Behandelter Abschnitt Mt 21,23-32
Frage und Gegenfrage. Mt 21,23-28.
Der Herr befindet sich noch in dem eben gereinigten Tempel (Vers 12). Er gab sich alle Mühe um Israel, und lehrte unter ihnen, solange sie Ihn leben ließen. Die Feindschaft wuchs ins Ungeheure: der Herr aber wirkte, als ob Ihm keine Gefahr bevorstünde. Die Führer Israels kamen in diesen Tagen mit allerlei Fragen, um Ihn, wenn möglich, zu fangen und umzubringen. Ihn irgendwie zu überrumpeln, war ihre Absicht, deshalb kamen sie auch hier wiederum in dieser Gesinnung.
I. Eine Frage des Unglaubens.
Pharisäer und Älteste fragten Ihn: "Mit welcher Macht (Recht) tust du das?" Ihre Frage war ähnlich derjenigen, die sie einst dem Täufer stellten: "Wer bist du?" (Joh 1,19.) Sie fragten nicht, aus welcher Macht redest du, sondern aus welcher Macht tust du das? Sie sahen, daß neben Seinem Reden stets die göttliche umgestaltende Kraft im Menschen verbunden war. Was beanspruchst du zu sein? Hinter der höflichen Frage steckte schlimme Bosheit, indem sie Grund zu einem Todesurteil suchten.
II. Der Anlaß zu dieser Frage.
Der Herr hatte soeben den Tempel gereinigt und danach viele Kranke geheilt (Vers 12 bis 14). Das geschah während der Festtage, da Scharen von Juden nach Jerusalem gekommen waren, und diese sahen und hörten alles. Mit großer Macht hielt der Herr die Menge buchstäblich im Bann, und dies gab an und für sich viele Fragen über diesen Lehrer und Wundertäter. Dazu hatten die Ältesten gewiß ein Recht zu fragen, denn sie waren die Verantwortlichen in Israel.
III. Eine kluge Gegenfrage.
"Die Taufe des Johannes, woher war sie?" (Vers 25.) Jesus hätte die Frage der Ältesten leicht beantworten können; da Er aber ihre Bosheit sah, stellte Er eine Gegenfrage mit dem Versprechen, ihnen ihre Frage zu beantworten, sobald sie Ihm die Seinige beantwortet haben. Das war eine harte Nuß für sie; denn sie hatten sicher die Bußpredigt des Johannes, als Herold des Herrn, und sein Zeugnis von dem, der mitten unter dem Volke wandelte, gehört. Die Taufe des Johannes war nur eine gerechte Forderung, die Gott, und nicht der Mensch, stellte. Sie kam also vom Himmel. Mit dem Ausdruck Taufe des Johannes ist dessen ganzes Zeugnis gemeint (Apg 1,22; 10,37; 18,25). Johannes war Christi Herold und bezeugte, daß Er der Sohn Gottes sei. Zudem hatten sich viele von ihm taufen lassen (Mt 3,7), aber die rechtschaffenen Früchte der Buße waren ausgeblieben. Das damals empfangene Licht hatte sich wieder verdunkelt. Sie glichen jenem Sohne, der sich zuerst bereit erklärte, in den Weinberg zu gehen, aber nicht ging.
IV. Unlauteres Ausweichen.
Die vom Herrn gestellte Frage brachte die Ältesten in eine kritische Lage, darum überlegten sie und suchten durch Ausweichen aus der Zange zu kommen. Es ist immer so, daß Gottesfragen einen Menschen vor ein "Entweder" und "Oder" stellen. Jeder Versuch zu entschlüpfen, schlägt zum eigenen Schaden aus. Zwei Dinge blieben den Ältesten übrig: Entweder zu bekennen, die Taufe des Johannes ist vom Himmel, oder sie ist von Menschen. In dem einen Fall harrte ihrer der begründete Vorwurf des Unglaubens von seiten des Herrn, und in dem andern Fall die Wut des Volkes. Da fanden diese Feiglinge, die den Herrn und die Volksmenge fürchteten, eine lügenhafte Ausrede und antworteten: "Wir wissen es nicht." Diese sonst so stolzen Männer wollten lieber als die Dummen dastehen, als die Wahrheit sagen.
