Behandelter Abschnitt Phil 4,11-12
Ich habe gelernt (Phil 4,11-12)
Jeder, der andere belehren will, muss erst selbst gelernt haben. Das war auch der Weg des Apostels. Hier bekennt er, dass er die Reifeprüfung hinter sich hatte; denn er sagt: „Ich habe gelernt“. Wie eine Maria, saß auch Paulus zu den Füßen Jesu und erwählte das gute Teil. Und mit welchem Resultat? Viererlei nennt er hier, das er gelernt hat und drückt es mit den Worten aus: „Ich habe gelernt niedrig und hoch zu sein, ich bin unterwiesen satt und hungrig zu sein, ich vermag alles“. Sein höchstes Wissen bestand darin, Christus zu kennen. Der Apostel war also in der besten Schule und lernte Dinge, die man nur in der „Hochschule Gottes“ lernen kann. Durch Christum werden uns die Geheimnisse Gottes offenbar. Sind wir auch auf der Schule? Oder laufen wir draus, wenn uns Lektionen zu schwer werden?
I. Wo hatte Paulus gelernt?
Bei dem von Gott gekommenen Lehrer, Jesus (Joh 3,2). Zu den Füßen dessen, der gesagt hat: „Lernet von mir“ (5. Mose 33,3; Mt 11,29). Einst saß derselbe Schüler Saulus zu den Füßen Gamaliels, als er Weltweisheit lernte, die ihm später oft recht nützlicht war. Gute Schulung ist auch ein Vorrecht und nicht zu unterschätzen, aber wehe dem, der sich „Diener Gottes“ nennt und nicht noch täglich in der Schule Gottes sitzt. Nur hier und hier allein lernen wir das Gott Wohlgefällige. Nur auf diesem Wege können wir jene höchste aller Auszeichnungen bekommen, die der fleißigen Schülerin Maria von Bethanien wurde: „Sie hat getan was sie tun konnte“. Religiöse Einrichtungen und Komitees bewerten ihre Kandidaten meistens nur nach allgemeinem oder speziellem Wissen, nach Erfolg und Ertrag; doch nur zu oft erwachsen daraus Selbstzufriedenheit und Geringschätzung anderer. Anders verhält es sich mit denen, die zu Jesu Füßen lernten und noch immer lernen; sie verkünden und praktizieren Seine Tugenden, Seine Sanftmut, Demut, Liebe und Hingabe. Der Prophet weissagt sogar vom Herrn selbst, dass Er sich ständig belehren ließ (Jes 50,4) und Lukas sagt, dass Er zunahm an Weisheit usw. Jesu Schulzimmer war die Stille vor dem Vater in Wüsteneien, auf Bergen und andern entlegenen Orten. Sieht man uns auch viel in der Zurückgezogenheit?
II. Was hatte Paulus hier gelernt?
Verschiedenes zählt er auf:
1. Genügsamkeit (Phil 4,11). Nichts ist hässlicher als Habgier und nichts schöner als Genügsamkeit. Gierigen Menschen sehen wir lieber auf den Rücken als ins Angesicht. Genügsame Menschen hingegen gehen uns immer zu bald fort. Ja, selbst das Schönste in der Welt, „die Gottseligkeit“, ist nicht zuletzt gerade der Genügsamkeit wegen so schön (1Tim 6,6).
2. Niedrig zu sein. Gott wiedersteht den Hochmütigen, den Demütigen aber gibt Er Gnade. Die Stolzen erniedrigt Er, aber die Niedrigen erhöht Gott. Mögen wir alle dieses stets vor Augen und im Herzen haben. Der größte aller Menschensöhne, Jesus, der Sohn des Menschen, kam um zu dienen; und gerade das machte Ihn, den Niedrigsten, zum Größten aller. Der Erniedrigungsweg war für den einst so stolzen Pharisäer, Saulus, recht mühsam. Fest entschlossen, ohne jedes Murren, betritt er, wie Sein Herr, jenen Leidenspfad: „Sehet, wir gehen hinauf nach Jerusalem“. Paulus ist bereit, der Auskehricht der Welt zu sein. Freiwillig und ohne zu zögern geht er diesen Demütigungsweg bis in den Märtyrertod.
