Behandelter Abschnitt Off 9,1-12
Die fünfte Posaune, das erste „Wehe“
(Kap. 9, 1-12)
Vers 13 von Kap. 8 gehört eigentlich zu Kap. 9; denn er leitet die drei letzten Posaunen ein. Ein Adler fliegt, nach Beute ausschauend, inmitten des Himmels. Laut Kap. 19, 17-18 wird Gott allen Vögeln unter dem Himmel ein großes Mahl bereiten. Der Adler ruft ein dreifaches «Wehe» über die Erdbewohner aus. Die drei « W e h e » ‑Rufe umfassen die fünfte, sechste und siebente Posaune. Die fünfte Posaune bringt, zusammen mit dem ersten «Wehe», eine schreckliche Heuschreckenplage (Vers 3‑10). Die sechste Posaune mit dem zweiten «Wehe» schließt sich an, bringt die Höllenheere vom Euphrat her (Vers 13‑21) und die Plagen durch die zwei Zeugen (Kap. 11, 5-6). Hernach folgt die siebente Posaune (Kap. 11, 15) mit dem dritten «Wehe». Das Schrecklichste aller Schrecken ereignet sich hier, nämlich das Dahingeben der Erde und die Anbetung des Tieres (Kap. 13). Wir beachten nun das erste «Wehe».
Der vom Himmel gefallene Stern (Vers 1). Der Stern war schon auf die Erde gefallen, als Johannes ihn sah (Lk 10,18; Jes 14,12). Bei diesem Stern haben wir nicht, wie bei der dritten Posaune, an ein Meteor zu denken, sondern an eine dem Satan ähnliche gefallene Engelgröße. So wie es in der Hierarchie der nicht gefallenen Engel Fürstentümer und Gewalten gibt (Kol 1,16; 2,10; Eph 1,21; 3,10), so auch in dem organisierten Reich der Finsternis (Jud 6; Kol 1,15; Eph 6,12). Das über den Stern Ausgesagte kann nur ein Wesen und nicht ein toter Körper sein; denn der Stern unternimmt Handlungen. Er erhält einen Schlüssel und schließt den Abgrund auf; steht mit den Geistern im Abgrund in Verbindung und ist ihr Führer. Das Erscheinen dieses Sternes bringt unsagbares Elend über die Menschen, die sich dem Satan ausgeliefert haben und nun ernten, was sie gesät haben.
Der Name des Engels aus dem Abgrund. Auf hebräisch heißt er «Abaddon» und auf griechisch «Apollyon», d. h. Grundverderber. Damit ist sein furchtbarer Charakter gekennzeichnet. Dass er gerade in diesen zwei Sprachen erwähnt wird, lässt uns erkennen, wie sehr er die gottlosen Juden und die abgefallene Christenheit zugleich verderben wird.
Die Wohnstätte dieses Engels. Es ist der Abgrund, die Stätte der Dämonen (Lk 8,31). Auch in Kap. 11, 7 und 17, 8 wird der Abgrund erwähnt, und zwar in Verbindung mit dem Tier und in Kap. 20, 1-3 in Verbindung mit dem Drachen. Nach Kap. 11, 7 kommt das Tier aus dem Abgrund, aber nach Kap. 13, 1 steigt es aus dem Meer empor. Die Erklärung haben wir wohl in Lk 8,28-31 zu suchen. Jene Dämonen baten den Herrn, Er möge sie nicht in den Abgrund schicken, ihnen vielmehr erlauben, in die Säue zu fahren. Offenbar stürzten sich die Säue wider Erwarten ins Meer und ertranken ‑ also kamen die Dämonen doch in den Abgrund. So sieht auch Johannes das Tier aus dem Abgrund steigen, in Wirklichkeit aber steigt es aus dem Meer empor. Die Bewohner des Abgrundes sind jene verführerischen Geister, von denen Paulus im Blick auf die Endzeit spricht (1Tim 4. 1). Sie sind jene Geister, die der Herr in Seinen Tagen oft ausgetrieben hat (Mt 12,43-45; 15,22; Lk 4,35; 9,42). An dem Beispiel von Lk 8,26-36 erkennen wir, wie sehr diese losgelassenen Geister die Menschen dereinst quälen werden.
