Behandelter Abschnitt 1Mo 8
Dieses Kapitel zeigt, wie Gott an Noah und jedes Lebewesen gedachte. Hier hätte es seinem Zweck nicht gedient, zu sagen: Jahwe gedachte aller Lebewesen, denn nicht jedes Lebewesen stand in einer moralischen Beziehung zu Gott. Für Noah traf das zweifellos zu; aber es ist nicht immer, und auch nicht hier, das Ziel, die Aufmerksamkeit auf das Besondere zu lenken.
Zu gegebener Zeit ruht die Arche auf dem Ararat, und dann folgt die auffallend schöne Begebenheit vom Raben und der Taube, die wir schon oft gehört haben, und auf die wir deshalb nicht einzugehen brauchen. Danach fordert Gott Noah auf, herauszukommen – er und alle anderen Geschöpfe.
„Und Noah“, so heißt es in Vers 20, „baute einen Altar.“ Für wen? Für Gott? Passenderweise ist es jetzt Jahwe. Ohne Verlust konnten diese beiden Dinge nicht umgesetzt werden. Er nahm dann, so heißt es, „von allem reinen Vieh und von allen reinen Vögeln“. Ja, es geht um Jahwe. Es ist die Beziehung Noahs, die hier zum Vorschein kommt. Es ist der besondere Ort, an dem er stand, der durch das anschließend dargebrachte Opfer bezeugt wurde. Und dort erklärt Jahwe, der den lieblichen Geruch annimmt, dass Er den Erdboden fortan nicht mehr verfluchen will „um des Menschen willen; denn das Sinnen des menschlichen Herzens ist böse von seiner Jugend an“ (V. 21).
Auch hier zeigt sich wieder, wie durchsichtig und in sich schlüssig die Wahrheit der Schrift ist. Die Aussage, die wir vor uns haben, mag auf den ersten Blick unerklärlich erscheinen; aber wenn man sie sorgfältig abwägt und darüber nachdenkt, wird ihre Richtigkeit offensichtlich. Dass das Böse des Menschen ein Grund war, die Sintflut herbeizuführen, können wir alle sehen; aber welche Tiefe der Gnade liegt in der Erklärung, dass Gott den verderbten Zustand des Menschen genau zu der Zeit kannte, als Er sein Wort gab, dass es keine weitere Sintflut auf der Erde geben würde! Dies wird uns hier vorgestellt.
Hier betreten wir also einen völlig neuen Zustand der Dinge und lernen eine Wahrheit von großartiger Bedeutung für jeden kennen, der sie sich nicht schon zu eigen gemacht hat. Was war der Grund für Gottes Zögern in der vorherigen Zeit? Die Abwesenheit des Bösen auf der Erde; die Unschuld des Menschen; es war eine sündlose, nicht gefallene Welt. Was ist der Grund für Gottes Handeln jetzt? Der Mensch ist gefallen, und die Schöpfung ist der Eitelkeit unterworfen. Alles Zögern Gottes geht nun von der Tatsache aus, dass der erste Mensch sündig ist. Lass den Sündenfall weg; versäume es, ihn vor Augen zu haben und alles unter diesem Gesichtspunkt zu prüfen, und du wirst bei jedem Ergebnis falschliegen. Neben Christus selbst und dem, was wir durch Ihn und in Ihm haben, gibt es nichts Wichtigeres als das Bekenntnis der Wahrheit, dass Gott geschaffen hat und dass seine Schöpfung in Trümmern liegt. Dein Urteil sowohl über Gott als auch über den Menschen wird verfälscht sein; deine Einschätzung der Vergangenheit und deine Erwartungen an die Zukunft werden alle eitel sein, wenn du dich nicht ständig daran erinnerst, dass Gottes Handeln mit dem Menschen von der ernsten Tatsache der Sünde – der ursprünglichen und universellen Sünde – ausgeht.
