Behandelter Abschnitt 2Mo 6
Aber der Herr spricht am Anfang dieses Kapitels noch einmal zu Mose, als er zurückkehrt,3 und sagt: „Nun sollst du sehen, was ich dem Pharao tun werde; denn durch eine starke Hand gezwungen soll er sie ziehen lassen, und durch eine starke Hand gezwungen soll er sie aus seinem Land wegtreiben. Und Gott redete zu Mose und sprach zu ihm: Ich bin der Herr. Und ich bin Abraham, Isaak und Jakob erschienen als Gott, der Allmächtige; aber mit meinem Namen Herr habe ich mich ihnen nicht kundgegeben“ (V. 1–3). Wir kommen hier zu einer größeren Genauigkeit. Beachte bitte, dass dies nicht bedeutet, dass das Wort Herr nicht bekannt war. Wir haben keinen wirklichen Grund, daran zu zweifeln, dass die Menschen ihn von Anfang an kannten. Als Wort kommt Herr im ersten Buch Mose häufig vor, und zwar in einer Weise, die nicht nur zeigt, dass der Schreiber den Begriff kannte, sondern dass er von Anfang an in Gebrauch war. Was ist dann die wahre Bedeutung? Dass Gott diesen Namen nun als den offenbarten Charakter annimmt, nach dem Er öffentlich für die Kinder Israels handeln wollte. Beachte zur Veranschaulichung dessen, was hier gemeint ist, dass unser Herr, als er kam, wie die Schrift sagt, den Vater kundmachte. Was für eine absurde Schlussfolgerung wäre es, dass der Begriff Vater vorher nicht bekannt gewesen wäre? Das wird offensichtlich nirgends vermittelt, sondern dass Gott sich vorher nicht in dieser Beziehung offenbart hatte, wie Er es dann tat. Genauso ist es mit dem Begriff Herr. So nennt Abraham in 1. Mose 22, als Isaak unter dem Todesurteil herausgenommen wurde, den Ort Jahwe-Jireh. Der Name muss also hinlänglich bekannt gewesen sein: Nur gebrauchte Gott ihn noch nicht als Form und Grund seines Umgangs mit irgendeinem Volk auf der Erde; jetzt tut Er es mit Israel. Es genügte nicht, der allmächtige Schild der Kinder wie der Väter zu sein: egal, wie schwach und ausgeliefert sie inmitten der eifersüchtigen und feindseligen und bösen Kanaaniter waren, Er war der Beschützer der wandernden Patriarchen gewesen. Das war es, was in der Formel seiner Offenbarung an Abraham, Isaak und Jakob enthalten war.
Aber jetzt geht Er noch weiter und zeigt sich als der unveränderliche und ewige Gott, der Gott, der tatsächlich als Statthalter der Verheißung treu war, die Er vor langer Zeit gegeben hatte. Dementsprechend ist dies genau das, was mit dem Namen des Herrn verbunden ist. Hier war Er bereit, seinen Teil zu vollbringen. Es mochte sein, dass sie nicht bereit waren, aber Er war auf jeden Fall in der Lage, alles zu erfüllen, was Er versprochen hatte. Und so verpflichtet er als der Herr, ihr Gott, vor ihnen seinen eigenen unveränderlichen Charakter, um seine Verheißungen zu erfüllen. Ob es zu einem Ergebnis kommen würde oder nicht, hing von ganz anderen Umständen ab – nicht von irgendeinem Versagen in Ihm.
Dies wird Mose und Aaron vor Augen geführt, und bald darauf finden wir die Botschaft: „Geh hinein, rede zum Pharao, dem König von Ägypten, dass er die Kinder Israel aus seinem Land ziehen lasse“ (V. 11). Sie sollten sich von den ersten Antworten in keiner Weise niederschlagen lassen. Sie durften sich auch durch die wachsenden Schwierigkeiten der Kinder Israels nicht entmutigen lassen. Sie hatten diese Ermächtigung, im Namen des Herrn weiterzuziehen.
