Der größte Gewinn (Phil 3,8)
Soeben durchblätterte ich eine bekannte Schweizer Zeitung und fand darin unter anderem nicht weniger als acht Lotterien angezeigt, die mit ihren großen, verfänglichen Gewinnzahlen Reklame machten. Ach, die vielen angehängten Nullen! Sie sind letzen Endes wirklich nicht mehr als Nullen für die weitaus größte Zahl derer, die Lose kaufen. Und, was hülfe es dem Menschen, wenn er die ganze Welt gewönne, aber seine Seele einbüßte? Als Diener Gottes wollen wir doch immer wieder neu versuchen, der Nichtigkeit des zeitlichen Gewinnes gegenüber, den wahren Gewinn „Christus“ allen Mitmenschen vor die Augen zu stellen. Da ich nun gerade eine Lotterie erwähnt habe, so soll uns eine solche als Vergleich dienen in bezug auf den größten Gewinn. Eine Lotterie erfordert einen Einsatz und bietet Gewinn oder Verlust.
I. Der Einsatz.
Wie viele suchen, wenn ihnen Lotterielose angeboten werden, ihr letztes Geld zusammen, kaufen ein Los und leben in der Hoffnung, einen möglichst großen Gewinn zu erlangen. Der Feldherr setzt sein ganzes Heer ein, in der Erwartung, einen Sieg zu erreichen. Der Erfinder wendet alle Mittel an, seine Errungenschaft an den Mann zu bringen, um, wenn möglich, einen großen Gewinn zu erzielen. Ein Sprichwort sagt: „Wer nichts wagt, gewinnt nichts“. Wer aber Christus gewinnen will, geht kein Wagnis ein. Ihn haben ist lauter Gewinn! Der große Unterschied zwischen irdischem und himmlischem Gewinn ist der, dass der Mensch, um den letztern zu erhalten, nichts einsetzen muss; da heißt es: „Frei und umsonst!“. Ja, sogar noch den erforderlichen Preis zur Deckung all unserer Schuld hat der Herr selbst im voraus bezahlt; doch nicht mit Gold und Silber, sondern mit unendlich viel mehr, mit Seinem kostbaren Blut (1Pet 1,19). Und dennoch nennt Paulus einen Einsatz. Welchen denn? Seine eigene Gerechtigkeit, seine Tugenden und seine hergebrachte Frömmigkeit, die allesamt nichts taugen; er achtet diese Dinge um der Vortrefflichkeit Jesu Christi willen für Kot, und legt sie unter dem Kreuze nieder.
Dazu sagt die Schrift, dass wir diesen Gewinn (Christus) so eifrig suchen sollen, wie jenes Weib den Groschen suchte (Lk 15); und alles drangeben, um den Preis zu erlangen (1Kor 9,24 ff.) und zu erkennen, dass alles andere eitel ist und ein Haschen nach Wind (Pred 1). Jeder ahme darin den großen und weisen Moses nach (Heb 11,25-26). Leser, versäume die Zeit und die Möglichkeit nicht, noch heute Christus zu gewinnen, wenn du es noch nicht getan hast. Wenn du Ihn dein eigen nennen kannst, ist dir jetzt und ewiglich geholfen. Heute ist der Tag des Heils, heute die angenehme Zeit, heute gewinnst du das große Los. Mit David sagst du dann: „Das Los ist mir gefallen aufs lieblichste“ (Ps 16,6).
II. Der Gewinn.
Der Käufer eines Loses der himmlischen Lotterie trägt den unvergleichlich größten, realsten und wertvollsten Gewinn davon, nämlich:
1. Vergebung der Sünden. In Jesus hat jeder Kommende Vergebung der Sünden durch Sein Blut (Eph 1,7; Apg 10,43). Einen so reichen Gewinn hat nur der Herr als Inhaber der Erde und des Himmels, als Machthaber über Leben und Tod, als sühnendes Opferlamm, zu vergeben. Größeres als Sündenvergebung gibt es nicht!
2. Annahme bei Gott. Wer Christus aufgenommen hat, ist sicher, dass er bei Gott angenommen und nun Sein Kind ist (Joh 1,12). Stehe still und denke nur für einen Augenblick nach, was das heißt, ein Gotteskind zu sein, ein Kind des ewigen, allmächtigen, allweisen und großen Gottes und Vaters!
3. Göttliche Gerechtigkeit. Paulus denkt
nicht mehr an seine eigene Gerechtigkeit (Vers 9), sondern nur an die,
die vor Gott gilt. Mit aller Kraft hatte er einst die gesetzliche
Gerechtigkeit erstrebt (Vers 6); doch bei allem Abmühen kam er zu keiner
Ruhe. Mit der Gerechtigkeit aus dem Gesetz ist es eine merkwürdige
Sache; je mehr der Mensch sie erstrebt, desto entfernter sieht er sich
von Gott. Je genauer er es mit dem Gesetz nimmt, desto unzufriedener
wird er; je heiliger er werden will, desto unheiliger kommt er sich vor.
