Behandelter Abschnitt 2Mo 15
Aber es gibt noch mehr als dies. Es gibt einige wichtige Konsequenzen aus diesem wunderbaren Werk Gottes, und eine davon ist diese: „Dieser ist mein Gott, und ich will ihm eine Wohnung machen“ (V. 2). Es ist oft und sehr zu Recht bemerkt worden, dass, obwohl das erste Buch Mose so reich an den verschiedenen Ratschlüssen und Wegen Gottes ist, die besondere Wahrheit im zweiten Buch Mose in ihr umso deutlicher fehlt. Obwohl wir also das Opfer als solches, den Bund und andere ähnliche Handlungen Gottes finden, wird zumindest die Erlösung in ihrer vollen Bedeutung in diesem Buch nie vor uns gebracht. Mir ist nichts Derartiges bekannt. Mit Erlösung meine ich nicht nur einen Preis, der bezahlt wurde, um uns zu erkaufen, damit wir Gott gehören (das ist in der Tat nicht die eigentliche Bedeutung des Wortes), sondern in seiner genauen Bedeutung auch dies, dass Gott die Macht des Widersachers gebrochen und uns für sich selbst freigekauft und befreit hat. Das ist die Erlösung. Ich behaupte, dass dem Christen diese beiden Wahrheiten zugutekommen. Er ist mit einem Preis erkauft, wie uns die Heilige Schrift oft sagt, und wir wissen es. Aber die Wirkung des Kaufs ist, dass wir die Knechte des Herrn werden; die Wirkung der Erlösung ist, dass wir die Freien des Herrn werden. Wie immer ist der Mensch schnell dabei, die beiden Dinge in Gegensatz zu setzen. Er kann nicht verstehen, wie ein Mensch sowohl ein Freier als auch ein Knecht sein kann. Aber die Wahrheit ist gewiss, und beides ist klar offenbart. Der Grund, warum es dem Menschen schwerfällt, die beiden Wahrheiten zusammenzubringen, ist, dass er sich selbst vertraut und nicht Gott, und das, weil er frei sein will von den Fesseln seines Willens und seines Wortes. Es bedarf nur weniger Gedanken und Überlegungen, damit ein Mensch begreift, dass beide nicht nur ganz gerecht sind, sondern dass sie beide durchaus vereinbar und harmonisch sind. Können wir nicht begreifen, liebe Brüder, dass wir unter der Macht eines Feindes Gottes standen? Angesichts dessen, dass wir ihm versklavt waren, war die Erlösung das Hervortreten der eigenen Macht Gottes in Christus in einer Art und Weise, die seiner Majestät und Heiligkeit angemessen war, in der nicht ein einziger Anspruch offenblieb, nicht eine einzige Forderung nicht erfüllt wurde, nicht eine einzige Sünde des Menschen nicht gerichtet wurde, sondern alles und jede Eigenschaft in Gott geehrt wurde, und wir triumphierend und frei herausgeführt werden. So werden wir zu Freien des Herrn gemacht; und was wäre, wenn die Erlösung durch Christus das nicht vollbracht hätte? Er hat es in der Tat vollbracht, aber um jeden Preis für sich selbst.
