Behandelter Abschnitt 2Kön 9
Nun folgt das Ende der Geschichte Elisas. „Und Elisa, der Prophet, rief einen von den Söhnen der Propheten und sprach zu ihm: Gürte deine Lenden und nimm diese Ölflasche in deine Hand und geh nach Ramot-Gilead. Und wenn du dahin gekommen bist, so sieh dich dort nach Jehu um, dem Sohn Josaphats, des Sohnes Nimsis; und geh hinein und lass ihn aufstehen aus der Mitte seiner Brüder“ (V. 1.2). Und so geschah es. Der junge Mann ging hin und salbte ihn für sein Werk. Er gibt ihm seinen schrecklichen Auftrag, und Jehu versäumt es nicht, ihn auszuführen – den Auftrag, alles Männliche von Ahab zu vernichten, auszurotten. „Und ich werde das Haus Ahabs machen wie das Haus Jerobeams, des Sohnes Nebats, und wie das Haus Baesas, des Sohnes Achijas. Isebel aber sollen die Hunde fressen auf dem Feldstück in Jisreel, und niemand wird sie begraben“ (V. 9.10) – dem Teil der Sünde, der Habgier und des Blutes. Aber hier muss ich für den Moment schließen.
Wir kommen nun zu dem ernsten Schlag des Gerichts zurück, den Gott zu dieser Zeit ausführen wollte; zuerst innerhalb Israels und durch die Hand von Männern, die in ihrer Mitte aufgewachsen waren, oder von außen, bis es Gott schließlich gefiel, die zehn Stämme aus dem Land ihres Erbteils zu vertreiben. Eine böse Zeit kann eine Zeit sein, in der es Gott gefällt, in seiner Regierung ein grobes Werkzeug einzusetzen. Das ist ein Prinzip der Wege Gottes in seiner Regierung, das wir gut beachten sollten. Der Einsatz eines Menschen seitens Gottes ist keineswegs das Siegel für die Zustimmung zu seiner Person. Wir sehen das in dem Fall, den wir nun vor und haben. Jehu war ein Mann, mit dem Gott nicht zufrieden war, und das konnte Er auch nicht sein.
Denn es gibt ein Merkmal, das zur Familie des Glaubens gehört, ohne das es keine Gemeinschaft mit Gott gibt. Das zeigt sich vom Anfang des Lebens an in einem Menschen, und das ist die Buße gegenüber Gott. Und die hatte Jehu nicht. Was auch immer sein Eifer sein mochte, und was auch immer die Gerechtigkeit seines Handelns bis zu einem gewissen Grad entsprechend dem souveränen Willen Gottes sein mochte, sein Geist war nicht gebrochen. Er hatte sich nie in der Gegenwart Gottes gedemütigt, und die Buße zeichnet sich vor allem dadurch aus, dass der Glaube zwar die Wahrnehmung der Wahrheit sein mag, was er zweifellos ist, aber dennoch nicht eine rein geistige ist; denn die Tür allen Segens für den Menschen ist das Gewissen und der Geist Gottes, der das Gewissen erweckt. Wenn das Licht nicht durch diese Tür eintritt, kann man ihm nicht trauen, und die Art und Weise, wie der Eintritt des Lichts wirkt, ist nicht nur, dass es die Wahrnehmung des Charakters Gottes in einer Art und Weise gibt, in der man ihn noch nie gesehen hat, sondern es zeigt sich immer im Umgang mit der Seele dessen, der Gott sieht.
Daher kann man niemals echten Glauben von echter Buße trennen; und da das eine das Auge ist, das geöffnet ist, um Gott zu sehen, wie er sich in seinem eigenen Sohn in einer Weise offenbart hat, in der Er nie zuvor gesehen wurde – ich spreche jetzt natürlich von der vollen christlichen Erkenntnis Gottes; das Prinzip ist überall dasselbe, aber dennoch verwende ich es jetzt, weil es auf uns selbst anwendbar ist –, sage ich, dass, so wie der Glaube das Auge ist, das durch den Heiligen Geist geöffnet ist, um Gott zu sehen, der sich in Christus offenbart, so sieht das Auge zusammen damit geistig, was es natürlicherweise nicht sehen kann. Es sieht sowohl nach innen als auch nach außen; es sieht sowohl nach hinten als auch nach vorn. Es sieht nicht nur den Gegenstand des Glaubens, den Gott vorgestellt hat, sondern damit einhergehend sieht es immer auch sich selbst. Und das ist sehr oft die Art und Weise, wie man einen Glauben erkennt, der nicht von Gott ist, denn es liegt durchaus im Fassungsvermögen des menschlichen Geistes, eine Menge Wahrheit anzunehmen, und eine Person kann auch eifrig für die Wahrheit eintreten – orthodox nach einer Art –, wie der Apostel Paulus im ersten Kapitel des Römerbriefs von der Ungerechtigkeit derer spricht, die die Wahrheit in Ungerechtigkeit besitzen. Und das Wort ist besonders betont. Es sind nicht nur solche, die die Wahrheit locker handhaben; sie können sehr hartnäckig sein, sie können in Bezug auf Punkte des Dogmas außerordentlich scharf sein. Und dies wird an dieser Stelle vorausgesetzt. Es sind Personen, die die Wahrheit fest und sicher halten, aber was nützt es, wenn sie in Ungerechtigkeit gehalten wird? Daher kommen sie unter ein mehr als gewöhnliches Gericht Gottes.