Mit der persönlichen Annahme Christi aber fallen die Lumpen einer
eigenen Gerechtigkeit weg und wir besitzen durch den Glauben fortan das
weiße Kleid der Gerechtigkeit Christi, die vor Gott gilt (
4. Friede und Freude im Heiligen Geist. Diesen weiteren kostbaren Gewinn können wir nur dann so recht schätzen, wenn es um uns her tobt und stürmt. Wir haben Frieden mit Gott; denn Er ist unser Friede (Eph 2,14), und wie Maria haben wir das gute Teil erwählt (Lk 10,42). Der Friede Gottes ist tief wie ein Strom, Weinen und Klagen kennt man nicht mehr!
5. Anteil am göttlichen Erbe. Sind wir Kinder, so sind wir auch Erben (Röm 8,17). Durch Jesum haben wir Zutritt zu den Reichtümern Seines Hauses (Heb 10,19). Auch uns gilt, was der reiche Vater zum verlorenen Sohn in Lk 15 sagte: „Alles was mein ist, das ist dein“. Wer kann das ermessen? Hier lohnt es sich wirklich, einen Einsatz zu machen, ja, alles einzusetzen, wie es Paulus tat.
6. Die größten Verheißungen (
7. Ewiges Leben und Gleichheit mit Christo. Die Welt hat nichts Ebenbürtiges. Sie kennt kein ewiges Leben, wie der an Christus Glaubende (Joh 3,36). Dazu werden wir Ihm bald gleich sein (1Joh 3,1.2). Kann es höheres geben?
III. Der Verlust
Nach Lotterieziehungen gibt es lange, bange und enttäuschte Gesichter! Nichts gewonnen, nur verloren! - Der materielle Schaden ist jedoch nur gering und kann verschmerzt werden. Nicht so ist es, wenn jemand das Heil in Christo verscherzt. Das ist ewiger Verlust, da wir lesen: „Wer den Sohn nicht hat, der hat das Leben nicht, sondern der Zorn Gottes bleibt auf ihm“ (Joh 3,36). Christus nicht gewinnen, heißt, ohne Gott und ohne Hoffnung sein (Eph 2,12). Ihn nicht haben, heißt alles - und selbst seine Seele verlieren (Mt 16,26). Deshalb ermahnen wir die Menschen, Buße zu tun, damit sie Christus gewinnen.
Die höchste Erkenntnis (Phil 3,8)
Was uns Paulus in Vers 8 sagt, dürfen wir nicht so flüchtig übergehen, sondern wir müssen noch einige weitere Blicke auf den Gegenstand werfen. Paulus schreibt von der Erkenntnis Christi Jesu. Es ist immer lehrreich, wenn wir biblische Ausdrücke zurückverfolgen bis zu ihrem ersten Vorkommen. Das Wort „erkennen“ finden wir zum ersten Male in 1. Mose 4,1, dort steht geschrieben: „Adam erkannte sein Weib“. Die Folge war die Geburt Kains. Wir sehen daraus, dass Erkenntnis Leben bewirkt. Paulus hatte Christus erkannt und die Folge war neues, übersprudelndes Leben. Der Apostel sah bei Tag und bei Nacht nur Christus, Seine Liebe, Größe und Schönheit. Für diese Erkenntnis opferte er alles. Manche von uns können wohl einiges drangeben und gelangen darum zu einer gewissen Erkenntnis, wie der der Sündenvergebung und Kindschaft, aber nie zu der Erkenntnis, von der hier der Apostel redet. Warum nicht? Sie geben nicht alles dran (Mk 10,21). Bei Paulus sehen wir so recht, was die Bereitschaft, alles für Jesus zu opfern, bewirkt. Er wurde dadurch der größte Gottesmann aller Zeiten.
I. Der Gegenstand dieser Erkenntnis.
Er heißt "Jesus Christus". Diese Erkenntnis kann nicht, wie andere, durch Bücher gewonnen werden; denn sie ist die Offenbarung des Heiligen Geistes, der sich zwar auch eines Buches, nämlich der Heiligen Schrift, bedient.
