Behandelter Abschnitt 1Kön 12
Und bald zeigt das Wort auch Wirkung. Salomo stirbt. Rehabeam kommt und ist selbst der Zeuge für die Wahrheit des Wortes seines Vaters, dass der Vater Reichtümer ohne Ende anhäufte, um sie einem Sohn zu hinterlassen, und wer weiß, ob der nicht ein Narr sein wird (vgl. Pred 6,2)? Und Rehabeam war ein Narr im strengsten Sinn des Wortes. Ich meine damit natürlich nicht bloße Idiotie, denn mit solchen kann man Mitleid haben. Doch es gibt viele Narren, die Narren in einem sehr viel schuldhafteren Sinn sind als Idioten. Es sind Menschen, die Verstand genug haben und ihn richtig gebrauchen sollten, die aber das, was sie haben, nicht nur zu ihrem eigenen Unheil, sondern auch zum Unglück derer gebrauchen, die am meisten Gegenstand ihrer Fürsorge sein sollten; denn es gibt keinen König, der richtig regiert, wenn er sein Reich nicht vom Herrn annimmt, und ganz besonders einen König Israels, der es mit dem Volk des Herrn zu tun hatte.
Und das war die Sache, die Davids Herz erfüllte, trotz mancher Schuld, die er hatte. Er wusste, dass es Gottes Volk war, das ihm anvertraut war, und das allein war der Grund für seine Abhängigkeit von Gott. Denn wer war er? Er brauchte Gott, der für eine solche Sache alle Genüge gab. Gott allein konnte die Bewahrung seines Volkes bewirken. Aber Rehabeam war der törichte Sohn des weisen Vaters, aber eines weisen Vaters, dessen letzte Tage von Finsternis und Schuld getrübt waren, und der nun in seiner Familie bittere Folgen erntet und nur durch die Gnade Gottes vor dem völligen Untergang bewahrt wird. Dann, so heißt es, regierte Rehabeam anstelle seines Vaters.
„Und Rehabeam ging nach Sichem; denn ganz Israel war nach Sichem gekommen, um ihn zum König zu machen“ (V. 1). Schon das erste Wort zeigt den Zustand des Königs und den Zustand des Volkes. Warum nach Sichem? Was führte sie dorthin? Was hatten sie dort zu suchen? Warum kamen sie nicht nach Jerusalem? Als David auf den Thron kam, kamen die Stämme Israels nach Hebron, weil Hebron der Wohnort des Königs war. Es war die Hauptstadt des Königs, wo er regierte, bevor er in Jerusalem regierte, und das Volk kam, wie es sich gehört, zum König. Rehabeam hörte, dass die Fundamente gelockert wurden und im Begriff waren, zerstört zu werden, denn der König ging nach Sichem. Dorthin wollte das Volk gehen, und dorthin folgt der König gezwungenermaßen. Er war ein Narr; er verstand nicht, wie man regiert; er nahm seinen Platz nicht vor Gott ein.
In Sichem wollte das Volk ihn zum König machen. Das ist der Grund dafür. Es war nicht so, dass Gott Sichem zum Zentrum oder zum richtigen Ort für den König oder das Volk gemacht hatte, aber offensichtlich entschied sich das Volk, dorthin zu gehen, und Rehabeam folgte ihm, und das war die Art und Weise, wie seine Herrschaft begann. Es war ein unheilvoller Anfang, aber es war ein Anfang, der bemerkenswert zum Charakter Rehabeams passte. Wo Rehabeam hätte fest sein sollen, war er weich, und wo er nachgiebig hätte sein sollen, war er starrköpfig; und diese beiden Dinge taugen nicht zum Regieren, denn das große Geheimnis guten Regierens besteht darin, immer zu wissen, wann man fest sein und wann man weich sein soll, und dies in der Furcht Gottes zu tun mit völliger Gewissheit darüber, was ein göttliches Prinzip ist, und dort so fest wie ein Fels zu sein; und andererseits zu wissen, was bloß eine geringfügige Sache ist, bei der man so nachgiebig wie möglich sein sollte.
