Nach diesem schaute ich in Gesichten der Nacht: Und siehe, ein viertes Tier, schrecklich und furchtbar und sehr stark, und es hatte große, eiserne Zähne; es fraß und zermalmte, und das Übriggebliebene zertrat es mit seinen Füßen; und es war verschieden von allen Tieren, die vor ihm gewesen waren, und es hatte zehn Hörner (7,7).
Dieser Vers 7 ist die Eröffnung einer weiteren Vision. Denn genau genommen ist vom ersten Vers bis zum siebten ein Abschnitt oder eine Vision, die jeweils mit den Worten eingeleitet werden: „Nach diesem schaute ich in Gesichten der Nacht.“ Daniel sah zuerst die vier Tiere in allgemeiner Weise; wenn etwas besonders beschrieben war, dann waren es die ersten drei. Aber das vierte Tier war offensichtlich dasjenige, das die Gedanken des Heiligen Geistes mehr beschäftigte, und der Prophet bekommt deshalb einen neuen Blick auf es. „Und siehe, ein viertes Tier, schrecklich und furchtbar und sehr stark, und es hatte große, eiserne Zähne.“ Hier handelt es sich eindeutig um eine prophetische Darstellung des vierten oder Römischen Reiches. Ich werde jetzt nicht auf die vielen Beweise dafür eingehen. Kaum jemand, der diese Seiten liest, wird wohl den Gedanken bekämpfen, dass wir in den vier bekannten Reichen das Bild aus Kapitel 2 und die Tiere von Kapitel 7 haben. Einige haben dies bestritten, aber es ist eine solche Verschrobenheit, dass man nicht mehr darüber zu sagen braucht.
Wenn wir dies zugeben, haben wir also im vierten Tier das Römische Reich klar dargestellt. Was es politisch kennzeichnet, ist die alles überragende Stärke. Es wird durch ein Ungeheuer dargestellt, dem nichts in der Natur etwas entgegenzusetzen hat. Wir haben eine ausführlichere Darstellung davon im Buch der Offenbarung; denn da das Römische Reich zu diesem Zeitpunkt etabliert war und sein zukünftiges Schicksal uns bis zum Ende des Zeitalters führte, wurde es zum alleinigen Gegenstand der Aufmerksamkeit – das Tier. Dementsprechend haben wir eine Beschreibung davon in Offenbarung 13, wo wir es als einen Leoparden dargestellt finden, die Füße wie die eines Bären, und sein Maul wie das eines Löwen. Und dieses zusammengesetzte Wesen zeichnet sich weiter dadurch aus, dass es sieben Köpfe und zehn Hörner und auf seinen Hörnern zehn Diademe hat (V. 1). Das war die Macht, unter der Johannes gerade zu dieser Zeit auf der Insel Patmos litt; und da dem Volk Gottes noch größere Leiden bevorstanden und es Gott lästerte, brauchen wir uns nicht zu wundern, dass wir hier eine genaue Beschreibung des Tieres haben.
Hier wird es gesehen als „ein viertes Tier, schrecklich und furchtbar und sehr stark, und es hatte große, eiserne Zähne; es fraß und zermalmte, und das Übriggebliebene zertrat es mit seinen Füßen.“ Das heißt, es hatte eine unübertroffene Eroberungs- und Vergrößerungsmacht, und was es sich nicht einverleibte, das zertrat es und verdarb es so für andere. „Und es war verschieden von allen Tieren, die vor ihm gewesen waren.“ Es war ein Reich, das ein starkes Gefühl für den Willen des Menschen – des Volkes – bewahrte. Es verband gewisse republikanische Elemente mit einem so eisernen Despotismus, wie er jemals in dieser Welt herrschte. Diese beiden Dinge wurden in ein unterschiedliches, aber scheinbar harmonisches Spiel gebracht. Daneben gibt es noch ein weiteres, sehr markantes Merkmal: „es hatte zehn Hörner“. In anderen Reichen war das nicht so. Das griechische Reich zerfiel nach dem Tod seines Gründers allmählich in vier Köpfe; aber die Besonderheit des Römischen Reiches ist der Besitz von zehn Hörnern. Doch wir sollen in dieser Vision nicht die tatsächliche Entwicklung der Geschichte suchen. Wäre dies der Fall gewesen, so ist es klar, dass die zehn Hörner nicht in dem römischen Tier gesehen worden wären, als es den Augen des Propheten zum ersten Mal begegnete. In der Tat hatte Rom erst Hunderte von Jahren, nachdem es als Imperium existiert hatte, mehr als einen Herrscher. Der Geist Gottes bringt die Merkmale, die am Ende und nicht am Anfang zu finden sein würden, deutlich auf den ersten Blick. Es war schrecklich und stark; es war eines, das verschlang; es zertrat den Rest mit seinen Füßen; es war verschieden von allen anderen. Rom mag all dies zur Zeit der Kaiser gewesen sein; aber es hatte damals keine zehn Hörner. Es kann keinen Vorwand für eine solche Vorstellung geben, bis das Reich zerbrochen war; und danach hörte das Römische Reich genau genommen auf zu existieren. Es mochte den Namen und den Titel des Kaisers beibehalten, aber es war die ausgehölteste Sache, die möglich war. Wie also könnte diese Prophezeiung erfüllt werden, wenn es, solange es ein ungeteiltes Reich gab, keine Hörner gab; und wenn andererseits das Reich als solches erlosch, wenn es einmal in getrennte Königreiche zerfiel? Wie sollen wir diese beiden Tatsachen zusammenbringen? Weil es aus dem, was uns hier gegeben wird, klar ist, dass ein Tier etwas völlig anderes ist als ein Horn. Ein Tier repräsentiert eine kaiserliche Einheit. Aber in Rom gab es, solange das Reich bestand, keine „zehn Hörner“; und als die geteilten Königreiche aufkamen, gab es so etwas wie eine kaiserliche Einheit auch nicht.