Behandelter Abschnitt Apg 1,12-26
Die Apostelwahl
Im Gehorsam hatten die Jünger den Ölberg verlassen und waren nach Jerusalem zurückgekehrt (Lk 24,52). Sie versammelten sich auf dem Söller, wo sie die Verheißung des Vaters erwarteten.
Die erste Gebetsstunde in der Apostelgeschichte. Die Jünger glaubten dem Wort des Herrn, kehrten zurück und gingen ins Gebet, durch welches ihnen der Herr den Heiligen Geist zugesichert hatte und ohne den sie niemals wahre Zeugen sein konnten. Gemeinsam verharrten sie im Gebet und erflehten die Kraft Gottes für ihren Zeugendienst. Die Gemeinde von heute rühmt sich vieler in die Augen der Welt fallenden Dinge, selten aber des stillen, verborgenen und eifrigen Gebetes. Deshalb ist sie vielfach so ohnmächtig. Die Kraft zu bekennen, festzustehen, zu leiden, zu opfern und ein Vorbild zu sein, will erfleht sein, weil diese Dinge nicht auf dem natürlichen Herzensboden wachsen, sondern nur durch das Wort und den Heiligen Geist gewirkt werden. Man konnte die ersten Gläubigen zwar hassen, schlagen, ja, selbst töten, aber ihnen nichts Böses nachsagen. Man fand nichts an ihnen, was der Streiche wert war. Die Befähigung zu solch musterhafter Nachfolge und treuem Dienst hatten sie nur durch das Erleben der Verheißung erhalten. Beachten wir diese Gebetsgemeinde etwas näher: a) 1 h r e Z a h 1. Es waren ihrer etwa hundertzwanzig Männer und Frauen. Auch die Mutter des Herrn und Seine Brüder waren dabei. Die Brüder, die früher nicht an Ihn glaubten (Joh 7,5), waren indessen auch gläubig geworden. Oft glauben die Unsrigen, für die wir viel gebetet haben, erst nach unserm Tode. Maria, die Mutter des Herrn, wird hier zum letzten Male genannt. Die Himmelfahrt der Maria, aus der die Römische Kirche einen Festtag macht, kennt die Schrift nicht, sie ist nur Legende. Maria wird, wie alle andern Heiligen aus den Toten auferstehen, wenn die Zeit dazu gekommen ist. Wie schmerzlich betroffen hätte sich Maria gefühlt, wenn sie gewusst hätte, dass sie später von einer abtrünnigen, toten Kirche abgöttisch verehrt werden würde. In der ersten Gemeinde trat sie in keiner Weise hervor. b) 1 h r G e b e t s o r t. Ein Söller! Wohl der gleiche, in welchem der Herr als der Auferstandene wiederholt in ihre Mitte getreten war (Joh 20,19,26). Ihre Zusammenkünfte fanden anfänglich meistens in Privathäusern statt (Lk 22,11; Röm 16,15; Apg 2,46; 20,8). c) Ihre Gebetsgegenstände: Die Apostelwahl und das Warten auf die Erfüllung der Verheißung des Vaters, den Heiligen Geist.
Die erste Handlung der Versammelten. Es war die Apostelwahl, von welcher wir einiges lernen wollen.
Die Wählenden. Nicht die Menschen, sondern der Herr war der Entscheidende in der Wahl (Vers 24). Höchst verwerflich sind religiöse Wahlen, bei welchen von Sympathien und Leidenschaft bewegte Gemüter wählen. Oft entscheidet Reichtum, Ansehen oder Redegewandtheit und vor allem die Mehrheit. Dazu besteht diese Mehrheit meistens aus geistlosen Personen, die keine Wiedergeburt erlebten und von vornherein unfähig sind, geistliche Dinge zu beurteilen. Das alles zeigt, wohin die Christenheit gekommen ist.
