Behandelter Abschnitt 2Mo 25,17.21
2. Mose 25,17.21 - Der Sühnedeckel oder Gnadenstuhl
Dieser überaus bedeutsame Gegenstand war aus reinem Golde hergestellt, also ohne Holz, wie dies bei vielen andern der Fall war. Damit weist er schon nachdrücklich hin auf den Herrn als den Gottessohn. An beiden Enden des Deckels befand sich je ein Cherub. Die Angesichter dieser Engelsgestalten waren gegeneinander gerichtet. Der Deckel ruhte zu seiner Sicherung in einem goldenen Kranz oder einer kronenartigen Verzierung, offenbar um Verschiebungen auf den mühseligen Wegen zu vermeiden. Zwischen den Cherubim ruhte die Wolkensäule, die Herrlichkeit Gottes. Auf diesem bescheidenen Sühndeckel thronte der große, allmächtige und allgegenwärtige Gott, um unter Seinem Volke zu wohnen. Doch weit armseliger war jener Gnadenstuhl, das Kreuz, an dem der mit Dornen gekrönte König Israels hing, um einen viel herrlicheren Gnadenthron von ewigem Bestand zu errichten, auf dem Er und Sein Volk für immer weilen.
Der Standort des Sühndeckels. Er bedeckte hinter dem Vorhang, also im Allerheiligsten, die Bundeslade. Der Zutritt dahin war aufs äußerste beschränkt. Nur der Hohepriester durfte hinzutreten und dieser, wie wir wissen, auch nur einmal im Jahr, am großen Versöhnungstag. An diesem Tage brachte er erst Gott ein Opfer zu seiner eigenen Entsündigung und dann ein solches für die Sünden des Volkes (Heb 7,27). Mit dem Blute des Bockes ging er hinter den Vorhang, besprengte den Sühndeckel und versöhnte das Volk mit Gott. Hierin erblicken wir ein vollkommenes Vorbild unseres Herrn, der am größten und letzten aller Versöhnungstage mit Seinem eignen Blute in ein nicht mit Händen gemachtes Heiligtum einging und Sühnung für unsere Sünden tat (Heb 9,11-15). Das geschah nach Seinem Tode am Kreuz; nach Seiner Auferstehung fuhr Er auf und besprengte das obere Heiligtum, die Lade droben im Himmel. Auf diesem Gnadenstuhl sitzt Er nun zu unserem Wohle. Als Menschensohn sitzt Er dort und gedenkt voll Mitleids der Nöte Seiner Brüder auf Erden.
Das Besondere dieses Gnadenstuhls. Der Gnadenstuhl ist ein mit Blut besprengter Thron, aus reinem Gold hergestellt. Beim Betrachten des Passahlammes und des ehernen Altars lernten wir die Bedeutung des Blutes kennen. Gott sagte: „Wenn Ich das Blut sehe, so werde Ich an euren Häusern vorübergehen“ (2. Mose 12,13). Wie schon in Ägypten, ruhte hier im Allerheiligsten Gottes Auge auf dem Blut. Unter dem Sühndeckel befanden sich die Gesetzestafeln, die den Menschen seiner Übertretung wegen verdammen und zum Tode verurteilen, denn „der Tod ist der Sünde Sold“ (Röm 6,23). Nun aber ist das Blut auf dem Sühndeckel, das den Forderungen des Gesetzes gerecht wird und die Sünde sühnt. Der Sünder darf beten: „Gott sei mir Sünder gnädig." Er ist gerechtfertigt vor Gott. Er kann nun „bleiben im Hause des Herrn immerdar“ (Ps 23,6). Die Wichtigkeit des Sühndeckels geht auch aus einem Wort Davids in 1Chr 28,11 hervor, da David seinem Sohn Salomo den Grundriß der Halle des Tempels gab und vom „Haus des Sühndeckels“ redete.
