Behandelter Abschnitt 2Mo 25,1-9
2. Mose 25,1-9 - Israels freiwillige Opfer zum Bau der Stiftshütte
Es sei erneut daran erinnert, daß im Bau der Stiftshütte alles nach den genauen Anweisungen Gottes getan werden mußte. Dazu gehörte auch die Materialbeschaffung, die Gott von Seinem Volke im Wege großer, freiwilliger Opfer erwartete. Nach heutigem Begriff würde man sie Vermögensabgabe nennen.
Eine der eindringlichster Eigenschaften Israels ist seine Anhänglichkeit zum Hause Gottes. Das fällt uns verschiedene Male auf. Zunächst gerade beim Bau der Stiftshütte. Wiederum beim Tempelbau, für den geradezu unbeschreiblich große Opfer gebracht wurden (1Chr 29). Ein weiteres Beispiel sehen wir in der Wiederherstellung des Tempels nach der Rückkehr Judas aus Babylon (vergl. Esra 2; Neh 7). Jeder dieser Berichte über solche Opferbereitschaft sollte uns zu ähnlichen Opfern anreizen. Israels Anhänglichkeit an das Haus Gottes war aber nicht allein eine rein äußerliche. Die Psalmen zeigen uns, wie das Volk innerlich daran hing (Ps 84,3.11; 96,8; 100,4). Das beste Beispiel aber gibt uns der Herr Selbst, der stets das Haus Seines Vaters besuchte. Diese Sehnsucht brachte Er schon als Knabe zum Ausdruck (Lk 2,49).
Den Befehl zum Bau der Stiftshütte erhielt Mose; der Wunsch, sie bauen zu lassen, kam aber von Gott selbst, der Sich nach einer Wohnung unter Seinem Volke sehnte. Sie war ein Stück Himmel auf Erden, denn sie entsprach der himmlischen Vorlage und war als Anbetungs- und Opferstätte Gottes gedacht. Hier wurden viele und große Opfer gebracht und unermüdlich Loblieder gesungen. Schon auf dem Wege zum Gotteshaus erschollen die
Lobgesänge und Jubeltöne. Hier war die Stätte, da Menschen zurück in die Gemeinschaft mit Gott gelangten und ihre Gebete darbrachten, so z. B. von Hanna (1Sam 1), von Salomo (2. Chron. 6). Sie war auch die auserwählte Offenbarungsstätte Gottes und der Ort Seiner Segnungen (2. Mose 39,43; 40,34). Schuldige kamen hierher und gingen gerechtfertigt heim (Lk 18,13.14). Unreine wuschen sich und gelangten dadurch ins Heiligtum. Die Treuen erhielten besondere Segnungen (4. Mose 6,22-26). Israel gibt uns ein überwältigendes Beispiel von seiner Liebe und Anhänglichkeit zum Hause Gottes. Können wir das auch von uns sagen?
Reichlich flossen die freiwilligen Gaben. Dankerfüllt brachten sie ihre Opfer dar. Die Schrift offenbart uns die Quelle dieser überströmenden Gebensfreudigkeit mit den Worten „alle, die willigen Herzens waren". Die Herzen liebten Ihn zärtlich; das befähigte sie zu solcher Willigkeit. Der Gedanke, daß der Gott, der sie aus der Knechtschaft errettet hatte, nun noch unter ihnen wohnen wollte, machte sie so willig, Ihm alles zu bringen, um Sein Kommen und Wohnen unter ihnen zu beschleunigen. Gaben ohne Herz sind herzlos. Gott hat kein Gefallen an Gaben, die nicht aus der Liebe zu Ihm fließen.
Das ganze Volk nahm daran teil. Männer und Frauen, Reiche und Arme. Die Reichen brachten ihr Gold. Arme arbeiteten umsonst am Bau. Weise Frauen stellten die kunstvollen Gewebe her zu den Vorhängen und Priesterkleidern. Hier war Willigkeit wie in der ersten Gemeinde (Apg. 2,44.45); sie fehlte nicht wie leider bei Israel in späteren Tagen (Mal 1).
Nennen wir einige Opfer mit Namen. Von Gold und Edelsteinen bis zum Ziegenhaar brachte ein jeder, was er hatte. Frauen nahmen ihren Goldschmuck ab und brachten ihn zu Mose. Männer gingen in den Wald und schlugen die harten Akazienbäume um usw. Doch zählen wir kurz auf, was gebracht werden mußte. Achten wir dabei auf die symbolische Bedeutung des Geforderten.
Gold, das Bild der Herrlichkeit des Sohnes. Silber, das Bild der Erlösung.
Kupfer, ein Hinweis auf die richterliche Gestalt Christi. Ziegenhaar, ein Hinweis auf den Tod Christi.
