Behandelter Abschnitt Jona 1,4-5
Aber an Jona sieht man die Halsstarrigkeit des Menschen. Der Herr befahl ihm, nach Osten zu gehen, und er eilt sofort nach Westen; das heißt, er flieht genau gegen den göttlichen Befehl. Manchen erscheint dies bei einem Propheten unerklärlich; für den Rationalisten ist es unglaublich und lässt Zweifel am historischen Charakter des gesamten Buches aufkommen. Aber wir müssen lernen, dass das Fleisch bei einem Propheten nicht besser ist als bei uns. Denn der wirkliche Unterschied zwischen den Menschen besteht nicht darin, dass das Fleisch der einen besser ist als das der anderen, sondern dass die einen gelernt haben, sich selbst völlig zu misstrauen und ein anderes Leben zu führen, nämlich durch den Glauben und nicht durch das Fleisch. Deshalb lebt der Gläubige eigentlich nur so lange für Gott, wie er in Abhängigkeit von Ihm lebt. In dem Moment, in dem er damit aufhört, wundert euch nicht über alles, was er sagt oder tut. Hier haben wir ein deutliches Zeugnis davon in Jona. Ihm wurde gesagt, er solle nach Ninive gehen; aber er „machte sich auf, um vom dem Angesicht des Herrn nach Tarsis zu fliehen: und er ging nach Japho hinab“ – das heißt, zum benachbarten Hafen von Israel am großen Meer, dem Mittelmeer, um nach Westen zu gelangen.
Da warf der HERR einen heftigen Wind auf das Meer, und es entstand ein großer Sturm auf dem Meer, so dass das Schiff zu zerbrechen drohte. Und die Seeleute fürchteten sich und schrien, jeder zu seinem Gott; und sie warfen die Geräte, die im Schiff waren, ins Meer, um sich zu erleichtern. Jona aber war in den unteren Schiffsraum hinabgestiegen und hatte sich hingelegt und war in tiefen Schlaf gesunken (1,4.5).
Nun kann nicht bezweifelt werden, dass es irgendeinen starken (wenn auch nicht zu rechtfertigenden) Impuls gegeben haben muss, der diesem gottesfürchtigen Mann, wie es der Prophet zweifellos war, eine entgegengesetzte Neigung gab. Was war der Beweggrund? Für unseren Verstand eigenartig genug, aber deswegen nicht weniger entscheidend für ihn. Jona hatte Angst, dass Gott zu gut sein würde. Wenn Ninive Buße täte, so vermutete er, würde Er der Stadt Barmherzigkeit erweisen. Er fürchtete daher, dass sein eigener Charakter als Prophet leiden würde. Er wollte nicht, dass sie die Drohung Gottes hörten, die Niniviten wegen ihrer Bosheit zu vernichten, damit sie sich nicht unter seiner Predigt demütigten und das angedrohte Gericht nicht vollstreckt würde und Jona so seine Ehre verlieren würde. Wie erbärmlich selbstsüchtig ist doch das Herz eines Propheten, wenn er nicht gerade im Glauben wandelt! Jona wandelte nicht so, sondern erlaubte dem Ich, vorübergehend über ihn zu herrschen. Ich spreche nicht davon, was Jona als Mensch empfand, sondern von seiner Eifersucht, als er an sein Amt dachte. Er konnte es nicht ertragen, dass sein Amt auch nur einen Augenblick lang gefährdet würde. Wie viel besser ist es, dem Meister zu vertrauen!
