Behandelter Abschnitt Mt 12,1-8
Der Herr des Sabbats. Mt 12,1-8.
Die Pharisäer verklagten den Herrn wegen Sabbatübertretung Seiner Jünger. Dieses Verklagen galt jedoch nicht den Jüngern, sondern dem Herrn selbst. Öfters wurde der Herr deshalb verklagt, man lese Vers 10, 14; Lk 13,10-17; Joh 5,10; 7,22-24; 9,1. Die Verkläger vergaßen, daß der Sabbat für den Menschen und nicht der Mensch für den Sabbat da war. Zu diesem Vorwurf bewog sie nicht die Sabbatbeobachtung, sondern ihr grenzenloser Haß gegen den Herrn. Diese kleine Begebenheit bietet reiche Belehrung.
I. Der Herr in der Saat.
Meister und Jünger gingen durch ein Kornfeld. Die Jünger hatten Hunger, und wohl auch der Meister; denn Er sagte ja: "Ich bin hungrig gewesen." Seine Arbeitstage waren oft sehr ausgefüllt und ausgedehnt, wodurch sich die Mahlzeiten verschoben. Aber auch sonst hat der Herr gehungert. Dem hätte Er leicht durch ein Wunder abhelfen können, aber das tat Er nicht. Welch ein Trost für Gläubige in Verfolgung und Hunger! Paulus zeigt, daß der Gläubige Hunger leiden und satt sein kann (Phil 4,12).
II. Ein neuer Angriff (Vers 2).
Während die hungrigen Jünger durch das Getreidefeld gingen, pflückten sie einige Ähren ab und aßen die Körner. Die Pharisäer verfolgten sie, wie ein törichter Polizist, der hinter einem hungrigen Bettler hergeht, um ihn zu erwischen. Warum waren sie denn nicht so eifrig in der Nächstenliebe und gaben den Jüngern zu essen? Warum hatten sie denn keine so scharfen Augen für die Bedürfnisse der Jünger, wie für das Ährenabpflücken? Außerdem war ja der Jünger Handeln nicht verboten (5. Mose 23,25).
Leider ist das Verklagen sehr üblich. Der eine führt Klage wider den andern. All das kommt aus einem Herzen wie das der Pharisäer. Da fehlt die Liebe, und wo diese fehlt, da ist nicht der Hl. Geist. Verklagen ist satanische Arbeit, denn Satan ist der Verkläger der Brüder.
III. Der Herr als Verteidiger Seiner Jünger.
Sofort nahm der Herr Seine Jünger vor ihren Verklägern in Schutz. Das ist sehr lehrreich für alle. Meisterhaft widerlegt Er ihre Anklage. Wie einst in der Wüste, Satan gegenüber (Mt 4), so nahm Er auch hier das Wort und schlug die "Schlangen und Otternbrut" (Mt 23,33). Wir hätten gewiß den Verklägern 5. Mose 23,25 vorgelesen und gezeigt, daß Ährenpflücken erlaubt sei. Der Herr aber zitierte Israels einst gesalbten aber verworfenen König David und dessen Handeln, als ihn und die Seinen hungerte. David pflückte nicht Ähren, was erlaubt war, sondern nahm sogar die Schaubrote, also heiliges Brot, das nur den Priestern gehörte (2. Mose 29,32-33). Nicht das Essen Davids war Sünde, sondern daß man ihn verwarf; denn in dem Moment, da der Gesalbte verworfen war, hörte auch das Heilige auf, heilig zu sein, und war, wie David richtig sagte, gewöhnliches Brot (1Sam 21,5). Stand nicht der Herr auch als der verworfene König vor ihnen, der, wie David, samt den Seinen hungerte? Welch geschickte, treffende und vielsagende Antwort für diese Verkläger; wenn sie hätten glauben wollen.
1. Des Herrn Rechtfertigung ging noch weiter. Eben hat Er das Ährenpflücken der Jünger gerechtfertigt, anschließend rechtfertigt Er ihre scheinbare Sabbatübertretung. Wieder greift der Herr zur Schrift und erinnert an den Tempel. Täglich bringen dort die Priester das Morgen- und Abendopfer dar (4. Mose 28,9-10). Ist das Schlachten, Feueranzünden und Opfern nicht Arbeit? Warum gehen denn die Priester ungestraft davon, da sie doch den Sabbat übertreten haben und dazu noch im Tempel? Warum mußten sie am Sabbat arbeiten? Nur Israels Sünde wegen, die unter Gottes Nachsicht gestellt wurde (Röm 3,25). Und nun stand gerade der vor ihnen, der durch ein Opfer auf immerdar alle Glaubenden gerecht macht und zugleich auch Herr des Tempels, der Opfer und Priester ist. Er sollte dem Israel Gottes und allen müden Herzen wahre Sabbatruhe schaffen und schenken - und nicht das Beobachten eines Tages.
2. Der Herr ist auch gegenwärtig unser Verteidiger. Er schützt uns vor den Angriffen des Bösen. Wunderbar tat Er das bei dem Hohenpriester Josua (Sach 3). Sein Wort ist uns Schutz, wenn Tag und Nacht das Gewissen anklagt (Ps 32). Dazu kommt noch sein Blut, das rein macht von aller Sünde (1Joh 1,7). Er deckt uns selbst vor den unberechtigten Verleumdungen der Menschen, wie wir das bei Mose sehen (4. Mose 12). Und, wenn wir auch nicht immer als die Gerechtfertigten vor Menschen stehen, so ist Er dennoch der, der rechtfertigt und tröstet (Röm 8,33; 2Kor 1,3).
IV. Geschlagen.
Als Geschlagene standen diese Verkläger vor dem Herrn, vor den Mitmenschen und vor ihrem eigenen Gewissen da. Die Selbstgerechten sind stets die schlimmsten Verkläger. Die Schuldigen waren in jedem Falle die Verkläger, die den Sabbat durch Verklagen ihrer Brüder mißbrauchten und das Gesetz übertraten. Der Herr mußte sie an Hosea 6,5 erinnern, wie schon früher einmal (Mt 9,13). Der Herr hat Lust an Barmherzigkeit, so etwas aber kannten diese boshaften Verleumder nicht.
Wie viel Verurteilen besteht auch heute in bezug auf den Sonntag. Der Sonntag ist uns gar nicht an Stelle des Sabbats gegeben, denn der Sabbat besteht weiter und wird bestehen, weil er ein Vorbild des großen Sabbats ist, des Millenniums. In bezug auf den Sonntag oder ersten Tag der Woche hat die Schrift keine Vorschriften gemacht. An diesem Tage versammelten sich die Jünger und brachen das Brot. Dem Herrn an diesem Tage zu dienen, ist unser Vorrecht.