Behandelter Abschnitt 2Sam 6
Aber jetzt haben wir eine andere und eine völlig unterschiedliche Begebenheit. Es geht nicht mehr um den Feind, sondern um die Lade; denn wie könnte der Geist Davids ruhen, wenn das große Symbol der Gegenwart des Herrn in Israel fehlen würde? Wenn David jetzt als König von Israel eingesetzt ist, könnte er dann nicht anders wollen, als das Zeichen dafür zu setzen, dass der wahre Gott dort war? Dennoch war es noch nicht offensichtlich, und es wurden in der Folge viele Fehler gemacht. „Und David machte sich auf und zog hin und alles Volk, das bei ihm war, nach Baale-Juda, um von dort die Lade Gottes heraufzubringen“ (V. 2). Es ist aufschlussreich zu bemerken, dass er hier zunächst nicht nachfragte. Offensichtlich dachte er, es könne keinen Zweifel an der Sache geben. Wenn es darum ging, sich dem Feind entgegenzustellen, hatte er das Empfinden, dass er die Führung Gottes brauchte; aber wenn es um die Aufstellung der Lade des Herrn an ihrem gebührenden Platz in Israel ging, wie konnte es dann notwendig sein, den Herrn danach zu fragen?
Und so täuschen wir uns oft selbst. Denn in der Tat gibt es keine Gelegenheit, bei der wir den Beistand Gottes mehr brauchen als bei seiner Anbetung selbst. Haben wir das nicht aus Erfahrung gelernt, meine Brüder? Einige von uns sind geneigt zu denken, dass wir, weil dies ein heiliger Ort ist, weil es ein heiliges Werk ist und weil wir durch die Gnade Gottes „heilige Brüder, Genossen der himmlischen Berufung“ sind (Heb 3,1), ganz selbstverständlich damit beginnen können. Und was ist es, das wir beweisen, wenn wir es tun? Sicherlich nicht die Macht Gottes. Es gibt keinen Ort, an dem die Gefahr der Ablenkung auf der einen Seite oder der Form auf der anderen Seite größer ist. Ist dies für uns etwas anderes als die Ungerechtigkeit der heiligen Dinge? Es gibt keinen Ort, an dem wir die leitende und lenkende Gnade Gottes wirklich mehr brauchen als in seinem eigenen Dienst und in seiner eigenen Anbetung. Denk nicht, dass dies auch nur im Geringsten gesagt wird, um die Gesetzlichkeit zu fördern oder in irgendeiner Weise den krankhaften Zustand eines Christen gutzuheißen, der vor dem zurückschrecken würde, was dem Herrn gebührt und seine tiefste Freude sein sollte und was Er ganz sicher beständig sucht. Doch darf man nicht davor warnen, dass die Gefahr besteht, dass wir das alles als selbstverständlich hinnehmen, so wie es David bei dieser Gelegenheit getan hat? Wir tun deshalb gut daran und sind weise, wenn wir die Geschichte Davids vor der Lade als eine ernste Warnung an uns in allem lesen, was unser Nahen zu Gott betrifft.
„Und sie stellten die Lade Gottes auf einen neuen Wagen und brachten sie aus dem Haus Abinadabs weg, das auf dem Hügel war; und Ussa und Achjo, die Söhne Abinadabs, führten den neuen Wagen“ (V. 3). Wo wir nicht die Führung des Herrn haben und nicht einmal ernsthaft danach suchen, kann jeder Schritt nur falsch sein. Wer hat ihnen befohlen, sie auf einen neuen Wagen zu stellen? Waren es Philister? Ein anderes Buch berichtete uns von den Philistern, die das taten, und wie Gott diese Heiden, die es nicht besser wussten, barmherzig ertrug. Aber wird Er ein solches Vorgehen in Israel zulassen? Gott geht mit den Menschen nach dem Ort um, wo sie sich befinden oder wohin Er sie gestellt hat. Wenn Er die armen Philister der Finsternis der Natur überlässt, die nur von Zeit zu Zeit von Lichtstrahlen aus Israel erhellt wird, die die Finsternis durchbrechen, könnte es dann sein, dass sich die Auserwählten Gottes hingeben, die Finsternis der Heiden nachzuahmen? Welch ein erbärmlicher Niedergang, geliebte Brüder, wenn solche, die in das Licht Gottes berufen sind, sich vom Tun der Welt, auch wenn es die religiöse Welt ist, beeinflussen lassen!