Nun brauche ich nicht lange zu sagen, dass wir den genauen und gesegneten Gegensatz dazu in einem Größeren als Jona finden, der es wagt, in gewisser Hinsicht seinen eigenen Dienst mit dem seines Knechtes zu vergleichen. Einen größeren Beweis göttlicher Demut kann es kaum geben. Aber in allen Dingen war Jesus vollkommen, und in nichts mehr als in dieser Sache – dass Er, der alle Dinge, das Ende vom Anfang her, kannte, in eine Szene hinabstieg, wo Er auf jeder Stufe Ablehnung erfuhr – Ablehnung nicht nur als kleines Kind, als Er nach Ägypten floh, sondern Ablehnung während seines ganzen Lebens der vollständigen und doch göttlich angeordneten Dunkelheit; dann durch einen Dienst, der wachsenden Hass von Seiten der Menschen hervorrief. Es gibt nichts, was ein Mensch mehr fürchtet, als gar nichts zu sein. Sogar gegen ihn zu sprechen, ist für den armen, stolzen Geist des Menschen nicht so schrecklich, wie absolut unbemerkt zu sein; und doch wurde der weitaus größere Teil des Lebens Jesu als völlig unbekannt verbracht. Wir haben nur eine einzige Begebenheit von Jesus aufgezeichnet, von seinen frühesten Jahren an, bis Er zum Dienst des Wortes Gottes und des Evangeliums des Königreichs hervortritt. Aber dann lebte Er in Nazareth, dem sprichwörtlich niedrigsten des armen, verachteten Galiläa – so sehr, dass sogar ein gottesfürchtiger Galiläer sich darüber wunderte und sich fragte, ob aus Nazareth überhaupt etwas Gutes kommen könnte. So war Jesus; aber mehr als das; als Er in die Öffentlichkeit des göttlichen Zeugnisses eintrat, stieß Er auch dort auf Widerstand, obwohl es anfangs ein Willkommen gab, das die meisten Menschen, ja Diener Gottes, erfreut hätte. Aber Er, der Sohn, die göttliche Person, der es gefiel, in dieser Welt zu dienen, durchschaute das, was für andere angenehm gewesen wäre, als sie, erstaunt und angezogen, an den gnädigen Worten hingen, die von seinen Lippen kamen. Und wie bald zog eine dunkle Wolke über sie hinweg! Denn noch an demselben Tag, an dem die Menschen solche Worte hörten, wie sie noch nie einem Menschen zu Ohren gekommen waren, konnten sie, elend und betört, die Gnade Gottes nicht ertragen und hätten Ihn, wenn sie sich selbst überlassen gewesen wären, Ihn kopfüber in den Abgrund außerhalb ihrer Stadt gestürzt (Lk 4). So war und ist der Mensch. Wie wahr, alles, was schön war, war nur wie die Morgenwolke und der frühe Tau. Aber Jesus, so sehen wir, nimmt einen Dienst an, dessen Charakter, Verlauf und Ergebnisse Er von Anfang an kannte, wohl wissend, dass Er, je mehr göttliche Gnade und Wahrheit durch Ihn hervortreten, umso schärfere Ablehnung bei den Menschen finden würde.
Gott geht in dieser Hinsicht sehr zärtlich mit uns um. Er unterlässt es nicht, etwas zu senden, um das Herz des Arbeiters zu erheitern und zum Lob seiner selbst zu erheben; und nur so weit, wie es der Glaube zu ertragen vermag, legt er ihm eine schwerere Last auf. Was aber den Herrn Jesus betrifft, so blieb ihm keine Last erspart; und wenn keine in seinem Leben, was sollen wir dann von seinem Tod sagen? Hier wurde in der Tat eine tiefere Frage aufgeworfen, auf die wir jetzt nicht einzugehen brauchen, sondern nur auf das erste große Prinzip hinweisen, als Gegensatz zum Verhalten Jonas, der sich direkt gegen den klaren Auftrag des Herrn stellte.
Einen weiteren Charakterzug finden wir bei Jona ausgeprägt – sein jüdisches Empfinden. Er war zutiefst national. Er konnte es nicht ertragen, dass es inmitten der Heiden auch nur den geringsten offensichtlichen Misserfolg seines Wortes als Prophet geben sollte. Ihm wäre es lieber gewesen, dass jeder Heide vom Untergang verschlungen würde, als dass ein einziges Wort Jonas zu Boden fallen würde. Gerade hier musste er lernen, dass ihm der Sinn und das Herz Gottes fehlten. Die Wunder, die gewirkt wurden, waren nicht zu groß, um die nötige Lektion zu lehren. Wir haben bereits auf Jesus hingewiesen, aber wir brauchen nicht einmal so weit zu gehen wie zum Herrn der Herrlichkeit. In mancher Hinsicht kann uns das Wirken des Geistes Gottes im Apostel Paulus treffend dienen, denn er war nicht nur ein Mensch aus Fleisch und Blut, sondern hatte ähnliche Empfindungen wie wir. Wer hat je wie er die Drangsale des Evangeliums erlitten? Wer hat sich mit brennender Liebe zu Israel so in unermüdlicher Arbeit unter den Heiden verausgabt – Arbeit, die dann auch noch so unerwidert war, dass er unter den Heiden selbst, die glaubten, so oft erfuhr, was es heißt, umso weniger geliebt zu werden, je reichlicher er liebte?