In 2. Mose 6,14-27 wird das Geschlechtsregister gegeben, das keiner Bemerkung bedarf, außer der, dass die Gnade nicht anders kann, als sich zu erweisen. Denn nicht Mose war der ältere Bruder, sondern Aaron, und in dem Geschlechtsregister wird die Ordnung der Natur beibehalten, wie zum Beispiel in den Versen 20 und 26: „Dieser Aaron und dieser Mose sind es, zu denen der Herr gesprochen hat: Führt die Kinder Israel aus dem Land der Ägypter heraus, nach ihren Heeren“ (V. 26). Aber in dem Moment, in dem wir zur geistlichen Handlung kommen, heißt es immer „Mose und Aaron“ – niemals „Aaron und Mose.“ Wie langsam sind wir, um die Vollkommenheit des Wortes Gottes kennenzulernen! Und doch gibt es nichts Vergleichbares in Bezug auf Einfachheit und Verständlichkeit. Unsere Schwierigkeit besteht darin, dass gerade die Vertrautheit der Menschen sie daran hindert, das wahrzunehmen, was vor ihren Augen ist. Da ist es: Wenn unsere Augen geöffnet werden, sehen wir, wie einzigartig sein Charakter ist. Und das hat eine erstaunliche Wirkung auf den geistlichen Menschen, der sich von den gesunden Worten Gottes ernährt, denn wir alle sind sonst geneigt, nachlässig zu sein und Worte leichtfertig zu gebrauchen. Wenn es eine große Sache ist, den Gewinn einer guten Gemeinschaft zu genießen, dann gibt es keine Gemeinschaft oder Konversation wie die seitens Gottes. Das ist die Art und Weise, in der der Herr uns Einfachheit gibt und gleichzeitig eine Tiefe, die völlig über uns hinausgeht. Wie gut ist der Herr, der zu uns nicht nur über die Dinge der Gnade, sondern auch über die der Natur spricht! Streiten wir uns als Christen über solchen Dinge? Wir erkennen sie an, indem wir die Natur an ihrem Platz anerkennen; und das zu Recht. Es ist alles eitel, das zu leugnen, was nach der Ordnung der Natur recht ist. Vermeide immer Einseitigkeit. Es gibt nichts Gefährlicheres in den Dingen Gottes. Gebt der Natur ihren Platz und das, was zu ihr gehört; aber haltet dabei immer die Überlegenheit der Gnade aufrecht. Und hüte dich, dass wir nicht nur wissen und genießen, sondern auch der Gnade angemessen wandeln: Sonst verliert sie ihren Charakter. Die Gnade ist dann keine Gnade mehr, sondern nur noch eine eitle Anmaßung – ein leichtsinniger Gebrauch von Worten ohne Kraft.
3 Der Versuch, aus angeblichen Widersprüchen und Verwirrungen Beweise für die Verschiedenheit der Autorenschaft zu gewinnen, ist nicht nur zwecklos, sondern ein Beweis für die Unfähigkeit, das zu erkennen, was ausgezeichnet und voller Belehrung ist. Dr. D. sagt (Introd. O. T. i. 65), dass „die Israeliten anfangs aus Angst vor dem Geist und grausamer Knechtschaft nicht auf Mose hörten (2Mo 6,9.12). Aber in 2. Mose 4,31 glaubten sie und freuten sich, als er ihnen die Befreiung ankündigte. Man könnte sagen, dass in diesem Fall nicht das Volk, sondern die Ältesten angesprochen wurden, und dass sie durch die Zeichen, die er tat, zum Glauben an ihn bewegt wurden. Wenn aber die Ältesten von seiner göttlichen Sendung überzeugt waren, war das Volk, das unter seiner Last ächzte, bereit, ihm zu folgen.
Nach 2. Mose 6,2 und so weiter erhielt Mose den göttlichen Auftrag, das Volk aus der Knechtschaft in Ägypten zu befreien. Aber in 2. Mose 3,1 und so weiter empfing er ihn in Midian. Er wurde nicht zuerst in Midian empfangen und dann in Ägypten wiederholt, denn nach dem ersten Ruf gehen Mose und Aaron zum Pharao und bitten ihn, die Israeliten ziehen zu lassen, um in der Wüste ein Fest zu feiern. Hätte Mose den König nicht aufgesucht, um das zu erbitten, wozu er von Gott berufen wurde, könnte man annehmen, dass der Ruf wiederholt wurde; da er dies aber tat, war ein zweiter Ruf unnötig! Die beiden Rufe sind in Wirklichkeit die Berichte verschiedener Autoren, die eine etwas andere Version derselben Sache wiedergeben. In dem einen bittet Mose um eine vorübergehende Befreiung des Volkes (2Mo 5,3 usw.), in dem anderen um seine vollständige Befreiung (2Mo 6,11; 7,2; 9,35; 11,10).“
Tatsache ist, dass alles klar ist und übereinstimmt, aber weiterführt; und die kleinliche Behauptung, es gäbe elohistische und jehovistische Dokumente, versagt offenkundig; denn 2. Mose 3 zeichnet sich durch den Gebrauch von Jahwe in einer ganz ähnlichen Weise wie 2. Mose 6 aus. In beiden offenbart sich Elohim oder es wird von ihm als Jahwe gesprochen. Als die ersten Zeichen geschehen waren, baten das Volk und Mose um eine Pause von nur drei Tagen. Als der König sich hochmütig weigerte und die Unterdrückung verstärkte, gab Gott seinem Knecht eine noch umfassendere Offenbarung seiner selbst für das Volk, das nun völlig niedergeschlagen war, und einen noch zwingenderen Auftrag in Ägypten – bewaffnet nicht nur mit Zeichen, sondern mit Gerichten über ihre Unterdrücker –, und die Forderung war nun ein vollständiger Auszug Israels. Wenn der Fürst der Welt ihre Lasten schwerer macht, wird die Zusicherung der Befreiung deutlicher, und die vorübergehende Befreiung verschwindet. Die zweite Berufung in Ägypten ist daher nicht nur eine Tatsache, sondern als Einleitung zu neuen Handlungen notwendig, nachdem der Pharao den Anspruch Jahwes gemäß der ersten Berufung in Midian verachtet hatte.↩︎