Behandelter Abschnitt Hiob 39
„Weißt du die Gebärzeit der Steinböcke?“ (V. 1a)? Sie sind in der Regel für den Menschen sehr unzugänglich. Man findet sie in den großen Höhen der Berge. „Beobachtest du das Kreißen der Hirschkühe? Zählst du die Monate, die sie erfüllen, und weißt du die Zeit ihres Gebärens? Sie krümmen sich, lassen ihre Jungen durchbrechen, entledigen sich ihrer Wehen. Ihre Kinder werden stark, wachsen auf im Freien; sie gehen fort und kehren nicht zu ihnen zurück. Wer hat den Wildesel frei entsandt, und wer gelöst die Fesseln des Wildlings, zu dessen Haus ich die Steppe gemacht habe und zu seinen Wohnungen das Salzland? Er lacht über das Getümmel der Stadt, das Geschrei des Treibers hört er nicht. Was er auf den Bergen erspäht, ist seine Weide, und allem Grünen spürt er nach“ (V. 1b–8).
So hatten wir die Steinböcke, dann den Wildesel und nun das, was hier Einhorn genannt wird. Ich weiß nicht, warum man ihm diesen Namen gegeben hat. Es gibt nur ein Tier mit einem einzigen Horn, das indische Nashorn, das nur in Südasien vorkommt, aber hier sollte es der Wildochse sein. „Wirst du den Wildochsen mit dem Seil in der Furche halten können?“ (V. 10a), Wir haben also die Steinböcke (V. 1), den Wildesel (V. 5), und nun den Wildochsen (V. 9). Sie folgen einander im Wechsel. Dies ist ein stärkeres Tier als die anderen. Es gibt einen Anstieg in der Skala. „Wirst du ihm trauen, weil seine Kraft groß ist, und ihm deine Arbeit überlassen? Wirst du dich auf ihn verlassen, dass er deine Saat heimbringt und sie auf deine Tenne sammelt?“ (V. 11.12).
Nun, jetzt kommen wir zu einer sehr merkwürdigen Formulierung. Hier steht wirklich überhaupt nichts über Pfauen. Das ist ein Irrtum. Einen Pfau finden wir zum ersten Mal zur Zeit Salomons. Sie wurden aus Indien oder Ceylon eingeführt; und es ist merkwürdig, dass der Name des Pfaus, wie er in den Büchern Könige und Chronika angegeben wird, das ist Sanskrit, nicht Hebräisch. Es ist die Sprache Indiens, die alte klassische Sprache Indiens. Aber dies ist eine ganz andere Sache. Es sollte heißen: „Fröhlich schwingt sich der Flügel der Straußhenne: Ist es des Storches Fittich und Gefieder?“ (V. 13). Es ist wirklich der Strauß im ersten Teil des Verses, und der Storch im zweiten Teil. Es gibt eine Art Gegensatz zwischen dem Strauß mit seinem großen Flattern und auch seiner dummen Gleichgültigkeit gegenüber seinen Jungen und dem Storchen. Der Storch ist der anhänglichste Vogel, den Gott geschaffen hat. Es gibt keinen Vogel, der sich so sehr um seinen Nachwuchs kümmert; und deshalb gibt es Menschen auf der Welt, die ihn halten und dafür sorgen, dass er geehrt wird, und niemand darf ihn unter Strafe verletzen. Ich glaube, dass man in Holland bis auf den heutigen Tag die Störche auf Gebäuden jeder Höhe findet; und man lässt sie nicht bloß auf den Tannen des Waldes, sondern sie sind sehr gern in der Nähe der Menschen. Auch bauen sie ihre Nester oft in Schornsteinen und dergleichen, und an hohen Orten; und die Menschen haben eine solche Achtung vor einem Vogel, der von solcher Zuneigung gekennzeichnet ist, dass sie niemandem erlauben, ihn zu schießen oder in irgendeiner Weise zu verletzen.
Das ist nun der Vogel, der dem Strauß gegenübergestellt wird. Der Strauß dagegen überlässt seine Jungen einfach sich selbst; er setzt seine Eier im Sand aus und lässt sie dort zur Reife kommen oder zerstört werden. Sie kümmert sich nicht um sie. Und darauf wird hingewiesen: Denn sie überlässt ihre Eier der Erde und erwärmt sie auf dem Staub; und sie vergisst, dass ein Fuß sie zerdrücken und das Getier des Feldes sie zertreten kann. Sie behandelt ihre Kinder hart, als gehörten sie ihr nicht; ihre Mühe ist umsonst, es kümmert sie nicht. Denn Gott ließ sie die Weisheit vergessen, und keinen Verstand teilte er ihr zu“ (V. 14‒17). Und wer sollte mit Gott streiten? Der Gott, der dem einen Vogel seinen bemerkenswerten Charakter der Zuneigung gibt, nimmt selbst einem anderen Vogel von ungeheurer Kraft und großer Schnelligkeit den gesunden Verstand, so dass ein Strauß ein Rennpferd für eine Weile überholen könnte – er lacht „über das Pferd und seinen Reiter“ (V. 18).
Nun kommt er auf das Pferd selbst zu sprechen, und zwar auf das Schlachtross im Besonderen. „Gibst du dem Pferd Kraft, bekleidest du seinen Hals mit der wallenden Mähne?“ (V. 19). Was hast du damit zu tun? „Bewirkst du, dass es aufspringt wie die Heuschrecke? Sein prächtiges Schnauben ist Schrecken“ (V. 20), Nun, das ist in der Tat eine prächtige Beschreibung, aber sie dient nur dem Zweck, Hiob mit der Torheit seiner Behauptung, über Gott zu reden, zu überwältigen. Jetzt schaut Er auf den Habicht und den Adler im Besonderen. „Schwingt sich der Habicht durch deinen Verstand empor, breitet seine Flügel aus nach Süden? Oder erhebt sich auf deinen Befehl der Adler und baut in der Höhe sein Nest? In den Felsen wohnt und verweilt er, auf Felszacken und den Spitzen der Berge. Von dort aus erspäht er Nahrung, in die Ferne blicken seine Augen. Und seine Jungen schlürfen Blut, und wo Erschlagene sind, da ist er“ (V. 26‒30). Wer war es, der all diesen Tieren und Vögeln diese besonderen Kräfte verliehen hat?