Behandelter Abschnitt Mt 21,33-46
Die Weingärtner. Mt 21,33-46.
Gleichnis auf Gleichnis hatte der Herr zu Israel geredet und sie auf diese Weise belehrt. Die Ältesten verstanden bald, was der Herr ihnen damit sagen wollte, aber sie nahmen die Belehrung nicht an, im Gegenteil, sie wollten den Lehrer töten.
Kurz, klar und übersichtlich zeigt der Herr in dem Gleichnis "Israels Geschichte als Volk", von ihrer Erwählung bis zur Beiseitesetzung. Dabei dachte der Herr ohne Zweifel an Jes 5,1-7; Jer 2,31; Ps 80,6 usw. Alle diese Worte hatte Er selbst den Propheten eingegeben, und nun war Er gekommen, ihre Worte zu bestätigen. Der Herr zeigt, daß an dem Weinberg alles getan worden sei und, daß Er mit Recht Früchte erwarten durfte. Die Propheten, Seine Knechte, waren die Gesandten Gottes, um diese Früchte einzuernten, aber Israel verweigerte sie. Es gab in Israel Blütezeiten, hoffnungsvolle, fruchtversprechende Zeiten, man denke an die Tage Davids und Salomos und wiederum an die Tage kurz nach der Rückkehr aus der babylonischen Gefangenschaft. Betrachten wir nun einige Einzelheiten dieses Gleichnisses, und verfehlen wir ja nicht die eigene Anwendung.
I. Gottes große Absicht.
Gott hatte sich Israel erwählt und Fruchtbarkeit gegeben, damit es Sein Eigentumsvolk sei, ja sogar ein Königtum von Priestern. Man denke nur an den ursprünglichen Sproß, an Abraham, und dann an die Erlösung aus der Knechtschaft Ägyptens, sowie an Gottes einzigartige Fürsorge in der argen Wüste. Überall zeigt sich die große Liebesabsicht Gottes. Und so groß die Liebesabsichten mit Israel waren, so groß sind sie gegenwärtig mit Seiner Gemeinde und mit jedem einzelnen Menschen.
II. Des Menschen Verantwortung.
Israel war nur der Verwalter des Weinbergs und sollte das ihm Anvertraute für Gott und nicht für sich selbst ausnützen. Gott hatte den Weinberg gebaut, mit Edelreben bepflanzt und umzäunt. Hier sollten keine Füchse eindringen (Hld 2,15). Viel hätte der Weinberg tragen müssen; denn jede Voraussetzung dafür war gegeben (Joh 15,16). Unsere heutigen Vorrechte sind noch größer, als sie damals bei Israel waren. Und, wenn Israel wegen Untreue ins Gericht kam, wievielmehr du und ich, weil uns so viel anvertraut ist (Heb 2,3).
III. Des Herrn Forderung (Vers 34).
Israel sollte Gottes Zeuge an die Welt sein, ein abgesondertes,
heiliges Volk, - aber statt dessen wurde es der Gefangene der Welt
(Assyrien, Babylon). In Mk 12,3-5 ist die Rede von drei Perioden, da
Gott Seine Knechte zum Einsammeln der Früchte schickte. Hier sind wohl
drei besondere Zeiten in Israels Geschichte gemeint: a). ihre Wüstenwanderung, b) die Zeit im Lande Kanaan bis zur Wegführung, und c) die Zeit nach der Rückkehr. In all diesen Zeiten schickte Gott
mächtige Zeugen, aber Er muß klagen über deren Behandlung. Man lese nur
Neh 9,26; 1Kön 19,10; Röm 11,2-3; Apg 7,52. Und was antworten
wir auf Gottes Forderungen, bringen wir Ihm die ersehnte Frucht (
IV. Der letzte Bote.
Die Knechte waren getötet worden, und es blieb nur noch einer, "der Sohn". Der Vater sagte: "Gewiß werden sie diesen scheuen." Dazu sandte Er nicht den Sohn, um sie zu strafen, sondern nur um die Früchte zu holen. Die Ältesten des Volkes erkannten Ihn auch als von Gott gekommen (Joh 3,2); denn Seine Worte waren gewaltig (Mt 7,28-29), und überzeugend Seine großen Wunderwerke (Apg 2,22). Wer kann die Liebe dieses Sohnes, den Gott schickte, beschreiben, der bis zu Tränen gerührt, sie zur Buße leiten wollte; aber Israel widerstand. Durch diesen Seinen Sohn redet Er noch, und das Kreuz ist der Höhepunkt aller Liebe Gottes.
V. Israels Verbrechen.
Welchen Empfang bereitete Israel dem Erben? "Laßt uns Ihn töten" war
ihre Losung. Wie schrecklich! Ist das die Antwort auf Gottes Gabe,
Seinen Sohn der Liebe? Wir sahen, was Israel mit Ihm machte. Leser, was
machst du mit Ihm? Gott hat auch dir Leben wie einem Weinberg gegeben.
Wer Ihn und seine Ansprüche verwirft, der begeht dasselbe Verbrechen wie
Israel, und muß, wie sie, die Folgen davon tragen. Wer Ihn und Seine
Ansprüche verwirft, verschmäht Ihn und Sein allein rettendes Opfer;
solche haben nur noch Gericht zu erwarten (Heb 10,27). In der
Verwerfung des Sohnes und in der Wahl des Mörders Barabbas zeigte
Israel, was es war und wen es liebte. Und ach, wiederholt sich nicht
dieses gleiche grausame Verbrechen immer wieder? Solchen bleibt nur noch
eins übrig, nämlich das Erwarten des Feuereifers. Verwirf Ihn, Sein
Blut, Seine Liebe, und du tust das gleiche, das Israel tat (
VI. Die wohlverdiente Strafe (Vers 40).
Die Obersten selbst mußten bekennen, daß es nur recht sei, wenn diese Weingärtner umgebracht würden. Sie geben also selbst zu, was sie für ihre Haltung zum Sohne verdient haben. Und - die Strafe mußte kommen, jedoch wartete der Herr des Weinbergs zusehends, und wandte sich abermals in mächtigen Taten an Pfingsten an Sein Volk. Es schien, als trete eine Wendung ein, leider aber nur bei Einzelnen. Die Verantwortlichen Israels standen abseits und blieben die erbittertsten Feinde. Nicht mehr lange, - und die Strafe kam; der Herr vertrieb sie, nahm ihnen den Tempel, die Stadt und das ganze Land. Nach ihrem eigenen, scharfen Urteil zitiert ihnen der Herr Ps 118,22. Die Bauleute sind Israels Führer. Bald fiel der verworfene Stein auf sie und zermalmte sie. Alles, was sie aus diesem wohlverstandenen Gleichnis gerlernt hatten, war, daß sie aufs neue versuchten, den "Sohn" zu töten.