Behandelter Abschnitt Spr 25,21-28
In den Versen 21–28 findet sich eine gemischte Gruppe von wichtigen Ratschlägen oder Beobachtungen.
Wenn deinen Hasser hungert, gib ihm Brot zu essen, und wenn er durstig ist, gib ihm Wasser zu trinken; denn glühende Kohlen wirst du auf sein Haupt häufen, und der Herr wird dir vergelten.
Nordwind gebiert Regen, und eine heimliche Zunge verdrießliche Gesichter.
Besser auf einer Dachecke wohnen, als eine zänkische Frau und ein gemeinsames Haus.
Frisches Wasser auf eine lechzende Seele: So ist eine gute Nachricht aus fernem Land.
Getrübter Quell und verdorbener Brunnen: So ist der Gerechte, der vor dem Gottlosen wankt.
Viel Honig essen ist nicht gut, aber schwere Dinge erforschen ist Ehre.
Eine aufgebrochene Stadt ohne Mauer: So ist ein Mann, dessen Geist Beherrschung mangelt (25,21‒28). „Wenn deinen Hasser hungert, gib ihm Brot zu essen, und wenn er durstig ist, gib ihm Wasser zu trinken“ (V. 21). Der erste dieser Grundsätze muss einen gewöhnlichen Israeliten erschreckt haben; sie erhebt sich über die Natur und das Gesetz, das mit den bösen Gefühlen und Wegen so umgeht, wie sie es verdienen. Hier ist es „die Güte Gottes“ und seine Aufforderung, nach einer Güte zu handeln, die in Ihm gesehen wird und nur aus Ihm kommen kann.
Wir haben ein Beispiel in großem Maßstab, als göttliche Macht ein syrisches Heer, das ausgesandt war, Elisa gefangenzunehmen, mit verbundenen Augen in die Hauptstadt Israels zog, und der König den Propheten fragte: Soll ich schlagen? Soll ich schlagen? Aber das Sprachrohr Gottes sagte: Nein! „Setze ihnen Brot und Wasser vor, damit sie essen und trinken und dann zu ihrem Herrn ziehen“ (2Kön 6,22). Kein Wunder, dass die Streifscharen der Syrer nicht mehr in das Land Israel kamen. Was damals fremd war und dem menschlichen Verstand immer fremd gewesen sein muss, ist heute dem Christen so sympathisch, dass der Apostel sich veranlasst sah, die Worte als Regel für jeden Tag zu zitieren. „Aber wenn dein Feind hungrig ist, gib ihm zu essen; wenn er durstig ist, gib ihm zu trinken; denn wenn du dieses tust, wirst du feurige Kohlen auf sein Haupt sammeln“ (Röm 12,20). Es war Gott in Christus, es ist Gott im Christen. Ist es im Christentum veraltet? Darf es nicht bei Christen sein? Es ist zu wertvoll, um es zu verlieren. „Nordwind gebiert Regen, und eine heimliche Zunge verdrießliche Gesichter“ (V. 23). Dieser Vers hat bei den Übersetzern sehr unterschiedliche Bedeutungen hervorgerufen. Sogar hier scheint die Umkehrung des letzten Satzes vorzuziehen zu sein – dass, wie der Nordwind Regen hervorbringt, so ruft eine zornige Miene eine heimliche oder verleumderische Zunge hervor. Wenn dies richtig ist, ist es ein Aufruf zur Sanftmut auch im Blick und eine Warnung vor den Folgen eines Versagens in dieser Hinsicht. „Besser auf einer Dachecke wohnen, als eine zänkische Frau und ein gemeinsames Haus“ (V. 24). Dieser Vers drückt die Erbärmlichkeit aus, ein Haus mit einer streitsüchtigen Frau teilen zu müssen, was eine Ecke des Hausdaches zu einer angenehmen Flucht vor solchem Getöse machte. „Frisches Wasser auf eine lechzende Seele: So ist eine gute Nachricht aus fernem Land“ (V. 25). Andererseits ist eine gute Nachricht aus einem fernen Land nicht weniger erfrischend als kaltes Wasser für eine durstige Seele. Man sucht zu Hause nach angenehmen Klängen, statt nach lärmendem Streit oder Murren. Aber wenn man eine gute Nachricht aus einem fernen Land erhält, ist sie umso schöner. „Getrübter Quell und verdorbener Brunnen: So ist der Gerechte, der vor dem Gottlosen wankt“ (V. 26). Es gibt jedoch einen Bericht oder eine Tatsache, die dazu bestimmt ist, Schmerz zu bereiten und ins Straucheln zu bringen – wenn ein Gerechter vor den Bösen wankt. Da hoffte man auf eine Quelle, die entspringt, und einen klaren Strom, der vielleicht hervorkommt. Wie traurig, dass man nur einen getrübten Brunnen und eine verunreinigte Quelle finden kann! „Viel Honig essen ist nicht gut, aber schwere Dinge erforschen ist Ehre“ (V. 27). Es ist nicht gut, zu viel von dem zu essen, was dem Gaumen schmeichelt, wie wir vielleicht durch mangelnde Unterwerfung unter das Wort zu unserem Schaden bewiesen haben; aber es besteht die entgegengesetzte Gefahr des übermäßigen Suchens nach wichtigen Dingen, was eine Last statt eines Vergnügens oder ein Gewinns ist. Das hebräische Wort, das mit Herrlichkeit übersetzt wird, bedeutet bekanntlich auch Gewicht. Da die Beibehaltung des Sinnes Herrlichkeit kein befriedigendes Ergebnis liefert und sogar eine seltsam erzwungene Verneinung erfordert, um irgendeinen guten Sinn zu geben, wird hier die andere Wiedergabe angenommen, die leicht zu bieten scheint, was scheinbar gewünscht wird. „Eine aufgebrochene Stadt ohne Mauer: So ist ein Mann, dessen Geist Beherrschung mangelt“ (V. 28). Es bleibt die letzte Warnung der Weisheit, sich vor einem unbeherrschten Geist zu hüten. Wer seinen eigenen Geist nicht unter Kontrolle hat, setzt sich allen möglichen Überraschungen, Einbrüchen und Verderben aus. Ist er nicht wie eine Stadt, die zusammengebrochen und ohne Mauer ist?