Wird es immer so sein? Auf keinen Fall. Es wird ein Tag kommen, an dem der Grund des Handelns Gottes weder Unschuld noch Sünde sein wird, sondern Gerechtigkeit. Aber auf diesen Tag müssen wir warten, den Tag der Ewigkeit – des „neuen Himmels und der neuen Erde.“ Es ist eine wahre Freude zu wissen, dass dieser Tag kommt; aber bis dahin hat Gott als Schauplatz und Material, wo Er handelt, immer eine Welt vor sich, die verdorben ist – verdorben durch den sündigen Menschen.
Gott sei Dank ist jemand gekommen, der in unfehlbarem, lieblichem Wohlgeruch vor Ihm steht, so dass, wenn die Sünde in den Hintergrund tritt, es nicht anders sein kann, als dass auch das da ist, was Er aus seiner eigenen freien Gnade einführt. Wenn sein Diener andere bittet, auf das Lamm Gottes zu sehen, das die Sünde der Welt wegnimmt, wie viel mehr sieht Gott selbst Christus und sein Opfer an! Muss man sagen, dass Er, was seine Wirksamkeit und Gottes Wohlgefallen daran betrifft, nicht auf den neuen Himmel und die neue Erde wartet, um es selbst zu genießen oder uns seinen Wert kundzutun? Kurzum, Christus hat eingegriffen, und damit ist diese höchst bedeutungsvolle Konsequenz verbunden – dass, obwohl alles immer mehr Böses und Verderben zeigt, Gott in Gnade und im Glauben nach dem Fall und vor dem „neue Himmel und ein neue Erde, in denen die Gerechtigkeit wohnt“ (2Pet 3,13), triumphiert hat. Gott hat durch die Einführung seines eigenen Sohnes den Sieg errungen, dessen Früchte Er uns durch den Glauben schenkt, bevor unser Besitz nach und nach sichtbar wird.
Es soll genügen, auf das große Prinzip hinzuweisen und daran zu erinnern, dass das Schauspiel der Zeitalter oder Haushaltungen Gottes die Welt seit der Sintflut ist. Es ist ein Fehler, die Welt vor diesem Ereignis in die Zeit der Haushaltungen (Dispensationen) einzuschließen. Davor gab es keine Haushaltungen im eigentlichen Sinn. Welche Haushaltung könnte es geben? Was bedeutet das? Als dem Menschen im Paradies verboten wurde, vom Baum der Erkenntnis des Guten und des Bösen zu essen, hat er das Gebot sofort gebrochen – soweit es scheint, am ersten Tag. Nicht, dass man ausdrücklich sagen könnte, dass es so war. Doch es ist sicher anzunehmen, dass wenig Zeit vergangen sein kann, nachdem er die Frau, seine Ehefrau, empfangen hatte. Und die offensichtliche Tatsache liegt vor uns, dass die Verbindung mit seiner Frau in der traurigen Sünde seine erste aufgezeichnete Handlung ist. Welche Haushaltung oder welches Zeitalter gab es hier? Und was folgte danach? Es gab keine Prüfung mehr im Paradies, denn der Mensch wurde hinausgetrieben. Durch welche formale Prüfung wurde er draußen erprobt? Durch gar keine. Der Mensch, die Menschheit, wurde einfach moralisch ausgestoßen – nichts anderes – von jenem Tag bis nach der Flut.
Dennoch hat Gott in seiner Gnade an Einzelnen gewirkt. Abel, Henoch, Noah, haben wir schon gesehen. Es gab auch ein wunderbares Bild der Befreiung durch Christus in der Arche – glücklicherweise den meisten so vertraut. Aber es ist offensichtlich, dass es keine Haushaltung im eigentlichen Sinn des Wortes gab. Es gab eine Prüfung des Menschen in Eden, und er fiel sofort; danach gab es überhaupt keine mehr in der Welt vor der Sintflut. Die Geschichte setzt voraus, dass der Mensch von da an ohne äußeres Gesetz oder eine Regierung zur Kontrolle handeln durfte, obwohl Gott es nicht versäumte, in seiner barmherzigen Güte zu wirken – in seiner eigenen Souveränität.