Behandelter Abschnitt 4Mo 11
Das unfehlbare Wort Gottes gibt uns beide Tatsachen, von demselben Schreiber und in demselben Buch. Es gab keine Vergesslichkeit seinerseits, sondern eine zärtliche Fürsorge für sein Volk – eine feine Frucht derselben göttlichen Gnade, die unser aller Herzen wertschätzen können. Leider ist es völlig anders bei dem Volk. Wenn die Not des Volkes Gott zu größerer Gnade veranlasste, so beklagt sich das Volk in der folgenden Begebenheit mit bitterem Undank. Der Herr hörte es: Sein Feuer brannte unter ihnen und verzehrte die, die am Ende des Lagers waren. Das Volk schrie, aber vor allem zu Mose. Und als Mose zum Herrn betete, folgt eine weitere Begebenheit, denn sogar der Zorn Gottes hatte keine dauerhafte Auswirkung auf sie. Aber hier finden wir das Ergebnis des Mischvolkes, das mit ihnen aus Ägypten gezogen war. Der Beweis wurde bald erbracht, dass es kein Abweichen von den Gedanken Gottes gibt, das nicht in den folgenden Tagen eine traurige Ernte hervorbringt. Die Fremden, die mit ihnen vermengt waren, wurde lüstern, und die Kinder Israel weinten wieder und sagten: „Wer wird uns Fleisch zu essen geben?“ (V. 4). Das war noch schlimmer als das Jammern kurz zuvor. Es war eine Verachtung der erwiesenen Gnade. Da war völlige Blindheit gegenüber der Güte Gottes. Sie sagten: „Wir erinnern uns an die Fische, die wir in Ägypten umsonst aßen, an die Gurken und die Melonen und den Lauch und die Zwiebeln und den Knoblauch; und nun ist unsere Seele dürr; gar nichts ist da, nur auf das Man sehen unsere Augen. ... Und als Mose das Volk nach seinen Familien, jeden am Eingang seines Zeltes, weinen hörte und der Zorn des Herrn heftig entbrannte, da war es übel in den Augen Moses“ (V. 5.6.10).
Es folgt die bemerkenswerte Stelle der Zwiesprache zwischen dem Herrn und seinem Knecht. Mose selbst ist durch Kummer und Bedrängnis der Umstände niedergeschlagen und bekennt, dass er sein Volk nicht tragen kann. Da befiehlt ihm der Herr, siebzig Männer aus den Ältesten Israels zu sich zu rufen. War das wirklich völlig nach den Gedanken des Herrn? Oder hat der Herr Mose nicht beim Wort genommen und deshalb seine besondere Ehre mit diesen Ältesten geteilt? Der Herr kam, wie es heißt, in einer Wolke herab und redete zu ihm und nahm von dem Geist, der auf ihm war, und legte ihn auf die siebzig Ältesten; und es geschah, als der Geist auf ihnen war, da weissagten sie und hörten nicht auf. Das war der Anlass zu der Eile Josuas, der etwas eifersüchtig über seinem Herrn wachte. Auch das war nicht gut. Es war eine Schwäche Moses, dass er dem Herrn nicht vertrauen konnte, für sein Volk zu sorgen; aber es war noch mehr in Josua, um Moses willen übereifrig zu sein. Die einzigartige Auszeichnung, mit der Gott Mose geehrt hatte, hätte Josua über solche Empfindungen erheben müssen. „Eiferst du für mich?“, sagte Mose. „Möchte doch das ganze Volk des Herrn Propheten sein, dass der Herr seinen Geist auf sie legte“ (V. 29).
Gesegnete Vorwegnahme dessen, was Gott an einem anderen Tag tun wollte – genau an dem Tag, an dem wir jetzt zu Gott gebracht sind und an dem Er uns in eins versammelt hat! Verstehen wir diesen unseren Tag? Erfreuen wir uns an diesem Geheimnis? Lassen wir uns von den Empfindungen Josuas in die Irre führen oder teilen wir die Gedanken Moses? Zweifellos ist es eine Stunde der Schwachheit, aber auch des Segens, des unendlichen Friedens und der Freude im Herrn. Aber wir finden noch mehr.
Der Herr hörte damals auf das Murren seines Volkes, das das Brot verachtete, das vom Himmel herabkam, und gab ihnen, wonach sie verlangten. Wie schwerwiegend ist dieses Verhalten für uns! Nicht nur ein gläubiges Gebet kann von Gott erhört werden, sondern auch ein ungläubiges; und es ist eine elende Sache, wenn das Herz nicht demütig ist und sich nicht sofort vor Gott beugt. Glücklich wäre es für Israel gewesen, wenn sie ihr Murren unterdrückt und sich selbst vor Gott zurechtgewiesen hätten! Sicherlich, wenn die Antwort sie auf die Knie und in den Staub vor Gott gebracht hätte, wäre es besser mit Israel gewesen; aber sie waren praktisch weit von Gott entfernt. Sie zogen es vor, selbst für sich zu sorgen, und misstrauten dem, der sie liebte. Wir werden bald feststellen, dass sich dies noch weiter ausbreitete.
Und ist es nicht ein ernster Gedanke, meine Brüder, dass wir hier in diesem Buch nur vom Anfangspunkt der Reise lesen, dessen Zweck es ist, die Reise des Volkes Gottes zu zeigen? Doch auf der einen Seite haben wir die unvergleichliche Gnade des Herrn gesehen, die immer ausströmt, um den Bedürfnissen seines Volkes zu entsprechen, ja, sie sogar zu übertreffen weiß. Sie wird nie weniger geben und sich nie verpflichten, nicht mehr zu geben. So ist Gott. Auf der anderen Seite war das Volk nur beständig aufsässig in seinem Herzen. Es beginnt auch mit denen, die es hätten besser wissen müssen, aber zu schnell den Verlockungen der Fremden erlagen, die die Güte ihres Gottes nicht zu schätzen wussten. Wenn es also zu einem Niedergang oder Fall kommt, ist es immer das Fleischlichste, das den Sieg davonträgt. Es war nicht so, dass das Mischvolk unbemerkt in die Gedanken Israels schlüpfte, sondern dass Israel bis zu seinen niedrigsten Begierden und seiner Verachtung dessen, was von dem Herrn kam, herabsank.
Leider finden wir dieses Versagen überall – auch beim Gesetzgeber selbst. Aber der Fehler seines allzu eifrigen Dieners erinnerte ihn an die Gnade, die er empfand. Er freute sich an der Güte Gottes, auch wenn sie scheinbar zum Teil von ihm selbst weggenommen wurde. Er dachte jedoch nicht an sich selbst, sondern an Gott. Es war gewiss richtig, dass der Herr, als das Volk in seiner Gier unter die entwürdigenden Wünsche des Mischvolkes Ägyptens hinabsank, sich dann in seinem Unwillen erhob und sie zu der Zeit schlug, als sie sich mit seiner Antwort auf ihr Rufen schmeichelten. Aber seine Antwort war eine Antwort des Kummers; es war eine Antwort, die ihre eigene ernste Strafe mit sich brachte – nicht nur Magerkeit in ihren Seelen, sondern eine empörte Zurechtweisung von Gott selbst. Und es heißt, dass sein Zorn über sie entbrannte, als das Fleisch noch zwischen ihren Zähnen war: „Und der Herr richtete unter dem Volk eine sehr große Niederlage an“ (V. 33).