Auf der anderen Seite hatte Jesus keine Sünde. Obwohl Er vollkommen Mensch war, war jeder Gedanke, jedes Empfinden und jede innere Regung in Jesus heilig: nicht nur sah man keinen Makel in seinen Wegen, sondern auch keinen Flecken in seinem Wesen. Was auch immer die Menschen denken oder träumen mögen, Er war menschlich so rein wie göttlich; und dies mag dazu dienen, uns zu zeigen, wie wichtig es ist, an dem festzuhalten, was die Menschen in Bezug auf seine Person Rechtgläubigkeit nennen. Ich werde niemandem in Eifersucht darum nachgeben und treu behaupten, dass es zur Substanz und zum Wesen des Glaubens der Auserwählten Gottes gehört, dass wir die unbefleckte Reinheit seiner Menschlichkeit bekennen, ebenso wie die Wirklichkeit seiner Annahme unserer Natur. Sicherlich nahm Er die eigentliche Menschlichkeit seiner Mutter an, aber Er nahm die Menschlichkeit niemals im Zustand seiner Mutter an, sondern als den Körper, der für Ihn durch den Heiligen Geist zubereitet wurde, der jeden Makel des sonst übertragenen Bösen austrieb. In seiner Mutter war diese Natur unter dem Makel der Sünde: Sie war gefallen, wie alle anderen, die auf natürliche Weise gezeugt und in Adams Linie geboren wurden. In Ihm war es nicht so; und damit es nicht so sein sollte, erfahren wir in Gottes Wort, dass Er nicht in einer bloß natürlichen Zeugung erweckt wurde, die die Verderbnis der Natur verewigt und Jesus mit dem Fall verbunden hätte; sondern durch die Kraft des Heiligen Geistes wurde Er und Er allein von der Frau ohne einen menschlichen Vater geboren. So wie der Sohn notwendigerweise rein war, so rein wie der Vater, in seiner eigenen göttlichen Natur, so auch in der menschlichen Natur, die Er auf diese Weise von seiner Mutter empfing: Beides, das Göttliche und das Menschliche, wurde danach für immer in ein und derselben Person vereint gefunden – dem fleischgewordenen Wort.
So ist Jesus, wie wir hier feststellen können, das wahre Muster der Vereinigung des Menschen mit Gott, Gott und Mensch in einer Person. Es ist ein weit verbreiteter Fehler, von der Vereinigung mit Gott zu sprechen, wenn es um uns, seine Kinder, geht. Die Heilige Schrift verwendet niemals eine solche Sprache; es ist der Fehler der Theologie. Der Christ hat niemals eine Vereinigung mit Gott, die wirklich wäre und nur in der Menschwerdung besteht. Es wird gesagt, wir seien eins mit Christus, „ein Geist mit dem Herrn“, „ein Leib“, eins wie der Vater und der Sohn; aber das sind offensichtlich völlig verschiedene Wahrheiten. Einssein würde eine Einheit der Beziehung voraussetzen, die für uns als Glieder und Leib unseres erhabenen Hauptes zutrifft. Aber man könnte nicht sagen, dass wir mit Gott als solchem eins sind, ohne den Schöpfer und das Geschöpf zu verwechseln und eine Art buddhistisches Aufgehen in der Gottheit anzunehmen, die aller Wahrheit oder sogar dem Sinn widerspricht. Der Ausdruck ist also ein großer Fehler, der nicht nur vom Geist her durch nichts zu rechtfertigen ist, sondern es gibt den sorgfältigsten Ausschluss des Gedankens in jedem Teil des göttlichen Wortes.