Ungerechtigkeit ist überall böse, aber besonders dort, wo die Wahrheit in Ungerechtigkeit festgehalten wird, ist sie ein Gräuel. Und leider ist es immer so, wo das Zeugnis Gottes zu finden ist. So war es in Israel, denn sie hatten die Wahrheit in einer Weise, die die Heiden nicht hatten; und die Christenheit hat jetzt die Wahrheit in einer Weise, die Israel nicht hatte. Daher stellt der Apostel das Wort als eine höchst ernste Warnung vor, nicht nur als Beschreibung dessen, was bereits vergangen war, sondern als einen ernsten Hinweis auf das, was geschehen wird.
Jehu aber war einer von ihnen. Er hatte bis zu einem gewissen Grad eine Vorstellung von der Wahrheit. Er hatte eine Abscheu vor Baal, aber er hatte keine echte Sorge für Gott, und er bewies es dadurch, dass sein Geist nicht gebrochen war, er hatte also kein Gewissen gegenüber Gott, was seinen eigenen Glauben betraf. Blitzschnell sah er das Versagen anderer und richtete sie, vor allem dort, wo ihr Gericht seinen eigenen Interessen diente, und fuhr wütend durch Israels gesamte Anbetung Baals. Das ist der Mann, den Gott an jenem Tag für seine Gerichtsvollstreckung benutzte.
Ganz anders war der Geist Elisas. Doch Elisa wollte die Absichten Gottes vollenden und wies deshalb den jungen Mann, den Propheten, an, das Öl zu nehmen, denn zweifellos hätte es ein Zögern gegeben. Gott übertrug das geistliche Urteil, wenn schon einem Menschen, dann seinem Propheten, und deshalb mag es sowohl bei Elisa als auch bei dem jungen Mann ein Zögern gegeben haben, ihm einen solchen Auftrag zu geben. Aber es gibt eine Sache, die alle Fragen beantwortet: der Wille Gottes. Gott tut alle Dinge weise, alle Dinge gerecht; und es ist auch angemessen, wenn wir an die Sache denken, dass ein so unschönes Instrument für ein so unschönes Werk eingesetzt werden sollte. Jehu jedenfalls wird ausgewählt und ihm wird dieser blutige Auftrag anvertraut. Er sollte mit dem ganzen Haus Ahabs handeln; er sollte jedes männliche Wesen ausrotten, er sollte das Haus Ahabs wie das Haus Jerobeams, des Sohnes Nebats, machen. Auch mit Isebel sollte er so verfahren, dass die Hunde sie in Jisreel fressen würden und niemand da wäre, der sie begrub. Wir werden sehen, wie exakt alles nach dem Wort Gottes erfüllt wurde.
Dann tritt Jehu hervor, und die Obersten fragen erstaunt, was er mit diesem „Rasenden“ (V. 11) zu tun habe – ein Wort, das wir gut beachten sollten –, denn so erschien ein Prophet, ein wahrer Prophet des Herrn! Das war seine Erscheinung in den Augen der Menschen der Welt – ein Rasender oder Verrückter. Die Welt war in Israel genauso wie nachher in den Tagen der Apostel, die, wie der Apostel so eindringlich sagt, dass sie als der Abschaum aller Menschen betrachtet wurden! So wurden sie damals behandelt.