Doch lasst uns die Geschichte weiterverfolgen: „Und sie brachten sie aus dem Haus Abinadabs weg, das auf dem Hügel war – Ussa neben der Lade Gottes –, und Achjo ging vor der Lade her. Und David und das ganze Haus Israel spielten vor dem Herrn mit allerlei Instrumenten aus Zypressenholz und mit Lauten und mit Harfen und mit Tamburinen und mit Schellen und mit Zimbeln. Und als sie zur Tenne Nakons kamen, da griff Ussa nach der Lade Gottes und fasste sie an, denn die Rinder hatten sich losgerissen“ (V. 4–6). Das ist sicher sehr ernst für mich, ja, für jeden. Gott hat sich nicht sofort mit der ersten Abweichung von seinem Wort befasst. Sie fuhren den neuen Wagen eine Zeit lang ohne ein Anzeichen seines Missfallens. Dann ließ Er zu, was als bloßer Zufall der Umstände erscheinen konnte, worauf Er sie gern erprobte und in einem einzigen Fall deutlich seinen Sinn für ihre Respektlosigkeit zeigte, natürlich besonders bei jemandem, der darin am weitesten ging. Es ist wahr, dass es sich um eine weitere Tat handelte, und es war eine Verschlimmerung des Übels.
Dennoch sah es nach außen hin gerechtfertigt genug aus, die Lade vor einem Sturz zu bewahren. Die Lade Gottes schien in Gefahr zu sein: Warum sollte ein Levit nicht seine Hand ausstrecken, um sie zu retten? War nicht Ussa, der Sohn Abinadabs von Gibea, am besten geeignet, dies zu tun und war es nicht eine heilige Handlung? Aber die Tat geschah gegen das ausdrückliche Wort Gottes. Was bedeutet das? Es handelte sich nicht nur um ein Gerät, das in erster Linie übereilt in Angriff genommen und unabhängig von Gottes Befehl, ausgeführt wurde. Die Geräte des Heiligtums mussten getragen werden. Hier gab es ein direktes Versagen in der Achtung, die der Lade Gottes gebührt, wenn sie den Beistand des Menschen zu brauchen schien. Der Herr hatte bestimmt, wer in Israel die Lade tragen sollte und wie es zu geschehen hatte. Davon wussten die Philister nichts, und sie waren auch nicht verpflichtet, eine solche Anordnung zu befolgen; Israel aber war unter dem Gesetz. Sie hatten sein Wort in ihren Händen und waren daher verantwortlich.
Als nun Ussa seine Hand ausstreckte und die Lade ergriff, weil die Ochsen sie losgerissen hatten, griff Gott mit Gericht ein: „Da entbrannte der Zorn des Herrn gegen Ussa, und Gott schlug ihn dort wegen des Vergehens; und er starb dort bei der Lade Gottes“ (V. 7). Und David, anstatt sich selbst zu verurteilen und zurückzublicken und zu bekennen, wie vollständig sie alle ohne die Führung des Herrn gehandelt hatten, war unzufrieden, weil der Herr einen Bruch über Ussa vollzogen hatte.
Unzufrieden mit wem? Oh, es ist traurig, sagen zu müssen, dass er mit dem Gott Israels unzufrieden war. Aber denke nicht, dass dies so selten ist. Wenn jemand in seinem eigenen Fall murrt und sich über seine Züchtigung beklagt, was tut er dann anderes, als sein Missfallen über den Herrn auszudrücken? Glaubt ihr, geliebte Brüder, dass jede Prüfung, die euch widerfährt, unabhängig von ihrem Charakter, ohne Ihn geschieht? Dass die Bedrängnisse „aus dem Staub entstehen“? Glaubt ihr, dass irgendetwas, was auch immer es sein mag, oder durch welches Instrument es auch kommen mag, auch wenn es das ist, was euch am meisten schmerzt, ohne seine Absicht und ohne eine Belehrung für euch ist? Sicherlich nicht. Es kann dir durch ein solches Unrecht bei jemand anderem auffallen. Aber das ist niemals ein Grund, sich zu rechtfertigen, noch die kleinste Entschuldigung dafür, dass man mit Gott unzufrieden ist.
Tatsache ist, dass Israel von Anfang an ohne das Wort Gottes gehandelt hatte ‒ sogar David selbst; und wenn es David war, der sich am meisten demütigte, darf es uns nicht wundern, wenn er auch diese üblen Empfinden gegen den Herrn hatte: „Und David entbrannte darüber, dass der Herr einen Bruch an Ussa gemacht hatte; und er nannte jenen Ort Perez-Ussa, bis auf diesen Tag. Und David fürchtete sich vor dem Herrn an jenem Tag und sprach: Wie soll die Lade des Herrn zu mir kommen? Und David wollte die Lade des Herrn nicht zu sich einkehren lassen in die Stadt Davids; und David ließ sie beiseite bringen in das Haus Obed-Edoms, des Gatiters. Und die Lade des Herrn blieb im Haus Obed-Edoms, des Gatiters, drei Monate. Und der Herr segnete Obed-Edom und sein ganzes Haus“ (V. 8–11). Was für eine Antwort auf Davids Missfallen!
