Behandelter Abschnitt 1Kön 3
In diesem Kapitel haben wir eine weitere Begebenheit. Salomo hat sich mit Pharao, dem König von Ägypten, verschwägert. Leider kann man nicht sagen, dass die Gerechtigkeit darin aufrechterhalten bleibt; aber wie wunderbar, dass Gott eine Sache, die an sich falsch war, zu einem Vorbild dessen macht, was in dem Herrn Jesus vollkommen gut ist, denn, wie wir wissen, gibt es keine Art und Weise, in der der Herr seine Gnade so sehr offenbart hat wie in seinem Umgang mit den Heiden. Allerdings können wir nicht sagen, dass dies nach den Gedanken Gottes für einen König Israels war.
„Und er nahm die Tochter des Pharaos und brachte sie in die Stadt Davids, bis er den Bau seines Hauses und des Hauses des Herrn“ und der Mauer von Jerusalem ringsum vollendet hatte (V. 1). Ich glaube nicht, liebe Freunde, dass dieser Auftrag ohne Belehrung für uns ist. Es war nicht, bis er das Haus des Herrn und sein eigenes gebaut hatte. Er dachte zuerst an sein eigenes. Kein Wunder also, dass er nicht so genau auf die Tochter des Pharaos achtete. Wir sind nie im Recht, wenn das Haus des Herrn nicht vor unserem eigenen steht. „Nur opferte das Volk“ – denn auch das war leider dabei. Das Sprichwort sagt: „Wie der König, so das Volk.“ „Nur opferte das Volk auf den Höhen; denn bis zu jenen Tagen war dem Namen des Herrn kein Haus gebaut worden“ (V. 2).
Nun, ich will nicht sagen, dass das den gleichen schändlichen Charakter hatte, wie es danach der Fall war. Wir müssen uns immer daran erinnern, dass es dort war, wo der Herr seinen Namen hingesetzt hatte, dass sie dort waren, und nur dort, um dem Herrn zu opfern. Aber das war noch nicht vollständig, oder zumindest nicht öffentlich eingerichtet; das sollte noch geschehen. Es sollte das Haus des Herrn sein. Dies würde das öffentliche Zeugnis dieser großen Wahrheit vor ganz Israel sein; aber dieses Haus war noch nicht gebaut. Obwohl es also ein Versagen war, war es doch ein Versagen, für das der Herr seinem Volk seine zärtliche Barmherzigkeit und sein Erbarmen zeigte, bis seine eigene Macht die sichtbaren Gedenkstätten seiner Anbetung errichtet hatte; und dann wurde das Abweichen zu den Höhen eine Sache, die sofort das Gericht des Herrn herabzog. Hier ist nun eine wichtige Sache zu bedenken, denn es sieht einleuchtend aus, wenn man nachher sagt: „Nun, hier sieht man, wie die Leute auf den Höhen opfern, ohne dass sie verurteilt werden; und deshalb hatte der Herr offensichtlich zu dieser Zeit Mitleid mit seinem Volk und behandelte es überhaupt nicht so wie nachher.“ So macht das böse Herz die Barmherzigkeit Gottes – seine Nachsicht an einem Tag der Schwierigkeit und der Prüfung – zu einer Entschuldigung für Sünde, wenn es keine Entschuldigung geben kann. So ist es, dass die Menschen gewohnheitsmäßig das Wort Gottes von dem scheiden, was Gott wichtig ist.
Dann heißt es weiter: „Und Salomo liebte den Herrn, indem er in den Satzungen seines Vaters David wandelte; nur opferte und räucherte er auf den Höhen“ (V. 3). Sein Vater hatte das nicht getan. „Und der König ging nach Gibeon, um dort zu opfern, denn das war die große Höhe; tausend Brandopfer opferte Salomo auf jenem Altar“ (V. 4).