Und, geliebte Freunde, habt Nachsicht mit mir, wenn ich jeden, der hier ist, daran erinnere, dass die Verachtung und der Spott der Welt mehr oder weniger im Verhältnis zu unserem Zugang zum Geist Gottes jetzt stehen muss. Lasst euch nicht täuschen. Ich gebe zu, dass es eine Veränderung geben wird, aber diese Veränderung ist noch nicht gekommen. Die Welt ist jetzt die gleiche unveränderte Welt – die Umstände sind zweifellos anders. Die Beschaffenheit, ihre entsprechende Farbe mag ein wenig verändert sein, aber das Material ist dasselbe – der wirkliche Zustand und die Beziehung zu Gott ist genau dieselbe wie zuvor. Ich spreche nicht von den äußeren Vorrechten, sie sind unvergleichlich größer; ich spreche vom inneren Herzen der Welt. Es ist nicht besser, möglicherweise, schlechter. Zweifellos wird es eine Veränderung geben, aber dieser helle Tag ist für Jesus vorbehalten. Er, der gelitten hat, muss die Herrlichkeit haben. Bis dahin müssen wir uns damit begnügen, mit Christus zu leiden.
Wir sehen den entsprechenden Geist in diesem Propheten; in der verächtlichen Äußerung dieser Hauptleute über einen Boten Gottes. Jehu antwortet: „Ihr kennt ja den Mann und seine Rede“ (V. 11). Äußerlich waren sie wohl bekannt; doch wie wenig innerlich! Sie sagten: „Lüge! Teile es uns doch mit“ (V. 12). Er sagt es klar und deutlich heraus. Jehu war kein Mann, der ein Geheimnis bewahrte. „Da eilten sie und nahmen jeder sein Gewand und legten es unter ihn, auf die Stufen selbst; und sie stießen in die Posaune und sprachen: Jehu ist König!“ (V. 13). Gerade die Männer, die den Propheten verachteten, waren bereit, nach der Prophezeiung zu handeln. So ist der Geist des Menschen. Der Grund liegt auf der Hand: Es passte zu ihrem Ehrgeiz, und außerdem machte es ihnen ein Gewissen – denn der Mensch hat ein Gewissen, wie böse sein Leben auch sein mag –, und sie waren sich sehr wohl bewusst, dass das, was jetzt sowohl in Juda als auch in Israel geschah, ganz und gar gegen Gott war. Obwohl sie kein Empfinden für Gottes Herrlichkeit hatten, konnten sie den falschen Schein verachten, und auch ihr Geist erhob sich gegen die Ungerechtigkeit, die nun auf dem Thron eingesetzt war – doppelt eingesetzt.
So rufen sie also Jehu sogleich zum König aus, und zwar auf das Wort dessen, den sie eben noch als den „Rasenden“ gebrandmarkt hatten. Und Jehu beginnt nun, gegen seinen Herrn zu handeln: Er hatte nun Gottes Vollmacht dazu. Der Gott, der den König erweckt hatte, war durchaus berechtigt, ihn zu stürzen. Jehu handelte also völlig zu Recht nach der Salbung des Propheten. Und es ist bemerkenswert, dass Jehu der Einzige unter den vielen Nachfolgern ist, der nacheinander das Königreich in Israel umstürzte – der Einzige, der gesalbt war. In Juda war die Salbung zweifellos vom Herrn eingesetzt, und wir haben keinen Grund anzunehmen, dass nicht immer danach gehandelt wurde, aber nicht so in Israel. Im Fall Jehus war es so. Jehu brauchte diese außergewöhnliche Handlung des Propheten, um voranzukommen und um ihm und den anderen Menschen um ihn her Vertrauen zu geben. Gott war erfreut, ihn so zu beschenken.
Als nun der König Joram zurückkehrte, um in Jisreel von den Wunden geheilt zu werden, die ihm die Syrer zugefügt hatten, schlug Jehu sogleich vor, seinem Herrn einen Besuch abzustatten. „Und Jehu bestieg den Wagen und zog nach Jisreel; denn Joram lag dort“ (V. 16). Zu dieser Zeit war leider auch der König von Juda dort, und hier finden wir eine sehr ernste Tatsache in der Regierung Gottes – dass, wenn jemand, der auf der Seite der Gerechtigkeit stehen sollte, davon abweicht und sich mit dem Bösen verbündet, er nach dem Charakter des Bösen leidet, dem er sich anschließt, und nicht nach der Gerechtigkeit, die er vorher besessen haben mag.