„Und dem König David wurde berichtet und gesagt: Der Herr hat das Haus Obed-Edoms und alles, was sein ist, gesegnet um der Lade Gottes willen. Da ging David hin und holte die Lade Gottes aus dem Haus Obed-Edoms herauf in die Stadt Davids mit Freuden. Und es geschah, wenn die Träger der Lade des Herrn sechs Schritte gegangen waren, so opferte er ein Rind und ein Mastvieh“ (V. 12.13).
Jetzt finden wir David wiederhergestellt, und der Herr ist die Quelle der Freude und des Dankes, anstatt gefürchtet zu werden oder die Quelle des Missfallens zu sein. Aber es ist eine heilige Freude. Soweit ich es beurteilen kann, gibt es in der Geschichte Davids als König keinen helleren und glücklicheren Augenblick als diesen Tag. „Und David und das ganze Haus Israel brachten die Lade des Herrn hinauf mit Jauchzen und mit Posaunenschall. Und es geschah, als die Lade des Herrn in die Stadt Davids kam, da schaute Michal, die Tochter Sauls, aus dem Fenster; und sie sah den König David vor dem Herrn hüpfen und tanzen, und sie verachtete ihn in ihrem Herzen“ (V. 15.16). Kein Wunder, dass der Geist Gottes Michal die Tochter Sauls nennt. War sie jetzt nicht Davids Frau? Ja, aber welche Frau verhielt sich an diesem Tag so? Sie war immer noch die Tochter Sauls. Sie war der echte Ausdruck ihres Vaters. Es gab kein passendes Empfinden gegenüber ihrem Mann beim Holen der Lade (und wie nahe sie seinem Herzen war!), noch weniger in ihrem Wert der Beziehung des Herrn zu Israel, wie der Transport der Lade nach Zion bezeugt.
„Und sie brachten die Lade des Herrn hinein und stellten sie an ihren Ort innerhalb des Zeltes, das David für sie aufgeschlagen hatte. Und David opferte Brandopfer und Friedensopfer vor dem Herrn“ (V. 17). Jetzt störte sie kein Hindernis mehr. Ihr Sinn für die Majestät Gottes war offensichtlich, ihr Festhalten am Wort des Herrn unverkennbar. Alle Opfergaben sprechen von Danksagung in Hingabe und Gemeinschaft. „Und als David das Opfern der Brandopfer und der Friedensopfer beendet hatte, segnete er das Volk im Namen des Herrn der Heerscharen“ (V. 18). Es ist klar, dass David nun im vollsten Sinn die Gnade Gottes gegenüber Israel und sich selbst genoss. „Und er verteilte an das ganze Volk, an die ganze Menge Israels, vom Mann bis zur Frau, an jeden einen Brotkuchen und einen Trunk Wein und einen Rosinenkuchen. Und das ganze Volk ging hin, jeder in sein Haus“ (V. 19).
Doch es gab eine Person, die kein Mitgefühl mit der festlichen Freude dieses großen Tages in Israel hatte, jemand, der mit David jetzt so unzufrieden war, wie er selbst einmal mit dem Herrn gewesen war. „Und als David zurückkehrte, um sein Haus zu segnen, ging Michal, die Tochter Sauls [man beachte die bedeutsame Wiederholung des natürlichen Ursprungs], hinaus, David entgegen, und sprach: Wie hat der König von Israel sich heute verherrlicht, da er sich heute vor den Augen der Mägde seiner Knechte entblößt hat, wie sich nur einer der losen Leute entblößt!“ (V. 20).
Doch wie würdevoll und vernichtend war die Zurechtweisung ihres Mannes! „Da sprach David zu Michal: Vor dem Herrn, der mich vor deinem Vater und vor seinem ganzen Haus erwählt hat, um mich als Fürst zu bestellen über das Volk des Herrn, über Israel, ja, vor dem Herrn will ich spielen“ (V. 21). Es war der Dienst des Glaubens. Es war der König Israels, der, je mehr er von Gott erhöht und zum König bestimmt war, all seine Erhöhung als Opfer für den Herrn benutzte und sich umso mehr erhöht fühlte, weil Gott alles für ihn war. Die Nähe zu Ihm war in Davids Augen in diesem Augenblick größer als der Thron, den Gott ihm gegeben hatte; und David richtete nach dem Recht. Michal, weit davon entfernt, die Gnade des Herrn zu schätzen, war von da an dazu verdammt, weit von einem Ehemann entfernt zu sein, den sie nicht ehren konnte, als er bewies, dass sein Herz darauf gerichtet war, alles andere als nichts zu behandeln, damit er den Herrn ehren konnte.