Nun war es bei Rehabeam nicht so. Er ging nach Sichem, weil das Volk ihn zum König machen wollte. Es gab nun keine Verbindung von göttlicher Gnade oder Wahrheit oder Absicht oder irgendetwas anderem in Sichem; es war nur so, dass Israel dorthin ging und er einfach folgte. Deshalb ging auch er dorthin. „Und es geschah, als Jerobeam, der Sohn Nebats, es hörte (er war aber noch in Ägypten, wohin er vor dem König Salomo geflohen war, und Jerobeam wohnte in Ägypten; und sie sandten hin und riefen ihn), da kamen Jerobeam und die ganze Versammlung Israels, und sie redeten zu Rehabeam und sprachen: Dein Vater hat unser Joch hart gemacht“ (V. 2‒4a). Hier sieht man von Anfang an den widerspenstigen Geist. Es ist jetzt in ihrer Sprache, wie es vorher in ihrem Handeln war. „Du aber, erleichtere nun den harten Dienst deines Vaters und sein schweres Joch, das er auf uns gelegt hat, so wollen wir dir dienen. Und er sprach zu ihnen: Geht noch drei Tage hin, dann kommt wieder zu mir. Und das Volk ging hin. Und der König Rehabeam beriet sich mit den Alten, die vor seinem Vater Salomo gestanden hatten, als er noch am Leben war, und sprach: Wie ratet ihr, diesem Volk Antwort zu geben? Und sie redeten zu ihm und sprachen: Wenn du heute der Knecht dieses Volkes wirst und ihnen dienst und sie erhörst und gütige Worte zu ihnen redest, so werden sie deine Knechte sein alle Tage“ (V. 4b‒7).
Es war nicht der edelste Grund, das ist wahr. Es war nicht der Grund, der ihn sowohl in Freiheit als auch in Verantwortung gelassen hätte. Das wäre der wahre Grund gewesen, das brauche ich euch nicht zu sagen, geliebte Brüder, und es hätte der Grund sein müssen, wenn er ein Knecht des Herrn sein wollte – wenn er dem Herrn dienen wollte, indem er über die besten Interessen des Volkes des Herrn wachte. Aber sie sagten nach ihrem Maß: „Wenn du heute der Knecht dieses Volkes wirst und ihnen dienst und sie erhörst und gütige Worte zu ihnen redest, so werden sie deine Knechte sein alle Tage.“ Es war Klugheit, es war gute Politik. Ich kann nicht sagen, dass es Glauben war, aber es war gute Politik, soweit es ging.
„Aber er verließ den Rat der Alten, den sie ihm geraten hatten; und er beriet sich mit den Jungen, die mit ihm aufgewachsen waren, die vor ihm standen. Und er sprach zu ihnen: Was ratet ihr, dass wir diesem Volk zur Antwort geben, das zu mir geredet und gesagt hat: Erleichtere das Joch, das dein Vater auf uns gelegt hat? Und die Jungen, die mit ihm aufgewachsen waren, redeten zu ihm und sprachen: So sollst du zu diesem Volk sprechen, das zu dir geredet und gesagt hat: Dein Vater hat unser Joch schwer gemacht, du aber erleichtere es uns; so sollst du zu ihnen reden: Mein kleiner Finger ist dicker als die Lenden meines Vaters! Nun denn, mein Vater hat euch ein schweres Joch aufgeladen, ich aber will zu eurem Joch hinzutun; mein Vater hat euch mit Geißeln gezüchtigt, ich aber will euch mit Skorpionen züchtigen“ (V. 8‒11).
Seine Tage waren gezählt – die Tage des Königreichs Rehabeams. „Und Jerobeam und alles Volk kam am dritten Tag zu Rehabeam“ (V. 12). Er war in die Verschwörung eingeweiht, er war es, der die Prophezeiung gut kannte, und jetzt gab es eine Gelegenheit, sie zu nutzen. Dies ist nicht die einzige Verbindung, die man von Rehabeam mit Sichem findet.