Die Ursache der Wahl. Petrus nennt sie in wenigen Sätzen von Vers 16 an und wir beachten, dass er mit Mäßigung und Zurückhaltung über die Tat und das Ende des Verräters sprach. Obwohl Petrus von seiner Verleugnung völlig wiederhergestellt war, so mag doch der Gedanke daran ihm solche Zurückhaltung auferlegt haben. Judas hatte den Ehrenplatz als Apostel der Geldliebe wegen verlassen. Nun musste sein leer gewordener Platz wieder besetzt werden. Nach außen schien Judas ein Heiliger zu sein, im Herzen hing er jedoch am Mammon, und dies bedeutete so viel wie Götzendienst (Kol 3,5; 1Kor 6,10).
Wie diese Wahl vollzogen wurde. Durch eifriges Gebet. Sie riefen den Herrn als den Allweisen, den Herzenskünder und als den alleinigen Leiter an (1Sam 16,7; Psalm 44,22). „ Zeige von diesen beiden den einen an, den Du erwählt hast.“ Sie flehten zu dem, der allein Gaben und Ämter austeilt (Eph 4,11).
Die Grundlage ihrer Wahl. Es war die Schrift. Man lese auch, wie Petrus in bezug auf Judas die Schrift anführte und hervorhob, dass ein anderer an dessen Stelle treten müsse.
Die erforderlichen Eigenschaften eines neu zu wählenden Apostels (Vers 21, 22). Er musste ein Augenzeuge des Lebens des Herrn sein, anfangend bei der Taufe des Johannes, bis zu Christi Himmelfahrt. Besonders wichtig war, dass der neugewählte Apostel die Auferstehung bezeugen konnte. Viele werden damals wie die Sadduzäer gesagt haben: dieser Jesus ist gestorben wie andere auch; dem aber traten die Apostel mit wuchtigen Beweisen seiner leibhaftigen Auferstehung entgegen.
Wie hinfällig, ja, geradezu betrügerisch ist jede heutige Apostelwahl. Dazu hat der Herr selbst vom Himmel bezeugt, dass diejenigen, die sich jetzt Apostel nennen, Lügner sind (Off 2,2). Damit ist auch der Betrug und schlimme Irrtum der sogenannten „Apostolischen Gemeinde“, die neben vielen andern Verirrungen, auch die ihrer Apostel biblisch rechtfertigen will, bloßgestellt. Ihre Apostel sind gewiss keine Augenzeugen der Auferstehung Christi gewesen. Wir heben nochmals die Verse 21 und 22 hervor. Der Dienst der Apostel und Propheten bestand im „Legen des Grundes“. Der Grund zum Hause Gottes ist aber längst gelegt worden. Unter anderem schreibt auch der Heidenapostel Paulus: „Ich, als ein weiser Baumeister, habe den Grund gelegt.“ Also der Grund i s t gelegt. Heute sind es nur Evangelisten, Hirten und Lehrer, die diesen Bau vollenden.
Das Ergebnis der Wahl. Das Los fiel auf Matthias.
Barsabas hatte der Herr zweifellos zu andern Diensten bestimmt, durch
welche er vielen zum Segen sein konnte. Manche Ausleger meinen zwar, die
Wahl des Matthias sei nicht nach den Gedanken des Herrn gewesen, weil Er
selbst später Paulus als Ersatz wählte. Uns scheint, diese Ausleger
beachten nicht genügend, dass die Zwölfe die Apostel der „Beschneidung“
genannt werden, Paulus dagegen, dieses auserwählte Rüstzeug, dazu
berufen war, den Namen des Herrn zu den „Nationen“ zu tragen (
Nebenbei sei noch das Loswerfen erwähnt. Auch das war für jene Versammelten ganz am Platz, denn bis Pfingsten standen sie noch unter dem Gesetz, welches das Los vorsah (3. Mose 16,8).
Zum Schluss sei nochmals auf die Einmütigkeit und das Ausharren der Gläubigen im Gebet hingewiesen. Es ist für Gottes Volk aller Zeiten vorbildlich. Und wie sehr sehnt sich unser Herr danach, diese Einmütigkeit unter Seinen Teuererkauften zu sehen. Der Herr fleht: „Heiliger Vater, bewahre sie in deinem Namen, die du mir gegeben hast, auf dass sie eins seien gleich wie wir“ (Joh 17; 1Pet 3,8-12; 1Joh 4,7-11). Besonderen Segnungen in der Gemeinde wird stets ein tiefer innerer Drang zu ernstem Gebet vorangehen.