Das scheint sehr hart zu sein, und es gibt viele, die nicht verstehen können, dass Gott so mit denen umgehen kann, die ein gewisses Maß an Rechtschaffenheit haben; aber die Wahrheit ist, je mehr wir das Prinzip untersuchen, desto mehr sehen wir, wie gerecht es ist. Eine Sünde ist eine Sünde, egal wer sie begeht, aber wessen Sünde ist die größte? Sicherlich ist die Sünde in einem Christen schlimmer als die Sünde eines gewöhnlichen Menschen, der kein Christ ist. Die Sünde wird immer an dem Vorrecht dessen gemessen, der sie begeht, und folglich zeigte Gott selbst in Israel diese Unterschiede. Die Sünde des gesalbten Priesters hatte einen ganz anderen Charakter als die eines Menschen aus dem Volk; und der Sünde eines Fürsten war keineswegs auf dieselbe Weise zu begegnen wie der Sünde eines Menschen aus dem einfachen Volk. So zeigte Gott in seinem eigenen Volk, dass es diese Unterschiede gab; aber auch wenn man das Volk Gottes verlässt, ist es genau dasselbe.
Der König von Juda nun, der wie die Lampe Gottes in der Finsternis jener Nacht hätte sein sollen – war eine böse Verbindung eingegangen, denn die heilige Nachkommenschaft war verunreinigt, und es war ein Bündnis, das Böses verhieß, das nun vom königlichen Haus gebildet wurde. Der König von Juda war in Gemeinschaft mit dem König von Israel. Gott ließ es zu, dass sie zusammen waren, als der ernste Augenblick des Gerichts kam. Das Gericht musste die teilen, die gemeinsam gesündigt hatten. Es war also nicht nur Joram, für den der Schlag genau genommen bestimmt war; er fiel nicht nur auf ihn, sondern auch auf den König von Juda.
Genau dasselbe gilt für die Versammlung Gottes. Ein wenig Sauerteig durchsäuert den ganzen Teig (1Kor 5). Es geht nicht nur darum, dass jedes Teilchen gesäuert sein muss, sondern dass das, was den Sauerteig enthält, von Gott gewollt ist. Zweifellos wird der Sauerteig, wenn man ihn wirken lässt, den ganzen Teig verderben; aber Gott handelt, und so sollten auch die Christen nach dem Prinzip der Sache handeln, und nicht nur nach der bloßen Tatsache, die vor der Welt sichtbar ist. So finden wir es auch in den ernstesten Dingen. Nehmen wir nur die Frau im zweiten Johannesbrief – sie war verantwortlich für die Menschen, die sie aufnahm. Sie könnte sagen, dass sie nur eine Frau war, und wer war sie, um zu urteilen. War es nicht der Platz einer Frau, sehr unauffällig zu sein? Ja, aber es ist der Platz einer Frau, wahrhaftig zu sein, und wenn sie jemandem gegenüber wahrhaftig sein sollte, dann vor allem Christus gegenüber. Wenn sie also solche aufnähme, die nicht die Lehre Christi bringen, wäre ihre Rechtgläubigkeit kein Schutzschild. Sie wird vom Apostel gewarnt, dass sie ihrer bösen Taten teilhaftig wurde. Sie mag die Lehre nicht angenommen haben; es wird nicht vorausgesetzt, dass sie die Lehre angenommen hätte – in diesem Fall hätte sie deren Schuld geteilt. Aber sie teilte die Strafe, weil sie sich entschied, den Namen des Herrn in ihrer Person mit denen zu identifizieren, die seine Feinde waren.
Du siehst also, dass dieses große Prinzip in jedem Teil des Wortes Gottes zu finden ist, obwohl es im Neuen Testament am deutlichsten hervortritt, und zwar vor allem dort, wo es um Christus geht und nicht nur um eine gewöhnliche böse Sache. Das ist nun höchst gerecht, denn von allen Übeln ist keins so schlimm wie das, das Christus betrifft – Christus, die Quelle alles Guten – das einzige Mittel der Befreiung. Wenn sein Name zum Deckmantel für das Böse und für das Zerstörerische gemacht wird, wie groß ist dann die Finsternis!
Dann reitet Jehu weiter, und als sie näherkommen, späht ein Wächter sie aus; und nach einer Weile, obwohl ein Bote nach dem anderen ausgesandt wird, ohne zurückzukehren, scheint es offensichtlich, dass es Jehu sein muss. Sein Treiben verriet ihn. Da wurden die Könige endlich unruhig, und Joram, verwundet, wie er war, sprach: „Spannt an! Und man spannte seinen Wagen an; und Joram, der König von Israel, und Ahasja, der König von Juda, zogen aus, jeder auf seinem Wagen. Sie zogen aus, Jehu entgegen, und sie trafen ihn auf dem Feldstück Nabots, des Jisreeliters. Und es geschah, als Joram Jehu sah, da sprach er: Ist es Frieden, Jehu?“ (V. 21.22a). Er hatte seine Bedenken. Ja, vielleicht.
