Behandelter Abschnitt 1Mo 3
Dieses Kapitel zeigt uns das Ergebnis der Versuchung, die, wie wir gesehen haben, von Jahwe-Elohim festgelegt wurde. Sie wurde bald zu Ende geführt. Und hier ist eine weitere Tatsache, auf die ich hinweisen möchte. Wir sehen, wie ohne weitere Verzögerung ein nur zu gut und doch zu wenig bekannter, aktiver, dreister, höchst raffinierte Widersacher Gottes und des Menschen, die Schlange – von der Sünde und Elend herrühren, wie die Bibel von Anfang bis Ende bezeugt –, der uns hier zuerst in ein paar ruhigen Worten vorgestellt wird. Wer außer Gott hätte das tun können? In jedem anderen Buch, in einem Buch, das von einem bloßen Menschen geschrieben worden wäre, hätten wir eine lange Einleitung und eine vollständige Geschichte seines Ursprungs, seiner Pläne und seiner Taten gehabt (muss man das sagen?). Gott konnte ihn einführen und konnte dem Herzen das Empfinden geben, dass es richtig war, nicht mehr über ihn zu sagen als nötig war. Die Tatsache erklärt sich von selbst. Wenn in Kapitel 1 der wahre Gott sich in schöpferischer Kraft und Herrlichkeit zeigt und in der vollkommenen Wohltätigkeit, die auch das kennzeichnet, was Er gemacht hat; wenn in Kapitel 2 besondere Beziehungen noch mehr seine moralische Art und seinen Willen zeigen, so versäumt es die Schlange nicht, ihren tatsächlichen Zustand und ihr Ziel zu offenbaren – natürlich nicht den Zustand, in dem sie gemacht wurde, sondern den, zu dem die Sünde sie herabgewürdigt hatte. „Und die Schlange war listiger als alle Tiere des Feldes, die Jahwe-Elohim gemacht hatte“ (V. 1).
Kapitel 3 ist in der Tat eine Fortsetzung von Kapitel 2 – richtigerweise zu einem eigenen Kapitel gemacht, aber dennoch einfach seine Fortsetzung. Es ist der Ausgang jener Bewährungsprobe, die dort geplant wurde. Und hier war das Bestreben des Feindes zunächst darauf gerichtet, sowohl die Güte Gottes als auch seine Wahrheit, kurz, Gott selbst in Verdacht zu bringen. Menschliche Begierden und Leidenschaften kamen noch nicht in Frage, aber sie folgten bald – das Verlangen, das zu haben, was Gott verboten hatte. Zuerst aber war es eine Unterstellung gegen den wahren Gott, die zugelassen wurde. Alles Böse hat dies als Quelle. Es beginnt damit, dass Gott angegriffen oder untergraben wird. „Und sie sprach zu der Frau: Hat Gott22 wirklich gesagt: Ihr sollt nicht essen von jedem Baum des Gartens? Und die Frau sprach zu der Schlange: Von der Frucht der Bäume des Gartens essen wir; aber von der Frucht des Baumes, der in der Mitte des Gartens ist, hat Gott gesagt: Davon sollt ihr nicht essen und sie nicht anrühren, damit ihr nicht sterbt. Und die Schlange sprach zu der Frau: Ihr werdet durchaus nicht sterben, sondern Gott weiß, dass an dem Tag, da ihr davon esst, eure Augen aufgetan werden und ihr sein werdet wie Gott, erkennend Gutes und Böses“ (V. 2–5).
So kam es, dass die Schlange zuerst das Herz der Frau und dann das des Mannes moralisch verführte. Ich muss mich nicht bei der traurigen Geschichte aufhalten, die wir alle mehr oder weniger kennen. Sie hörte, sie schaute, sie nahm von der Frucht; sie aß und fiel. Und auch der Mensch aß, nicht getäuscht, sondern mit offenen Augen, und deshalb umso schuldiger – zweifellos von seinen Neigungen beeinflusst; kühn jedoch, ihnen nachzugeben, denn er hätte eher Evas Wächter und Führer sein sollen, gewiss nicht ihr folgen, sogar wenn er es nicht geschafft hätte, sie sicher auf dem Pfad des Guten zu halten. Leider folgte er ihr, wie er es seitdem oft getan hat, auf den breiten Weg des Bösen. Adam bewahrte nicht den Platz, an den Gott ihn gestellt hatte.
