Behandelter Abschnitt Spr 16,25-33
Nun folgen die Verse 25–33. Den ersten dieser Sinnsprüche haben wir schon einmal in Sprüche 14,12 gehabt. Die Wiederholung zeigt, wie wichtig sie ist und wie leicht wir sie vergessen. Wir dürfen ihn deshalb noch einmal betrachten.
Da ist ein Weg, der einem Menschen gerade erscheint, aber sein Ende sind Wege des Todes.
Der Hunger des Arbeiters arbeitet für ihn, denn sein Mund spornt ihn an.
Ein Belialsmann gräbt nach Bösem, und auf seinen Lippen ist es wie brennendes Feuer.
Ein verkehrter Mann streut Zwietracht aus, und ein Ohrenbläser entzweit Vertraute.
Ein Mann der Gewalttat verlockt seinen Nächsten und führt ihn auf einen Weg, der nicht gut ist.
Wer seine Augen zudrückt, um Verkehrtes zu ersinnen, seine Lippen zusammenkneift, hat das Böse beschlossen.
Das graue Haar ist eine prächtige Krone: Auf dem Weg der Gerechtigkeit wird sie gefunden.
Besser ein Langmütiger als ein Held, und wer seinen Geist beherrscht, als wer eine Stadt erobert.
Das Los wird im Gewandbausch geworfen, aber all seine Entscheidung kommt von dem Herrn (16,25‒33). „Da ist ein Weg, der einem Menschen gerade erscheint, aber sein Ende sind Wege des Todes“ (V. 25). Eigenliebe und Eigenwille führen zum Selbstbetrug, wie groß auch die Ehrlichkeit sein mag, die einem bewussten Unrecht entgegenstehen würde. Deshalb müssen wir auf den schauen, der größer ist als unser Herz, damit wir von einer Weisheit geleitet werden, die über uns hinaussteigt. Wie schrecklich ist es, dem zu vertrauen, was man hätte beurteilen sollen, damit nicht, wenn man einem Weg folgt, der richtig zu sein scheint, sein Ende jedoch nur ein Weg des Todes ist! Wer die Stimme Jesu hört und kennt und ihr folgt, findet in Ihm nicht nur den Weg, sondern auch die Wahrheit und das Leben. Man kann auch nicht zu einfältig sein, wenn man auf seine Worte hört, die für alle vorhanden sind. Das ist der christliche Weg, und darum bewirken sie Friede und Freude, was auch immer das Leid und die Gefahr sein mögen. „Der Hunger des Arbeiters arbeitet für ihn, denn sein Mund spornt ihn an“ (V. 26). Menschlich gesprochen, so wie Müßiggang eine Gefahr und ein Elend sind, so ist Arbeit gut für einen Menschen, wie er beschaffen ist. Wer wirklich ein arbeitender Mensch ist, hat ein Bedürfnis, das ihn zu seiner täglichen Arbeit antreibt. Seine Seele (Appetit oder Leben) hat Bedürfnisse, die nach Nachschub rufen, oder, wie es hier heißt, „sein Mund spornt ihn an“. Andere verstehen das so: „Die Seele des Mühseligen wird Not leiden; denn sein Mund treibt ihn an.“ „Ein Belialsmann gräbt nach Bösem, und auf seinen Lippen ist es wie brennendes Feuer“ (V. 27). Dieser Vers skizziert anschaulich den Gottlosen. Nicht zufrieden mit dem, was an der Oberfläche erscheint, gräbt ein Mann Belials das Böse aus, und auf seinen Lippen ist es wie ein brennendes Feuer. Wie Jakobus von der Zunge sagt, setzt sie den ganzen Lauf der Natur in Brand und ist selbst von der Hölle angezündet. Was soll man von dem Kommentar eines gelehrten katholischen Auslegers (Maldonat) halten, den Bischof Patrick zitiert? – „Das sieht man am Beispiel der spanischen Inquisition, wo derjenige, der etwas Unbedachtes gegen den Glauben sagt, verdientermaßen dem Feuer übergeben wird, was ich wünschte, dass es überall so wäre.“ Der Katholizismus ignoriert und pervertiert das Christentum. „Ein verkehrter Mann streut Zwietracht aus, und ein Ohrenbläser entzweit Vertraute“ (V. 28). Die nächste Form des Unheils ist ein verkehrter oder missgünstiger Mensch, der Zwietracht sät, und ein Schwätzer, der die wichtigsten Freunde trennt. Mögen wir die Gnade haben, einen solchen Geist nicht nur zurückzuweisen, sondern ihn auch zurechtzuweisen, wenn er seine schädliche und oft anzügliche Art verrät. „Ein Mann der Gewalttat verlockt seinen Nächsten und führt ihn auf einen Weg, der nicht gut ist“ (V. 29). Der gewalttätige Mensch mag nicht so heimtückisch sein; aber die Offenheit seines Vorgehens, mit scheinbarer Ehrlichkeit, kann seinen Nächsten verführen und ihn auf einen Weg führen, der nicht gut ist, möglicherweise über seinen Verführer hinaus. „Wer seine Augen zudrückt, um Verkehrtes zu ersinnen, seine Lippen zusammenkneift, hat das Böse beschlossen“ (V. 30). Das Bild dieses Verses beschreibt jemanden derer, die die Augen verschließen in ihrem bösen Werk; aber es ist ein Aushecken von üblen Dingen, und einer beißt sich auf die Lippen, damit er Böses zustande bringt.
Man darf sich auch nicht vom Alter täuschen lassen, obgleich es Ehrfurcht beansprucht. Aber wie beklagenswert, wenn es zum Bösen hilft! „Das graue Haar ist eine prächtige Krone: Auf dem Weg der Gerechtigkeit wird sie gefunden“ (V. 31).
Welch ein Zeugnis für den Geduldigen und Selbstbeherrschten in Vers 32: „Besser ein Langmütiger als ein Held, und wer seinen Geist beherrscht, als wer eine Stadt erobert.“ Wenn er im Licht wandelt, wie es jeder Christ tut, sollte sogar noch mehr als dies frei fließen. Doch Langsamkeit zum Zorn und Selbstbeherrschung sind an ihrer Stelle bewundernswert. „Das Los wird im Gewandbausch geworfen, aber all seine Entscheidung kommt von dem Herrn“ (V. 33). Der Jude griff zum Los, bis der Geist dem Gläubigen im Evangelium gegeben wurde (Apg 1). Aber er wurde daran erinnert, dass der Herr im Regiment sitzt. Das Christentum zeigt hierin, wie in allen Dingen, dass Gott etwas „Besseres“ bereitstellt, treu, wie Gott es von früher her war und immer noch ist, jetzt, da Er in Christus viel inniger offenbart und bekanntgemacht ist.