Behandelter Abschnitt Apg 16,16-24
Die Geschichte einer Wahrsagerin
Hier begegnen wir schon zum dritten Male Wahrsagern in der Apostelgeschichte. Vorher waren es zwei Männer: Simon der Zauberer (Apg 8) und Elymas, der durch seine Zaubereien dem Apostel Paulus widerstand (Apg 13). Diesmal ist es eine Magd, ein von einem Dämon besessenes spiritistisches Medium. Das dunkle Geschäft Satans, die Zauberei, hat zu allen Zeiten reichen Zuspruch gefunden und ist in unserer sogenannten aufgeklärten Zeit besonders verbreitet. Was wollen die Inserate über Astrologie und Horoskopie in unseren Zeitungen sagen? Haben nicht Kartenlegen, Okkulte, d. h. Geheimwissenschaften, Freimaurerei, schwarze und weiße Magie, Aberglaube, Pendel, Rute, Sympathiekunst, Zauberheilung (6. und 7. Buch Mose), Fernheilkunst und Spiritismus einen seltenen Höhepunkt erreicht? Und dies alles in unserer sogenannten Christenheit. Eine Schande! All dieser furchtbare Betrug Satans wird seinen Gipfelpunkt im falschen Propheten der letzten Tage finden. Dieses Werkzeug Satans wird durch seine Zeichen und Wunder die von Gott abgefallene Menschheit zur restlosen Anbetung des Teufels führen. Je näher wir dem Ende entgegengehen, um so mehr werden sich Aberglaube und Zauberei breit machen. Hüten wir uns als Kinder Gottes vor solchen satanischen Machenschaften, ja verabscheuen wir sie! Doch kommen wir zu unserem Gegenstand zurück.
Auf dem Wege zum Gebet (Vers 16). Die Apostel gingen zur Gebetsstunde, Gott um Segnungen anzurufen. Auf diesem Wege kam ihnen der Geist aus dem Abgrund in Gestalt einer Wahrsagerin entgegen. Wo der Name des Herrn angerufen wird, schleicht sich auch der Teufel mit seinen Helfershelfern ein. (Davon zeugt diese Geschichte.)
Die Wahrsagerin unseres Textes. Wer war sie? Eine Magd oder Sklavin der Männer, denen sie diente. Sie hatte einen Wahrsagergeist, d. h. einen Dämon, welchen Paulus aber im Namen Jesu austrieb. Möchten doch alle, die Zuflucht zu Wahrsagern nehmen, bedenken, dass es der Geist aus dem Abgrund ist, der durch Wahrsager spricht und Rat erteilt. Kein Wunder, dass Gott die Zauberei so streng verbietet und Zauberer getötet werden mussten (3. Mose 19,31; 20,6 und 5. Mose 18,9-11).
Was tat sie? Sie wird vielen Leuten angeblich geholfen haben. Dem Armen verhieß sie Reichtum, dem Reichen Erfolg, andern versprach sie eine herrliche Zukunft. Dem Bauer besprach sie das kranke Vieh und es wurde gesund. Ja, diese Menschen können wirklich allerlei! Es ist nicht alles Hokus‑pokus, wie manche im Scherz meinen; nein, es ist eine Wirklichkeit dahinter, aber die Wirkenden sind die Dämonen. Viele sind durch diese finsteren Mächte schon von schweren Übeln befreit worden, auch Diebe wurden auf diesem Wege ausfindig gemacht. Und wer sucht in der Regel an diesen Orten Rat? Sind es nicht Menschen wie Saul, von denen Gott gewichen ist und die jetzt ihre Hilfe buchstäblich bei Satan suchen.
Was sie dabei erwarb. Viel Geld. Das ist natürlich die Hauptsache für den Wahrsager. Der Gewinn, den diese Magd einbrachte, gehörte in diesem Falle den Männern, deren Sklavin sie war. Durch ihre Habsucht und Geldgier standen sie genau so unter dem Banne Satans wie ihr Medium. Ja, dies verhängnisvolle Gewinnsucht! Die meisten Menschen kranken an ihr ‑, sie befriedigt aber keinen. Und was für scheußliche Mittel dienen ihrem Zweck!
Ein Engel des Lichts. Als solcher tritt Satan mit Vorliebe auf. Hier bediente er sich dieser Magd, um dem Volke zu sagen: die Apostel seien Knechte Gottes des Allerhöchsten, die den Weg des Heils verkündigen. Was die Wahrsagerin sagte, war durchaus wahr. Aber Satan benützte diese Wahrheit nur, um sein eigenes Werk unter diesem frommen Deckmantel ungehindert weitertreiben zu können. Schon in den Tagen Jesu bekannten Dämonen den Herrn als Sohn Gottes, was Pharisäer und Schriftgelehrte niemals gelten lassen wollten (Mt 8,29; Mk 1,24; Lk 4,41). Der Herr wies jedoch das Zeugnis der Dämonen stets zurück und trieb sie aus den geplagten Menschen aus, in denen sie ihre Behausung gefunden hatten. Trotz aller List Satans betrügt ihn doch seine eigene Arbeit, wie diese Begebenheit zeigt.