Diese Erkenntnis Christi ist sehr vielseitig:
a) Ihn zu erkennen als Gottes- und Menschensohn, als unsern Retter von Sündenschuld und Sündenmacht und vom kommenden Zorn Gottes.
b) Zu erkennen, dass Er von Gott zum König, Priester und Propheten gesalbt wurde, und nun als der große Hohepriester über das Haus Gottes droben weilt und als Fürsprecher für uns vor Gott eintritt, wenn uns Satan verklagt. Paulus aber hatte, wie das seine Briefe zeigen, noch weit Größeres in Christo erkannt. Er sah Ihn im Glauben mit Ehre und Herrlichkeit gekrönt auf dem Thron des Vaters, und erkannte Ihn im Geiste als den Wiederkommenden. Und es war ihm oft so, als höre er mit seinem inneren Ohr die Posaune Gottes in die Gräber dringen, die mit Macht die Leiber der in Christo Entschlafenen aus dem Tode auferweckt und auch die lebenden Gläubigen verwandelt. Paulus sah den Herrn weiter als den, der die Völker richtet und sie wie Töpfergefäße zerschmeißt, und der einst als König der Könige von Pol zu Pol herrschen wird. Paulus wusste, dass in Christus, in welchem die ganze Fülle der Gottheit wohnt, noch unendlich viel mehr zu erforschen sei (1Joh 5,20; Off 3,7). Er will den ganzen Christus, und das, was uns durch Seine Fleischwerdung wurde, erkennen (1Kor 1,30). Er will nur noch in Einem aufgehen, in Christus, und in Ihm erfunden werden.
II. Wieso ist diese Erkenntnis so groß?
Paulus hatte erkannt und aus der Schrift erfahren, dass die
Erkenntnis Christi die allein begehrenswerte ist, und dass die Besten,
die je lebten, sich nach dieser Erkenntnis austrecken. Nach ihr schaute
schon ein Abraham aus und verließ ihretwegen alles (Joh 8,56;
Väter aus und wünschten sie bald zu sehen (1Pet 1,10-11; Lk 10,23-24). Schon David sann bei Tag und Nacht über sie nach (Ps 119).
Auch Engel begehrten sie und gelüsteten nach ihr (1Pet 1,12; 2. Mose 37,9). Mit Macht und Jubel verkündigten sie das fleischgewordene
Wort „Christus“ in dieser Welt (Lk 2,9 ff.). Paulus wusste, durch die
Erkenntnis Christi sehen und erkennen wir zugleich den Vater und Seine
Herrlichkeit (Joh 14,7; Kol 1,15; Heb 1,3; 2Kor 4,6). Durch
sie sind wir Teilhaber Seiner göttlichen Natur (
III. Der Herr selbst ist der Erhabene.
Darum ist auch die Erkenntnis Seiner Person so groß. In all dem Geschaffenen ist noch Unreines (Hiob 15,15), aber in Ihm nur Herrliches, Gottwohlgefälliges. Er ist erhaben über alle Himmel. Alles was Gotteskinder besitzen, ist nur durch Ihn und durch Sein Werk am Kreuz. In Ihm sind die Seinen vollkommen, ohne Fehler und Runzeln. Paulus wusste, dass der Sohn Gottes, Jesus, Herr über alles ist; vor dem sich, wie einst vor Josef, alle Garben neigen. Engel beugen sich vor Ihm nieder, Heilige im Himmel beten Ihn an (Off 5). Ja, selbst seine Feinde müssen sich endlich demütig zu Seinen Füßen niederwerfen. So groß ist Er (Ps 110)! Es gefiel dem Vater, dass in Ihm die ganze Fülle wohnen sollte. Ja, mit Paulus rufen wir aus: „O, welch eine Tiefe des Reichtums“ (Röm 11,33-36)!
IV. Der Gott dieser Welt hat der Menschen Sinn verblendet.
Das sagte einst Paulus und es hat sich bis heute bestätigt. Oft gelang es Satan, auch Gottes Volk zu blenden. Manche von uns trachten nach dem, was auf Erden und nicht nach dem, was im Himmel ist. Wir stehen mehr oder weniger abseits von der von Paulus so begehrten Erkenntnis Christi Jesu und Seiner Offenbarung. Ohne göttliche Kraft und ohne durchschlagendes Zeugnis vor der Welt, müssen wir leider unsern Mangel zugeben und bedauern. Wir wirken und streben für unsre eigenen Familien, anstatt für den Herrn und vergessen dabei, wie oft es den Kindern nur zum Schaden gereicht. Dagegen ist die Gottseligkeit zu allen Dingen nütze. Halten wir doch unsern Familien, unsern Mit- und Nebenmenschen den einen wahren Reichtum als den begehrenswertesten und bleibendsten vor Augen. Legen wir doch endlich einen festen Grund (Heb 6,1) und lassen wir das Wort Christi unter uns reichlich wohnen (Kol 3,16; Joh 5,39; 5. Mose 6,6-9). Schließen wir uns fest an die an, die uns diese Erkenntnis übermitteln (Heb 10,25; Spr 13,20; 15,7), und lassen wir uns nicht länger vom Gott dieser Welt betrügen. Folgen und dienen wir fortan unserm Herrn Jesus Christus, alle Tage unseres Lebens (Lk 1,74-75).