Der Herr, vollkommen wie Er war, hielt sich nicht von den Menschen fern. Moralisch getrennt von den Sündern, dennoch zog ihr Sündenbekenntnis, das in ihrer Taufe enthalten war, das Herz des Herrn an, und Er wollte bei ihnen sein, obwohl Er selbst absolut sündlos war. Als Jesus ebenfalls getauft war und betete – so gründlich nahm Er seinen Platz als der abhängige Mensch auf der Erde ein – und während Er betete, öffneten sich die Himmel und kam der Heilige Geist in leiblicher Gestalt, wie eine Taube, auf Ihn hernieder und erging eine Stimme aus dem Himmel: „Du bist mein geliebter Sohn, an dir habe ich Wohlgefallen gefunden“ (3,22a).
Die Himmel hatten sich noch nie zuvor geöffnet, außer im Gericht, als Hesekiel sie sah. Aber es gab einen Gegenstand auf der Erde, auf den sogar Gott mit Freude blicken konnte. Es gab nichts im Himmel, das geeignet war, die Aufmerksamkeit Gottes auf sich zu ziehen und zu richten; nichts konnte sein Wohlgefallen finden: Ein Geschöpf konnte es nicht, aber Jesus, weil Er nicht nur Gott, sondern vollkommener Mensch war, war genau das, was die Liebe Gottes – seines Herzens – traf. Es war Gottes Wonne, herabzuschauen und einen Menschen zu sehen, der all seinen Zuneigungen und seiner Natur und seinem Verstand und seinem Urteil über alles gerecht werden konnte. Das ist wunderschön und zeigt, was die Gnade Gottes im Zusammenhang damit ist, dass Er getauft wurde, als das ganze Volk getauft war. Der Mensch als solcher weiß nichts von den Gedanken Gottes. Wie der Himmel hoch über der Erde ist, so sind seine Gedanken höher als unsere Gedanken; und der Himmel antwortet nun auf Jesus auf der Erde, und der Heilige Geist kommt auf Ihn herab.
Von Anfang an hatte der Heilige Geist mit Jesus als Mensch zu tun; das wurde uns in Kapitel 1 gesagt, wo es hieß (als Maria sich erkundigte, wie sie Mutter eines Kindes werden sollte), dass der Heilige Geist auf sie kommen würde. Aber Jesus war viel mehr als nur vom Heiligen Geist gezeugt. Der Heilige Geist kam auf Ihn herab. Das ist es, was Lukas in Apostelgeschichte 10,38 als seine Salbung von Gott bezeichnet: „Jesus, den von Nazareth, wie Gott ihn mit Heiligem Geist und mit Kraft gesalbt hat“. Die Salbung mit dem Heiligen Geist diente nicht dazu, dem Bösen der menschlichen Natur entgegenzuwirken – das war bereits durch seine wunderbare Empfängnis festgestellt. Es gab keinen Makel des Bösen in der Menschheit Christi; alles war vollkommen rein, es gab eine vollständige Abwesenheit der Sünde, Sünde in der Natur wie auch in der Tat. Aber da war noch mehr als das; da war der Geist Gottes auf Ihn ausgegossen. Gott, der Vater, versiegelte Ihn, und das, als Er getauft wurde, bevor Er seinen öffentlichen Dienst antrat. Es war der Ausdruck des vollkommenem Wohlgefallen Gottes an Ihm, und es war auch Kraft zum Dienst. Er allein von allen Menschen brauchte kein Blut, um sozusagen auf die Salbung mit dem Heiligen Öl vorbereitet zu werden. Ich spreche jetzt nach der Sprache von 2. und 3. Mose (2Mo 29,21; 3Mo 8,23.24). Andere seines Volkes würden den Heiligen Geist empfangen, aber dies nur aufgrund des Blutes, da sein Sühnungsblut auf sie gestrichen wurde. Wo das Blut hingestrichen wurde, konnte das Öl aufgetragen werden. Aber Jesus als Mensch empfängt den Heiligen Geist ohne vergossenes oder besprengtes Blut.
Der Heilige Geist kam in leiblicher Gestalt wie eine Taube auf Ihn herab. Ich bezweifle nicht, dass die äußere Form des Herabkommens des Geistes in Beziehung zum Charakter Christi stand, so wie die gespaltenen Zungen wie von Feuer in Beziehung zum Ort und Werk der Jünger am Pfingsttag standen. Es war nicht nur Zungen, sondern zerteilte Zungen, die zeigte, dass Gott nun sowohl zu den Heiden als auch zu den Juden hinausging. Es waren Zunge von Feuer, unabhängig von der Gnade; sie ist das Zeichen im göttlichen Gericht über alles Böse. Aber bei Christus gibt es keins dieser Merkmale. In leiblicher Gestalt kam der Geist herab wie eine Taube, das Sinnbild dessen, was sprichwörtlich rein und sanft bis zum letzten Grad ist. „Heilig, unschuldig, unbefleckt“ (Heb 7,26), so war Christus. Weiter heißt es: „Und eine Stimme aus dem Himmel erging: Du bist mein geliebter Sohn, an dir habe ich Wohlgefallen gefunden“ (V. 22b).
Auch diese Stimme ist von allergrößter Bedeutung. Es wird offenbart, dass Jesus als Mensch das Wohlgefallen Gottes hatte, nicht nur aufgrund eines Werkes, das getan werden sollte; es war die Person, die anerkannt wurde, und seine Person auch, nachdem Er sich mit den Menschen, die getauft wurden, einsgemacht hatte. Sie sollten seine Taufe weder missverstehen noch falsch deuten; es war die Taufe zur Buße für die Menschen, aber durch und durch in Gnade für Ihn. Er hatte nichts zu bekennen. Er stand im Begriff, in ein großes Werk einzutreten, aber die Taufe war in keiner Weise der Ausdruck eines Bedürfnisses seinerseits, noch machte sie Ihn für das, was Er nun begann, passend. „Du bist mein geliebter Sohn, an dir habe ich Wohlgefallen gefunden“ – nicht nur habe ich Wohlgefallen, sondern ich habe Wohlgefallen gefunden, habe mein Wohlgefallen gefunden. Es bezieht sich auf die Vergangenheit und nicht nur auf die Gegenwart.