Was bedeuten die „Tage“, von denen hier am Ende des Kapitels die Rede ist? Zuvor war in Vers 7 von dem in Leinen gekleideten Mann gesagt worden, dass es „eine Zeit, Zeiten und eine halbe Zeit“ sein würde – also 1260 Tage. Vers 11 fügt zu den 1260 Tagen noch dreißig Tage, also einen Monat, hinzu. Dann, in Vers 12, finden wir eine weitere Epoche:
Glückselig der, der ausharrt und 1335 Tage erreicht! (12,12).
Das heißt, es kommen noch eineinhalb Monate hinzu. So haben wir zunächst 1260 Tage, dann 1290 Tage und schließlich 1335 Tage. Was, so können wir fragen, ist die Bedeutung davon? Und von welcher Zeit sollen wir diese Tage rechnen? Die Antwort lautet: „Von der Zeit an, da das beständige Opfer abgeschafft wird, und zwar um den verwüstenden Gräuel aufzustellen“ (V. 11).
Und nun möchte ich eine Bemerkung machen, die sehr wichtig ist, weil sie alles, was gesagt wurde, miteinander verbindet und einen schlüssigen Beweis für die wahre Auslegung dieser Prophezeiung liefert. Es ist genau der Vers, den unser Herr in Matthäus 24 zitiert: „Wenn ihr nun den Gräuel der Verwüstung, von dem durch Daniel, den Propheten, geredet ist, stehen seht an heiligem Ort – wer es liest, beachte es –, dann sollen die, die in Judäa sind, in die Berge fliehen“ (V. 15.16). Die Frage ist: Wo spricht Daniel darüber? Ich antworte: In Vers 11 dieses Kapitels. Es ist der einzige Vers, der die richtige Antwort auf den Vers bei Matthäus gibt.
Es wird uns gesagt, dass von diesem Zeitpunkt an 1290 Tage vergehen sollen; danach folgt eine weitere Periode von 45 Tagen und dann die volle Segnung. Ist das bereits geschehen? Wenn man das auf etwas Vergangenes anwendet, wie zum Beispiel auf die Zerstörung Jerusalems durch Titus; wenn man 1335 Tage von der Zeit an rechnet, als die Römer Jerusalem einnahmen, ist dann der Segen wirklich gekommen? Es macht wenig aus, wie du die Tage nimmst. Lasst sie als 1335 Jahre von der Zerstörung Jerusalems an gedacht werden: Habt ihr immer noch den Segen der Juden und den Segen der Gläubigen nach dem Wort Gottes hier? Nichts dergleichen. Was folgt dann? All das ist eine falsche Epoche. „Der verwüstende Gräuel“ ist noch nicht gekommen; und wenn er kommt, in dem Sinn, von dem unser Herr spricht, dann folgen 1335 Tage, und dann wird der volle Segen da sein.
Nun aber noch ein Wort zu diesen Unterschieden: zuerst die 1260, dann die 1290 und dann zuletzt die 1335 Tage. Ich denke, der Grund dafür ist, dass der Segen Israels nicht auf einmal kommen wird. Der erste große Wendepunkt wird die Vernichtung „des Königs“ sein. Das findet statt, wenn die 1260 Tage ablaufen. Aber wie wir in Kapitel 11 gesehen haben, muss der König des Nordens nach „dem König“ beseitigt werden. Daher gibt es eine weitere Zeitspanne der Verzögerung. Aber ob diese mit den dreißig Tagen mehr (oder 1290) oder mit den anschließenden 45 Tagen (1335) zusammenfällt, vermag ich nicht zu sagen. Wir können jedoch sicher sein, dass die letzten von ihnen uns zur Vollendung des ganzen Werkes bringen: und ich bin geneigt zu denken, dass die Zerstörung des Königs des Nordens eher eine der letzten, wenn nicht die letzte, dieser Gerichtshandlungen ist, bevor die Epoche des Segens beginnt. In Jesaja 10,12 heißt es: „Und es wird geschehen, wenn der Herr sein ganzes Werk am Berg Zion und an Jerusalem vollbracht hat, so werde ich die Frucht der Überhebung des Herzens des Königs von Assyrien und den Stolz der Überheblichkeit seiner Augen heimsuchen.“
Scheint dies nicht darauf hinzuweisen, dass es die letzte Handlung des Herrn im Gericht sein wird, die mit dem Segen Israels verbunden ist? So haben wir ein oder zwei kurze Intervalle nach der Vernichtung des Antichrists, während derer der Herr noch seine und Israels Feinde niederwirft. „Glückselig der, der ausharrt und 1335 Tage erreicht!“
Ich schließe nun das Buch, indem ich den Herrn bitte, es nicht nur interessant, sondern auch von echtem Nutzen zu machen. Einer der wichtigsten Punkte des Gewinns wird dieser gewesen sein – die Kinder Gottes von der Idee zu befreien, dass es immer um die Versammlung geht. Das ist kein wahres System. Dadurch fällt man in die gleiche Art von Fehlern, den die alten Astronomen zu machen pflegten, als sie die Welt als das Zentrum des Sonnensystems betrachteten, weil es der Ort war, an dem sie lebten. Das verdirbt den Menschen immer. Er macht sich selbst zum Zentrum von allem. Derselbe Fehler wird in der Theologie gemacht. Die Versammlung, weil wir in ihr sind, wurde zum Zentrum der Schrift gemacht, während Christus das wahre Zentrum ist. Er ist der Mittelpunkt der himmlischen Glückseligkeit, und die Versammlung dreht sich um Ihn; Er ist der Mittelpunkt der jüdischen Glückseligkeit, und die Juden drehen sich um Ihn. Deshalb ist Christus, ob im Himmel oder auf der Erde, der Kern aller Segensgedanken Gottes. Und wenn unsere Herzen in Ihm verankert sind, gibt es Frieden, Fortschritt und Segen. Der Grund, warum Menschen sehr oft keinen Frieden haben, ist, weil sie mit sich selbst beschäftigt sind; denn sie finden nicht das, was ihrer Meinung nach in einem Christen sein sollte. Wenn ich aber auf Christus schaue, gibt es keine Schwierigkeit. Die Frage wird dann: Verdient Christus, dass jemand, wie ich es bin, gerettet wird? Kann ich es leugnen? Die Folge davon ist, dass ich glücklich bin, und Gott kann mich in seinem Dienst gebrauchen. Aber wenn ich um mein eigenes Heil besorgt bin, wie kann ich dann im Dienst an anderen beschäftigt sein? Die große Frage nach dem eigenen Ich wird nie geklärt sein, bis Christus für uns das Zentrum von allem ist. Möge es so sein! Er ist das Zentrum aller Gedanken Gottes an Liebe und Gerechtigkeit sowie an Herrlichkeit.