Glückselig sind die Trauernden. Mt 5,4.
Es gibt viel Trauern, das mit dieser Seligpreisung nichts zu tun hat. Manche trauern über ihre materiellen Verluste, andere über angetastete Ehre und Verkennung, wieder andere über gewisse Folgen ihrer Sünden. All diese Trauernden sind hier nicht gemeint und erhalten kaum etwas von dem verheißenen Trost. Die Schrift spricht von einer göttlichen Traurigkeit und von einer weltlichen. Jene führt zur Buße vor Gott und diese bringt den Tod (2Kor 7,10). Was für ein Trauern meint hier der Herr? Zunächst gibt wohl die Reihenfolge der Seligpreisungen eine Antwort? Wer also sind sie? Es sind die Armen im Geiste, die da trauern über ihre Armut.
I. Glückselig die Trauernden.
Trauern glückselig zu nennen klingt eigenartig, da sich doch von Natur alles nach Fröhlichkeit sehnt. Die Bedingung aber, auf der diese Seligkeit beruht, lautet: "Den Dingen in die Augen zu sehen wie sie sind". Die Sünde ist die mächtigste Ursache alles Leides. Jesus weinte deshalb über ihre Folgen am Grabe Lazarus und über Jerusalem, aber Er wird darüber getröstet werden, denn Jerusalem wird die Stadt Gottes genannt werden und der Tod wird nicht mehr sein (2Tim 1,10; 1Kor 15,26). Wenn wir in Gemeinschaft mit Ihm sind, dann trauern auch wir heute über Sünde, aber auch wir werden im Blick auf die Mühsal Seiner Seele getröstet werden (Jes 53,11; Joh 16,20). Der tiefste und dunkelste Schatten des Lebens ist zunächst weder Trauer noch Tod, sondern die Sünde. Wie furchtbar fühlt dies der Mensch, der zum ersten Male vor den Schranken eines irdischen Gerichtes steht. Sein ganzes Aussehen und seine äußere Unruhe verraten seinen inneren Zustand. Ähnlich ist es Gott gegenüber. Meistens aber verscheucht der Mensch diese Traurigkeit. Wie ein Belsazar oder Herodes macht man große Feste, um die klagende Gewissensstimme zum Schweigen zu bringen. Man hört die neuesten Schlager des Radios, setzt sich ins Theater und verscheucht die innere Traurigkeit. Wenige erkennen, daß Traurigkeit der Weg zur Eröffnung der göttlichen Segensquellen ist. Die Botschaft des Herrn aber ist nicht zu "nehmen", sondern zu "geben". Hinter unserer Not verbirgt sich Sein Reichtum. Für das ungeöffnete Auge ist Traurigkeit nichts anderes als Elend, für den aber, der klar sieht, der Weg zu höchsten Segnungen.
II. Allerlei Ursachen der Traurigkeit.
Der Aufrichtige hat so vieles, worüber er trauern möchte.
Da ist zunächst der Zustand seiner eigenen Armut. Die Seligpreisungen gleichen einer Leiter, deren unterste Stufe die Erkenntnis der inneren Armut ist. Ein deutlich redendes Bild dafür sehen wir in Jes 6. Der Prophet war gewiß nicht mit begangener Sünde beschäftigt, sondern mit seinem Zustand. Die Herrlichkeit und Heiligkeit Gottes, in die er versetzt war, machten aber offenbar, was in ihm war. Diese seine Armut stimmte ihn tieftraurig und führte zu jenem "wehe mir".
Andere trauern, wie ein David oder Petrus. Sie wachten und beteten nicht und unterlagen in der Stunde der Versuchung. Petrus ging hinaus und weinte bitterlich. Welch eine tiefe Traurigkeit! Die des David kennen wir aus Psalm 51.
Wieder andere trauern, wie ein Jeremias über den Schaden ihres Volkes
(Jer 9,1). Schwer lastete auf vielen die Bürde Jehovas. Man denke an
Abrahams Traurigkeit Sodom gegenüber (1. Mose 18,22-33) oder gar an die
Tränen Jesu über Jerusalem, oder die des Paulus über Israel (
Paulus trauerte auch tief über den Zustand von Gläubigen, deren Leben
nicht im Einklang mit dem Evangelium war (Apg 20,19,31;
Zuletzt sei noch der Traurigkeit des Sünders gedacht. Geschichten wie Lk 7,38 und 19,41-43 zeigen beides, - deren Traurigkeit, aber auch deren erlangten reichen Trost.
III. Der große Trauernde.
Auch in dieser Seligpreisung sehen wir den Herrn. Er war der wahre
Trauernde. Er hat Tränen und starkes Geschrei Gott geopfert (
IV. Sie sollen getröstet werden.
Das ist der große Segen des Trauerns. Die hier getrösteten Trauernden
sind zunächst die Armen im Geiste, die ihr inneres Elend und ihre Not
beklagen. Trauer dieser Art zieht das Herz zu Gott, in Seine
Gemeinschaft. Unser Gott nennt sich unter anderem den Gott alles Trostes
(2Kor 1,3). Bei diesen Leidtragenden wohnt der Herr (Jes 57,15).
"Ehe ich gedemütigt war, irrte ich", sagt der Psalmist (
Den größten Trost aber werden wir dereinst empfangen. Off 7 zeigt uns die große Schar aus der Trübsalszeit, ihre einstige Not, aber auch ihren reichen Trost, den ihnen der Herr, der unter ihnen weilt, gibt. Er ist ihnen Vater, und sie sind Ihm Söhne und Töchter. Auf Weinen folgt ewige Freude (Jes 66,13). Aber auch heute ruft der Auferstandene Trauernden zu: "Weib, was weinst du", und macht sie zu Boten des Trostes.