Behandelter Abschnitt 4Mo 5
In diesem Kapitel kommen wir zu einer anderen Sichtweise, bei der ich mich kurzfassen muss. Verunreinigung oder vermutete Verunreinigung wird hier behandelt; aber das Prinzip entspricht immer dem Charakter des Buches. Es geht jetzt nicht um die Priester, sondern um das Lager des Herrn. Er lässt sich herab, bei dem Volk zu sein und ist dort mitten in ihrem Lager. Sie müssen sorgfältig das vermeiden, was für die Gegenwart Gottes ungeeignet war. Er wohnte dort: Es ging nicht nur darum, dass der Mensch Ihm nahte. Das betraf zweifellos die Israeliten, und wir finden es im vorhergehenden Buch; aber Er wohnte bei ihnen, und dementsprechend wird dies der Maßstab des Gerichts. So finden wir die verschiedenen Formen der Unreinheit, die für ein Lager, in dem Gott wohnt, unpassend waren. Dies ist der Hauptgedanke.
Danach ist wichtig: Wenn Menschen irgendeine Sünde begangen haben, die sich gegen den Herrn richtet, und schuldig geworden sind, muss ein Bekenntnis erfolgen (aber mehr als das, Wiedergutmachung, wenn möglich, durch den Schuldigen), in jedem Fall aber vor Gott selbst. Zweifellos schwächt das Christentum dies in keiner Weise ab, sondern verstärkt es vielmehr. Die Gnade Gottes, die unbegrenzte Vergebung gebracht hat, wäre eher ein Unglück, wenn sie nicht das Bekenntnis zur Voraussetzung hätte. Kann man sich etwas moralisch Schrecklicheres vorstellen, als eine wirkliche Schwächung des Sündenbewusstseins bei denen, die Gott so nahe sind? Es mag so scheinen, wo es nur eine oberflächliche Bekanntschaft mit Gott gibt. Wo die Wahrheit hastig gesammelt und oberflächlich gelernt wurde, ist es durchaus möglich, das Evangelium zu einer Schwächung der unveränderlichen Prinzipien Gottes zu verkehren, indem man seine Abscheu vor der Sünde und unsere eigene notwendige Abscheu vor ihr als von Gott Geborene ignoriert. Was immer eine solche Wirkung hervorruft, ist das tiefste Unrecht für Ihn und der größte Verlust für uns. Davor wird hier gewarnt.
Aber es gibt noch einen anderen Fall, in dem nicht eine Übertretung, sondern ein Verdacht auf Böses vorlag, und zwar in der engsten Beziehung – der Ehemann zu seiner Frau. Und darauf hatte der Herr ein Auge. Er wollte nicht, dass jemand sich verstockte. Was gibt es Schrecklicheres, als einen Verdacht zu hegen? Wir sollten uns davor hüten. Dennoch kann es Umstände geben, die uns Böses ahnen lassen, und doch können wir kaum Rechenschaft darüber ablegen. Wir mögen uns abmühen, weil wir befürchten, dass wir uns in Bezug auf die Person irren; dennoch ist da irgendwie das Empfinden, dass sich etwas gegen den Herrn richtet. Was ist also zu tun? Hier sehen wir, dass der Herr eine besondere Vorkehrung dafür getroffen hat. Er ordnete an, dass das verabreicht werden sollte, was hier „das Wasser der Eifersucht“ genannt wird: Die Frau sollte zum Priester gebracht werden; alles sollte auf eine heilige Weise geschehen. Es war kein menschliches Empfinden, sondern eine Verbindung mit Gott selbst und ein Urteil über das, was für seine Gegenwart unpassend war. „So soll der Mann seine Frau zum Priester bringen und ihre Opfergabe ihretwegen bringen, ein zehntel Epha Gerstenmehl; er soll kein Öl darauf gießen und keinen Weihrauch darauf legen, denn es ist ein Speisopfer der Eifersucht, ein Speisopfer des Gedächtnisses, das Ungerechtigkeit ins Gedächtnis bringt. Und der Priester soll sie herzutreten lassen und sie vor den Herrn stellen. Und der Priester nehme heiliges Wasser in einem irdenen Gefäß; und der Priester nehme von dem Staub, der auf dem Fußboden der Wohnung ist, und tue ihn in das Wasser. Und der Priester stelle die Frau vor den Herrn und entblöße das Haupt der Frau und lege auf ihre Hände das Speisopfer des Gedächtnisses; es ist ein Speisopfer der Eifersucht; und das Fluch bringende Wasser der Bitterkeit soll in der Hand des Priesters sein“ (V. 15–18). Dann wird die Frau beschworen, worauf der Priester sagt: „So mache dich der Herr zum Fluch und zum Schwur in der Mitte deines Volkes, indem der Herr deine Hüfte schwinden und deinen Bauch schwellen lasse“ (V. 21) und so weiter. Der Priester sollte die Flüche in ein Buch schreiben und sie mit dem bitteren Wasser auslöschen, und die Frau sollte das Wasser trinken. Die entsprechende Wirkung wäre, dass, angenommen, die Frau wäre unschuldig, alles in der Familie viel besser weitergehen würde. Sie würde die Offenbarung des Segens Gottes erfahren.
