Behandelter Abschnitt 4Mo 24
Balak war erzürnt; dennoch beschließt er, es ein weiteres Mal zu versuchen. Zu Anfang dieses Kapitels heißt es: „Und als Bileam sah, dass es in den Augen des Herrn gut war, Israel zu segnen, ging er nicht wie die anderen Male auf Wahrsagerei aus, sondern wandte sein Angesicht zur Wüste“ (V. 1). Dies bestätigt wiederum voll und ganz die Bemerkung, die im vorigen Kapitel darüber gemacht wurde, was er zu treffen suchte. „Und Bileam erhob seine Augen und sah Israel, gelagert nach seinen Stämmen; und der Geist Gottes kam über ihn“ (V. 2). Wenn wir also irgendeinen Gegenstand vor Gott vollständig von jeder Frage der Sünde gereinigt haben, ist es nicht seine Art, dort zu ruhen. Wie wir wissen, folgt für den Christen die Freiheit, völlig losgelöst von dem, was er war, in den positiven Genuss sowohl des Ortes des Segens, an dem er steht, als auch von Gott selbst, der nun wahrhaftig in Christus erkannt ist, zu kommen. Rechtfertigung ist immer eine Berücksichtigung dessen, was wir waren, obwohl sie uns daraus herausführt. Wenn das jedoch in seiner Vollständigkeit gesehen wird, dann können wir auf allen Wegen der Gnade Gottes gehen. Und so ist es auch hier. Das neue Wort des Herrn hat einen anderen Charakter und wird deshalb in einer Weise eingeführt, die seine völlige Verschiedenheit von den früheren Worten, die dem Propheten gegeben wurden, kennzeichnet.
„Und er hob seinen Spruch an und sprach: Es spricht Bileam, der Sohn Beors, und es spricht der Mann geöffneten Auges. Es spricht, der die Worte Gottes hört, der ein Gesicht des Allmächtigen sieht, der niederfällt und enthüllter Augen ist: Wie schön sind deine Zelte, Jakob, deine Wohnungen, Israel!“ (V. 3–5). Es ist die offensichtliche Kostbarkeit der Stätte Israels, die seinem Mund jedenfalls (ich sage nicht: seinem Herzen) den Ausdruck des schönen und guten Standes des Volkes entlockte. „Wie Täler breiten sie sich aus, wie Gärten am Strom, wie Aloebäume, die der Herr gepflanzt hat, wie Zedern am Gewässer! Wasser wird fließen aus seinen Eimern, und seine Saat wird in großen Wassern sein; und sein König wird höher sein als Agag, und sein Königreich wird erhaben sein. Gott hat ihn aus Ägypten herausgeführt“ (V. 6–8). In beiden Fällen, so stellt man fest, ob es die vergleichsweise negative Seite der Rechtfertigung ist oder die positive Seite des reichen und freudigen Segens, mit dem das Volk von Gott ausgestattet wird, dass der Auszug aus Ägypten erwähnt wird.
Ein weiterer Gedanke fällt auf. Bileam bezieht sich nicht auf das, was sie in Kanaan werden sollten, sondern auf das, was Gott in ihnen sah – ja, was er selbst in ihnen sehen durfte, während sie in der Wüste waren. Es ist also ein wunderbar schönes Bild von dem, was die Gnade jetzt für den Christen und die Versammlung tut. Denn aufgrund der Erlösung und des Eintritts Christi in die himmlische Herrlichkeit und des herabgesandten Heiligen Geistes sind wir berechtigt, uns trotz allem, was in der Welt ist, trotz dem, was mit Recht als der verdorbene Zustand der Kirche hier auf der Erde bezeichnet wurde, immer an der wahren Schönheit der Kinder Gottes und der Versammlung auch jetzt zu erfreuen. Zweifellos ist es eine Vision nur für den Glauben; aber es ist eine Vision nicht für geschlossene, sondern für geöffnete Augen, wie es hier heißt. Gewiss, es ist keine Illusion, keine erhitzte menschliche Vorstellung von dem, was sie sein werden. Es ist das, was Gott in seinem Volk hier auf der Erde sieht und was Er uns durch den Glauben zu sehen gibt. Natürlich war es Israel, aber das gleiche Prinzip ist genauso wahr. Und ich brauche nicht zu sagen, und wirklich mit noch größerer Kraft, im Fall des Christen.
Die noch stärkeren Ausdrücke in der früheren Vision in 4. Mose 24, die Bileam verwendet, wenn er von der Macht spricht, mit der Gott sie ausstatten würde, treiben Balaks Zorn auf die Spitze; und er schlägt seine Hände zusammen: „Da entbrannte der Zorn Balaks gegen Bileam, und er schlug seine Hände zusammen; und Balak sprach zu Bileam: Meine Feinde zu verwünschen habe ich dich gerufen, und siehe, du hast sie sogar gesegnet, nun dreimal“ (V. 10). Wir müssen uns daran erinnern, dass Bileam bei alledem genauso wenig in der Lage war, der Macht Gottes zu widerstehen, die an ihm und durch ihn wirkte, wie Bileams Esel zuvor seine Ruhe hatte. Wir dürfen nicht annehmen, dass es auch nur das kleinste Maß an echter Anteilnahme an dem gab, was Gott tat. Der ganze Vorgang war eine Sache der Macht Gottes, trotz allem, was gegen sein Volk getan werden konnte, und das, weil Gott den Feind, der sich der Macht Satans bediente, um einen Fluch über Israel zu bringen, vereiteln wollte. Das war es, worauf Gott in souveräner Gnade mit einem so großartigen Ausdruck ihrer Glückseligkeit reagierte, und zwar von einer Seite, die man so nicht erwartet hatte.
