Behandelter Abschnitt Apg 8,1-5
Schwere Tage
Dieses Wort führt uns zum drittenmal an das Grab eines Gliedes der Gemeinde. Die zwei früher genannten Todesfälle von Ananias und Saphira sind höchst unrühmliche Gräber des Gerichtes. Der Sünde wegen wurden sie plötzlich und frühzeitig dahingerafft. Dieses dritte Grab aber ist das des Blutzeugen Stephanus, der als erster nach Seinem Herrn das Leben um des Glaubens willen lassen musste. Wiederum war es Jerusalem, das sich bei diesem Morde hervortat. Es tötete die, so zu ihm gesandt waren. Es machte das Maß der Sünde auf diese Weise voll und beschleunigte das Gericht über die ganze Stadt, welches im Jahre 70 n. Chr. Titus ausführte.
Eine neue Gestalt: Saulus von Tarsus (Vers 1). Das achte Kapitel redet von verschiedenen Personen. Da sind der treue Knecht Philippus, der heuchlerische Simon, die Apostel Petrus und Johannes und der Kämmerer. Besonders aber fesselt Saulus von Tarsus unsere Aufmerksamkeit, da er fortan in der Apostelgeschichte in den Vordergrund tritt und sie beherrscht. Schon in Kapitel 7, 57 wurde sein Name genannt. Dort als Kleiderhüter und hier als einer, der Wohlgefallen am Tode des Stephanus hatte. Saulus meinte Stephanus und die andern Gläubigen mit Recht hassen zu müssen und war überzeugt, Gott damit einen Dienst zu leisten. Saulus ahnte nicht, dass das, was er den Gläubigen antat, ihm bald selbst widerfahren sollte.
Schwere Tage (Vers 1). Der Auftakt dazu war die Steinigung des Stephanus. Nun brach die vierte Verfolgung über die Gemeinde zu Jerusalem herein. Diese Drangsalszeiten hatte der Herr vorausgesagt (Joh 16,1-3). Die Gläubigen wurden von Haus und Besitz vertrieben, aber ihre Freude am Herrn war so groß, dass sie den Raub ihrer Güter mit Freuden erduldeten (Heb 10,32-34). In dieser schweren Verfolgung zeichnete sich Saulus besonders aus (Kapitel 22, 19-20; 26, 10-11; 1Kor 15,9; Gal 1,13; 1Tim 1,13). Und gleich wie Verfolgung das Los der Heiligen in Jerusalem damals war, so war es durch all die Jahrhunderte hindurch.
Die Gemeinde zu Jerusalem. Dieser kleine Satz aus Vers 1 ist sehr vielsagend. Die Gemeinde zu Jerusalem ist jenes herrliche Bild wahrer Gemeinschaft mit Gott und untereinander (Kapitel 2, 42 f.), an äußerem Wachstum fehlte es nicht, denn der Herr tat täglich hinzu, und innerlich war die Gemeinde stark, denn sie hatte allen Sauerteig ausgefegt und war zubereitet, eine große Missionsgemeinde zu werden. Der Tod des Stephanus bewirkte eine große Entscheidung und brachte einen Wendepunkt im Werdegang der Gemeinde, denn nicht mehr Jerusalem, sondern andere Städte sollten fortan die Hauptzentren der Tätigkeit der Gemeinde des Herrn werden.
Die Beerdigung des Stephanus (Vers 2). „Gottesfürchtige Männer aber bestatteten Stephanus.“ Es waren fromme Juden, die aber noch nicht jesusgläubig waren (Apg 2,5), sonst würden sie Jünger genannt. Die Jünger werden der schrecklichen Steinigung kaum beigewohnt haben. Hätten sie wohl zuschauen können, als ihr geliebter Bruder umgebracht wurde?
Sie stellten eine große Klage an. Das war ganz nach alttestamentlicher Sitte. Christen, die eine lebendige Hoffnung haben, fühlen den Trennungsschmerz zwar auch, trösten aber einander mit ihrer Hoffnung (1Thes 4,18).
Ein grausamer Wolf (Vers 5). Saulus war aus dem Stamme Benjamin. Jakob nannte Benjamin einst einen reißenden Wolf (l. Mose 49, 27), und hier sehen wir ihn an seinem Werk. Groß war seine Verfolgungswut. Er hatte Blut der Schafe Christi geschmeckt und dadurch war sein Blutdurst aufs höchste gestiegen. Er ging deshalb gründlich zu Werke, indem er alle Häuser nach Schafen Jesu Christi durchsuchte. Rücksicht kannte Saulus nicht; er band Männer und Frauen und riss Mütter von ihren Kindern weg. Kurz, alle, die dieses Weges waren, schleppte er davon und wusste nicht, dass er gleichsam den Augapfel des Herrn antastete, der gesagt hatte: «Sie sind mein. So zerriss und zerstreute Saulus, der Wolf aus Benjamin, die Herde Jesu Christi. Später musste Paulus mit tiefem Schmerz bekennen, dass er die Gläubigen in Gefängnisse überliefert habe (Apg 26,10).
Die Zerstreuten (Vers 4). Die große Verfolgung war jedoch kein Hindernis für die Ausbreitung des Evangeliums, im Gegenteil! So wacker wie die Gemeinde in sonnigen Tagen gezeugt hatte, wirkte sie auch in Sturmzeiten. Die klare, bestimmte Rede eines abgelehnten Stephanus hatte sie mit besonderem Mut erfüllt. Wie eine unaufhaltsame Flut schritt das Evangelium fort. Als die Feinde am Leuchter rüttelten, vergossen sie, bildlich gesprochen, das Öl, das nun überall hell brannte. „Der Grimm des Menschen muss Ihn preisen“ (Psalm 76,10). Hierin sehen wir Gottes eigenartige Wege mit den Seinen (Röm 8,28). So arbeitete die Gemeinde unter allen Umständen und ließ sich durch gar nichts aufhalten. Träge Gemeinden haben nur den Namen, dass sie leben. Gleichgültigsein in der Evangeliumsverkündigung wird auch nicht durch die Ansicht, „es sei jetzt nicht mehr die Zeit zum Evangelisieren“, gerechtfertigt. Der Befehl, Seine Zeugen zu sein, ist ein bleibender.