Und hier mag es von Interesse sein, ein paar erklärende Worte über unser Teilhaben an der göttlichen Natur zu sagen, von der Petrus am Anfang seines zweiten Briefes spricht (Kap. 1,4). Es scheint nicht dasselbe zu sein wie das Einssein mit Christus, das in der Schrift immer damit begründet wird, dass der Geist Gottes uns zu einem Geist mit dem Herrn macht, nachdem Er von den Toten auferstanden ist. Als Christus hier auf der Erde war, verglich Er sich selbst mit einem Weizenkorn, das allein war: Wenn es starb, würde es viel Frucht bringen. Obwohl der Sohn Gottes von Anfang an das Leben der Gläubigen war, verheißt Er mehr und zeigt damit, dass die Vereinigung eine andere Sache ist. Man darf sie nicht verwechseln. Sie sind beide wahr für den Christen; aber die Vereinigung im vollen Sinn des Wortes war das, was nicht geschehen konnte, bis Christus gestorben war, um unsere Sünden vor Gott sühnen, ja, dass unsere eigene Natur in Ihm gerichtet wurde, so dass wir in einer völlig neuen Stellung und Beziehung stehen konnten, einsgemacht durch den Geist mit Christus, der in der Höhe verherrlicht ist. Das ist, wie ich glaube, die Lehre der Heiligen Schrift. Beachte auch, dass der Einzige, der den im Neuen Testament lehrmäßigen vorhandenen Leib Christi beschreibt, der Apostel Paulus ist. Auf unser geistliches Einssein wird in Johannes 17 häufig hingewiesen; aber das ist nicht genau dasselbe wie das Einssein mit Christus entsprechend dem Bild des Hauptes und des Leibes, das das eigentliche Bild des Einsseins in der Schrift ist. Allein durch den Apostel Paulus stellt uns der Geist den Leib mit seinem Haupt vor; und das ist es, was die wahre Vorstellung nach den Gedanken Gottes über unser Einssein mit Christus darstellt.
Mit ihm eins zu sein oder Leben in Ihm zu haben, ist nicht dasselbe. Dies kann durch das bekannte Beispiel von Abel und Kain deutlich illustriert werden. Sie hatten das gleiche Leben wie Adam; aber sie waren nicht eins mit Adam, wie Eva es war. Sie war nur eins mit Adam. Sie hatten sein Leben nicht weniger als ihre Mutter. So sind die beiden Dinge niemals gleich und müssen nicht in denselben Personen sein. Das Einssein ist die nächstmögliche Beziehung, die mit dem Besitz des Lebens verbunden sein kann oder nicht. Beides ist in dem Christen. Das Muster des Einsseins oder sein richtiges biblisches Modell findet sich unter dem des Hauptes und des Leibes, was umso bewundernswerter zum Ausdruck kommt, als das Haupt klar und richtig alle Bewegungen des Körpers lenkt. Bei einem Menschen mit gesundem Geist und Körper gibt es nicht eine einzige Sache, die von den Extremitäten des Fußes ausgeführt wird, die nicht vom Kopf geleitet wird.