„Und der König antwortete dem Volk hart und verließ den Rat der Alten, den sie ihm gegeben hatten; und er redete zu ihnen nach dem Rat der Jungen und sprach: Mein Vater hat euer Joch schwer gemacht, ich aber will zu eurem Joch hinzutun; mein Vater hat euch mit Geißeln gezüchtigt, ich aber will euch mit Skorpionen züchtigen. So hörte der König nicht auf das Volk; denn es war eine Wendung von Seiten des Herrn, damit er sein Wort aufrechterhielte, das der Herr durch Achija, den Siloniter, zu Jerobeam, dem Sohn Nebats, geredet hatte“ (V. 13‒15). Hat das Jerobeam entschuldigt? Dies ist ein sehr wichtiges Prinzip, das wir beständig im Wort Gottes finden. Eine Prophezeiung ist in keiner Weise ein Gutheißen des Vorhergesagten. Die Prophetie umfasst die abscheulichsten Taten, die jemals durch den stolzen, verdorbenen oder mörderischen Willen des Menschen begangen worden sind.
Die Prophezeiung ist also in keiner Weise eine Billigung dessen, was vorhergesagt wurde, aber dennoch gab sie einem listigen und ehrgeizigen Mann, wie Jerobeam es war, den Hinweis, und sie gab ihm die Zuversicht, weiterzumachen, wie es in seinem eigenen Herzen war. Deshalb gibt er bald das Wort. „Und als ganz Israel sah, dass der König nicht auf sie hörte, da gab das Volk dem König Antwort und sprach: Was haben wir für ein Teil an David? Und wir haben kein Erbteil am Sohn Isais! Zu deinen Zelten, Israel! Nun sieh nach deinem Haus, David! Und Israel ging zu seinen Zelten. Die Kinder Israel aber, die in den Städten Judas wohnten, über sie wurde Rehabeam König. Und der König Rehabeam sandte Adoram, der über die Fron war“ (V. 16‒18a).
Aber das wurde nur der offene Anlass für die Rebellion, sich zu zeigen: „aber ganz Israel steinigte ihn, und er starb. Da eilte der König Rehabeam, den Wagen zu besteigen, um nach Jerusalem zu fliehen. So fiel Israel vom Haus Davids ab bis auf diesen Tag“ (V. 18b.19). Und diese Rebellion wurde nie geheilt. Ach, wir werden noch größere Gräuel als diese finden, aber so fingen die bitteren Früchte des Bösen an, sich zu zeigen; und wer den Wind gesät hatte, musste den Wirbelwind ernten.
„Und es geschah, als ganz Israel hörte, dass Jerobeam zurückgekehrt wäre, da sandten sie hin und riefen ihn zu der Gemeinde und machten ihn zum König über ganz Israel. Niemand folgte dem Haus Davids als nur der Stamm Juda“ (V. 20). Rehabeam wollte kämpfen. Es war vergeblich. Gott hatte zehn Teile des Königreichs verschenkt, und Gott würde es nicht gutheißen, dass der Mann, der selbst schuldig ist, auch gegen den Schuldigen kämpft. Gott hatte ihnen nicht einen König aus dem Haus Davids gegeben, damit sie gegen Israel kämpfen sollten. „Ihr sollt nicht hinaufziehen und nicht mit euren Brüdern, den Kindern Israel, kämpfen; kehrt um, jeder in sein Haus, denn von mir aus ist diese Sache geschehen. Und sie hörten auf das Wort des Herrn und zogen wieder zurück nach dem Wort des Herrn“ (V. 24).
Und was tut Jerobeam? In Vers 25 wird uns gesagt, dass er Sichem baute. Das war der Ort, den er zu seinem zentralen Punkt machte. „Und Jerobeam baute Sichem im Gebirge Ephraim und wohnte darin; und er zog von dort aus und baute Pnuel.“ Aber Jerobeam überlegt: „Und Jerobeam sprach in seinem Herzen: Nun wird das Königreich an das Haus Davids zurückkommen. Wenn dieses Volk hinaufziehen wird, um im Haus des Herrn in Jerusalem Schlachtopfer zu opfern, so wird das Herz dieses Volkes sich zu ihrem Herrn zurückwenden, zu Rehabeam, dem König von Juda; und sie werden mich töten und sich zu Rehabeam, dem König von Juda, zurückwenden“ (V. 26.27). Er hatte Angst, dass, wenn er seinen Untertanen erlaubte, nach Jerusalem hinaufzuziehen, sie sich an ihren früheren König erinnern würden – sich an die großen Absichten Gottes erinnern würden, die mit Jerusalem verbunden waren Was tut er daher? Er ersinnt eine Religion aus seinem eigenen Herzen. „Da beriet sich der König und machte zwei goldene Kälber. Und er sprach zum Volk: Es ist zu viel für euch, nach Jerusalem hinaufzuziehen; siehe da, Israel, deine Götter, die dich aus dem Land Ägypten heraufgeführt haben“ (V. 28).
