Behandelter Abschnitt Phil 4,18-18
Gesegnete Anteilnahme (Phil 4,14-18)
Eben hat der Apostel das bekannte Wort ausgesprochen: „Ich vermag alles durch den, der mich kräftigt, Christus“. Nun fährt er fort und zeigt, dass seine Genüge in Christo ist und nicht im Erwarten irdischer Güter von seiten der Mitgläubigen. In Freud und Leid, in Tagen der Fülle und in Notzeiten, in Freiheit und in Gefangenschaft, ja, in allem sehen wir, wie gelassen und geborgen der Mensch ist, der seine Ruhe in Christo gefunden hat. Wer Christus hat, besitzt alles und durch Ihn vermag er alles. Das lebt uns Paulus auch hier vor.
I. Die schweren Umstände.
Die Härten, die den Apostel umgaben und seine ungewisse Zukunft, kennen wir zur Genüge. Aber Paulus erlahmte nicht! Warum nicht? Er hatte ja Christus. Ob er mit diesem Alleinbegehrenswerten sonnige oder stürmische Tage durchlebte, blieb sich für ihn gleich, denn seine Sehnsucht war nicht Behaglichkeit, sondern Christus. Mit Asaph wird er gesagt haben: „Wenn ich nur Dich habe, so frage ich nichts nach Himmel und Erde“. Paulus sprach von seiner Drangsal und freute sich über die Teilnahme der Philipper, aber er klagte nicht in Trübsalen, sondern rühmte seinen Herrn der ihn durch alles hindurchtrug. Die Drangsale scheinen in diesem Falle mehr materieller Art gewesen zu sein. Paulus konnte nicht, wie an anderen Orten, mit seinen eigenen Händen wirken (Apg 20,34), um so mehr wusste er auch, dass der Herr ihm zur rechten Stunde das Nötige senden werde. Wie schön ist es, wenn Gläubige in der Stunde der Not allein mit der Hilfe des Herrn und nicht mit dem Beistand der Mitgläubigen rechnen.
II. Das gediegene Beispiel der Philipper.
Sie hatten der Not des Apostels gedacht, und Paulus sagt dazu: „Ihr habt wohl getan, dass ihr an meiner Drangsal teilgenommen habt“. Dabei zählten die Philipper zu jenen armen Mazedoniern, von denen Paulus in 2Kor 8 schreibt, dass sie aus tiefer Armut heraus, über Vermögen geopfert hatten. Sie erkannten trotz ihrer Armut ihre Schuld, sowohl dem Werk des Herrn, als auch dem Diener Paulus gegenüber, der des Evangeliums wegen in Not geraten war. Zudem waren die Philipper die einzigen, die sich an diesem gesegneten Dienst beteiligten, während andere Gemeinden keinen Anteil an des Apostel schwerer Lage nahmen, obwohl sie ihm so viel zu verdanken hatten. Viele vergessen die Brüder, die ihnen den Weg zu Christo zeigten, gar schnell. Aber auch hier muss an das Wort erinnert werden: „Was ihr nicht getan habt einem dieser Meiner geringsten Brüder, das habt ihr Mir auch nicht getan“. Die Philipper ließen sich durch die Nachlässigkeit anderer Gemeinden nicht beeinträchtigen, im Gegenteil, sie taten um so mehr. Sie standen in ihrer Wohltätigkeit allein da. Etliche warten darauf zu sehen, was die andern tun und fassen je nachdem ihren Entschluss, aber das ist nicht vom Geiste Gottes gewirkt. Aus Dankbarkeit zum Apostel und in Anbetracht seiner Notlage vergaßen die Philipper ihre eigene Notdurft und wiederholten ihre Wohltätigkeit. Sie verfolgten mit heißem Interesse die Sache des Herrn und nahmen nach Möglichkeit Anteil daran. Haben wir alle erkannt, dass wir auch Schuldner am Werk des Herrn sind? Und was tun wir, diese unsere Schuld zu begleichen? Zu sagen: „Ich bin selbst arm“, ist keine Entschuldigung. Man denke nur an jene arme Frau, die ihre ganze Habe in den Gotteskasten geworfen hatte und an das Lob, das der Herr ihr spendete.