V. Eine kluge und treffende Antwort.
Der Herr, der ihre innere Unwahrhaftigkeit sah, behandelte sie als Lügner und sagte: "Dann sage auch ich euch nicht, mit welchem Recht ich das tue." Es wäre auch sowieso umsonst gewesen. Vielleicht waren sie froh und meinten, mit heiler Haut heimgehen zu können. Da täuschten sie sich; denn der Herr zwang sie mit dem Gleichnis von den 2 Söhnen (siehe Vers 29-32) zu einer Antwort. Danach gab Er ihnen mit dem Gleichnis von den Weingärtnern eine weitere Antwort (siehe Vers 33-46).
Im ersten Gleichnis zeigt Jesus 2 Söhne, die der Vater in den Weinberg gehen hieß. Der erste sagte: "Ich will nicht." Danach reute es ihn, und ging doch. Es stellt die Zöllner und Sünder dar, die Buße taten und sich taufen ließen. In des Täufers Bußruf lag so ein "Sohn, gehe heute". Zöllner und Hurer, die die Pharisäer so verachteten, mußten ihnen als Beispiel dienen. Der zweite Sohn sagte: "Ich gehe, Herr", und ging doch nicht. Dieser stellt die Schriftgelehrten und Ältesten dar, die sich nicht taufen ließen. "Welcher von beiden hat den Willen des Vaters getan?" fragte sie plötzlich der Herr. Um nicht die Unwissenden zu sein, sagen sie schnell: "Der erste." Damit aber bezeugten sie, daß die Taufe des Johannes vom Himmel sei.
Das zweite Gleichnis spricht von den bösen Weingärtnern, die den Erben, der das Recht an die Frucht hatte, töteten. Damit sind die Hohenpriester und Ältesten gemeint. Auf die Frage, was der Herr mit diesen Weingärtnern tun werde, antworten sie: "Er wird sie umbringen" (Vers 41). Damit gab Er den Ältesten auf ihre Frage: "In welcher Macht tust du das?" die Antwort, die dem Sinn nach wie folgt lautet: Ich tue diese Dinge kraft meiner Stellung als "der Erbe". So schleppte Er sie, die gekommen waren, Ihn zu fragen, im Geiste vor jenes kommende Gericht, da sie als Mörder umgebracht werden. Nun hatten sie eine klare Antwort darauf, wer Er sei. Da ging auch diesen Selbstklugen das Licht auf und sie erkannten, daß sie gemeint waren (Vers 45).
Arbeiten im Weinberg. Mt 21,23-32.
Dieses Gleichnis steht im Zusammenhang mit dem zuvorgesagten von Vers 23 ab. In diesem Gleichnis redet der Herr zu den Ältesten Israels, indem Er ihnen ihr eigenes Bild zeigt. Der erste Sohn stellt die Zöllner und Sünder dar, die dem Bußruf des Johannes des Täufers gefolgt waren. Sie waren es, die dem Herrn des Weinbergs ein glattes "Nein" antworteten und sich in Welt und Sünde stürzten. Als aber Johannes kam, und ihnen die Augen öffnete, taten sie Buße, wandten sich um und gingen, wie es das Gleichnis zeigt, in den Weinberg. Im zweiten Sohne zeigt Jesus jene Ältesten Israels, die bereitwilligst den Ruf in den Weinberg mit "Ja" beantworteten, aber dann doch nicht gingen, ja, sogar den Herrn des Weinbergs und Seine Ansprüche verwarfen. Die Gerechtigkeit, die ihnen der Herr predigte, paßte ihnen nicht, sondern sie stützten sich auf ihre eigene; denn auf einer Stufe mit Zöllnern und Sündern zu stehen, war für sie unannehmbar. Doch durch die Frage zwang sie der Herr zu einer Antwort, und sie mußten bejahen, daß die Zöllner, und nicht sie, den Willen Gottes getan hatten. Doch lassen wir das Gleichnis als solches und beschäftigen wir uns mit des Herrn Ruf: "Sohn, gehe in meinen Weinberg."
I. Der Ruf zur Arbeit.
Es ist der Vater, der seine Söhne ruft. Beide hatten denselben Vater und hörten denselben Ruf. Gläubige werden Söhne genannt, solche sind sie durch ihre Bekehrung geworden und aus der Wüstenei dieser Welt in Seinen Weinberg verpflanzt, aus dem wilden Ölbaum ausgebrochen und in den guten eingepfropft worden (Röm 11,17). Sie sind Reben an Ihm (Joh 15). Der sie so bevorzugt hat, ruft sie nun noch in Seinen Weinberg. Ihm dürfen sie sich weihen (Röm 12,1).
