Ich stehe vor der Tür und klopfe an
(Kap. 3, 20)
V o r der Tür der Gemeinde zu Laodizäa musste der Herr vorlieb nehmen. Der vor uns liegende Text wird in den meisten Fällen als Evangelisationsthema behandelt, was wir auch hier angebracht finden. In Wirklichkeit stellt dieses Wort aber den tief traurigen Zustand der bekennenden Christenheit dar. Sie hat keinen Christus, sie hat Ihn vor die Tür gestellt. Da steht Er nun und klopft an, bittet den einzelnen, Ihm aufzutun.
Der anklopfende Herr. «Siehe, ich stehe vor der Tür.» Mit dem Wort «Siehe» will der Herr die Aufmerksamkeit des Sünders auf sich, den Anklopfenden, richten. Wir sehen nun:
S e i n e P e r s o n . Am Anfang des Schreibens an Laodizäa tritt der Herr als der treue und wahrhaftige Zeuge, der Anfang der Schöpfung Gottes auf. Damit ist alles gesagt und Seiner Person der erste Platz eingeräumt. Der Höchste steht vor der Tür des Geringsten und bittet um Einlass. Dies bedeutet weit mehr, als wenn ein König vor der Tür eines Bettlers stehen würde.
S e i n e L i e b e . «Welchen ich liebe, züchtige ich.» Beachten wir, daß der Herr hier gerade Seine Liebe betont, da doch von der Liebe zu Ihm keine Rede mehr ist. Sein Anklopfen ist nichts als Liebe. Er kann nicht weitergehen; Er möchte so gern beim Sünder einkehren und ihn an Seinen Busen drücken, wie einst der Vater den verlorenen Sohn. In Seiner Liebe klopft er durch Seine täglich dargereichten Wohltaten am Herzen der Menschen an (Ps 103,2), dann klopft Er an durch S e i n e n G e i s t und überführt die Menschen von Sünde, Gerechtigkeit und Gericht (Joh 16,8), und nicht zuletzt klopft Er immer wieder und wieder durch Güte oder Strenge an (Röm 2,4).
S e i n e G e d u 1 d . Sein Stehen und Warten beweisen uns die Ausdauer und Langmut, die der Herr hat. Er eilt nicht schnell davon. Wie überwältigend, dass Er so lange auf den Sünder warten kann. Bei vielen klopft Er schon im Kindesalter an, bei manchen auch etwas später; hier klopft Er am Abend an, denn Er redet vom Abendmahl. So lange hat Er geklopft, bis es Abend geworden ist. Tue Ihm auf, ehe Er weiter geht!
S e i n e H e r k u n f t. Es ist ein wesentlicher Unterschied, ob jemand vom gleichen Ort oder aus weiter Ferne gekommen ist und anklopft. Im nächsten Vers redet der Herr vom Thron, von wo Er gekommen ist (Lk 19,10).
Die Tür, an der Er anklopft. Hier ist die Rede von einer Tür und damit indirekt auch von einem Haus. In 2Kor 5,1 ist unser Leib mit einem Haus verglichen, desgleichen auch in 1Kor 6,19. Die Tür zum Haus ist gleichsam unser Ohr (Vers 22). Hier ist aber ein verschlossenes Haus, ein verschlossenes Ohr. Unglaublich, aber dennoch wahr, dass unser Herz gegen Gott verschlossen ist. Verschlossen durch:
U n w i s s e n h e i t . Wie Laodizäa kennt der Sünder den Anklopfenden gar nicht, weiß nichts von Seinen liebevollen Absichten; noch weniger kennt der Sünder sich selbst, sonst hätte er den Herrn, der reich macht, längst in seine tiefe Armut und in sein Elend eingelassen. Satan, der jetzige Herr des Hauses, belügt ihn und verblendet seine Sinne (2Kor 4,4).
U n g l a u b e. Der Sünder glaubt weder dem treuen und wahrhaftigen Zeugen, noch glaubt er dem Zeugnis der Heiligen Schrift. Dazu halten andere das Haus besetzt. Satan, die Welt und ihre Lust halten Festfeier darin. Das Herz ist mit böser Lust erfüllt. Doch bedenke, der Herr steht vor der Tür und klopft an. Weißt du, wie lange noch? Misstraue Ihm nicht länger, lass den Heiland ein solange es Heute heißt; denn die Schrift kennt kein Morgen.
Die Absieht des Anklopfenden. Sie tritt klar hervor, wenn wir die große Verheißung lesen, die der Herr gibt. Zu unserem Wohl und Nutzen will Er einkehren. Was bringt Er denn?
V e r g e b u n g . In Vers 19 redet der Herr von Bußetun. Es ist also Sünde im Herzen vorhanden, diese möchte Er beseitigen, Friede und Ruhe geben (Mt 11,28) und etwas ganz Neues schaffen (2Kor 5,17).
G e m e i n s c h a f t. Er will mit dir das Abendbrot essen und sich dir offenbaren wie einst den Emmausjüngern beim Abendessen (Lk 24). Bedenke, dass es Abend werden will und der Anklopfende bald weiter gehen könnte.
E r q u i c k u n g . Der Herr will nicht nur mit dir, sondern du sollst auch mit Ihm essen. Auf Seinem reich gedeckten Tisch stehen Brot, Wein, Milch, Honig und starke Speise (1Pet 2,2; Mt 4,4; 1Kor 3,2; Ps 119,103).
G r o ß e E h r e . «Ich werde ihn auf meinen Thron setzen und auf den Thron meines Vaters.» Der Thron redet von Herrschaft. Den armen Sünder, den Er fähig gemacht hat zum Erbteil, erhebt Er nun gar noch auf Seinen Thron.
Die Bedingungen, die der Anklopfende stellt. Sie sind so leicht, dass alle sie erfüllen können. Worin bestehen sie?
Seine Stimme hören. Am Hören selbst fehlt es wahrlich nicht, denn wir
hören so viel. Sein Ruf ist in mannigfacher Weise an uns ergangen. Es
fehlt am Wollen, am Gehorsam. «Ihr wollt nicht zu mir kommen, klagte der
Herr (Joh 5,40). Aber «höret ihn», so rief einst jene Stimme vom
Himmel (Mt 17,5). Nun ruft der Heilige Geist und sagt: «Heute, so
ihr Seine Stimme höret, verstocket eure Herzen nicht» (
D i e T ü r ö f f n e n . Täglich öffnen wir Anklopfenden die Tür, doch ist es nicht immer der Höchste, der um Einlaß bittet. Unzählige Male steht der verkleidete Betrüger, Satan, vor der Tür, und ihm wird aufgetan.
B u ß e t u n . Ach, und wie nötig ist sie ‑ nicht nur der vielen Sünden der Vergangenheit wegen, sondern vielmehr, weil du den oft anklopfenden Herrn der Herrlichkeit so lange vor der Tür warten ließest.