Behandelter Abschnitt Spr 8,12-21
Wir befinden uns in einer Welt, die gegenwärtig von einem kaum wahrnehmbaren Geist des Bösen beherrscht wird, der Zugang zu jedem Herzen hat. Daher besteht ein ständiges Bedürfnis nach einer Weisheit, die über der des Menschen steht. Für den Christen kommt sie von oben herab; sie ist Christus, Gottes Weisheit nicht weniger als seine Macht. Hier, wie für Israel, stellt der Heilige Geist die Weisheit für die Erde vor. Denn der Himmel und die Erde gehören Gott, der zu gegebener Zeit den Verderber vertreiben und alle Dinge in der Tat und in der Erscheinung unter Christus stellen wird, wie sie jetzt im Prinzip dem Glauben gehören. In der Zwischenzeit haben wir Gott, der sich mit dem beschäftigt, was für seine Kinder himmlischer Natur ist, und zwar im Neuen Testament, bevor der Tag kommt, wie für sein altes Volk, das durch das Alte Testament erneuert wird, um bald davon zu profitieren, wie hier.
Ich, Weisheit, bewohne die Klugheit und finde die Erkenntnis der Besonnenheit. Die Furcht des Herrn ist: das Böse hassen. Stolz und Hochmut und den Weg des Bösen und den Mund der Verkehrtheit hasse ich. Mein sind Rat und Einsicht; ich bin der Verstand, mein ist die Stärke. Durch mich regieren Könige, und Fürsten treffen gerechte Entscheidungen; durch mich herrschen Herrscher und Edle, alle Richter der Erde. Ich liebe, die mich lieben; und die mich früh suchen, werden mich finden. Reichtum und Ehre sind bei mir, bleibendes Gut und Gerechtigkeit. Meine Frucht ist besser als feines Gold und gediegenes Gold und mein Ertrag besser als auserlesenes Silber. Ich wandle auf dem Pfad der Gerechtigkeit, mitten auf den Steigen des Rechts, um die, die mich lieben, beständiges Gut erben zu lassen und um ihre Vorratskammern zu füllen (8,12–21).
Der Christ wandelt, obwohl er ein himmlischer Mensch ist, auf der Erde; und er muss und kann sich solcher Worte wie dieser bedienen, da er unter der moralischen Regierung Gottes als seines Vaters steht (1Pet 1,17). Die Weisheit macht die Klugheit zu ihrem Wohnsitz und findet dort das Wissen, wenn nicht von geistreichen Erfindungen, so doch von Überlegungen, die eine bessere Sache sind. So wird kaum wahrnehmbaren Widersachern mit einer Weisheit und ihren Mitteln begegnet, die tiefer ist als jede Schlinge. Ihre Grundlage ist die Furcht des Herrn, die das Böse hasst und der der intellektuelle Scharfsinn und die List nicht gewachsen sind. Denn die göttliche Weisheit im Wort bildet den Gottesfürchtigen im Gehorsam, nicht in der Klugheit, die das Handwerk durch tiefere List überlistet; denn das würde nur Gott entehren und den Menschen besudeln. Daher sind Stolz und Hochmut auf der einen Seite, und auf der anderen der böse Weg und der verkehrte Mund, Gott und seinem Volk verhasst. Sie sind die Wege und Worte des Ichs, weit entfernt von Ihm, der auf den Pfad des Gehorsams führt und denen, die auf Ihn warten und sein Wort halten, Rat und solide Weisheit gibt, und bei Ihm ist nicht nur Einsicht, sondern auch Stärke – alles, was wir in dieser verworrenen und wechselhaften Umgebung brauchen.
Keiner braucht Weisheit so sehr wie die, die Autorität ausüben, insbesondere der Monarch. „Durch mich regieren Könige, und Fürsten treffen gerechte Entscheidungen; durch mich herrschen Herrscher und Edle, alle Richter der Erde“ (V. 15.16). Aber gerade diese Sprache stellt treffend den Unterschied zwischen dem Alten Testament und dem Neuen Testament heraus, nämlich den völlig neuen Zustand der Dinge unter dem Evangelium im Vergleich zum Gesetz. Denn im Neuen Testament wird nur die Unterwerfung unter die Autorität gelehrt, im Alten Testament auch die, die sie ausübt. Der Christ wartet darauf, mit Christus zu herrschen, und begnügt sich inzwischen damit, mit Ihm und für Ihn zu leiden. Keine Ermahnung, kein Grundsatz, keine Tatsache setzt voraus, dass er weltliche Macht ausübt, wo Christus verworfen wurde, bis Er erscheint, um die Welt zu richten. Es war ein ganz anderer Zustand, bevor die Fürsten dieses Zeitalters den Herrn der Herrlichkeit kreuzigten. Aber es ist jetzt eine Zeit des großen und wachsenden Unglaubens, und es ist eine harte Prüfung für die meisten Gläubigen, auf gegenwärtige Macht und Ehre zu verzichten. In der Tat ist seit dem Weggang der Apostel die wahre himmlische Herrlichkeit des Christen und der Versammlung fast vergessen und ignoriert worden.
Aber die Weisheit geht weit über die Herrschenden und die Großen hinaus, sogar zu allen, die sie suchen und schätzen. „Ich liebe, die mich lieben; und die mich früh suchen, werden mich finden“ (V. 17). So ist es immer bei göttlichen Bestrebungen. Die, die gläubig sind, werden mit dem treuen Abraham gesegnet. Gott hat Segnungen für das Echte. Seine Weisheit beschert Reichtum und Ehre – für den Christen nicht materieller Art, sondern weit bessere Dinge, dauerhaften Reichtum, Wahrhaftigkeit und Gerechtigkeit. Ihre Frucht ist in der Tat besser als reines Gold oder erlesenes Silber. Weisheit wandelt auf dem Weg der Gerechtigkeit. Nicht „führen“, sondern „wandeln“ ist hier der Punkt. Für die Vernunft, für den gesunden Menschenverstand, mag es völlig töricht erscheinen; denn es bringt oft Verlust, Opfer und Leiden mit sich. Aber „wer den Willen Gottes tut, der bleibt in Ewigkeit“ (1Joh 2). Christus ist für uns der Weg. Ihm folgen wir, was auch immer geschehen mag. Die Weisheit wandelt also mitten auf den Pfaden des Rechts, nicht außerhalb davon. Und nur dort wird der Segen genossen, obwohl er für den Christen nicht im Korb und im Kaufen, in der Bank oder in Aktien liegt, sondern höher und unveränderlich.