„Aber er sprach: Was, Frieden, während der vielen Hurereien Isebels, deiner Mutter, und ihrer vielen Zaubereien! Da kehrte Joram um und floh und sprach zu Ahasja: Verrat, Ahasja! Jehu aber nahm seinen Bogen zur Hand und traf Joram zwischen seine Arme, so dass der Pfeil ihm durch das Herz fuhr; und er sank nieder in seinem Wagen“ (V. 22b–24). Aber damit war es noch nicht zu Ende, denn während Jehu seinem Anführer befahl, ihn zu ergreifen und auf den Acker Nabots, des Jisreeliters, zu werfen, gemäß dem Wort des Herrn, blieb das Gericht nicht aus, Ahasja zu überholen, als er floh. Jehu folgte ihm nach und sprach: „Auch ihn erschlagt in seinem Wagen“ (V. 27). Und so stirbt auch er bei Megiddo.
Aber das ist noch nicht alles. Es blieb noch ein schlimmeres Ende für die, deren List und Gewalt so viel Unheil in Israel angerichtet hatte: Isebel. Sie schminkte ihr Gesicht, sie flüchtete sich in ihre alten Kunstgriffe; aber sie waren alle vergeblich, sie zu bewahren. Die Stunde ihres Gerichts war nahe. „Und als Jehu in das Tor kam, da sprach sie: Erging es Simri gut, dem Mörder seines Herrn?“ (V. 31). Aber Jehu ließ sich nicht beunruhigen und wandte sich nicht von dem schrecklichen Auftrag ab, den Gott ihm gegeben hatte. Und er erhob sein Angesicht zum Fenster und fragte, wer auf seiner Seite sei, und als die Hofbeamten sich zeigten, befahl er ihnen, sie hinunterzuwerfen, und ihr Blut spritzte, wie es heißt, an die Wand und an die Pferde, und er zertrat sie mit seinen Füßen.
Bemerkenswert ist auch dies: Der Wille des Menschen hat nur wenig mit der Erfüllung des Wortes Gottes zu tun, denn Jehu, jetzt in der Fülle seiner Macht, lässt etwas nach gegenüber dieser bösen Frau Isebel; und obwohl er sagt: „Seht doch nach dieser Verfluchten und begrabt sie, denn sie ist eine Königstochter“ (V. 34), nun, was hatte Gott gesagt? Der Prophet hatte gesagt: „Isebel aber sollen die Hunde fressen auf dem Feldstück in Jisreel, und niemand wird sie begraben“ (V. 10). Jehu hatte dieses Wort erst kurz zuvor gehört, und er hatte offensichtlich die Absicht, seinen Auftrag genau zu erfüllen; aber wie wenig führt der Mensch, ob gut oder schlecht, das Wort Gottes aus. Nun steigt offenbar das alte Gefühl der Ehrfurcht vor jemandem, die eine Königin – eine Königstochter – war, in seinem Geist auf, und er sagt: „Begrabt sie, denn sie ist eine Königstochter.“ Aber das Wort Gottes hatte zuvor sein eigenes Gebot gesprochen.
Und sie gingen hin, um sie zu begraben. Ihre Absicht war, ihm zu gehorchen. Vergeblich. Sie fanden nicht mehr als ihren Schädel und die Füße und die Handflächen. Da kamen sie wieder und sagten es ihm, und er, überzeugt, wie mächtig das Wort des Herrn war, sprach: „Das ist das Wort des HERRN, das er durch seinen Knecht Elia, den Tisbiter, geredet hat, indem er sprach: Auf dem Feldstück in Jisreel sollen die Hunde das Fleisch Isebels fressen; und der Leichnam Isebels soll auf dem Feldstück in Jisreel dem Mist auf dem Feld gleichen, dass man nicht wird sagen können: Das ist Isebel“ (V. 36.37).