Beide waren gefallen, beide schämten sich: „und sie erkannten, dass sie nackt waren, und sie hefteten Feigenblätter zusammen und machten sich Schurze“ (V. 7). Und sie hörten die Stimme Jahwes-Elohims, der in der Kühle des Tages im Garten wandelte, und Adam und seine Frau versteckten sich. Die Opfer der Sünde kannten Scham, jetzt Angst. Von Gott getrennt, versteckten sie sich, und Er brauchte nur diese ernsten und prüfenden Worte zu Adam zu sagen: „Wo bist du?“ Er war von Gott entfernt. Gezwungen, sich zu offenbaren, berichtet Adam die demütigende Geschichte: „Ich hörte deine Stimme im Garten, und ich fürchtete mich, denn ich bin nackt, und ich versteckte mich“ (V. 10).
Das Böse wird endlich bis zu seiner Quelle zurückverfolgt, und die Schlange wird voll zur Geltung gebracht. Jeder für sich – der Mann, die Frau und die Schlange – werden offensichtlich durch die Gegenwart Jahwes-Elohims verurteilt. Doch gnädigerweise hat Gott, der das schuldige Paar durch das Licht seiner Gegenwart gezwungen hat, aus der Finsternis herauszutreten, in der es sich versteckt hatte oder vielmehr zu verstecken suchte, gerade in der Ankündigung des Gerichts über die Schlange das erste helle Licht der Barmherzigkeit hervorstrahlen lassen, aber Barmherzigkeit im Gericht über den, der die Wurzel des Bösen war. Darf man nicht wieder sagen, wer hätte vorher an Wege gedacht, die so wahrhaftig und selbstverständlich göttlich sind? Aber es ist das Wort Gottes, und nichts kann mehr zu Gott passen: gnädig gegenüber dem Menschen oder gerecht gegenüber dem Feind.
Gläubige haben es immer wieder als Verheißung bezeichnet; aber ist es nicht bemerkenswert, dass die Schrift das nie tut? Es war eine Offenbarung eines unendlichen Segens für den Menschen, ohne Zweifel, aber kaum das, was man eine Verheißung nennt. Sie war an die Schlange gerichtet. Wenn eine Verheißung an irgendjemanden, dann an den Nachkommen der Frau, den letzten Adam, nicht an den ersten, der gerade mit Eva verurteilt wurde. Abraham, nicht Adam, ist der Träger der Verheißung: So spricht die Schrift, soweit ich weiß, ausnahmslos. Wir sehen, warum das so sein sollte. War es die Zeit für eine Verheißung? War es ein Zustand für eine Verheißung? War es eine Person für eine Verheißung – jemand, der die Herrlichkeit Gottes verdorben hatte, soweit sie auf ihm ruhte? Nein, aber im Gericht über die Schlange zeigt sich der offenbarte Vorsatz Gottes, nicht eine Verheißung an Adam in der Sünde, sondern die Offenbarung dessen, der der Schlange den Kopf zertreten würde, dem ersten Sünder und zu erfolgreichen Verführer zur Sünde. Der zweite Mensch, nicht der erste, ist das Thema der Verheißung. Dies ist in der Tat die unveränderliche Wahrheit der Heiligen Schrift, die sich sie bis zum Schluss hindurchzieht.