Die Cherubim auf dem Sühndeckel. Sie sind so ganz verschieden von denen in Hesekiel Kap. 1; jene haben vier Angesichter, diese auf dem Gnadenstuhl nur zwei. Wo wir in der Schrift den Thron Gottes sehen, steht er in Verbindung mit den Cherubim. Unter ihnen wohnt der Herr, sie begleiten Ihn (1Sam 4,4; 2Sam 6,2; Ps 80,1;
99,1; Jes 37,16). Sie stellen unter anderem die Macht Dessen dar, dem alle Gewalt gegeben ist, und sind die Hüter des Thrones. Das sehen wir schon im Garten Eden, da ein Cherub mit gezücktem Schwert dem Sünder den Weg zum heiligen Gott versperrt. Die Cherubim sind zugleich Gottes Ehrenwache, sie umgeben den Thron. Hier auf dem Sühndeckel blicken sie mit großem Staunen und Ehrerbietung auf das Blut. Dabei müssen wir an 1. Petrus 1,12 denken, wo gesagt wird, daß Engel gelüstete, in das Werk der Erlösung hineinzuschauen. Sie bewundern das Blut des Einen und Reinen, der das Gesetz restlos erfüllte und in Seinem großen Erbarmen Sühnung für uns tat. Wenn Engel derart das Blut Christi bewundern, obgleich es nicht für sie geflossen ist, wie viel mehr sollten wir mit jener Schar in Offenbarung 5 niederfallen und anbetend rühmen „Du hast uns Gott erkauft mit Deinem Blut" (Vs. 9). (Zum besseren Verständnis folgt als besonderes Kapitel ein Artikel aus meinem Buch „Jenseitiges und Zukünftiges“ über das Thema „Die Cherubim“).
Die große Bedeutung des Gnadenstuhls. Er ist ein ausgesprochenes Symbol der unvorstellbaren Gnade unseres Gottes. Nach Röm 3,25 und Heb 4,16 ist der Herr Selbst der Gnadenstuhl, von welchem derjenige der Stiftshütte nur ein schwaches Vorbild war. Nachdem der Herr nach Heb 1,3 die Reinigung der Sünden vollbracht hat, hat Er Sich gesetzt zur Rechten Seines Vaters droben. Dort sitzt Er nun, um allen Kommenden Gnade zu schenken. Er, der während Seines Erdenlebens mehr versucht worden ist als wir, der alle Härten und Nöte des Lebens tiefer ausgekostet hat als wir, gedenkt dort all des Ungemachs, das Seinen Geliebten auf dem Kampfplatz der Sünde und des Todes widerfährt. Er kennt die Angriffe Satans und weiß, wie dieser sie verfolgt, haßt und durch Verleumdungen beschmutzt. Er sieht und zählt ihre Tränen und ruft noch heute Seinen so hart geprüften Kindern zu: „Weine nicht!“ (Lk 7,13; 8,52). Er, der Selbst arm wurde und deshalb die Nöte der Armen so gut kennt, gedenkt ihrer und versorgt sie.
Als ich einst einer armen Schwester etwas geben wollte, wies sie es freundlich zurück mit den Worten: „Ich habe es nicht nötig, mein Sohn sorgt für mich.“ Dürfen wir das nicht weit mehr von Ihm, dem Sohne Gottes, sagen? Ja, dort auf dem Gnadenthron sitzt Er und liebt uns mit ewiger Liebe (Joh 13,1). Liebend starb Er und liebend lebt Er für uns immerdar (Heb 7,25). Genügt uns das oder sollen wir um Legionen
Engel bitten? Niemals! Vielmehr wünschen wir, weil auch Er sie nicht beanspruchte, sondern das Kreuz erduldete (Mt 26,53), wie Paulus Seinem Tode gleichgestaltet zu werden. Nur auf dem Wege des Kreuzes gelangen wir zur Krone. Wir rechnen in schweren Tagen mit Ihm und sagen wie David: „An dem Tage, da ich mich fürchtete, vertraute ich auf Dich“ (Ps 56,2-4; 57,1; 50,15). Da wir einen Hohenpriester haben, der durch die Himmel gegangen ist, laßt uns festhalten an Seiner Verheißung (Heb 4,14-16).
