2. Mose 25,8 - Wo wohnt der liebe Gott?
Diese Frage stellte einst ein Kind seiner Mutter, worauf die Mutter antwortete, daß Gott im Himmel wohne, aber daß Er auch gern in seinem Herzen wohnen möchte. Darauf flehte das Kind zum Heiland, Er möge doch in sein Herz einziehen und es so fest verschließen, daß der Teufel nie mehr hineindringen könne. So etwas aus Kindermund zu hören, erquickt gewiß christliche Eltern. Und wenn wir Erwachsenen uns die gleiche Frage stellen, wie lautet dann die Antwort? Die Schrift gibt sie sehr deutlich in Jes 57,15: „Ich wohne in der Höhe und im Heiligtum und bei dem, der zerschlagen und gebeugten Geistes ist.“ Wir alle dürfen Ihm Wohnung machen. Dazu müssen wir aber wirklich geistlich arm werden und trauern, wie der Herr es in der Bergpredigt sagt, dann zieht Er auch bei uns ein (Mt 5,3 ff.). Nach obigem Wort wohnt Er im Heiligtum, und ein solches sollte Israel Seinem Gott bereiten. Der große und dreimalheilige Gott, der droben inmitten der Cherubim und Seraphim thront (Jes 6), wünscht zugleich unter den Lobgesängen Seines Volkes zu wohnen (Ps 22,3.4). Der Wunsch nach Gemeinschaft entstand aber leider nicht im Herzen Israels, sondern im Herrn selbst. Diesem Volk, das noch kurz zuvor ein Sklavenvolk war (2. Mose 1,22), sollte nun Großes geschehen, was später der Apostel in Röm. 9,4.5 so herrlich hervorhebt. So trat Gott kurz nach der Befreiung mit der Aufforderung an das Volk, Ihm ein Heiligtum zu bauen, an dasselbe Volk, das es kaum wagte, sich dem Berge zu nahen, das vor Gott floh und Moses bat, daß er mit Gott reden möge, damit es nicht sterben müsse (2. Mose 20,18.19). Dieses Volk hört nun die göttliche Bitte, daß Er unter ihm wohnen wolle. In der Stiftshütte zeigt Gott das vorbildliche Herabsteigen zu Seinem Volke. Das ist geschehen: Er hat die Himmel zerrissen und ist herabgestiegen (Jes 64,1). Das ist vor allem erfüllt in jenem Wort in Gal 4,4.5: „Als die Zeit erfüllet war, sandte Gott Seinen Sohn.“ Beachtenswert ist auch, wie Sich Gott dem Volke, das in Zelten wohnte, anpaßte, indem Er auch für Sich ein Zelt anfertigen ließ. Droben war es unter Seinen Füßen wie ein Saphir (2. Mose, 24,10) und wie die Gestalt des Himmels. Wohl war es innen in der Stiftshütte herrlich im strahlenden Gold, aber es war doch nur ein Zelt. Ähnlich ist es mit unserm Herrn, der in der Gestalt des sündlichen Fleisches kam: „Das Wort ward Fleisch und wohnte unter uns“ (Joh 1,14). Der Herr war zugleich Tempel, das sagt Er mit den Worten: „Brechet diesen Tempel, und in drei Tagen werde Ich ihn aufrichten.“ Er sprach vom Tempel Seines Leibes (Joh 2,19-21), aber Er kam in Knechtsgestalt (Phil 2,6.7). Salomo fragt in seinem Gebet in 1Kön 8,27: „Sollte Gott wirklich auf der Erde wohnen? Siehe die Himmel und der Himmel Himmel können Dich nicht fassen, wie viel weniger dieses Haus.“
Das tiefe Verlangen Gottes. Es ist ausgedrückt im obigen Textwort: „. . . daß sie Mir ein Heiligtum machen, daß Ich in ihrer Mitte wohne“. Der Leitgedanke der Stiftshütte ist also: ein Wohnort für Gott unter Seinem Volke. Er sehnt sich nach Gemeinschaft mit dem Menschen, dafür hat Er ihn nach Seinem Ebenbilde geschaffen. Diese Sehnsucht bekundete der Herr in Seinem Gebet in Joh 17,24 und beim letzten Passahfest (Lk 22,15). Doch wer sind die „sie" im Textwort? Das sind die durch das Blut des Lammes Erlösten, auf denen die größten und köstlichsten Verheißungen ruhen (2Pet 1,4; Röm 9,4.5).
