Behandelter Abschnitt 4Mo 23
„Und Bileam sprach zu Balak: Baue mir hier sieben Altäre, und stelle mir hier sieben Stiere und sieben Widder bereit. Und Balak tat, so wie Bileam gesagt hatte; und Balak und Bileam opferten einen Stier und einen Widder auf jedem Altar. Und Bileam sprach zu Balak: Stelle dich neben dein Brandopfer, und ich will gehen; vielleicht wird der Herr mir entgegenkommen, und was er mich sehen lassen wird, das werde ich dir kundtun. Und er ging auf eine kahle Höhe“ (V. 1–3). Und auch dort begegnet Elohim6 Bileam, wenn er sagt: „Die sieben Altäre habe ich errichtet und auf jedem Altar einen Stier und einen Widder geopfert. Und der Herr legte ein Wort in den Mund Bileams und sprach: Kehre zu Balak zurück, und so sollst du reden“ (V. 4.5).
Und wunderbar ist das Wort, das gesprochen wurde. „Komm, verfluche mir Jakob“. Als er seinen Spruch beginnt, sagt er: „Komm, verfluche mir Jakob, ja, komm, verwünsche mir Israel“ (V. 7). Das war das Wort von Balak an ihn. Er antwortete: „Wie soll ich verfluchen, den Gott nicht verflucht, und wie verwünschen, den der Herr nicht verwünscht hat? Denn vom Gipfel der Felsen sehe ich es, und von den Höhen herab schaue ich es: Siehe, ein Volk, das abgesondert wohnt und sich nicht zu den Nationen rechnet! Wer könnte zählen den Staub Jakobs und, der Zahl nach, den vierten Teil Israels? Meine Seele sterbe den Tod der Rechtschaffenen, und mein Ende sei gleich dem ihren! (V. 8–10). Das heißt, er erklärt auf die ausdrücklichste Weise das große und gewiss grundlegende Vorrecht Israels, dass sie ein Volk waren, das herausgerufen wurde, um allein bei dem Herrn und für den Herrn da zu sein. Das ist die Grundlage ihres ganzen Segens. Darin unterschieden sie sich vom Rest der Welt, dass sie abgesondert waren, um bei dem Herrn, dem wahren Elohim, zu sein.
Danach kommt eine weitere Botschaft; denn diese ist vergleichsweise abstrakt, und die weitere Aufforderung Balaks bringt nacheinander mit immer größerer Klarheit die besondere Glückseligkeit des Volkes hervor, soweit es Gott gefiel, sie bekanntzumachen.7 Er sagt nicht, wen er treffen soll; und es scheint mir, dass die wahre Kraft des Verses am besten erreicht wird, wenn man ihn in dem vagen Geheimnis belässt, das eine solch elliptische Formulierung vermittelt. Bileam wusste sehr wohl, wen er zu treffen gewohnt war. Zumindest konnte er nicht anders, als Verdacht zu schöpfen, denn es gibt nie einen Menschen, der einen Dämon als den wahren Gott verehrt, der ein ruhiges Vertrauen des Herzens hat. Ist es möglich, sich einem Dämon anzuvertrauen? Es mag vielleicht eine verschwommene, trübe Vorstellung sein, die der Mensch nicht recht fassen und verstehen mag. Das ist im Grunde das, worauf Naturreligion oder Aberglaube hinauslaufen. Sie lassen die Menschen immer in einem Abstand von Gott, mit einer Art Streben und Suchen nach Gott, aber in Wirklichkeit mit einer Täuschung des Widersachers. In Bileams Fall gab es sogar noch mehr als das, weil er ständig mit geheimer Macht verfuhr, um Einfluss auf andere zu gewinnen, aber ebenso bewusst gegen Gottes Volk wie für sich selbst war.
Wo war etwas von Gott? – Etwas, das ein aufrechtes Gewissen befriedigen könnte? Doch der Herr begegnete Bileam. Zweifellos war das der Grund, warum unsere Übersetzer „Herr“ einfügten. Sie meinten, weil der Herr ihm begegnete, müsse er auch zu dem Herrn gegangen sein, während er nur die Worte „begegnen“ verwendete, vielleicht weil er seine gewohnte Hilfsquelle nicht verraten wollte. Aber der Herr gibt ihm ein neues Wort, und zwar ein Wort, das weit über das erste hinausgeht. „Steh auf, Balak, und höre! Horche auf mich, Sohn Zippors! Nicht ein Mensch ist Gott, dass er lüge, noch ein Menschensohn, dass er bereue. Sollte er sprechen und es nicht tun, und reden und es nicht aufrechterhalten?“ (V. 18.19). Die Sprache ist im feinsten Stil der hebräischen Poesie.