Vergessen wir auch den Weihrauch nicht. Er ist von höchster Bedeutung. Der Hohepriester nahm im Allerheiligsten das goldene Rauchfaß und füllte es mit Weihrauch; der Gebrauch war ein doppelter:
Wollte der Hohepriester dem Sühndeckel nahen, so mußte er erst vom Nebel des Weihrauchs wie von einer Wolke umgeben werden, die neben dem Blut wie eine zweite Decke wirkte, damit der Hohepriester nicht sterbe (3. Mose 16,12-16). Hier bekommen wir wiederum einen Einblick in die absolute Heiligkeit Gottes und die Unmöglichkeit für den Sünder, sich Ihm ohne die nötige Deckung durch das Blut und den Weihrauch zu nahen. Gott Selbst hat die erforderlichen Maßnahmen getroffen, daß der Sünder sich Ihm nahen kann, ohne sein Leben zu verlieren.
Dann aber ist der Weihrauch der duftende Wohlgeruch, den der Sohn durch Sein Sterben Gott bereitet hat (Eph 5,1.2). Wenn schon Gott in Noahs Opfer einen duftenden Wohlgeruch empfand (1. Mose 8,21), was muß Ihm erst das Opfer Seines geliebten Sohnes sein! Staunen wir nur: durch dieses Opfer sind wir nicht nur angenommen, sondern angenehm gemacht worden in dem Geliebten“ (Eph 1,6). Wir stehen nun vor Gott im lieblichen Wohlgeruch des Weihrauchs, den unser Herr durch Sein Opfer verbreitet.
Der große Segen, der uns nun zufließt. Er ist ein sehr vielseitiger: Vergebung der Sünden (Heb 10,22).
Volle Heilsgewissheit: die Handschrift ist zerrissen (Kol 2,14). Er gedenkt unserer Sünden nicht mehr (Jer 31,34; Jes 38,17).
Er ist uns gemacht zur Gerechtigkeit, Heiligung und Erlösung (1Kor 1,30).
Seine Fülle ist nun auch die unsere, und wir dürfen daraus Gnade um Gnade nehmen (vgl. Röm 5,18; 1.
Kor. 1,30; Joh 1,16).
Der Herr bleibt treu. Es fehlt nur noch eins, nämlich unseres Leibes Erlösung (Röm 8,23) und diese ist nahe (Phil 4,5b; Jak 5 8). Bald wird Er noch den Rest vollenden, unsern Leib der Niedrigkeit umgestalten nach Seinem Leibe in Herrlichkeit, und wir werden bei Ihm sein allezeit (Phil 3,20.21; 1Thes 4,17.18; 1Joh 3,2). Dann erfolgt das, was wir jetzt schon im Glauben tun sollen. Die Einladung dazu lautet:
Laßt uns hinzutreten (Heb 10,22). Nur dadurch gelangen wir jetzt in den Besitz der reichen Güter Seines Hauses. Erst als der hungrige verlorene Sohn es wagte, zum Tisch des Vaters hinzuzutreten, konnte er vom gemästeten Kalb essen und seinen Hunger stillen (Lk 15,31). Dort hören wir des Vaters Worte: „Alles, was mein ist, das ist dein.“
Wer ins Allerheiligste eintreten durfte, ist durch Waschung und Opfer rein geworden vor Gott und darf herzliche Gemeinschaft mit Ihm in Seinem Zelt haben, wie einst Abraham (1. Mose 18). Hier redete späterhin Gott jeweils mit Seinem Knechte (4. Mose 7,89). Hier werden ungeahnte Segnungen dargeboten. Hier sehen wir vor allem Jesus mit Ehre und Herrlichkeit gekrönt, den rechten „Gnadenstuhl". Hier genießen wir auch die Gemeinschaft der Engelwelt der Cherubim (Heb 12,22b). Hier empfangen wir Hilfe, Gnade und Barmherzigkeit für die
Zeit, da uns Hilfe Not tut (Heb 4,16). Hier sehen wir die Wolke und erfreuen uns des himmlischen Weihrauchs. Hier wird auch unser Herz mit Bruderliebe erfüllt, um aufeinander acht zu haben (Heb 10,24), ja, sogar um das Leben lassen zu können für die Brüder (1Joh 3,16). Hier wird uns die Gemeinschaft der Heiligen groß. Da bedarf es nicht mehr der Ermahnung: „Versäumet nicht eure Versammlungen“ (Heb 10,25). Fortan geht uns Seine Gemeinde, in deren Mitte Er ist, über alles.
Brüder, Schwestern, laßt uns hinzutreten! (Heb 10,19-22).