So hatte Gott es ausgeführt, und das Blut Nabots wurde vom Herrn aufs Schärfste gerächt. Und das Feld wurde teuer erkauft und der Familie entrissen. War Nabot erschlagen worden? Hatten seine Söhne das Erbe nicht angetreten? Der König wurde ebenfalls erschlagen, und es fließt Blut. So war es auch mit der Frau, der Königin, die ihren Mann, den König, angestachelt hatte, und darüber hinaus den Sohn des Königs. In jedem Teil trifft die Sünde ihre Strafe.
2Kön 10,1
Behandelter Abschnitt 2Kön 10
Aber dieses furchtbare Werk war noch nicht vollständig zu Ende, denn Ahab hatte siebzig Söhne. Es schien völlig außerhalb des Rahmens des menschlichen Denkens, dass eine solche Familie ausgerottet werden könnte – siebzig Söhne. Ahab hatte siebzig Söhne in Samaria. Jehu musste sich mit ihnen befassen, und er war genau der richtige Mann, um das zu tun, ohne irgendein Gefühl zu haben. Also schickte er zu den Ältesten von Samaria. Isebel hatte einen Brief an die Ältesten geschrieben, mit dem Auftrag, Nabot seines Erbes zu enteignen. Höchst ernst urteilt Gott nun über die Tat. Jehu schreibt einen Brief an die Ältesten von Samaria, damit die Nachkommenschaft Ahabs vollständig ausgerottet werde.
„Und nun, wenn dieser Brief zu euch kommt – bei euch sind ja die Söhne eures Herrn und bei euch die Wagen und die Pferde und eine feste Stadt und Waffen –, so erseht den besten und tüchtigsten aus den Söhnen eures Herrn, und setzt ihn auf den Thron seines Vaters; und kämpft für das Haus eures Herrn. Aber sie fürchteten sich sehr und sprachen: Siehe, die zwei Könige konnten vor ihm nicht standhalten, und wie sollten wir bestehen? Und der, der über das Haus war, und der, der über die Stadt war, und die Ältesten und die Erzieher sandten hin zu Jehu und ließen ihm sagen: Wir sind deine Knechte, und alles, was du zu uns sagen wirst, wollen wir tun. Wir wollen niemand zum König machen; tu, was gut ist in deinen Augen. Da schrieb er zum zweiten Mal einen Brief an sie, der lautete: Wenn ihr für mich seid und auf meine Stimme hört, so nehmt die Köpfe der Männer, der Söhne eures Herrn, und kommt morgen um diese Zeit zu mir nach Jisreel“ (V. 2–6).
Die Tat wurde vollendet. „Und es geschah, als der Brief zu ihnen kam, da nahmen sie die Söhne des Königs und schlachteten sie, siebzig Mann, und legten ihre Köpfe in Körbe und sandten sie zu ihm nach Jisreel“ (V. 7). Und dort wurden sie gefunden, und Jehu geht hin, um die Bluttat zu verantworten. „Und es geschah am Morgen, da ging er hinaus und trat hin und sprach zum ganzen Volk: Ihr seid gerecht! Siehe, ich habe eine Verschwörung gegen meinen Herrn gemacht und habe ihn ermordet; wer aber hat alle diese erschlagen? Wisst denn, dass nichts zur Erde fallen wird vom Wort des Herrn, das der Herr gegen das Haus Ahabs geredet hat; und der Herr hat getan, was er durch seinen Knecht Elia geredet hat. Und Jehu erschlug alle, die vom Haus Ahabs in Jisreel übriggeblieben waren, und alle seine Großen und seine Bekannten und seine Priester, bis er ihm keinen Entronnenen übrigließ“ (V. 9–11). So wurde das Wort des Herrn in vollem Umfang erfüllt.