Ich bezweifle nicht, dass dies ein Vorbild ist, sei es für Israel oder für die Christenheit; aber für den individuellen moralischen Gewinn ist es von größter Bedeutung. Es mag für uns sehr schmerzhaft sein, verdächtigt zu werden, aber wenn es der Fall ist, sollten wir es jemand nicht im Stolz unseres Herzens verübeln. Leider ist Böses möglich, und es ist gut, gerade durch die Geduld mit dem, was uns zur Last gelegt wird, zu zeigen, dass wir darüberstehen. Es ist immer ein Zeichen von Schwäche, zumindest sehr oft von Schuld, wenn es ein rastloses Verlangen gibt, zu beschönigen und zu leugnen; und je heftiger die Leugnung, desto sicherer ist in der Regel die Schuld. Aber es kann eine Schwäche geben, die manchmal den Anschein von Unrecht erweckt, wo es in Wirklichkeit nicht vorhanden ist. Wo das Fleisch nicht gründlich verurteilt wird, wird es eine Tendenz geben, die kleinste Unterstellung zu verübeln. Hier finden wir nun die Anwendung des Wassers des Todes. Was gibt es, das so wunderbar alles erfüllt, wie das Einnehmen des Platzes des Todes für alles, was hier auf der Erde ist? Es ist sehr offensichtlich, dass ein Toter eine Verletzung nicht übelnimmt. Es ist das Einbringen der praktischen Kraft des Todes in die Seele, die einen dann befähigt, sie zu ertragen. Was immer es auch sein mag, wir wollen es seinen Lauf nehmen lassen und uns demütigen, um uns gleichsam bitteres Wasser verabreichen zu lassen. Es ist ganz gewiss: Wo das Herz bereit ist, anstatt abzulehnen oder auf fleischliche Weise eine Anspielung aus dem Stolz unserer Natur heraus etwas nur abzuwehren, wird alles in der Gegenwart Gottes gründlich geprüft. Dann ist das Ergebnis, dass der Herr die Sache des grundlos Verdächtigten unterstützt und alles zum Blühen bringt wie nie zuvor. Wenn man aber andererseits mit Gott, mit seinem Namen, mit seinem Wesen hadert, ist der Fluch, der auf so jemanden fällt, wahrlich bitter. So sehen wir, dass es eine unschätzbare Sache war, und es ist jetzt im Prinzip so wahr, wie es jemals im äußeren Vorbild war. Ich zögere nicht zu sagen, dass es jetzt in einem tieferen und besseren Sinn wahr ist, als es das damals war. Allerdings ist Glaube erforderlich. Es braucht jedoch Selbstgericht; nichts weniger wird uns weiterbringen. Denn auch wenn der aufrichtigste Glaube vorhanden sein mag, wenn nicht die Bereitschaft da ist, nichts zu sein, die Bereitschaft, das bittere Getränk zu nehmen, die Wasser der Reinigung oder das Wasser der Eifersucht, dann liegt es daran, dass uns eine Macht des Fleisches behindert – ein Mangel an Glauben, der den Platz des Todes einnimmt. Wo wir aufrichtig sind und uns dennoch unterwerfen, wer kann den fruchtbaren Segen ermessen, der durch die Gnade Gottes entsteht?