Genau so ist das Muster in geistlicher Hinsicht. Der Geist Gottes belebt die Versammlung, den Leib Christi. Der Heilige Geist ist das wahre Band der Einheit zwischen den Gliedern auf der Erde und Christus im Himmel. Mit der Zeit, wenn wir in den Himmel kommen, wird dies durch ein anderes Bild dargestellt werden, das ebenso treffend ist, aber auch vorwegnehmend angewendet wird, während wir auf der Erde sind. Wir hören nie vom Haupt und vom Leib am Tag der Herrlichkeit, sondern vom Bräutigam und der Braut. So lesen wir in Offenbarung 19, dass dann die Hochzeit des Lammes gekommen ist. Diese findet im Himmel nach der Entrückung der Gläubigen und vor dem Tag der Erscheinung Christi statt. Die Schrift vermeidet es, von der Hochzeit zu sprechen, bis das ganze Werk Gottes in seiner Versammlung vollendet ist, damit die, die vom Geist in diesen einen Leib getauft sind, gemeinsam zu Christus entrückt werden. Diese sind zwischen den beiden Kommen des Herrn alle in einer gemeinsamen Stellung. Diejenigen aber waren, bevor Christus kam, gewiss von Ihm lebendig gemacht; Söhne Gottes, sie waren der göttlichen Natur teilhaftig. So sind die Christen jetzt; so werden die Gläubigen sein, wenn das Tausendjährige Reich aufgerichtet wird unter der Herrschaft Christi, die für alle Augen sichtbar ist. Aber mit Christus eins zu sein, Glieder seines Leibes zu sein, ist jetzt wahr, da Er im Himmel als der verherrlichte Mensch ist und der Geist herabgesandt wurde, um uns in diesen neuen Leib auf der Erde zu taufen. Dieser eine Leib wird jetzt gebildet und aufrechterhalten, solange die Versammlung auf der Erde ist. Die Hochzeit des Lammes (natürlich ein Bild für vollendete Vereinigung und Freude) wird erst stattfinden, wenn die ganze Versammlung vollendet ist, nicht vorher, was auch immer die von der Hoffnung inspirierte Sprache bis dahin sein mag.
Was die Schwierigkeit mancher Gemüter betrifft, ob Christus unserer Natur teilhaftig wurde, wie sie hier ist, oder ob wir seiner Natur teilhaftig werden, wie Er im Himmel ist, so scheint mir die Antwort, dass beides wahr ist. Doch es ist nicht dieselbe Wahrheit. Christus nahm an der menschlichen Natur teil, aber nicht in dem Zustand, in dem wir sie haben. Dies wurde bereits erklärt, da es nicht nur für das Evangelium, sondern für den Christus Gottes wesentlich ist. Wer dies leugnet, leugnet die Person Christi; er übersieht völlig die Bedeutung des übernatürlichen Wirkens des Heiligen Geistes. Das war der verhängnisvolle Fehler des Irvingianismus – ein weitaus größeres Unheil als die Torheit mit den Zungen oder die Anmaßung, prophetisch zu sein, oder die Anmaßung, die Kirche und ihre Ämter wiederherzustellen, oder sogar ihre grobe Judaisierung. Sie machte das Wirken des Heiligen Geistes, das in den gängigsten Glaubensbekenntnissen sowohl der Katholiken als auch der Protestanten anerkannt wird, null und nichtig. Diese bekennen alle soweit die Wahrheit; denn ich behaupte, dass in dieser Hinsicht Katholiken und Protestanten gesund sind, die Irvingianer aber nicht, obwohl sie in anderen Dingen viel sagen mögen, was wahr genug ist. Sicherlich sah und lehrte der verstorbene Mr. Irving nicht wenige vernachlässigten Wahrheiten. Dennoch waren sie, und ich glaube, sie sind es immer noch, grundlegend ungesund, indem sie die menschliche Natur Christi für gefallen und sündhaft durch den Makel des Falles halten und damit den Zweck und die Frucht der wunderbaren Empfängnis durch die Macht des Höchsten leugnen.
