Was Ephesus uns sagt
(Kap. 2, 5)
Dieser Vers 5 enthält einen Teil der Worte des Herrn an die Gemeinde zu Ephesus, jener Gemeinde, die einige Jahrzehnte zuvor durch den Dienst des Apostels Paulus entstanden war (Apg 18,19-21; 20,16-38). Der Epheserbrief mit seinen tiefen und herrlichen Wahrheiten lässt uns den anfänglichen Stand der dortigen Gemeinde erkennen. Und würden wir nur die Verse 2-3 lesen, müssten wir sie, wenn nur äußerlich betrachtet, selbst in den Tagen des Johannes noch eine Mustergemeinde nennen. Doch wie ganz anders wird sie in diesem Sendschreiben geschildert! Der Herr, der Augen hat wie eine Feuerflamme und die Tiefen ergründet, muss mahnend den Finger erheben mit den Worten: «Gedenke, wovon du gefallen bist.» Straucheln und Fallen war von jeher die Wesenseigenschaft des Menschen. Der Herr aber sah unsern hoffnungslosen Zustand und kam, das Verlorene zu retten (Lk 19,10). Unser Text soll ein Wort an Gefallene sein.
Der Fall. Für den Gläubigen heißt Fallen: den Boden unter den Füßen verlieren, Abweichen vom Herrn. Wir wollen hier aber nicht nur bei Ephesus stehen bleiben, sondern uns ganz allgemein mit diesem Gegenstand befassen.
Fallen im Sinne dieses Sendschreibens will sagen, dem Herrn den Rücken kehren, sich hinwenden zur einstigen Sünde und Schuld (vgl. Ps 37 mit Ps 51). Fallen will sagen, das Herz, das mit Liebe zum Herrn und mit Eifer für Seine Sache, mit Friede, Freude und Heiligkeit erfüllt war, wieder an die nichtigen Dinge dieser trügerischen Welt zu hängen.
Das Fallen bei Ephesus hatte seinen Ursprung tief im Herzen; im Aufgeben der Gemeinschaft mit dem Herrn, in der Folge Entfremdung, Entfernung, Verlassen der ersten Liebe, die ehedem ihr A und O (Anfang und Ende) war. Da, wo einst Werke des Glaubens und der Bemühung der Liebe und des Ausharrens der Hoffnung auf unseren Herrn Jesus Christus waren, ist wiederum das Ich-Leben eingekehrt ‑ tote Formen und Gebräuche sind an Stelle des Gebetslebens getreten. Einst wanderte man mit dem Haufen hinauf zum Hause des Herrn, nun aber geht es hinab auf abschüssiger Bahn, fällt unter die Räuber wie jener Mann, der von Jerusalem (dem Ort der Anbetung) nach Jericho (dem Ort des schlechten Wassers und der Unfruchtbarkeit (2Kön 2,19) hinabging. Loblieder und heiliger Eifer sind ebenso verklungen wie Israels Gesänge in Babylon. Satan jubiliert über einen solchen Herzenszustand, der Herr aber trauert voll Erbarmen (Hos 11,8).
Fallen ist bedenklich. «Gedenke, wovon du gefallen bist.» Der Ausdruck «gefallen» bedeutet in der Regel einen tiefen Schmerz. Er bedeutet für den inwendigen Menschen, was ein schwerer Unfall für den Leib ist. Welch ein Schmerz für Eltern, wenn ihr Kind gefallen ist. Was ist aber dieser Schmerz im Vergleich zu demjenigen, den unser Herr ob einem Seiner erkalteten Kinder empfindet. Wer hat so viel an ein Kind gewandt, es so ununterbrochen von Herzen geliebt wie Er? Hat Er nicht das Recht, zu fragen: «Womit habe ich solch undankbares, unwürdiges Verhalten von seiten meines so teuer erkauften und geliebten Kindes verdient?
Des Herrn tiefer Schmerz. Ein wehmütiges Empfinden erfüllt Sein Herz. Das Erkalten der Epheser bewegt den Herrn um so mehr, als Er ihre einst glühende Liebe zu Ihm kannte, die (wie die Galater für Paulus) das Beste für Ihn gegeben hätte (Gal 4,15). Damals war ihnen kein Liebesopfer zu groß, keine Mühe zu viel, keine Hingabe zu innig, alles war bei ihnen wie eine einzige Herzensglut. Jetzt aber ist Er von ihnen in die Ecke gestellt. Er aber bleibt derselbe, liebt die Seinen bis ans Ende, den ganzen Tag hält Er Seine Arme ausgebreitet für sie. Er sehnt sich trotz allem nach den Erkalteten und ruft sie:
Zur Umkehr. Stehe einmal still'. Kehre im Geiste zum
Anfang zurück und vergleiche ihn mit dem Jetzt. Sag', wann
warst du glücklicher? Die Sünde betrüg[ und verblendet den Menschen (2Sam 12,1-7; Heb 3,7-14; Off 3,17). Ehre, Ansehen und Reichtum
dieser Welt sind Seifenblasen, die in nichts aufgehen. Der auf Abwege
Geratene muss aber erst die Tiefen seines Falles, sein Fliehen aus Jesu
Liebesarmen erkennen, um sich von der Tragweite seines Abirrens volle
Rechenschaft geben zu können. Denk daran, wie kindlich freudig du deinen
Gott anriefest, wie du nur für Ihn warst und Er für dich, wie du Sein
Wort über alles liebtest und alles andere für Kot erachtetest (
Tue Buße. Fallen ist furchtbar, aber in der Sünde verharren ist noch schrecklicher (Jer 2,19). Bedenke, was dein Abweichen dem Herrn, Seiner Gemeinde und dir selber eingebracht hat. Lies sorgfältig und demütig Ps 51, bekenne deine Sünde vor Gott und beuge dich, wie David es tat. Gott wird dich wieder herstellen. Kehr' heim, wie der verlorene Sohn! Im Vaterhaus erwarten dich nicht Schläge, sondern ein herrliches Kleid, ein reich gedeckter Tisch, einstige Fröhlichkeit (Lk 15). Es mag dir schwer scheinen, umzukehren; Satan hemmt und hindert auf alle erdenkliche Weise, aber brich durch, tue Buße.
Tue die ersten Werke. Das Leben des Gläubigen ist ein Leben voll guter Werke, zu ,jedem Dienst bereit. Tritt wiederum ganz auf des Herrn Seite und bekenne Ihn als den Sündenträger vor der Welt. Schenke Ihm aufs neue deine ganze Zuneigung und weihe dich Ihm.
Eine ernste Zurechtweisung. Gott ist nicht allein ein Gott der Liebe, Er ist auch ein Gott der Zucht. Der Herr sagt: «Wenn nicht, so komme ich.» Wie überaus schwerwiegend sind diese Worte (Lk 20,16; Off 22,12). Wohl ist Er langmütig und barmherzig, doch die Zeit zur Umkehr läuft ab, und du stehst in Gefahr, nackend vor dem Herrn erfunden zu werden.
«Und werde deinen Leuchter aus seiner Stelle wegnehmen» (Kap. 1, 12. 20). Ich nehme dir das einst empfangene Licht. Dein Einfluss schwindet, dein Salz wird dumm. Bitter hat sich diese Tatsache an Ephesus zu unserer Belehrung erfüllt. Heute hat leider eine gottwidrige Kirche die blühende Gemeinde zu Ephesus abgelöst.
(Aus Ährenlese)