Behandelter Abschnitt 2. Mose 25,17-22
Der Deckel der Bundeslade
Betrachten wir jetzt „das Sühnmittel“. – „Und mache einen Deckel aus reinem Gold: zweieinhalb Ellen seine Länge und eineinhalb Ellen seiner Breite. Und mache zwei Cherubim aus Gold; in getriebener Arbeit sollst du sie machen an beiden Enden des Deckels; und mache einen Cherub an dem Ende der einen Seite und einen Cherub an dem Ende der anderen Seite; aus dem Deckel sollt ihr die Cherubim machen an seinen beiden Enden. Und die Cherubim sollen die Flügel nach oben ausbreiten, den Deckel mit ihren Flügeln überdeckend und ihre Angesichter einander gegenüber; die Angesichter der Cherubim sollen gegen den Deckel gerichtet sein. Und lege den Deckel oben auf die Lade; und in die Lade sollst du das Zeugnis legen, das ich dir geben werde. Und dort werde ich mit dir zusammenkommen und von dem Deckel herab, zwischen den beiden Cherubim hervor, die auf der Lade des Zeugnisses sind, alles zu dir reden, was ich dir an die Kinder Israel gebieten werde“ (V. 17–22).
Der Herr offenbart hier seine Absicht von dem feurigen Berg herabzusteigen, um seinen Platz auf dem Gnadenstuhl einzunehmen. Er konnte dies tun, weil einerseits die Tafeln des Zeugnisses unversehrt in der Lade bewahrt wurden und dadurch der Heiligkeit Gottes Rechnung getragen wurde, andererseits aber auch die Symbole seiner Macht (sowohl in der Schöpfung als auch in der Vorsehung) als unzertrennliche Begleiter zu beiden Seiten des Thrones standen, auf dem der Herr sich niederlassen wollte. Hier zeigte sich die Herrlichkeit des Gottes Israels in ihrem vollen Glanz. Von hier aus erließ Er seine Befehle, und diese Befehle wurden erträglich, ja sogar angenehm gemacht, weil die Gnade Gottes ihre Quelle war und auch den Weg bereitete, auf dem sie zu den Menschen gelangten. „Seine Gebote sind nicht schwer“ (1Joh 5,3), wenn sie durch ein „Sühnmittel“ empfangen werden – wenn uns bewusst wird, dass allein die Fähigkeit, sie zu hören, schon Gnade ist, und dass nur die Gnade uns Kraft geben kann, zu gehorchen.
Die Lade und das Sühnmittel, als ein Ganzes betrachtet, sind ein deutliches Bild von der Person Christi und seines Werkes. Nachdem Er in seinem Leben das Gesetz verherrlicht hatte, wurde Er durch seinen Tod zu einer Sühnung oder zu einem Sühnmittel für jeden Glaubenden (Röm 3,25). Gottes Barmherzigkeit konnte nur auf einer Grundlage vollkommener Gerechtigkeit verwirklicht werden. „Die Gnade herrsche durch Gerechtigkeit zu ewigem Leben durch Jesus Christus, unseren Herrn“ (Röm 5,21).
Der einzige Platz, wo Gott und der Mensch zusammentreffen können, ist dort, wo Gnade und Gerechtigkeit sich begegnen und sich in vollkommenem Einklang miteinander befinden. Nur eine vollkommene Gerechtigkeit kann Gott genügen und nur eine vollkommene Gnade dem Menschen. Aber wo konnten diese beiden Dinge zusammentreffen? Nur am Kreuz. Dort sind „Güte und Wahrheit sich begegnet“, dort haben „Gerechtigkeit und Friede sich geküsst“ (Ps 85,11), und dort findet jetzt der glaubende Sünder Frieden für seine Seele. Er sieht, dass Gottes Gerechtigkeit und seine eigene Rechtfertigung auf demselben Boden ruhen, nämlich auf dem vollbrachten Werk Christi. Wenn der Mensch unter der mächtigen Wirkung der Wahrheit Gottes den ihm geziemenden Platz als Sünder einnimmt, so kann Gott in der Ausübung der Gnade seinen Platz als Erretter einnehmen, und dann ist jede Frage gelöst. Denn da das Kreuz allen Forderungen der göttlichen Gerechtigkeit genügt hat, kann nun auch Gottes Gnade ungehindert ausströmen.
Wenn der gerechte Gott und ein verlorener Sünder auf dem Boden der Blutbesprengung zusammentreffen, dann ist alles für immer in Ordnung gebracht, und zwar in einer Weise, die Gott vollkommen verherrlicht und den Sünder für alle Ewigkeit rettet. Gott muss wahrhaftig sein, mag auch jeder Mensch als Lügner erfunden werden, und wenn der Mensch einmal seinen Zustand vor Gott erkennt und den Platz einnimmt, den die Wahrheit Gottes ihm anweist, dann lernt er verstehen, dass Gott sich als ein gerechter Rechtfertiger eines solchen Menschen offenbart hat, und dies gibt ihm nicht nur einen unerschütterlichen Frieden des Gewissens, sondern auch die Fähigkeit, mit Gott Gemeinschaft zu haben. Und in der Erkenntnis dieses wunderbaren Verhältnisses, in das die Gnade Gottes ihn gebracht hat, kann er auch seinem heiligen Wort gehorchen.
Das „Allerheiligste“ gibt uns daher einen Einblick in die Ratschlüsse der Liebe und Weisheit Gottes. Die Lade, das Sühnmittel, die Cherubim, die Herrlichkeit – welch ein Anblick für den Hohenpriester, wenn er einmal des Jahres hineinging, innerhalb des Vorhangs!