Wir haben ‒ sicher die meisten von uns ‒ an anderer Stelle gesehen, wie bemerkenswert David seinen Sinn für das zeigte, was Gott zusteht, denn er wird vor der Lade gefunden. Die Lade war das, was ihn anzog. Das war umso bemerkenswerter, weil die Lade gar nicht die öffentliche Verbindung zu Gott ist wie der große Brandopferaltar. Der große Altar war im Vorhof; jeder konnte ihn sehen; er war an dem Ort, wo die Opfergaben dargebracht wurden. Die Lade war im Vergleich dazu ein kleiner Gegenstand, sie wurde nicht gesehen. Sie befand sich absichtlich hinter dem Vorhang. Es war schlicht und einfach eine Sache des Glaubens, soweit das für einen Israeliten überhaupt möglich war. Er vertraute darauf, dass die Lade dort war, wo die Herrlichkeit des Herrn am meisten zu finden war. Das war es, was König David anzog. Das finden wir nicht so sehr bei König Salomo, es war nicht so charakteristisch für ihn. Das wird uns besonders im Gegensatz zu seinem Vater gesagt. Das sehen wir in dem Kapitel, in dem die Tendenzen zum Abweichen zuerst wahrgenommen werden. Die Beziehung mit der Tochter des Pharaos ist das eine, das Opfern auf den Höhen das andere.
Bei seinem Vater war es nicht so. In Gibeon aber erschien der Herr. Und wie groß ist die Gnade Gottes, dass der Herr – obwohl sie hier in Gegensatz zu dem tieferen und höheren Glauben seines Vaters steht –in Gibeon erscheint! Was für ein Gott ist Er! Er erschien Salomo in einem nächtlichen Traum und fragte ihn, was Er ihm geben solle – nein, Er sagte ihm, Er solle etwas er bitten – und Salomo antwortet mit großer Schönheit auf die Aufforderung des Herrn, denn er erbittet das, was ihn befähigen würde, sein Volk recht zu regieren. Er bittet weder um ein langes Leben noch um Reichtum, noch um Ehre, sondern um Weisheit, damit er Israel recht regieren könne; und Gott gab ihm diese Weisheit, mehr als jedem anderen Menschen, der jemals regiert hat. Dieser versagte in keiner anderen Sache so sehr, denn, wie wir wissen, gab es keinen, der äußerlich so gesegnet war wie der König, keinen, der äußerlich so berühmt war wie eben dieser König Salomo.
Ich sage nicht, dass es nicht einen sehr tiefen und schmerzlichen Niedergang gab, denn in der Tat muss der Geist, der die Lade als Nebensache sah und der zu den Höhen ging, letzten Endes seine Frucht tragen. Denn, liebe Freunde, das Versagen, das am Anfang unserer christlichen Laufbahn zu finden ist – um es jetzt auf unsere Verhältnisse anzuwenden –, verfehlt nicht, sich im Lauf der Zeit noch mehr zu zeigen, wenn es nicht gründlich verurteilt und abgelegt wird. Ein kleiner Same des Bösen trägt keine kleine Ernte. Ich spreche jetzt von der Saat, die gesät wird. Die Saat, die gesät wird, nicht nur die, die vorhanden ist, sondern das, was zugelassen und zugedeckt wird, wird eines Tages aufgehen und bittere Früchte tragen.
So war es bei Salomo, und obwohl dies eine Zeit lang nicht zu sehen war, bleibt es danach nicht aus. Aber in demselben Kapitel haben wir einen eindrucksvollen Beweis dafür, dass sein Herz den Stempel der Macht Gottes in sich trägt, und zwar im Fall der beiden Frauen, die das lebende Kind beanspruchten. Ich brauche nicht weiter darauf einzugehen. Er verstand das Herz des Menschen vollkommen; David hingegen drang in das Herz Gottes ein. Das war der Unterschied. Salomo verstand das Herz des Menschen gut – kein Mensch besser als er; kein Mensch so gut; und Gott hat ihn als das Gefäß der tiefsten menschlichen Weisheit eingesetzt, die sogar das Wort Gottes enthält. Ich nenne es menschlich, weil es um menschliche Angelegenheiten geht. Es geht um das Herz; es geht um die Dinge auf der Erde; aber dennoch ist es göttlich gegebene Weisheit über menschliche Themen.
Das war für König Salomo genauso gut geeignet, wie das Buch der Psalmen, das das Herz des Heiligen in das Verständnis des Herzens Gottes eindringen lässt (natürlich nach einem jüdischen Maßstab); dafür war David besonders geeignet. Das ist der Unterschied. Der Mann nach dem Herzen Gottes war genau der Richtige, um das Buch der Psalmen zu schreiben; der Mann, der das Herz der Männer und Frauen so gut kannte, war genau der Richtige, um in diesem Fall zwischen den beiden streitenden Müttern zu urteilen, wie sie zu sein vorgaben.