So ist denn die Tatsache, dass wir Teilhaber der göttlichen Natur sind, eine Sache, die Gabe des Heiligen Geistes eine ganz andere. Beides haben wir jetzt. Das erste ist die neue Natur, die wir als Gläubige haben, und das ist in einem wesentlichen Sinn für alle Gläubigen von Anfang an wahr. Aber daneben gibt es das besondere Vorrecht des Einsseins mit Christus durch den vom Himmel herabgesandten Heiligen Geist. Es ist klar, dass dies nicht geschehen konnte, bis der Heilige Geist gegeben wurde, um die Jünger Christi in einen Leib zu taufen; wie auch der Heilige Geist nicht gegeben werden konnte, um diese Einheit zu bewirken, bis Jesus durch sein Blut unsere Sünden weggetan hatte und zur Rechten Gottes verherrlicht wurde (Heb 1; Joh 1,7). Diejenigen, die gerettet werden sollten, waren in jeder Art von Unreinheit, und sie mussten von ihren Sünden gewaschen werden, bevor sie rechtmäßig in diese Stellung der Nähe und Beziehung als „ein neuer Mensch“ gesetzt werden konnten. Esther war auserwählt und zu einer hohen Stellung berufen; dennoch musste es nach den Gewohnheiten, die dem großen König gebühren, eine große Vorbereitung vor der eigentlichen Vollendung geben. Ich gebe zu, dass dies nur ein natürlicher Ort war; dennoch ist es das Bild einer geistlichen Beziehung; so dass wir es benutzen können, um Gottes Gedanken zu verdeutlichen. Es ist nicht mit seinen Wegen oder seiner Heiligkeit vereinbar, dass irgendjemand aus den alten Dingen herausgenommen und in die wunderbare Stellung des Einsseins mit Christus versetzt wird, bis das Erlösungswerk unseren alten Zustand vor Gott vollständig abgeschafft und uns in einen neuen Zustand in Christus gebracht hat. Das ist die Reihenfolge in der Schrift.
Aber es kommt noch mehr dazu. Denn obwohl wir bereits den Heiligen Geist sowie die neue Natur haben, gibt es noch eine dritte Voraussetzung, die die Herrlichkeit Christi für uns fordert: Wir sollen verwandelt werden. Das heißt, wir Christen, die wir jetzt nicht nur die menschliche, sondern auch die gefallene Natur haben, sind bei der Wiederkunft Christi dazu bestimmt, dass wir verwandelt werden. Christus hatte die menschliche, aber nicht die gefallene Natur. Bei Ihm allein war die Menschheit heilig, frei von jedem Makel und Flecken und rein entsprechend Gott. Er war nicht nur nicht gefallen, sondern ohne Blut geeignet, der Tempel Gottes zu sein. Das ist weit mehr, als man von Adam in seiner ursprünglichen Unschuld sagen konnte. Als Adam aus der Hand Gottes kam, konnte man, so gut er auch war, nicht sagen, dass er heilig war. Es gab eine absolute Abwesenheit von allem Bösen. Gott machte den Menschen aufrecht, bevor er nach Ränken suchte. Es gab eine unbefleckte Unschuld. Aber Heiligkeit und Rechtschaffenheit sind mehr als Schöpfungsgüte und Unschuld. Heiligkeit bedeutet die innewohnende Kraft, die das Böse durch die Absonderung für Gott zurückweist; und Gerechtigkeit bedeutet Übereinstimmung mit der Beziehung, in die man gesetzt ist. Diese beiden Eigenschaften sehen wir nicht in Adam, sondern in Jesus, auch was sein Menschsein betrifft: „darum wird auch das Heilige, das geboren werden wird, Sohn Gottes genannt werden“ (Lk 1,35). Er war der Heilige Gottes, „Jesus Christus, der Gerechte“. In der Tat war Er der Einzige, von dem man in Bezug auf seine menschliche Natur sagen konnte oder wollte, dass sie heilig sei; so wie der Ausdruck das Heilige eindeutig in Bezug auf die Menschheit in seiner Person gebraucht wird. Die göttliche Natur wurde nicht von der Jungfrau geboren; und es war wenig nötig, sie heilig zu nennen. Es bestand das höchste Interesse und die höchste Tragweite, den Charakter seiner Menschlichkeit zu kennen. Die Schrift ist in dieser Hinsicht sehr eindeutig. Sein Menschsein war von Anfang an heilig, obwohl er aus einem gefallenen Geschlecht geboren wurde.
Und das stimmt mit jeder anderen Wahrheit überein. Wäre also die menschliche Natur Christi durch den Fall befleckt gewesen, wie hätte Er das „heiligste“ Sündopfer für Sünder sein können? Es gab keine Gelegenheit, bei der so viel aufmerksame Sorgfalt geübt wurde wie beim Speiseopfer und beim Sündopfer. Diese beiden sind eindrucksvolle und bemerkenswert entgegengesetzte Vorbilder von Christus: das eine von seinem Leben, das andere von seinem Tod.