3. Hoch zu sein (Vers 12). Es ist gewiss nicht leicht, zu lernen niedrig zu sein, aber lernen hoch zu sein ist im gewissen Sinne noch schwerer und gefährlicher. Wenn man von einem Schemel fällt, so ist das doch bei weitem nicht so gefährlich, wie wenn man von einer hohen Leiter stürzt. In der Schule des Lehrers, der von Gott gekommen ist, Jesus, und zu Seinen Füßen sitzend, lernt man beides, niedrig zu sein ohne zu versinken und hoch zu sein ohne zu stürzen. Paulus war ein von Gott geehrtes Werkzeug. Sein Dienst war reich gesegnet, dadurch wird er gewiss manches Lob von Menschen geerntet haben. Seine reichen Segnungen und Erfolge machten ihn aber nicht hochgesinnt, vielmehr gab er Gott die Ehre und nahm keinen Ruhm für sich.
4. Überfluss zu haben, satt zu sein. Gelegentlich gibt Gott Seinen Knechten mehr als sie brauchen. Fragen wir dann auch wie Paulus: „Herr, was willst Du, dass ich tun soll?“ Armut zu ertragen ist leichter als anvertraute Güter recht zu verwalten. Paulus könnte die Fülle haben, ohne sich gehen zu lassen. Manche ergießen sich im Genuss, wenn sie zu Geld kommen. Das tat Paulus nicht, noch wird das irgendein geisterfülltes Gotteskind tun. Es haben viel mehr Gläubige im Reichtum Schiffbruch gelitten, als in tiefer Armut. Paulus war sowohl im Überfluss, als auch in der Armut immer derselbe. Haben wir das auch so? -
5. Mangel zu leiden. Der Apostel war oft in dringendster Not. Hunger, Durst, Kälte und Obdachlosigkeit waren jeweils sein Los. Jede Lage nahm der Apostel jedoch aus Gottes Hand, und allen seinen Mitarbeitern war er ein Vorbild (Röm 9,35; 1Kor 4,9; 2Kor 4,8; 6,4). Und was die Gläubigen sonst erdulden, das lesen wir besonders im zweiten Teil von Heb 11. Gott hatte schon Seinen geehrten Diener Elias knapp gehalten. Er gab ihm nur seine tägliche Ration, und das sowohl am Bache Krith als auch im Hause der Witwe. Wahre Gottesknechte schwelgen nicht in Üppigkeit noch klagen sie in Notdurft (Lk 22,33). Man könnte den Apostel fast mit der Taschenuhr vergleichen, die lustig ihr Ticktack hören lässt und pünktlich weiterläuft, ganz gleich, wie und wo sie liegt.
III. Der große Schüler.
1. Paulus war ein williger Schüler, der nicht, wie etliche, nur gewisse Lieblingsfächer studierte, sondern bereit war, die schwersten Lektionen willig zu lernen.
2. Wie hießen seine Lehrer? Seine Hauptlehrer waren der Herr und der Heilige Geist. Der Herr sagt: „Lernet von mir“ und vom Heiligen Geist wird gesagt, da“ Er uns alles lehrt. Paulus lernte aber auch durch schwere Verhältnisse, von Freund und Feind.
3. Des Apostels Schulstube war das tägliche Leben. Hier lernte er mit den Verfolgten Schmach tragen und mit andern heilige Hände aufheben. Hier galt es auch, Mitarbeiter zu ertragen, die oft anders dachten wie er, etwa wie Barnabas und Markus, von denen er sich sogar trennte (Apg 15).
4. Die Lehrmittel des Apostels. In seinem Brief an Timotheus bittet er diesen, die Bücher mitzubringen, besonders die Pergamente. Letztere waren Gottes Wort, alttestamentliche Bücher. Bei aller Arbeit fand Paulus Zeit zum Lesen, besonders aber, das Wort zu studieren. Diesen Rat gab er auch seinem geliebten Timotheus. Im Wort lernen wir die Weisheit von oben mit ihren herrlichen Wirkungen, die rein, friedsam, gelinde, voll Barmherzigkeit und guter Früchte ist (Jak 3,17).
5. Paulus hat das Examen bestanden. Er kann sagen: „In allen Dingen erweisen wir uns als Christi Diener“. Er weiß sogar, dass er am Tage Christi die höchste Auszeichnung erhalten wird, nämlich die Krone. Lasst auch uns so fleißig in Jesu Schule gehen, die Bibel benützen, damit auch wir an jenem Tage vom Herrn ausgezeichnet werden.