Beachte am Anfang des Wortes Gottes die Quellen aller Dinge. Wie wir Gott selbst als den Schöpfer und den moralischen Statthalter sahen, so finden wir nun den Feind Gottes und des Menschen in genauer Übereinstimmung mit dem letzten Wort, das Gott spricht. Beachten wir wiederum die Konfrontation der Schlange, nicht mit dem Menschen, der immer unter Satans Macht fällt, sondern mit Christus, der immer siegt. Das ist die Art und Weise, in der Gott seine Wahrheit darlegt, und zwar im frühesten Teil seines Wortes. Keine spätere Offenbarung korrigiert die allererste auch nur im geringsten Maß. Die Heilige Schrift ist göttlich von Anfang bis zum Ende. Aber damit verbunden finden wir keine Eile bei der Offenbarung: Alles geschieht zur rechten Zeit. Noch ist kein Wort über das ewige Leben zu hören – das muss auf sein Erscheinen warten, das so bei dem Vater war; noch ist kein Wort über den unerschöpflichen Reichtum der Gnade zu hören, der später überreichlich sein würde. Eine Person wird vorgestellt – der Nachkomme der Frau; denn die Art und Weise weist ausdrücklich auf die zarte Barmherzigkeit Gottes hin. Wenn die Frau diejenige war, die als erste gebar, so ist sie die vorbestimmte Mutter dessen, der den Teufel besiegen und den Menschen erlösen würde. Aber das, was sofort kam und was sich durch die ganze Bibel zieht, ist die gegenwärtige Konsequenz in der Regierung Gottes.23 So finden wir, dass, als der Mensch auf die Stimme der Schlange gehört und von dem Baum gegessen hatte, von dem er nicht essen durfte, der Erdboden für ihn verflucht wurde. Das ist das gegenwärtige Ergebnis. So hat auch die Frau ihren Anteil, von dem wir nicht mehr zu sagen brauchen, als darauf hinzuweisen, was für ein Schlüssel es ist auf ihr Los in der Geschichte der Menschheit. Beide sind sich darin einig, dass sie, da sie aus Staub gemacht wurden, zum Staub zurückkehren müssen.
Trotzdem hören wir inmitten der Szene der Verwüstung, wie Adam den Namen seiner Frau „Eva“ nennt (V. 20). Für mich ist es völlig klar, wie schnell der Fall nach der Erschaffung des Menschen stattfand. Er hatte seiner Frau zuvor nicht diesen ihren vollen und richtigen Namen gegeben. Er hatte eher beschrieben, was sie war, als wer sie war; erst als die Sünde hineingekommen war, und als andere, wenn es solche gegeben hätte, sie natürlich die Mutter des Todes genannt hätten, nannte Adam sie (durch etwas, das die Führung Gottes im Glauben zu sein scheint) eher die Mutter aller Lebenden. Er hielt sich, das kann ich nicht bezweifeln, an das Wort, das Gott bei der Verurteilung des Teufels ausgesprochen hatte. Und Gott kennzeichnet auch hier sehr schön sein Empfinden. Denn in Vers 21 wird uns gesagt: „Und Jahwe-Elohim machte Adam und seiner Frau Kleider aus Fell und bekleidete sie.“ Die Unzulänglichkeit ihrer Mittel war bewiesen worden. Nun kommt der Schatten dessen, was Gott an einem anderen Tag vollständig tun würde.
Dennoch nehmen die gegenwärtigen Folgen ihren Lauf, und in gewissem Sinn ist auch Barmherzigkeit damit vermischt, wie es, wie ich glaube, in der Regierung Gottes gewöhnlich der Fall ist; denn der Mensch, so wie er ist, ist umso weniger glücklich, als er nicht weiß, was es heißt, in einer solchen Welt wie dieser zu arbeiten. Es ist nicht nur das, wozu er verdammt ist, sondern der weise geordnete Ort für den gefallenen Menschen hier auf der Erde. Es gibt niemanden, der unglücklicher ist als der Mensch, der kein Ziel vor Augen hat. Ich gebe zu, dass es in einem nicht gefallenen Zustand einen anderen Zustand der Dinge gab. Wo in der Unschuld alles hell und gut um den Menschen herum war, da hätte der Spielraum für Arbeit keinen Platz. Ich spreche nur von dem, was für den Menschen außerhalb des Paradieses gut ist, und wie Gott in seiner unendlichen Gnade seinem Zustand entgegenkommt und ihm dient. Dazu brauchen wir aber nicht mehr zu sagen, als dass Er den Menschen hinaustrieb, damit er den Zustand des Verderbens, in den er geraten war, nicht aufrechterhalten würde.24