III. Die beachtenswerte Haltung des Apostels.
Nicht selten wird Paulus gerade im Gefängnis in Bedrängnis gewesen sein, wenn es galt, sowohl seine eigenen Bedürfnisse, als auch die der Brüder, die bei ihm waren, zu decken, ohne dass er auf ein bestimmtes Einkommen hätte zurückgreifen können. Da waren ferner die Kosten des gemieteten Hauses, die Rechnung für die Wache, die ihn ständig umgab und anderes mehr. Aber Paulus blickte in all diesen Angelegenheiten nicht auf die Gemeinden, denen er so viel gedient und oft sein Leben für sie aufs Spiel gesetzt hatte. Er klagte auch nicht über ihre Undankbarkeit, sondern er rechnete mit der Durchhilfe seines Herrn, der ihn in den Dienst gerufen hatte. Und doch schaute Paulus nach etwas aus! Nach der Frucht (Vers 17)! Er dachte also zunächst nicht an sich, noch an seine Bedürfnisse, sondern an die Frucht, die an jenem Tag überströmend sei für die Rechnung seiner Mitgläubigen. Der arbeitende Landmann erwartet Frucht, und wie enttäuscht wäre er, wenn sie ausbliebe! Wie arm wäre die Welt durch den Ausfall! - Müssten nicht viele Menschen verhungern? Und muss nicht Gott hart enttäuscht sein, wenn Er so viel an uns gewandt hat, und die erwartete Frucht ausbleibt? Wie werden wir uns entschuldigen, wenn wir dereinst vor dem Herrn stehen werden? Werden wir uns nicht tief schämen müssen? Holen wir doch eilends nach, was noch nachzuholen ist. Schlagen wir folgende Stellen auf, dann bekommen wir bald einen Einblick in das, was Gott erwartet (Mt 7,20; 21,19,43; Lk 3,8, 9; 13,7; Joh 15,2; Röm 6,22; Phil 1,11; Jak 3,17). Man denke an Israel, das der Herr mit dem Feigenbaum vergleicht, an dem Er Frucht suchte, aber keine fand. Desgleichen erwartete auch Paulus eine Ernte. Und wie ist es mit unserem Fruchttragen? Was wird der Herr der Ernte für Früchte an uns finden?
IV. Wie Paulus die Gabe der Philipper einschätzte.
Sechserlei hebt er hervor:
1. Als erstes nennt er sie, wie wir bereits sahen „Frucht“, die den Herrn und ihn erquickt.
2. Dann sieht er die Philipper im Geiste am Tage Christi, wie sie vor dem Richterstuhl stehen, und die auf Erden, für den Himmel gesammelten Gaben, dort wiederfinden.
3. Er bezeichnet die Gabe als „duftenden Wohlgeruch“. Ob der Apostel hier an das Opfer Noahs, oder an die Salbung von Maria denkt, die beide als wohlriechender Duft geschildert werden, wissen wir nicht. Auf alle Fälle ist deine, meine und jede Gabe, die Gottes Volk seinem Gott darbringt, wie ein Wohlgeruch für Gott.
4. Weiter bezeichnet der Apostel die Gabe als „ein angenehmes Opfer“. Von Natur ist der Mensch selbstsüchtig, doch wenn er sich wirklich Gott hingegeben hat, so hat er dem Herrn auch seinen Besitz geweiht. Opfern will sagen, auf lebensnotwendige Dinge um des Herrn willen verzichten. So wollte David dem Herrn nichts opfern, das ihn nichts kostete, sonst wäre das ja kein Opfer gewesen.
5. „Gott wohlgefällig.“ Sollen unsere Werke und Gaben dem Herrn gefallen, so müssen sie im Glauben für Jesus getan werden.
6. „ein Angeld reicher Segnungen.“ Gott wird den Gläubigen in jeder Lage beistehen und jede Notdurft erfüllen (Vers 19).
V. Das fröhliche Bekenntnis des Apostels.
Paulus ist in seiner schweren Lage keineswegs unglücklich oder gar missgestimmt, sondern er sagt: „Ich habe alles, ich habe Überfluss“. Wer im Herrn seine volle Genüge gefunden hat, ist inmitten von Armut reich und zufrieden. Wer noch große Gelüste nach den Dingen dieser Welt hegt, beweist damit, wie wenig Christi Gesinnung in ihm vorhanden ist. Die Hauptsache für den Apostel war, Christus zu haben und in Ihm erfunden zu werden. Wenn das unser Streben ist, werden auch wir fröhlich bekennen: „Ich habe alles in Fülle, ich habe Überfluss. Ich weiß sowohl erniedrigt zu sein, als ich weiß Überfluss zu haben; in jedem und in allem bin ich unterwiesen.“