Jetzt haben wir das Volk Gottes, das Ziel der eindeutigen Mitteilungen Gottes. Nicht nur, dass sie Elohim als den haben, dem sie angehören und von allen anderen Völkern getrennt sind; aber jetzt spricht Er zu ihnen, Er teilt sich mit, Er öffnet ihnen seine Gedanken und sein Herz; und was ist der Sinn? Es sagt: „Siehe, zu segnen habe ich empfangen; und er hat gesegnet, und ich kann es nicht wenden. Er erblickt keine Ungerechtigkeit in Jakob und sieht kein Unrecht in Israel; der Herr, sein Gott, ist mit ihm, und Jubelrufe wie um einen König sind in seiner Mitte. Gott hat ihn aus Ägypten herausgeführt; sein ist die Stärke des Wildochsen“ (V. 20–22). Die kühnen Bilder, die verwendet werden, und die Anspielungen stehen alle in engstem Zusammenhang mit dem neuen Segen. Es ist nicht bloß eine absondernde Gnade, sondern eine eindeutige Rechtfertigung, die dargelegt wird.
Nur auf Grund der rechtfertigenden Gnade konnte Gott sie nach dem nennen, was nicht war, und sie schon jetzt als das sehen, was Er durch den Erlöser aus ihnen machen wollte. Das ist es, was Er vor Augen hat. Es ist klar, dass die Rechtfertigung für die Sünder völlig unmöglich ist, es sei denn, es wird ausgelöscht, was sie sind, und es wird dargelegt, was sie nicht sind. Wie sind diese Dinge möglich? Allein durch einen anderen kann es Rechtfertigung geben. So erblickt Gott „keine Ungerechtigkeit in Jakob“ (V. 23). Es ist nicht so, dass Er es leugnet; auch nicht, dass es keine Ungerechtigkeit auf ihrer Seite gab, denn die gab es tatsächlich. Und er hat auch nicht gesehen, dass sie pervers waren in Israel. Es ist eine Frage, worauf Er schaut. „Der Herr, sein Elohim, ist mit ihm, und Jubelrufe wie um einen Königs sind in seiner Mitte“ (V. 21).
Natürlich war die Zeit noch nicht gekommen, um dazulegen, wie das möglich sein würde. Erst lange danach wurde das mächtige Werk vollbracht, durch das es allein möglich ist; aber wir haben die kühne Ankündigung, soweit es angemessen gewesen wäre, sie durch die Mund von jemandem auszudrücken, der in der Rasse wie im Herzen ein völlig Fremder war; und wir haben sie so viel herrlicher ausgedrückt, weil sie einfach in ihrem großen Prinzip von jemandem gegeben wird, der die unaussprechliche Glückseligkeit sehen konnte, ohne im Geringsten die Erfahrung ihres Trostes für sich selbst zu kennen. In Gottes Weisheit war er gerade der Mann, der sogar dem Feind erklärte, dass es ganz und gar um das geht, was Er gewirkt hat, und nicht in irgendeiner Weise um Israels Tun oder Lassen. „Denn da ist keine Zauberei gegen Jakob und keine Wahrsagerei gegen Israel. Um diese Zeit wird von Jakob und von Israel gesagt werden, was Gott gewirkt hat. Siehe, ein Volk: Wie eine Löwin steht es auf, und wie ein Löwe erhebt es sich! Es legt sich nicht nieder, bis es den Raub verzehrt und das Blut der Erschlagenen getrunken hat“ (V. 23.24).
6 Der Gebrauch von Elohim und Jahwe hier ist sehr bemerkenswert; er ist absurd für die Urkundenhypothese und lehrreich für den Gläubigen im Blick auf die Einheit des Buches und die göttliche Inspiration seines Schreibers. Dies wird durch Bileams Gebrauch von Elion (Höchster) und Schaddai (Allmächtiger) in seinen letzten beiden Prophezeiungen (4Mo 24) immens bestätigt, als er nicht nach Zauberei suchte. Sollen wir auf den plumpen Kunstgriff eines, zweier oder mehrerer Schreiber zurückgreifen, um diese göttlichen Namen zu erklären, anstatt ihr Motiv in inneren Erwägungen zu suchen?↩︎
7 Wir müssen sorgfältig darauf achten, dass das kursiv gedruckte Wort „Herr“ keinen Anspruch auf einen Platz in Vers 16 hat. „Und er sprach zu Balak: Bleib hier bei deinem Brandopfer stehen, während ich mich drüben treffe.“↩︎