Die Macht des Abgrundengels. Ihm wurde der Schlüssel
gegeben; er besaß ihn also nicht zuvor. Schlüsselgewalt hat allein der
Herr (Kap. 1, 18; Mt 16,19). Bis dahin war dem Engel diese Macht
entzogen, ihm aber jetzt zum Gericht verliehen von Gott. Er öffnet den
Schlund, und ein Rauch steigt auf aus dem Schlund wie der Rauch aus
einem großen Ofen. Wir haben es hier jedenfalls mit demjenigen Teil des
Erdinnern zu tun, der nach Auflösung der jetzigen Erde der «Feuersee»
genannt wird (Kap. 21, 8; 19, 20; 20, 14), welches der zweite Tod ist.
Das war auch das Element, in welchem Sodom begraben wurde (
Die Untertanen des Abgrundengels. Außergewöhnliche Wesen, Heuschrecken, kommen aus dem Rauch des Schlundes in solcher Unmenge hervor, dass sie die Sonne verfinstern. Auch die ägyptischen Heuschrecken waren keine gewöhnlichen, denn es heißt, dass dergleichen nie zuvor gewesen noch hinfort sein werden (2. Mose 10,14). Gewöhnliche Heuschrecken haben keinen König (Spr 30,27). Beachten wir noch einige Einzelheiten.
I h r A u s s e h e n (Vers 7-11). Ihre außerordentliche Gestalt von Pferd, Mensch, Löwe und Skorpion beweist, dass sie übernatürliche Wesen sind. Man könnte sie «Cherubim der Hölle, nennen; denn die CherubimLebewesen haben auch vier Angesichter. Diese Heuschrecken gleichen höllischen Kriegsheeren, und da sie Kronen tragen, sind sie Sieger. Weil sie Finsternismächte sind, vermögen die Menschen nicht, sich gegen sie zu wehren, sondern müssen sich dauernd von ihnen plagen lassen.
I h r V e r s t a n d . Sie sind Wesen mit Intelligenz, denn sie nehmen Befehle entgegen und führen sie auch aus. Ihr Unterscheidungsvermögen erlaubt ihnen, die von Gott Versiegelten zu erkennen und sie auf Grund dieser Versiegelung nicht anzutasten (Vers 4).
I h r e T ä t i g k e i t. Sie besteht lediglich darin, die nicht von Gott versiegelten Menschen zu quälen. Sie fressen weder Gras noch Grünes wie die gewöhnlichen Heuschrecken.
I h r e L e b e n s d a u e r . Die Tage der Heuschrecken sind sonst fünf Monate, und auch diese Unwesen quälen die Menschen während fünf Monaten. Die Leiden und Schmerzen werden so unerträglich sein, dass die Menschen den Tod suchen, ihn aber nicht finden werden.
Das Vorrecht der Versiegelten (Vers 4). Gott hat noch immer gewusst, Sein Volk zu bewahren. Und wie die Dämonen dem Herrn während Seines Erdenlebens untertänig sein mussten, so sind sie es auch hier. Sie dürfen das Volk Gottes nicht antasten, es steht unter Gottes Schutz. Es geht hier ähnlich wie einst in Ägypten, da Israel von gewissen Plagen verschont blieb (2. Mose 8,22; 9,4; 10,23). Hier bewahrt der Herr eine Schar von hundertundvierundvierzigtausend, die treu in Seinem Dienste steht und das Evangelium des Reiches verkündigt (Mt 24,14). Und so wie Gott Seine Knechte vor der Wut der Isebel bewahrte und David vor allen Anfeindungen Sauls schützte, so behütet Er die Seinen auch in der Endzeit.