Satans Absicht war, das Werk Gottes auf geschickte Art zu hindern. Bis dahin waren die Apostel still ihren Weg gegangen. Nun wurde aber durch das lästige tägliche Geschrei der Magd die öffentliche Ruhe gestört. Zum andern forderte der Dämon die Apostel heraus. Paulus hatte offenbar den Betrug nicht sofort erkannt. Erst nach einigen Tagen durchschaute er die finstere Macht, die hinter diesem lärmenden Zeugnis steckte, und trieb daraufhin den Dämon aus. Ohne Verzug setzte nun ein offener Kampf gegen die Apostel ein, denn der Gewinn durch die Wahrsagerei war nun dahin.
Ein großer Sieg. Die Wahrsagerin bediente sich des Namens Gottes, wie dies ja gewöhnlich bei Wahrsagern der Fall ist. Nicht das war für die Apostel die gefährlichste Stunde, als sie mit Ruten geschlagen und ins Gefängnis geworfen wurden, sondern als Satan hinterlistig versuchte eine Allianz mit ihnen zu machen. Aber Gott stand seinen Knechten mächtig bei. Der Dämon musste weichen und der Name Jesu wurde verherrlicht. Die geplagte Magd war frei. Die Öffentlichkeit erkannte den Betrug und der Weg für das Evangelium stand offen.
Ein Racheakt Satans. Die Apostel hatten die List des Feindes durchschaut und damit einen neuen großen Sieg des Evangeliums davongetragen. Doch Satan rächte sich nun gewaltig. Wer in sein Reich eingreift, muss seine Vergeltung gewärtigen. Er rückte mit immer schwereren Geschützen auf. Aus einer Magd wurden etliche Hei Herren, aus den Herren eine Stadt, und aus der Stadt ein feindseliges Volk. Aber Jesus bleibt doch Sieger auf der ganzen Linie, wenn auch Satan scheinbar die erste Runde gewann.
Als die Männer sahen, dass ihr Gewinn dahin war, wiegelten sie die Volksmenge auf, schleppten die Apostel vor die Magistraten der Stadt und verklagten sie. Die Anklage richtete sich:
Gegen ihre Nationalität. «Diese Menschen, welche Juden sind.» Die Verkläger wussten genau, dass die Juden sehr verhasst waren, und sie deshalb sowohl die Vorsteher als auch den Pöbel auf ihrer Seite hatten. Gestern nannte man die Apostel „Knechte Gottes des Höchsten“ und heute nur noch „Juden“. So schnell wechselt die Gunst bei den Menschen.
Gegen ihre Lehre. „Sie verwirren ganz und gar unsere Stadt und verkündigen Gebräuche, die uns nicht erlaubt sind anzunehmen, noch auszuüben da wir Römer sind.“ Indem die Apostel gegen die Götzen redeten, griffen sie zugleich Rom an, das voller Götzen war. Es war eigentlich ein hohes Lob, das den Aposteln gespendet wurde, indem ihre Ankläger behaupteten, dass sie die ganze Stadt verwirrten. Das Evangelium feierte also große Siege.
Ein schweres Erlebnis. Auf die verleumderische Anklage hin brach ein furchtbarer Sturm los. Satan schafft entweder Allianzen oder Sturmangriffe. Ohne jedes Verhör rissen die Grobiane den Aposteln die Kleider vom Leib, schlugen sie erbarmungslos und warfen sie ins Gefängnis. Diese Erfahrung gehört zweifellos zu jenen in z. Kor. 11, 25, die Paulus auch bald darauf in Thessalonich machte (1Thes 2,2). Die Entblößung der Apostel war eine gemeine, ungerechte Entwürdigung ihrer Person und die Schläge verursachten ihnen geradezu unerträgliche Schmerzen. Schließlich warf man sie in den Stock (Ps 105,18). Der Befehl «sie sicher zu verwahren», deutete auf noch schlimmere Absichten hin, vielleicht auf ihre Ermordung? In geradezu unerträglicher Lage mussten die Apostel mit blutigem Rücken im Gefängnis liegen. Aber über alledem wachte der allmächtige Gott, dem sie so ergeben dienten, und Er erfüllte ihre Herzen mit Lobgesang. So kann nur unser Gott segnen, trösten und erfreuen. Satan lässt die Kinder Gottes schlagen, Gott aber erfüllt sie mit überströmender Freude und braucht sie allenthalben als Seine Zeugen.