Behandelter Abschnitt Mt 9,18-19
Nun kommen wir zu einer Begebenheit, die von größtem Interesse ist. Ein Vorsteher der Synagoge schickt nach unserem Herrn, damit er seine Tochter heile, dann kommt er und wirft sich vor Ihm nieder und sagt:
Meine Tochter ist eben jetzt verschieden; aber komm und lege deine Hand auf sie, und sie wird leben. Und Jesus stand auf und folgte ihm, und seine Jünger (9,18.19).
Das war genau eine Illustration der Haltung des Herrn gegenüber Israel. Er war da mit dem Leben in sich selbst. Israel war wie dieses Mädchen, das Ihn brauchte; es hatte kein Leben in sich: So war Israels Zustand. Aber der Herr stand sofort auf und geht auf den Ruf des Vorstehers mit. Er erkennt den Anspruch des Glaubens an, mag er noch so schwach sein. Der Hauptmann wusste, dass ein Wort genügen würde; aber dieses jüdisch Oberhaupt mit dem natürlichen Denken eines Juden, will, dass der Herr in sein Haus kommt und seine Hand auf seine Tochter legt, damit sie lebt. Er verband die persönliche Anwesenheit des Herrn mit dem Segen, der seinem kranken Kind zuteilwerden sollte. Wir Heiden hingegen wandeln im Glauben und nicht im Schauen. Wir glauben an jemanden, den wir nicht sehen, und lieben Ihn. Die Juden suchen nach jemandem, den sie sehen werden; und sie werden ihn auf diese Weise finden. Wie Thomas nach acht Tagen den Herrn sehen durfte und aufgefordert wurde, seine Hand in seine Seite zu legen und in seinen Händen den Abdruck der Nägel zu sehen, so wird es auch mit Israel sein. „Und sie werden auf mich blicken, den sie durchbohrt haben“ (Sach 12,10). Wir hingegen glauben an Ihn, den wir nicht gesehen haben (1Pet 1,8). Unsere Position ist also eine völlig andere als die von Israel.
In diesem Fall hört der Herr den Ruf und geht sofort hin, um die tote Tochter des jüdischen Obersten aufzuerwecken. Aber während Er geht, berührt Ihn eine Frau. Solange der Auftrag des Herrn an Israel gerichtet ist – und so war es, und es bleibt nur ausgesetzt –, solange Er auf dem Weg ist, bekommt derjenige, der kommt und Ihn berührt, den Segen. Kein Unglaube der Schriftgelehrten, keine Selbstgerechtigkeit der Pharisäer würde oder konnte den Herrn jemals in seiner Mission der Liebe hindern. Er war im Begriff, neue Prinzipien einzuführen, die sich nicht mit dem Gesetz vermischen würden – Gnade, die zu allen hinausgehen und dem Schlimmsten begegnen würde; was durch diese Frau, die kommt und Ihn berührt, deutlich dargelegt wird. Aber zuallererst haben wir das Unterpfand der Auferstehung Israels. Wir haben nämlich die Rechtfertigung des Wortes Gottes, den Zustand Israels als einen Zustand des Todes zu betrachten. Schauen wir zum Beispiel in Hesekiel 37, wo Israel mit dürren Gebeinen verglichen wird. „Menschensohn, diese Gebeine sind das ganze Haus Israel. Siehe, sie sprechen: Unsere Gebeine sind verdorrt, und unsere Hoffnung ist verloren, wir sind dahin. ... Siehe, ich werde eure Gräber öffnen und euch aus euren Gräbern heraufkommen lassen, mein Volk, und werde euch in das Land Israel bringen“ (V. 11.12).