Behandelter Abschnitt Mt 15,21-28
Das kananäische Weib. Mt 15,21-28.
Der Weg des Herrn wurde ständig schmäler. Seine Reise in die Gegend von Tyrus und Sidon war ähnlich der in Kap. 14, 13, als der Herr dem „Fuchs“ Herodes auswich. Hier entwich Er der Schlangenbrut der Pharisäer. Auch die Jünger hatten die Gefahr erkannt und fielen dem Herrn ins Wort (Vers 12). Der Haß der Gegner veranlaßte den Herrn, bis an die Landesgrenze zu gehen, aber Er ging nicht hinüber, weil Seine Mission den verlorenen Schafen Israels galt. Der Herr handelte nicht, wie einst David, als er in ähnlicher Not war, der die Grenze überschritt, und in noch größere Not kam (1Sam 27). Jede Menschenfurcht kann nur üble Folgen haben. Beim Herrn war die Stunde noch nicht gekommen, und so entwich Er bis an die Landesgrenze. Hier begegnete Er der Kananiterin und diente ihr.
I. Eine tiefbekümmerte Mutter.
Des Herrn Ruf war weit über Israels Grenzen gedrungen. Auch dieses Weib hatte ihn vernommen, darum kam sie zum Herrn, als Er in ihre Grenzen kam. In einem gewissen Sinn überschritt auch sie ihre Grenze, d. h. alle Hindernisse, und kam zum Herrn. Das ist es, was der irrende Mensch tun muß. Was aber bewog die Frau? Sie hatte eine besessene Tochter, so wie jener Mann einen besessenen Sohn hatte (Mt 17,15). Leiden der Familienglieder schmerzen mehr, als die eigenen. "Erbarme Dich", war ihr ernster Schrei. Ihr Kind war vom Teufel geplagt, und sie wußte, daß menschliche Hilfe ohnmächtig sei. Und ach, ist das nicht der Schmerz vieler Eltern, deren Kinder dem Teufel dienen, der Welt-, Fleisches- und Augenlust! Auch da kann kein anderer befreien als der Herr Jesus.
1. Die Herkunft des Weibes.
Sie war eine Kananiterin (1. Mose 9,26-27; 5. Mose 4,38;
2. Ihre Selbstverleugnung.
Sie wußte, daß die Juden auf die Völker wie auf Hunde herabschauten. Soll sie es dennoch wagen, zum Herrn zu kommen? Mutterliebe scheut kein Opfer, sie durchbricht alle Schranken.
3. Ihr großer Glaube.
Sie rief den Herrn mit "Sohn Davids" an, aber Er schwieg. Warum? Er war zu den verlorenen Schafen Israels gekommen und blieb Seiner Mission treu. "Ich bin gesandt....", und als solcher war Er ein Diener der Beschneidung (Röm 15,8). Den Heiden sollte erst nach Seiner Auferstehung das Evangelium gebracht werden (Joh 12,32). Erst nannte sie Ihn Sohn Davids - später aber - Herr! Und siehe, Er rettete ihre kranke Tochter!
4. Ihre Ausdauer.
Weder des Herrn Zurückhaltung noch das "entlaß sie" der Jünger erschütterte ihren Glauben (Vers 25). Sie verharrte unnachgiebig im Glaubensgebet.
II. Eine ungewohnte Sprache.
Auffallend ist, daß sich selbst der Herr der Sprache der Juden bediente, die die aus Nationen "Hunde" nannten. Zwar mildert das Wort den Ausdruck in Hündlein, die sich so gern Menschen anschmiegen. Aber dennoch wundert es uns, solches vom Herrn zu hören. Es ist als sage der Herr: Ich muß meiner Mission treu bleiben und den Schafen Israels dienen. Das Brot gehört den Kindern und nicht den Hunden. Indirekt verstand das Weib, daß noch nicht jetzt die Zeit der Nationen sei, doch gerade deshalb war sie voller Hoffnung und knüpfte sofort hier an.
III. Kein Übelnehmen.
Das Weib nahm die Bezeichnung "Hündlein" demütig entgegen. Sie war nicht beleidigt, sondern ließ es gelten. Als Mephiboseth zu David kam, nannte er sich sogar einen toten Hund. Das war sehr tiefes Hinabsteigen, wirkliche Demut (2Sam 9,8). Haben wir uns schon in unserer ganzen Abscheulichkeit erkannt? Hiob bekannte: "Ich verabscheue mich selbst" und jener Hauptmann bekannte: "Ich bin nicht wert, daß Du unter mein Dach kommst." Das Weib nahm den Herrn sofort beim Wort und sagte: "Ja Herr." Andere wären tief beleidigt gewesen, sie aber bstätigt, daß Israel die Kinder, und die Nationen die Hunde seien. Gleichzeitig aber erblickte sie das, was den Hündlein gehört, nämlich die die Brosamen, die Abfälle. Es ist so als sage sie: Gut Herr, ich bin so ein Hündlein unter dem Tisch, so gib mir doch, was den Hunden gehört. Ich bin unter Israels Tisch gekommen, so laß nun ein Brotkrümlein fallen. Ich bin bereit, als Hündlein zu gelten, aber gute Herren vergessen ihre Hunde nicht. Durch ihren Glauben vermochte sie des Herrn "Nein" in ein "Ja" umzuwandeln.
IV. Dein Glaube ist groß.
Ihr "Dennoch" hatte den Sieg davongetragen. Ihr großer Glaube ist auch in ihrem demütigen Bekenntnis ausgedrückt. Sie hob ihr Nichtanrecht hervor, traute aber umsomehr auf die Gnade, die ja nur Unwürdigen zuteil wird. Ihr Glaube überwand alle Hindernisse. Nichts erfreut den Herrn so sehr wie großer Glaube (Mt 8,10; Mk 2,5). Wahrer Glaube rechnet mit dem Unsichtbaren (Heb 11,6).
V. Die erfolgreiche Bitterin.
Hier standen sich ein ohnmächtiges Weib und der allmächtige Herr gegenüber. Der Herr sagte nicht, deine Demut oder Ausharren sind groß, obwohl sie es auch waren, sondern "dein Glaube ist groß, dir geschehe nach deinem Glauben". Sie ging nicht leer davon; denn sie hatte des Herrn Zusage, daß ihre Tochter daheim gesund sei. Dieser einfachen Botschaft glaubend, ging sie siegesgewiß heim, wo sie tatsächlich eine gesunde Tochter fand. Vielleicht kam sie ihr gar freudestrahlend entgegen? Nun, schaute die Mutter das erflehte Wunder an. O glückliches Kind, o belohnte Mutter! Vor allem aber Dank dem gnädigen Helfer. Genau so belohnt der Herr noch heute lebendigen Glauben.