Waren nicht auch wir, wie Israel, vor unserer Bekehrung in Knechtschaft der Sünde und Satans, ja, tot in Sünden und Übertretungen, nun aber nahe gebracht durch das teure Blut Christi? Eph 2). Auch unser Leben zählt, vom göttlichen Standpunkte aus gesehen, erst von unserer Wiedergeburt an. In einer Versammlung traf ich eine junge Schwester, die mir freudig sagte: „Heut bin ich gerade ein Jahr alt.“ Ähnlich sagte mir früher ein alter Bruder von siebzig Jahren: „Bruder Brinke, heut beschließe ich mein erstes Lebensjahr.“ Unser Leben hat also erst dann rechten Wert, wenn unser Leib zur Wohnung Gottes oder, im Sinne unseres Themas gesprochen, eine Stiftshütte geworden ist. Wenn wir, befreit aus der Sünde. Pilger nach dem oberen Kanaan geworden sind. Unter ihnen will Gott Sein Heiligtum aufschlagen, unter ihnen will Er wohnen. Lassen wir einige Beispiele zu uns reden über:
Das Wohnen Gottes unter den Menschen
Diesem Zustand begegnen wir zuerst im Paradiese. Wer vermag sich das liebliche Verhältnis zwischen Gott und Menschen auszudenken vor dem Sündenfall? Gott wohnte beim Menschen. Das war ein wirkliches Heiligtum, das aber bald zerstört am Boden lag. Doch unser Gott gibt nie auf. „Was Er sich vorgenommen und was Er haben will, das muß doch endlich kommen zu Seinem Zweck und Ziel.“ So gab Er auch den gefallenen Menschen nicht auf.
Später erwählte sich Gott Abraham, machte mit ihm einen Bund, nannte ihn Freund Gottes und pflegte Gemeinschaft mit ihm (1. Mose 15,17; 2. Mose 33,11).
Im Befehl, die Stiftshütte zu bauen, drückte Gott erneut Seine Sehnsucht aus, unter Menschen zu wohnen. Er wanderte mit Seinem Volke einher, segnete und schützte es. Er zog in die Wohnung ein, die Ihm Sein Volk bereitet hatte, und war in dessen Mitte.
Die gleiche Tatsache sehen wir in der Errichtung des Tempels durch Salomo. Als Salomo den Bau vollendet hatte und dem Herrn den Tempel im Gebet weihte, „da fuhr das Feuer vom Himmel herab und verzehrte das Brandopfer und das Schlachtopfer, und die Herrlichkeit Jehovas erfüllte das Haus“ (2Chr 7,1-3).
In Joh 1,14 lesen wir: „Das Wort ward Fleisch und zeltete unter uns, und wir haben Seine Herrlichkeit angeschaut, eine Herrlichkeit als eines Eingeborenen vom Vater, voller Gnade und Wahrheit.“ Das war der Tempel, in dem Gott wohnte, denn Gott war in Christo. Der Herr selbst nannte Seinen Leib einen Tempel (Joh 2,19-22). In Christo fand Gott endlich den ersehnten Wohnsitz unter Menschen, in dem Er geoffenbart wurde (1Tim 3,16; Heb 1,3; Joh 5,22 ff.).
Zu Pfingsten schlug Gott wiederum Seinen Tempel auf. Dort nahm der Heilige Geist Besitz von diesem Bau aus lebendigen Steinen (1. Petr. 2,5) und wohnte unter uns. Wo zwei oder drei in Seinem Namen versammelt sind, wohnt Er inmitten unter ihnen (Mt 18,20). Zudem sagt uns die Schrift, daß der Herr Selbst im einzelnen Gotteskinde Wohnung macht: „Wisset ihr nicht, daß ihr Gottes Tempel seid und der Geist Gottes in euch wohnt?“ (1Kor 3,16; 6,19).