Aber es gibt mehr als das in dem Werk Christi, das die Macht des Satans gebrochen hat, „damit er durch den Tod den zunichtemachte, der die Macht des Todes hat, das ist den Teufel“ (Heb 2,14). Er hat die Macht des Teufels völlig gebrochen und alles erfüllt, was vonseiten Gottes für uns notwendig ist. Es gibt jedoch noch einen anderen Gedanken: Es ist von allergrößter Wichtigkeit, dass wir uns bewusst sind, dass wir Gott gegenüber unmittelbar verantwortlich sind gemäß der neuen, innigen und heiligen Beziehung, die wir kraft der Erlösung haben. Wir sind mit einem Preis erkauft (Und was für ein Preis ist das!). So gehören wir Ihm an – wir sind nicht unser Eigentum, sondern seins. Diese beiden Wahrheiten verbinden sich im Christen. Doch es gibt diesen Unterschied zwischen ihnen – dass auch die Welt erkauft ist, und jeder Mensch in ihr; während es falsch wäre zu sagen, dass jeder Mensch in der Welt erlöst ist. Wenn wir der Schrift unterworfen sind, müssen wir sagen, dass es so etwas wie eine universale Erlösung nicht gibt; aber wir müssen die Wahrheit des universalen Kaufs bekennen.7 Das Blut Christi hat die ganze Welt mit jedem Menschen und jedem anderen Geschöpf in ihr erkauft. Deshalb hören wir zum Beispiel in 2. Petrus 2, wie von den bösen Irrlehrern gesagt wird, dass sie den Herrn (despovth") verleugneten, nicht den, der sie erlöste, sondern „der sie erkaufte.“ Der souveräne Meister hat sie zu seinem Eigentum gemacht: Sie sind ein Teil dessen, was Er durch sein Blut für sich selbst erkauft hat. Sie besitzen es nicht selbst; sie behandeln die Ansprüche und Rechte des Meisters mit Gleichgültigkeit und Verachtung, wie es jeder Ungläubige tut. Der Gläubige ist nicht nur durch das kostbare Blut Christi erkauft, sondern auch von der Macht des Feindes befreit, so wie Israel es hier im Vorbild war. Die beiden Dinge sind also ebenso klar wie sie auch harmonisch sind. Die Wirkung des einen ist, dass der Feind nicht mehr den geringsten Anspruch auf uns oder Macht über uns hat; die Wirkung des anderen ist, dass der Herr ein vollkommenes Recht in jeder Hinsicht auf uns hat. Lasst uns in beidem die Gnade und Weisheit unseres Gottes erkennen.
Was Christus getan hat, ist sowohl für uns als auch für die Herrlichkeit Gottes das Richtige. Doch dann gibt es noch ein anderes Ergebnis, das als Folge der Erlösung beachtet werden sollte, und so, wie es in diesem Kapitel zu erscheinen beginnt, wird es an anderer Stelle ausführlicher dargelegt. Es geschieht jetzt, nach der Erlösung, dass Gott sich als „herrlich in Heiligkeit“ offenbart (2Mo 15,11). Das hat Er vorher nie getan. Man kann von niemandem erwarten, dass er das glaubt (wenn er nicht in die Bibel schaut und sich vor der Wahrheit beugt), dass Gott ein ganzes Buch geschrieben haben könnte und vorher nicht ein einziges Mal von Heiligkeit gesprochen hat. Dass Gott das Thema in einem Buch, das so fruchtbar für Wahrheiten ist wie das erste Buch Mose, nicht berührt haben soll, wäre für einen bloßen Theologen kaum glaubhaft. Aber wenn wir anfangen, uns der Wahrheit zu unterwerfen, statt uns in technischer Theologie zu ergehen, wenn wir das Göttliche betrachten, nicht die bloße Wissenschaft, die der Mensch daraus gemacht hat, um seine Blüte und Schönheit zu zerstören, wenn wir also das Wort Gottes erforschen, dann sehen und genießen wir seine Vollkommenheit. Die Heiligkeit wird in der Schrift ebenso von der Erlösung abhängig gemacht wie die Fähigkeit Gottes, auf dem Weg der Gerechtigkeit zu uns zu kommen und in unserer Mitte zu wohnen. Wie konnte Er das tun, bevor die Sünde nicht weg war? Und wie könnte Gott eine heilige Ruhestätte inmitten der Menschen haben, bevor die Sünde nicht weg war?
