Behandelter Abschnitt Apg 4,13-22
In größter Verlegenheit
An eine so mutige Antwort, wie sie der Rat von den Aposteln erhielt, hatte niemand gedacht. Die Furchtlosigkeit Petri hatte tiefen Eindruck hinterlassen. Großer Mut hat stets Bewunderung hervorgerufen. Man denke an Abraham, der mit seinem kleinen Häuflein Hausgeborener in den Krieg zog, den Feind überwand, reiche Beute machte und alle Gefangenen zurückbrachte (1. Mose 14). Wie wird ein Pharao über Moses gestaunt haben, der die Wut des Königs nicht fürchtete, sondern treu wie Petrus vom Herrn zeugte. Alle Bibelleser kennen auch die Heldentaten des jungen David, der einen Löwen, einen Bären, ja, sogar den Riesen Goliath erschlug. Welch großer Segen folgte diesen mutigen Taten! Da großer Glaubensmut so reiche Früchte zeitigt, sollten wir uns alle vielmehr darnach ausstrecken.
Eine herrliche Entdeckung (Vers 13). Der Rat erkannte, dass die Jünger mit Jesus gewesen waren; denn sie verhielten sich wie der Herr, als Er selber vor dem Synedrium stand. Das Geheimnis der Kraft für den Gläubigen liegt darin, dass er Gemeinschaft mit Jesus pflegt. Der Umgang mit dem Herrn gestaltet die Seinen um und bewirkt göttliche Gesinnung in Treue, Hingabe, Eifer, Mut, Geduld und Nachsicht in schwierigen Lagen und Tagen. Und obgleich die Jünger damals ganz persönlich mit dem Herrn verkehren und von Ihm lernen konnten, so haben die Gläubigen heute nicht weniger Gelegenheit bei Jesus zu sein, sagt Er doch: „Bleibet in mir“ (Joh 15,4). Verharret im Gebet, wie ihr das bei mir gesehen habt und pflegt Umgang mit dem Vater! Als Mose mit Gott allein war, sah Israel in der Folge sein glänzendes Angesicht, das vom „Mit‑dem‑Herrn‑sein“ zeugte.
Bleiben in Seinem Wort (Joh 15,7). Wort und Taten Gottes sind unzertrennlich. Der Herr sagt: „Ich tue allezeit was meinem Vater wohlgefällt.“ Seine Speise war das Wort und der Wille des Vaters. Sein Wort ist Geist und Leben. Im Wort bleiben heißt: ununterbrochen mit Jesus, dem fleischgewordenen Wort, sein (Joh 1,1). Von Apollos lesen wir, dass er mächtig im Wort war (Apg 18,24). Unsere Mitmenschen, die das Wort nicht lesen, sollen durch unser Zeugnis in Wort und Tat den Herrn kennen lernen. „Bleibet in meiner Liebe“ (Joh 15,9). In Seiner Liebe bleiben heißt: Jesu Liebe widerstrahlen. Gläubige, die göttlich lieben, geben ihrer Umgebung bald zu merken, dass sie mit Jesus waren. Da lebt nicht mehr das Ich, sondern Christus, der die Liebe ist; man ist mit Christo gestorben und auch auferstanden mit Ihm. Die Liebe Christi ist reichlich ausgegossen in die Herzen der Kinder Gottes.
Eine Geheimsitzung (Vers 15). Der erstaunte Rat hieß die drei Männer aus der Ratsversammlung abtreten, während sie sich fragten: < Was sollen wir mit diesen Leuten tun?» Wären die Ratsherren ehrlich gewesen und hätten sie dem Geiste Gottes gehorcht, so wäre die Frage bald gelöst gewesen. Dann hätten sie, wie viele ihrer Brüder, an Jesus geglaubt und Buße getan. Aber gerade das wollten sie nicht, sie waren zu stolz, zuzugeben, dass sie sich in der Verwerfung Christi geirrt hatten. Dennoch mussten sie etwas tun, da die Heilung des Lahmen unleugbar und allen in Jerusalem bekannt geworden war. Am liebsten hätten sie das Wunder ebenso gern ungeschehen gemacht, wie Christi Auferstehung; doch wussten sie, dass ihnen dies so wenig gelungen wäre, wie ihnen die Leugnung der Auferstehung des Herrn gelang. So kamen sie zu dem Resultat:
Dass es unweise wäre, die Apostel zu bestrafen. Sie hätten die Jünger für die Wohltat am Lahmen doch eher belohnen sollen! Dazu wussten sie, dass das Volk für die Heilung des Lahmen Gott die Ehre gab.
Dass die Apostel hinfort nicht mehr von Jesus zeugen sollten. Allerdings hätten sie eher den Lauf eines Stromes aufhalten können, als das Zeugnis der Apostel zum Stillstand bringen.
Ein nutzloses Redeverbot. Die Apostel erschienen nochmals vor dem Rat, um den Ratsbeschluss entgegenzunehmen. Der Befehl lautete: nicht mehr vom Herrn Jesus reden! Satan wollte den Aposteln den Mund verschließen, worauf sie nur mit einem entschiedenen „Nein“ antworteten. Der große Irrtum des Rates sollte durch das Schweigen der Jünger zugedeckt werden. Die Kirchengeschichte zeigt deutlich, dass eine geistliche Bewegung weder durch Verbote noch durch Strafen eingedämmt werden kann. Obwohl später Paulus gefangen war, zeugte er dennoch; denn das Evangelium ist nicht gebunden.
Eine eindeutige Antwort. Die Antwort der Apostel war klar und entschieden. Sie hatten so wenig Zeit zum Überlegen, wie jene drei Männer vor Nebukadnezar (Dan 3). Dennoch war ihre Antwort bestimmt und unzweideutig; hingegen blieb der Hohe Rat die Antwort auf die Gegenfrage der Apostel schuldig (Vers 19). Eine solche Gewissensfrage hatten sie nicht erwartet ‑: „Urteilt selber, ob es vor Gott recht ist, euch mehr zu gehorchen als Gott.“ Ihr wollt verbieten , aber Gott hat uns geboten (Mt 28,19; Mk 16,15; Lk 24,47-49; Apg 1,8). Für das Gewissen der Apostel gab es nur eine Möglichkeit, nämlich, zu zeugen. Eine Notwendigkeit lag ihnen ob (1Kor 9,16). Petrus wusste, dass sie schuldig wären, wenn sie schweigen würden, weil in keinem andern Heil ist (Hes 3,18-21). Außerdem trieb sie die Liebe Christi, ihre Brüder zu retten (2Kor 5,14). Wir wären undankbar, lieblos, ja, sogar schuldig, wenn wir schweigen würden. ‑Paulus sagte: „Wehe mir, wenn ich das Evangelium nicht verkündige.“
In neuer Verlegenheit (Vers 21). Der Rat brachte die Jünger nicht zum Schweigen, vielmehr umgekehrt, ‑ die Jünger brachten den Rat zum Verstummen. Seine Drohungen waren nutzlos. Tätlich gegen die Jünger zu werden, wie an ihrem Herrn, schien ihnen zu gefährlich zu sein; also mussten sie die Jünger ungestraft zu den Ihrigen zurückziehen lassen und der Rat selbst musste, ohne den geringsten Erfolg buchen zu können, heimkehren.