Aber Jehu machte im Geist dieser schonungslosen Rache weiter. Und als er hinging, begegneten ihm die Brüder des Ahasja, des Königs von Juda. Auch sie waren nicht wenige. Als er fragte, wer sie seien, antworteten sie: „Wir sind die Brüder Ahasjas und sind herabgekommen, um die Söhne des Königs und die Söhne der Herrscherin zu begrüßen“ (V. 13a). Wie ernst war die Hand Gottes ausgestreckt! Ihr Vater, der Bruder des Königs, war mit dem König hinabgezogen, und er hatte dort sein Verderben gefunden. Nun waren seine Brüder aus demselben königlichen Geschlecht in jenes Haus hinabgezogen – böse Umgang, der gute Sitten verdirbt. Sie waren „herabgekommen, um die Söhne des Königs und die Söhne der Herrscherin zu begrüßen. Und er sprach: Greift sie lebend! Und sie griffen sie lebend und schlachteten sie bei der Zisterne von Beth-Eked, 42 Mann“ (V. 13b.14). Wie deutlich wurde die Hand Gottes zum Gericht ausgestreckt, „und er ließ keinen von ihnen übrig.“
Als Nächstes sehen wir ihn zusammen mit Jonadab, dem Sohn Rekabs. Es gab ein gewisses Maß an Kameradschaft zwischen den beiden Männern, denn Jonadab war streng, nach seinen eigenen Prinzipien, und auch Jehu führte auf seine Weise das Werk aus, für das er von Gott erweckt worden war. Aber es war mehr als das, was Jehu im Sinn hatte. Es war nicht nur das Gefühl, dass in den königlichen Häusern ein Gericht nötig war, sondern es gab noch ein schlimmeres Übel gegen den Namen des Herrn in Israel – die Anbetung des Baal. Hierauf wendet er also sein Geschick an. Er schlägt ein großes Fest aller Baalsanbeter vor, gibt sich als sei er der Schirmherr der Anbetung aus, ruft alle Anbeter und Priester Baals zusammen und achtet sorgfältig darauf, dass keiner der Anbeter des Herrn unter ihnen ist. Dementsprechend versammelten sich alle in demselben Gebäude, und ihre Herzen waren so aufgeregt, wie die Herzen derer, die dem Herrn anhingen, in ihnen gesunken sein mussten – dass einer, der so blutrünstig und so entschlossen war, der offensichtliche Beschützer Baals und der Feind des Herrn war. Aber hier konnte Jehu wenigstens seinen eigenen Rat behalten. Und Jehu brachte seine Läufer, seine Anführer und Kriegsleute ins Haus, und sie schlugen sie mit der Schärfe des Schwertes. Und sie „brachten die Bildsäulen des Baalhauses heraus und verbrannten sie; und sie rissen die Bildsäule des Baal nieder; und sie rissen das Haus des Baal nieder und machten Aborte daraus bis auf diesen Tag. So vertilgte Jehu den Baal aus Israel“ (V. 26–28).
So weit ging – obwohl es ein höchst furchtbares Übel zu sein schien und zweifellos auch war – die völlige Entehrung Gottes. Jehu hatte seine Hände an das Übel gelegt, doch wir sehen, wie wenig das Herz des Mannes Gott entsprach: „Nur von den Sünden Jerobeams, des Sohnes Nebats, die er Israel zu begehen veranlasst hatte, von denen wich Jehu nicht ab: von den goldenen Kälbern, die in Bethel und in Dan waren“ (V. 29). Es war ein Pestfleck, und jeder nicht wiedergeborene und nicht erneuerte Mensch offenbart ihn. Wer sich um den Willen Gottes kümmert, wird sich nicht um diesen Teil seines Willens kümmern, um den anderen zu vernachlässigen
Das ist genau das, was der Apostel Jakobus so deutlich sagt, dass der Mensch, der in einem Punkt versagt, an allem schuldig ist, weil, wenn es ein Gewissen gegenüber Gott gäbe, dieser eine Punkt seinen Wert hätte (Jak 2,10). Jakobus spricht hier nicht von einem Versager. Er spricht nicht von einem Menschen, der in dem Bestreben, den Willen Gottes zu tun, durch Unachtsamkeit oder Leichtsinn scheitert. Das ist leider der Anteil jedes Menschen, der unvorsichtig ist. Jakobus spricht von Eigensinn und Boshaftigkeit – von Eigensinn, auch wenn er sich nur in einer bestimmten Weise zeigt. Aber so verhält sich niemand, der aus Gott geboren ist. Kein Mensch, der aus Gott geboren ist, wird sich absichtlich und mutwillig der Sünde hingeben, auch wenn es nur in der kleinsten Sache wäre. Er mag trauern, er mag sich schämen, er mag sich selbst verurteilen und hassen müssen, aber gerade das zeigt, dass es keine Sache ist, die absichtlich und systematisch und ohne Gewissen getan wird. Im Gegenteil, wo er versagt, trauert er über sein Versagen vor Gott.
Nun beschreibt Jakobus nichts von dieser Art, sondern die schlichte, eindeutige und unbedachte Übertretung des Gesetzes Gottes. Hier sehen wir es bei Jehu. Was auch immer der Eifer Jehus gegen die schuldigen Könige Israels und Judas und die Anbetung Baals sein mochte, es gab eine Zurückhaltung, es gab eine innere Kammer des Herzens, die noch nicht erreicht war, und dort war ein Götze, und dieser Götze war der alte Götzendienst – die goldenen Kälber.