Er begründete dies damit, dass er ihnen die Religion näherbringen wollte und seinem Volk zu einer Religion verhelfen wollte, die nicht zu teuer oder zu schwierig sein würde, ja, dass die Religion nur dazu dienen sollte, seiner Politik zu dienen. Daher tat er dies, wohl wissend, dass es unmöglich ist, dass ein Königreich – insbesondere Israel – Gottes Volk – auf der Erde stark sein kann, wo nicht Gott alles besitzt – wo der Besitz Gottes nicht mit der Regierung vermischt ist, so dass es nicht zwei gegensätzliche Autoritäten geben sollte – oder möglicherweise gegensätzliche Autoritäten im Königreich sind. Denn in der Tat ist die stärkere der beiden für das Gewissen die Religion und nicht der zivile Gehorsam.
Um also die Stärke seines Volkes zu bestätigen, macht er die Religion zur Religion des Reiches. Das heißt, er lässt sowohl das Gemeinwesen als auch die Religion aus derselben Quelle hervorkommen – aus demselben Willen und zu denselben großen Zwecken der Festigung seiner Autorität. Folglich denkt er an die Religion. Und was ist sein Ziel? Es ist nicht die Auslöschung des Herrn: Das war nicht die Form, die er anstrebte, sondern die Einverleibung der ältesten religiösen Vereinigungen, die ihm einfielen und die seinem Zweck entsprechen würden. Und er geht auf einen besonderen Zeitpunkt zurück – nicht das, was Gott gegeben hatte, sondern das, was unmittelbar darauf folgte; es ging nicht um die steinernen Tafeln, auch nicht um die Satzungen und Rechtsbestimmungen Israels, sondern um die goldenen Kälber. Das ist es, worauf er sich besann.
„Und er stellte das eine in Bethel auf, und das andere brachte er nach Dan. Und diese Sache wurde zur Sünde, und das Volk ging vor das eine hin bis nach Dan. Auch baute er das Höhenhaus und machte Priester aus dem gesamten Volk, die nicht von den Kindern Levi waren“ (V. 29‒31). Der Grund dafür, dass Dan am meisten ausgebaut wurde, war dieser: Sie war am weitesten von Jerusalem entfernt. Bethel war eher zu nah. Eine kurze Entfernung hätte sie zweifellos der Versuchung ausgesetzt, Jerusalem aufzusuchen. Also wurde Dan ausgebaut. Obwohl es die beiden gab, war Dan der Ort, der am meisten umworben wurde. Aber damit gab er sich nicht zufrieden. Er machte ein Haus der Höhen nach dem Vorbild des Tempels, und er machte Priester aus dem einfachen Volk, die nicht von den Söhnen Levis waren.
Weiter heißt es: „Und Jerobeam machte ein Fest im achten Monat, am fünfzehnten Tag des Monats, wie das Fest, das in Juda stattfand, und er opferte auf dem Altar. Ebenso tat er in Bethel, indem er den Kälbern opferte, die er gemacht hatte; und er stellte in Bethel die Priester der Höhen an, die er gemacht hatte“ (1Kön 12,32). Warum auch nicht, Jerobeam? Salomo hatte es auch so. „Und er opferte auf dem Altar, den er in Bethel gemacht hatte, am fünfzehnten Tag im achten Monat, in dem Monat, den er aus seinem Herzen erdacht hatte; und er machte den Kindern Israel ein Fest und opferte auf dem Altar und räucherte“ (1Kön 12,33).