II. Die Arbeitszeit.
"Mein Sohn, gehe heute." Heute, so lautet das große Bibelwort (Lk 23,43). Heute ruft der Herr den Sünder (2Kor 6,2). Heute, so ihr
meine Stimme höret (Heb 3,17). Sehr viele sagen "ich will", aber nicht
heute. Gleichen solche nicht Israel, das sagte "ich will", aber nicht
einging und darum noch immer draußen steht, fern vom Reiche und
zerstreut allenthalben. Der Weingärtner hat den Weinberg andern gegeben,
weil ihn Israel nicht bebaute und keine Früchte brachte. Was einst
Israel tat, geschieht heute bei vielen Gläubigen. Am Wollen und
Vornehmen fehlt es zwar nicht. Sie sagen, wie der Sohn im Gleichnis,
"ich will gehen", aber sie gehen nicht, sondern stehen den ganzen Tag
müßig. Sie wollen erst den Vater begraben, oder Abschied nehmen (
III. Der Arbeitsort.
Das ist der Weinberg! Also nicht im dunklen Bergwerk oder in tosendem Fabriklärm, sondern im Weinberg, auf fettem Hügel (Jes 5). Sein Weinberg ist groß und erfordert viele Arbeiter (Mt 20). Dazu ist es des Vaters Weinberg, in dem Seine Söhne im eigensten Interesse arbeiten. An wem geschieht denn diese Arbeit?
An uns selbst, um die schönen Geistesfrüchte reifen zu lassen (Gal 5,22) und um den Vater zu verherrlichen (Joh 15,5, 8).
An unsern Familien. Wie Rahab sind wir um ihr ganzes Wohlergehen, um ihre Rettung ernstlich besorgt (Josua 2).
An unserer Umgebung, den Nachbarn und Mitarbeitern, denen wir ein Vorbild sind. Fleißige, stille Vorbilder haben schon viele unbewußt zum Herrn gelockt (Mt 5,16).
An der Gemeinde Gottes. Hier ist ein unbegrenztes Arbeitsfeld für alle Söhne und Töchter. Von der Sonntagsschule, vom Traktatdienst und Einladen bis zum Lehrer und Hirtendienst.
IV. Der Arbeitsdienst.
Arbeitslos, so klingt es von Millionen von Lippen; und ihre mannigfaltigen Folgen, wie Armut, Verelendung usw. sind bekannt. Müßiggang ist aller Laster Anfang. Im Weinberg Gottes gibt es keine Arbeitslosigkeit, aber leider viele Müßiggänger. Der Sohn, der zuerst "nein" sagte, es aber bereute, ging danach in den Weinberg. Also ein Zeichen wahrer Buße ist arbeiten im Weinberg. Kinder Gottes sind zum Dienen berufen (Tit 2,14). Sie arbeiten:
Mit Freudigkeit, freiwillig, weil sie Kinder sind.
Ausharrend, auch wenn es Mißernte im Weinberg gibt.
In Demut; denn es gibt viel Arbeit am Boden zu tun.
Aus Dankbarkeit; denn die Liebe Christi drängt sie dazu.
Leider ist die Zahl der wirklich Arbeitenden klein, dagegen ist die Zahl der Drohnen, der religiösen Tagediebe, die von einer Konferenz und Versammlung zur andern springen, gar groß. "Ich muß wirken", sagte der Herr, und wie ist Paulus diesem Beispiel gefolgt (Apg 20,24). Des Herrn Leben war ein Dienen, Kämpfen, Ringen. O, daß wir alle Ihn nachahmten!
V. Der Arbeitslohn.
In Kap. 20 ist auch die Rede vom Weinberg und vom Lohn. Der Dienst ist nicht umsonst (1Kor 15,58). Schon hier dürfen wir Frucht sehen, dort jedoch gibt es vollen Lohn (2Joh 8). Schreckliches dagegen sagt der Herr von den Müßiggängern (Jer 48,10).
Des Herrn Anwendung war die: Welcher der 2 Söhne hat des Vaters Willen getan? Welchem dieser Söhne gleichen wir? Leben wir uns selbst oder dem Herrn? Werde dir darüber noch heute klar (Jer 3,22).