Der Grund ist klar. Jehu kümmerte sich um sich selbst und nicht um Gott, und die goldenen Kälber waren eine politische Religion, deren Aufrechterhaltung der Politik der zehn Stämme entsprach. Denn hätten die zehn Stämme keine goldenen Kälber gehabt, wären sie zur Treue gegenüber dem Herrn in Jerusalem zurückgekehrt. Es war das bedeutende Mittel, ein anderes Zentrum zu haben, denn wenn Jerusalem das eine Zentrum für die zehn Stämme gewesen wäre, wie auch für die zwei, hätten sich die zwölf Stämme Israels vereinigt, und wenn sie sich in der Anbetung Gottes vereinigt hätten, hätten sie sich unter demselben König vereinigt. Aber um die Kluft zwischen den beiden Königreichen deutlich zu machen und zu vertiefen, hatte Jerobeam, der Gründer des Königreichs Israel – Jerobeam, der Sohn Nebats – diesen höchst listigen Plan ausgedacht. Um ein Königreich zu haben, musste er eine Religion stiften, denn wenn ein so wichtiges gemeinsames Band wie die Religion aufgelöst wird, und wenn die Gemüter der Menschen in der Religion gespalten sind, kann man sich in der Politik nicht auf sie verlassen. Das ist gerade eine der großen Ursachen der politischen Schwäche im gegenwärtigen Zustand der Welt, denn es gibt so etwas wie den Zusammenhalt nicht, und folglich zerbrechen alle politischen Fundamente in jedem Land und jeder Sprache. So wurde gesehen, dass es damals sein musste.
Jerobeam hatte damit angefangen, und Jehu hatte nicht die Absicht, es aufzugeben. Er liebte das Königreich sehr; er liebte seine Stellung sehr. Er liebte es mehr als Gott – dieser Mann, der nicht aus Gott geboren war. Daher hatte sein scheinbarer Eifer, so groß er auch sein mochte, seine Grenzen. Nein, mehr noch, er scheiterte völlig, denn die Anbetung der Kälber wurde von Jehu immer noch aufrechterhalten. Unglaube ist niemals konsequent. Der Glaube mag scheitern, aber der Glaube verlangt nach Beständigkeit. Ohne Beständigkeit kann der Glaube nicht glücklich sein. Jehu hatte kein Gewissen in Bezug darauf. Jehu achtete nicht darauf, im Gesetz des Herrn, des Gottes Israels, von ganzem Herzen zu wandeln, denn er wich nicht von der Sünde Jerobeams ab, die Israel zur Sünde verführte.
Die Folge war, dass der Herr über ihn urteilte. Seine vergleichsweise Treue würde von Gott belohnt werden, und bis in die vierte Generation sollten auf dem Thron Israels Könige aus dem Hause Jehus sitzen. Israel war eine kurze Amtszeit gegeben, aber aus dieser Amtszeit heraus sollte das Haus Jehu vier Generationen lang herrschen. So hat Gott es bestimmt. Aber es sollte keine wirklich dauerhafte Linie geben, denn Jehu hatte kein aufrichtiges Gewissen gegenüber Gott gezeigt.
Wie anders war das bei David! In Davids Herz war es, dem Herrn ein Haus zu bauen, der Herr sollte den ersten Platz einnehmen: Der Herr würde David ein Haus bauen. Er würde es Davids Sohn überlassen, ihm ein Haus zu bauen. So legte Gott damals den Grundstein für eine dauerhafte Linie von Juda, aber nicht von Israel.
Aber wir haben hier ein bemerkenswertes Beispiel für Gottes Regierung. Die Treue Jehus, soweit sie ging, brachte ihm in dieser Welt ein gewisses Maß an Segen Gottes. Sogar ein schlechter Mensch kann, wenn er in bestimmten Dingen treu ist, von Gott gebraucht werden, und Gott wird niemals der Schuldner eines Menschen sein. Wenn also die Treue nur für die Welt gilt, wird der Mensch in der Welt belohnt werden. Jehu dachte überhaupt nicht an die Ewigkeit. In diesen Tagen begann der Herr daher, Israel zu abzuhauen. Es war klar, dass es keinen Segen geben konnte – einen echten, wahren Segen. Jehu, der immer noch den Weg Jerobeams verfolgte, machte es unmöglich; und so endet auch seine Regierungszeit.