Nachdem hier also die Erlösung Israels aus Ägypten als Vorbild stattgefunden hat – das größte und vollständigste Vorbild im Alten Testament –, hören wir unmittelbar danach (ohne auch nur ein einziges Kapitel dazwischen einzufügen) von Gott, der in Heiligkeit verherrlicht ist, sowie von einer Wohnung, die Ihm bereitet ist. Dies wiederum ist übrigens kein unbedeutender Ausdruck, sondern mit der jetzt zuerst vor uns gebrachten Wahrheit verbunden: „Du wirst sie bringen und pflanzen auf den Berg deines Erbteils, die Stätte, die du, Herr, zu deiner Wohnung gemacht hast, das Heiligtum, Herr, das deine Hände bereitet haben. Der Herr wird König sein immer und ewig!“8
So wird die Wohnung Gottes unter seinem Volk offenbart, unmittelbar nachdem wir das ausdrückliche Vorbild der Erlösung haben. Im Christentum hat dies ein höchst erhabenes Gegenbild. Nicht, dass es nicht nach und nach die Wohnung Gottes in der Mitte seines Volkes geben wird; aber die Besonderheit unserer Berufung ist, dass wir auf keine unserer charakteristischen Freuden warten: Wir haben jetzt alles in Christus durch die Kraft des Geistes, bevor wir in den Himmel kommen. Wir haben im Prinzip alles, während wir auf der Erde sind. Wir haben, was zum Himmel gehört, während wir hier sind. Wir warten auf nichts anderes als auf Christus persönlich, um uns nach oben zu bringen. Natürlich wird das von vielen kaum verstanden. Die Hoffnung hat zweifellos ihre volle Berechtigung; denn wir leiden noch, und Christus selbst ist gegangen, uns eine Stätte zu bereiten, und Er kommt wieder, um uns zu sich zu nehmen, damit wir gemeinsam verherrlicht werden (Joh 14,1‒3). Was gibt es nun noch, was wir nicht haben? Alle Verheißungen sind in Ihm Ja und in Ihm Amen, zur Ehre Gottes durch uns. Ich gebe zu, dass mein Körper noch nicht verwandelt ist, auch der eure nicht; aber dann haben wir unendlich Besseres, als selbst den Körper, der dann verwandelt ist; wir haben Christus selbst, und Er ist dann auferstanden und in der Gegenwart Gottes in der Höhe. Deshalb ist die Veränderung des Körpers nur eine Folge dessen, was wir schon haben; während Christus in der himmlischen Herrlichkeit als die Frucht der Erlösung und der Gerechtigkeit Gottes das Scharnier von allem ist, was Gott verherrlichen und den Segen nicht nur der alttestamentlichen Gläubigen und der Versammlung sichern wird, sondern auch von Israel, den Nationen, den Menschen, der Erde, dem Himmel und allen Dingen für immer, um den mächtigen Mittelpunkt von allem. In Ihm konzentriert sich die volle Kraft der Verwandlung, die zu gegebener Zeit erfolgen wird, denn Er ist die Erstlingsfrucht jener herrlichen Ernte.
So ist es mit allen anderen Wahrheiten; und unter anderem mit dieser, dass Gott, anstatt darauf zu warten, uns im Himmel zu haben und dort in unserer Mitte Wohnung zu nehmen, uns zu seiner Wohnung macht, während wir hier sind – ein Beweis seiner Liebe und der Vollkommenheit der Erlösung durch Christus, der unvergleichlich größer ist, als zu warten, bis wir tatsächlich verwandelt und in den Himmel gebracht sind, weil Er sich hier herablässt, bei uns zu wohnen, trotz allem, was wir sind. Wir sind hier an einem Ort, an dem wir leider denken, fühlen, sprechen und handeln können, was einer solchen Wohnung unwürdig sind; und doch lässt Er sich hier trotz allem herab, um in uns zu wohnen. Wenn Er so in uns wohnt, ist das dann nicht eine der wichtigsten Wahrheiten, die wir in unserem Glauben und unserer Praxis Tag für Tag verwirklichen sollen? Wenn wir als seine Versammlung zusammenkommen, sollten wir uns dann nicht daran erinnern, dass wir nicht nur Glieder des Leibes Christi sind, sondern Gottes Wohnung durch den Geist? Wenn es so im Glauben festgehalten wird, wird es zu einer höchst praktischen Prüfung für uns; denn nichts sollte in dieser Versammlung gesagt oder getan werden, was nicht der Wohnung Gottes angemessen ist.