Das Vollkommene aber. wovon die Stiftshütte nur ein schwaches Vorbild war, wird seine Erfüllung finden, wenn jenes herrliche Wort in Offb. 21,3 „Siehe, die Hütte Gottes bei den Menschen“ als Wirklichkeit geschaut werden wird.
Alle sieben angeführten Beispiele geben uns einen Einblick in das sehnsüchtige Verlangen unseres Herrn, Gemeinschaft mit uns zu pflegen. Wie lange soll Er noch warten, bis wir Ihm Raum machen, Ihm unsern Leib zur Verfügung stellen? (Röm 12,1).
Die große himmlische Bedeutung der Stiftshütte. Wir erkennen sie am besten, wenn wir sie im Lichte des Neuen Testamentes betrachten. In Apg 7,44 sagt Stephanus, daß Moses sie baute nach dem Muster, das er droben auf dem Berge gesehen hatte, und in Off 11,19 und 15,5 sieht Johannes den Himmel offen und die Bundeslade im Tempel Gottes stehen. Die Bundeslade in Israel war also ein Abbild der Dinge im Himmel, das besagen auch folgende Stellen: In Heb 8,5; 9,23 und 10,1 steht geschrieben von der Hütte als Schatten der zukünftigen Dinge. Beim Hineinschauen in die Stiftshütte dürfen wir also zugleich einen Blick in den Himmel tun. Je mehr wir in der Erkenntnis wachsen, umso mehr werden wir in diesem Schatten Gottes Wege mit Seinem Volke erkennen und in das Verlangen jener Griechen einstimmen: „Wir möchten gerne Jesus sehen! (Joh 12,21). Die Wichtigkeit der Stiftshütte geht auch noch aus der Tatsache hervor, daß der Schöpfungsbericht nur zwei Kapitel umfaßt, der Bericht über die Wohnung Gottes aber fast fünfzehn Kapitel. Stellen wir uns zum Schluß noch eine wichtige Frage:
Warum errichtete Gott die Stiftshütte nicht in Ägypten? Warum erwählte Er dazu die Wüste? Gott konnte nicht unter dem Volke wohnen, solange es aus Knechten und Sklaven bestand, diese mußten ja Pharao dienen, der von Jehova nichts wissen wollte. Welche Gemeinschaft hat das Licht mit der Finsternis und Christus mit Belial? (2. Kor. 6,14.15). Der gleiche Grundsatz besteht bis heute. Für den in Ägypten, d. h. in der Welt Wohnenden gibt es keinen gegenwärtigen Gott und Christus, Er lebt nur in seiner Einbildung. Gottes Gegenwart setzt Trennung von der Welt voraus. „Sondert euch ab", lautet der göttliche Befehl, „und Ich werde unter euch wohnen.“ Elias fragt Israel auf Karmel: „Wie lange hinket ihr auf beiden Seiten? Wenn Jehova Gott ist, so wandelt Ihm nach, wenn aber der Baal, so wandelt ihm nach“ (1. Kg. 18,21). Denselben Anspruch erhob der Herr an die Gemeinde von Laodizäa in Off 3,14-22. Erst nach der Erfüllung der Ansprüche Gottes wird unser Herz zum Heiligtum Gottes und nicht zuvor. Diese Scheidung ist nochmals in 2. Mose 33,7 ausgedrückt. Wer die Weisung des Herrn erfahren wollte, mußte dahin gehen, wo die Stiftshütte stand. „So laßt auch uns hinaus gehen außerhalb des Lagers und Seine Schmach tragen" (Heb 13,12.13). Unser Hinausgehen muß freiwillig sein wie bei Abraham (1. Mose 12,1-4). Der Herr hat Sich für uns dahin gegeben, damit Er uns herausnehme aus der gegenwärtigen Welt nach dem Willen unseres Gottes und Vaters (Gal 1,4). Leser, versuchst du noch, zwei Herren zu dienen?