22 Manche haben sich gewundert, warum die Schlange und Eva in der Versuchung Elohim (Gott) sagen, wo doch überall sonst in diesem Abschnitt der Name Jahwe-Elohim verwendet wird. Nun mag es nicht nur die einfache Tatsache sein, dass nur Elohim verwendet wurde, sondern der Geschichtsschreiber würde deswegen hier nicht den Namen der besonderen Beziehung einführen, den der Feind vor allem darauf bedacht war, möglichst vergessen zu machen, und den die Frau in der Tat bald vergaß, als sie jemanden auf ihren Verstand einwirken ließ, dessen erstes Ziel es war, Misstrauen gegen Gott zu säen. Mir scheint, dass alles in völliger Übereinstimmung ist; und dass das Nichterwähnen Jahwes hier seitens der Schlange und Evas ebenso natürlich ist, wie sie der inspirierten Geschichte des Vorgangs angemessen ist.↩︎
23 Wie dies mit dem dispensationalen Handeln Gottes mit Israel übereinstimmt, bedarf keines Beweises. Das Volk wurde auserwählt, das öffentliche Gefäß der göttlichen Regierung auf der Erde zu sein. Wir haben sein Versagen unter dem Gesetz erlebt; wir hoffen auf seine Stabilität unter dem Messias und dem neuen Bund. Aber es ist und wird von größtem Interesse sein, diese Wege Gottes in der irdischen Regierung von Anfang an zu beachten.↩︎
24 Es ist bedauerlich, aber heilsam zu sehen, wie Aberglaube und Rationalismus in der gröbsten Unkenntnis des Zustandes des Menschen vor dem Fall und durch den Fall übereinstimmen. Die Lehre in der systematischen Theologie ist, dass Gottes Ebenbild im Innern verdorben und verunreinigt wurde; dass er aber sogar dann nicht ganz verlassen war; und dass der Verlauf seiner Geschichte erklärt, mit welchen Mitteln es Gott gefallen hat, sein verlorenes Ebenbild in gewissem Maß zu erneuern und so weiter. Ein anderer Gelehrter, aber ein Ungläubiger, betrachtet die Erkenntnis von Gut und Böse als das Bild Gottes durch die Schöpfung. Letzteres wird oft missverstanden. Die Schrift ist klar und zutiefst wahr: „Und Jehova-Elohim sprach: Siehe, der Mensch ist geworden wie einer von uns, zu erkennen Gutes und Böses; und nun, dass er nicht seine Hand ausstrecke und auch vom Baum des Lebens nehme und esse und ewig lebe! Und Jahwe-Elohim schickte ihn aus dem Garten Eden hinaus, den Erdboden zu bebauen, wovon er genommen war; und er trieb den Menschen aus und ließ östlich vom Garten Eden die Cherubim lagern und die Flamme des kreisenden Schwertes, um den Weg zum Baum des Lebens zu bewachen.“
In seinem ursprünglichen Zustand war der Mensch nach dem Bild Gottes geschaffen, aber er hatte nicht die Erkenntnis des Guten und des Bösen. Diese erwarb er durch den Sündenfall. Danach konnte er die Dinge selbst als gut oder böse einschätzen und erkennen; während er unschuldig war, konnte dies nicht sein. Ein heiliges Wesen konnte und kann so wissen, das heißt ein Wesen, das, während es das weiß, eine innere Natur hat, die das Böse abstößt und dem Guten anhängt. Dies war aber nicht der Zustand Adams, sondern er wurde einfach aufrecht geschaffen, mit der Abwesenheit und der Unwissenheit des Bösen. Als er gefallen war, erwarb er die innere Fähigkeit, das Richtige vom Falschen zu unterscheiden, abgesehen von einem Gesetz, das ihn belehrt oder verbietet; und in dieser Hinsicht wurde er Gott ähnlich, gerade zu der Zeit, als er Gott und den Umgang mit Ihm als unschuldiges Geschöpf verlor. So lernen wir die Vereinbarkeit dieser beiden Dinge, die in der Tat auf den Menschen zutrafen – ein Fall aus der Beziehung der Unschuld, in dem er ursprünglich zu Gott stand, und ein Aufstieg in der sittlichen Fähigkeit, die ohne Glauben unermessliches Elend mit sich bringt, die aber von höchstem Wert ist, wenn man durch unseren Herrn Jesus zu Gott gebracht wird.↩︎