Aber eine höchste Anstrengung bleibt, was das Verfluchen betrifft. Dementsprechend sagt Balak zu Bileam, er solle nun fortgehen, indem er ihn mit der Ehre und dem Reichtum verhöhnt, die er zu geben beabsichtigt hatte, von denen der Herr ihn, wie er hinzufügt, zurückgehalten hatte. Doch der Prophet scheint weder von der Begierde nach seinen Bestechungsgeldern beseelt zu sein, noch die Macht des Königs zu fürchten. Er sagt: „Wenn Balak mir sein Haus voll Silber und Gold gäbe, so könnte ich nicht den Befehl des Herrn übertreten, um aus meinem eigenen Herzen Gutes oder Böses zu tun; was der Herr reden wird, das werde ich reden? Und nun siehe, ich gehe zu meinem Volk. Komm, ich will dir kundtun, was dieses Volk deinem Volk tun wird am Ende der Tage“ (V. 13.14). Es umfasst wirklich das Ende dieses Zeitalters.
So war Bileam angesichts der Drohungen des Königs, die wohl seine eigenen Interessen betrafen, doch gezwungen, ein anderes, ein abschließendes Wort vom Herrn zu geben, und das, ohne ihm zu begegnen ... oder dem Herrn zu begegnen. Es ist das, was er gesagt und befohlen hat. Hier steht nicht nur der Name Schaddai (Allmächtiger), wie in der früheren Prophezeiung, sondern Elion (der Höchste), der über die Welt verfügen würde, wie es Ihm gefiel, im Hinblick auf sein beabsichtigtes Gericht über die Erde durch und für sein Volk; und hier spricht der Prophet ungefragt vom König. Es ist durchweg der Herr, obwohl darauf geachtet wird, zu zeigen, dass Er Elohim ist, und in entsprechender Verbindung Schaddai und Elion. „Und er hob seinen Spruch an und sprach: Es spricht Bileam, der Sohn Beors, und es spricht der Mann geöffneten Auges. Es spricht, der die Worte Gottes hört und der die Erkenntnis des Höchsten besitzt, der ein Gesicht des Allmächtigen sieht, der niederfällt und enthüllter Augen ist: Ich sehe ihn, aber nicht jetzt, ich schaue ihn, aber nicht nahe“ (V. 15–17). Ernste Worte, die die eigene Verurteilung des Mannes über sich selbst aussprechen. Wie wenig war es eine Frage des Willens oder des Herzens! „Ich sehe ihn, aber nicht jetzt, ich schaue ihn, aber nicht nahe; ein Stern tritt hervor aus Jakob, und ein Zepter erhebt sich aus Israel und zerschlägt die Seiten Moabs und zerschmettert alle Söhne des Getümmels. Und Edom wird ein Besitz sein und Seir ein Besitz, sie, seine Feinde; und Israel wird Mächtiges tun. Und einer aus Jakob wird herrschen, und er wird aus der Stadt den Überrest vertilgen“ (V. 17–19).
Auch bei der Betrachtung Amaleks geht er noch weiter und verkündet das sichere Verhängnis derer, die das Volk in der Wüste angegriffen hatten. „Die erste der Nationen war Amalek, aber sein Ende ist zum Untergang“ (V. 20). Dann, mit Blick auf die Keniter, sagt er: „Und er sah die Keniter und hob seinen Spruch an und sprach: Fest ist dein Wohnsitz, und auf den Felsen gesetzt dein Nest; doch der Keniter soll vertilgt werden, bis Assur dich gefangen wegführt“ (V. 21.22). Aber was ist mit dem siegreichen Assur? „Und er hob seinen Spruch an und sprach: Wehe! Wer wird am Leben bleiben, sobald Gott dies herbeiführt? Und Schiffe werden kommen von der Küste von Kittim und werden Assur demütigen und Heber demütigen“ (V. 23.24). Es kommt also nicht darauf an, ob es Westmächte oder Ostmächte sind, ob die Widersacher viele oder wenige sind, mit welchen Mitteln und aus welchem Winkel. Amalek mag die erste der Nationen sein und Assur die letzte; dennoch kommt Trübsal über Assur und Heber; „und auch er kommt zum Untergang“ (V. 24b). Es ist der Tag Immanuels, nicht der von David oder den Makkabäern. Der Herr allein wird an jenem Tag erhöht sein.
So wurde der beabsichtigte Fluch Bileams in den herrlichsten Segensspruch verwandelt, der jemals über das Volk Gottes ausgesprochen worden ist und der sich bis zu den letzten Tagen erstreckt, wenn Israel unter dem höchsten Gott, dem Besitzer des Himmels und der Erde, erhöht sein wird.
Wer würde einem solchen Gott und solchen Offenbarungen seiner Gedanken und seines Willens nicht vertrauen? Wer würde nicht Vertrauen in den haben, der die erbittertsten und hinterhältigsten Feinde nur umso mächtiger verwandelt, um zu beweisen, was Gottes Volk für Ihn selbst ist und wie vergeblich die Bemühungen seiner schlimmsten Feinde sind?