Aber wir werden nach und nach noch viel mehr an Macht und Herrlichkeit sehen. Wenn Christus kommt, wird die menschliche Natur in uns am Sieg des zweiten Menschen, des letzten Adam, teilhaben, so wie sie jetzt an der Schwäche und dem Verderben des ersten Menschen teilhat. Dann ist in der Tat die Zeit, in der die menschliche Natur zu ihrer besten Ausprägung kommen wird; das heißt, sie wird aus allen Folgen des Falles des ersten Menschen herausgehoben und in die ganze Kraft und Unverweslichkeit und Herrlichkeit des zweiten Menschen gebracht werden, wie Er jetzt in der Gegenwart Gottes ist. Niemals werden wir zu Gott gemacht werden: Das war nicht möglich und wird auch nicht möglich sein. Es ist unmöglich, dass das Geschöpf die Grenzen überschreiten kann, die den Schöpfer von ihm trennen. Und mehr noch, das erneuerte Geschöpf ist dasjenige, das diesen Gedanken am meisten verabscheuen würde. Wie groß die Glückseligkeit und Herrlichkeit der Versammlung auch sein mag, sie vergisst nie ihre Verpflichtungen als Geschöpf gegenüber Gott und die Ehrfurcht, die Ihm gebührt. Gerade deshalb würde derjenige, der Gott kennt, niemals wünschen, dass Er weniger Gott sein sollte, als Er ist, und könnte die sich selbst erhöhende Torheit nicht nachgeben oder dulden, die die erbärmliche Illusion des Buddhismus hegt, zusammen mit vielen Arten von Philosophie, die jetzt wie früher im Westen wie im Osten gängig waren – der Traum eines endgültigen Aufgehens in der Gottheit. Dies ist ganz und gar falsch und respektlos. Jede Annäherung an solche Gedanken sehen wir im Wort Gottes ausgeschlossen. Im Himmel wird die Demut derer, die die souveräne Gnade Gottes der göttlichen Natur teilhaftig gemacht hat, noch vollkommener sein als jetzt, während wir auf der Erde sind. Die menschliche Natur ist unter der Sünde ebenso selbstsüchtig wie stolz. Die gefallene Menschheit sucht immer ihre eigenen Dinge und ihre eigene Herrlichkeit; aber die neue Natur, deren Vollkommenheit in Christus zu sehen ist (d. h. das Leben, das dem Gläubigen bekommt, was wir in Christus schon jetzt empfangen, und nach und nach, wenn alles Ihm gleichförmig wird), wird nur das ohne einen einzigen Makel oder ein Hindernis vervollkommnen, was wir jetzt in Christus Jesus, unserem Herrn, sind.
Nach unserer langen Abschweifung möchte ich nun die Aufmerksamkeit auf die schlichte Tatsache lenken, dass Jona in seinem Unwillen, dass Gott den Heiden Barmherzigkeit erweisen würde, die Juden nur allzu treu repräsentiert. Die Auswirkung dieser unschönen Beschränktheit und des Versagens, ein echtes Zeugnis für den wahren Gott abzulegen, ist, dass er weit davon entfernt ist, ein Kanal des Segens für die Heiden zu sein, sondern er bringt einen Fluch über sie. So ist es mit dem Juden jetzt, und es wird sich am Ende des Zeitalters noch mehr zeigen. Die Rädelsführer des aktuellen Rationalismus in der Welt haben einen großen Teil ihrer Nörgeleien aus jüdischen Quellen abgeleitet. Der elende Spinoza von Amsterdam, der theologische Pantheist des siebzehnten Jahrhunderts, ist wirklich der Patriarch eines großen Teils der Philosophie, die die Welt jetzt und seither überrollt. Und das wird noch viel schlimmer werden. Es ist zugegeben, dass dies nicht mit ihm begann, sondern mit heidnischen Ungläubigen, die jedoch durch den jüdischen und dann christlichen Glaubensabfall immer dreister wurden. Ich zweifle nicht daran, dass es noch eine reiche Ernte von Menschen geben wird, die sich der Gesetzlosigkeit hingeben, durch die Zähne des Drachen, die sie über die Christenheit säen.