Im letzten Teil des Kapitels gibt es ein weiteres Thema. Nach dem Triumph werden die Kinder Israel von Mose in die Wüste geführt, wo es kein Wasser gab. Es mag auf den ersten Blick höchst erstaunlich erscheinen, dass das Volk nach dieser Segnung als erstes eine Wildnis vorfindet, in der es kein Wasser gibt, und dass, wenn sie zum Wasser kommen, dieses so bitter ist, dass sie es nicht trinken können. „Und sie kamen nach Mara; aber sie konnten das Wasser von Mara nicht trinken, denn es war bitter: Darum gab man ihm den Namen Mara“ (V. 23). Aber das Mittel war zur Hand. „Und er schrie zu dem Herrn, und der Herr wies ihm ein Holz; und er warf es in das Wasser, und das Wasser wurde süß. Dort gab er ihm Satzung und Recht, und dort prüfte er es“ (V. 25). Gott zeigte, dass die Vorrechte und die Macht der Erlösung in Christus eine Sache sind, und die notwendige Praxis, die aus der Erlösung folgt, eine andere. Aber wir sind jetzt an der Stelle, wo all dies tatsächlich auf die Probe gestellt wird; und die einzige Macht, das Bittere zu versüßen, ist die, Christus hineinzubringen. Sonst finden wir entweder gar kein Wasser, oder das Wasser ist ungenießbar und nicht zu trinken. So müssen wir den Tod und die Auferstehung in unserer Praxis wirken lassen, indem wir die Wirklichkeit der Wüste und den völligen Mangel an aller Kraft der Erfrischung an dem Ort und unter den Umständen, durch die wir gehen, lernen. Wir verdanken alles Christus.
Nachdem dies bewiesen ist, wird reichlich Erfrischung gegeben. Wie wahrhaftig ist der Herr! „Und sie kamen nach Elim, und dort waren zwölf Wasserquellen und siebzig Palmen; und sie lagerten dort am Wasser“ (V. 27).
7 Die Authorized Version unterscheidet nicht, wie es offensichtlich sein sollte, zwischen ἀγοράζω oder ἐξαγοράζω auf der einen Seite und λυτρόω auf der anderen, was ich kaufe und ich erlöse bedeutet. Gott macht beides in Christus für den Gläubigen wahr; aber der Kauf ist unbegrenzt, wie eine Untersuchung des griechischen Testaments jeden überzeugen wird, der das Wort Gottes in einer unterwürfigen Gesinnung liest; während die Erlösung ihre definierten Gegenstände hat.↩︎
8 Der Unglaube, der beispielsweise in Dr. D.’s Einleitung zum Alten Testament zum Ausdruck kommt, ist verblüffend. Der Autor sagt kühn: „Das Lied Moses im fünfzehnten Kapitel wurde nicht von Mose selbst geschrieben. Es ist eine palästinensische Produktion. Wenn ein Teil davon zu der Zeit gesungen wurde, als die Hebräer hinübergingen, dann waren es wahrscheinlich die Worte der ersten Strophe ... Es werden darin Anspielungen auf eine Zeit gemacht, die erheblich nach der Zeit liegt, in der das Lied zum ersten Mal gesungen worden sein soll; zum Beispiel in der siebzehnten Strophe ... Hier scheint der Tempel auf dem Berg Zion gemeint zu sein. Wenn dem so ist, dann ist das Gedicht nicht vor der Zeit Salomos entstanden“ (i. S. 226)! Da es also bei diesen Männern ein Axiom ist, dass es keine Vorhersage von Ereignissen geben kann, die Gott allein vorhersehen konnte, und da dieses Lied eindeutig vorwegnimmt, was erst in der Regierungszeit des Sohnes Davids verwirklicht wurde, muss es mindestens aus dessen Zeit stammen; und 2. Mose 14 wird für noch später erklärt, weil die Hand des Jehovisten darin erscheint, nicht im fünfzehnten! Kann es eine absurdere Bagatelle geben als den Satz, 2. Mose 15 („das Gedicht, wie wir es jetzt haben“) sei im Gegensatz zu 2. Mose 14 elohistisch?↩︎