Behandelter Abschnitt Jer 25
Dieses Kapitel ist das eigentliche Zentrum der Prophezeiungen Jeremias und daher der natürliche Ort für eine Pause in dieser sehr flüchtigen Darlegung dieser Prophezeiung. „Das Wort, das an Jeremia über das ganze Volk von Juda erging, im vierten Jahre Jojakims, des Sohnes Josias, des Königs von Juda, das ist das erste Jahr Nebukadrezars, des Königs von Babel“ (Jer 25,1).
Hier wird Nebukadrezar, der König von Babel, namentlich erwähnt, der große Bedränger der Juden, vor dem der Herr gewarnt hatte. Er hatte seinem Volk gesagt, was kommen würde, wenn sie nicht Buße tun würden, und sie hatten nicht Buße getan. Jetzt kündigt er an: „siehe, so sende ich hin und hole alle Geschlechter des Nordens, spricht der Herr, und sende zu Nebukadrezar, dem König von Babel, meinem Knechte“ (V. 9).
Das letzte ist ein bemerkenswertes Wort. Es war nicht mehr Zedekia, mein Knecht, sondern es war Nebukadrezar, mein Knecht. Die Kinder Israels und Judas waren im Begriff, ihre besondere Stellung als sein Volk ebenfalls zu verlieren. Es ging jetzt nicht mehr darum, sein Knecht zu sein, als eine besondere Ehre, sondern nur noch um die Vorsehung. Nebukadrezar, der götzendienerische Heide, konnte auf diese Weise genauso sein Diener sein wie jeder andere.
Der Herr beschreibt ausführlich sein Gericht über Jerusalem und auch über andere Völker. So sagt Er: „Und ich will unter ihnen aufhören lassen die Stimme der Wonne und die Stimme der Freude, die Stimme des Bräutigams und die Stimme der Braut, das Geräusch der Mühlen und das Licht der Lampe. Und dieses ganze Land wird zur Einöde, zur Wüste werden; und diese Nationen werden dem König von Babel dienen siebzig Jahre. Und es wird geschehen, wenn siebzig Jahre voll sind, werde ich an dem König von Babel und an jenem Volk, spricht der Herr, ihre Schuld heimsuchen, und an dem Land der Chaldäer: Und ich werde es zu ewigen Wüsteneien machen. Und ich werde über jenes Land alle meine Worte bringen, die ich über dasselbe geredet habe: alles, was in diesem Buche geschrieben steht, was Jeremia geweissagt hat über alle Nationen. Denn viele Nationen und große Könige werden auch sie dienstbar machen; und ich werde ihnen nach ihrem Tun und nach dem Werke ihrer Hände vergelten. Denn so hat der Herr, der Gott Israels, zu mir gesprochen: Nimm diesen Becher Zornwein aus meiner Hand, und gib ihn zu trinken all den Nationen, zu denen ich dich sende; damit sie trinken, und taumeln und rasen wegen des Schwertes, das ich unter sie sende.“ Jeremia wird immer noch als der Prophet des Herrn zu den Nationen gesehen. „Und ich nahm den Becher aus der Hand des Herrn und ließ trinken all die Nationen, zu welchen der Herr mich gesandt hatte. Jerusalem und die Städte von Juda, und ihre Könige, ihre Fürsten, um sie zur Einöde, zum Entsetzen, zum Gezisch und zum Fluche zu machen, wie es an diesem Tag ist“ (V. 10–18). Wer muss den Kelch zuerst empfangen? Jerusalem und die Städte Judas und ihre Könige und ihre Fürsten.
Erst jetzt werden die Kinder Israels zu den Nationen gerechnet. Sie hatten als Volk ihren besonderen Platz vor Gott verwirkt. Sie hatten ihn moralisch verloren, und nun verloren sie ihn auch im Gericht. Gott richtet niemals Menschen, bevor ihr eigenes Gewissen sie nicht gerichtet hat. Der Herr hat den ersten Menschen nicht aus dem Paradies vertrieben, bis der Mensch vor seiner Gegenwart floh. Adam floh, um sich vor Gott zu verstecken, und Gott richtete ihn erst danach in dem, worin sein eigenes Gewissen ihn bereits verurteilt hatte. Das gilt immer für jede Seele.
Wenn nun das göttliche Gericht über die Nationen um Israel her kommt, gehören Jerusalem und Juda zu den ersten der Nationen, die gerichtet werden. Sie alle sind verdorben, durch und durch verdorben. Es ist müßig, nach Unterschieden der Schuld unter ihnen zu suchen. Tatsächlich führen die besonderen Vorrechte Judas nur dazu, dass Juda als erstes gerichtet wird. Jerusalem wird am Anfang der siebzig Jahre gerichtet und Babylon am Ende dieser Zeitspanne. Der Unterschied ist nur ein zeitlicher; alle werden schließlich gerichtet.
Das Kapitel spricht in so weiten und allgemeinen Begriffen, dass, obwohl diese Prophezeiungen in gewissem Maß erfüllt waren, als Nebukadrezar gerichtet wurde, Gott die Zeit des Endes voll im Blick hatte – die große Zeit, in der alle Prophezeiungen erfüllt werden.