Rote Widderfelle, hinweisend auf den Schmerzensmann.
Dachsfelle zeigen hin auf den, der „keine Gestalt noch Schöne“ hatte. Akazienholz, hinweisend auf die Menschheit Christi.
Ö1 zum Licht: Er, das Licht der Welt.
Räucherwerk: Christus, der liebliche Geruch (Eph 5,1.2). Edelstein für das Brustschild des Hohenpriesters.
Wer brachte das alles? Wir sagen es noch einmal: „Alle, die willigen Herzens waren“, alle, die Freude am Heiligtum hatten. Wer aber willig und freudig opfert, opfert auch reichlich. So war es hier. Moses mußte sogar dem Volke gebieten, nichts mehr zu bringen, weil es zuviel brachte (2. Mose 36,5). Hier gab es kein Betteln, kein Kollektieren, keine Bazare; so sollte es stets sein. Geben soll uns kein hartes Muß sein, sondern Freude bereiten. Israel brachte, was es hatte. Ähnliches beobachtete ich oft im Innern Afrikas. Die Neger hatten damals noch kein Geld. Kaufen und Verkaufen vollzog sich im Tauschhandel. Was legten sie in die Kollekte? Einige brachten Eier, andere brachten Mehl, wieder andere Früchte. Es sah an den Sonntagen in der Gemeinde aus wie hier an den Erntedankfesten. Einen fröhlichen Geber hat Gott lieb. Wir alle wollen das Beispiel Israels nachahmen oder dasjenige der armen Mazedonier in der Apostelzeit (2Kor 8,1-4).
Noch ein anderes Opfer war nötig: das Opfer an Zeit. Viele sind wohl bereit zu geben, haben aber keine Zeit, um an Gottes Werk praktisch mitzuhelfen. Das Geschäft, der Haushalt oder Freundschaften beanspruchen ihre Zeit voll und ganz. Aber was sagt das Wort? „Meine Zeit steht in Deinen Händen“ (Ps 31,16). David hatte als König gewiß viel zu tun, aber unsagbar viel Vorbereitungen traf er für den Tempelbau und brachte große Opfer auch an Zeit dafür. „Keine Zeit!" ist heut zum Schlagwort geworden. Keine Zeit für die Gebetsstunde, für die Sonntagschule, zum Saalreinigen und für andere Arbeiten für den Herrn.
Daneben gab es beständige Opfer. Die Stiftshütte erforderte nicht nur ein einmaliges, sondern beständige Opfer, z. B. Holz für den Brandopferaltar, öl für den Leuchter, Brot für den Schaubrottisch, Weihrauch für den goldenen Altar und vieles andere. Gottes Wort kennt keine einmaligen, sondern immer nur beständige Opfer. Da war in Israel der Zehnte. Jemand hat gesagt: Wer Gott den Zehnten vorenthält, ist ein Tempelräuber. Wesley hat gesagt, daß er nie an eine Bekehrung glaube, bis der Geldbeutel bekehrt sei. Wer dem Herrn das vorenthält, was Ihm gehört, lebt vom Gestohlenen. Vergessen wir auch nie, daß der Herr am Gotteskasten sitzt, die Geber beobachtet, ihre Gedanken erkennt, ihre Opfer also richtig bewertet (Mk 12,41-44).
Woher nahm Israel in der Wüste die dargebrachten Gaben? Ehe Israel aus Ägypten zog, sagte der Herr zu Mose, daß das Volk von den Ägyptern goldene und silberne Geräte fordern solle (2. Mose 11,2). Begründet war diese Anordnung wohl dadurch, daß Israel hunderte von Jahren umsonst gearbeitet hatte, es durfte nun diese Werte als einen sauer verdienten Lohn betrachten. Gott sagt ja in Jes 65,23: „Sie sollen nicht umsonst arbeiten.“ In z. Mose 12,35.36 lesen wir, daß Israel von den Ägyptern willig erhielt, was Gott Seinem Volke verheißen hatte. Doch wie verwandte Israel die Gottesgaben, die es durch Seine Güte von den Ägyptern erhalten hatte? Es gab sie Gott wiederum zurück zum Bau der Stiftshütte. Betrachten wir unsern Arbeitslohn auch als ein Geschenk Gottes oder als unsern Verdienst? Geben wir, wie Israel, auch gern und willig Gott wenigstens einen Teil zurück von dem, was Er uns in Seiner Güte und Treue gibt?
Was bezweckte Gott mit dem Bau der Stiftshütte? Das, was er schon Pharao sagen ließ: „Laß Mein Volk ziehen, daß es Mir ein Fest halte“ (2. Mose 5,1). Ganz Israel war dazu bestimmt, ein Königreich von Priestern zu sein. Welch herrlicher Anblick muß Israels Gotteshaus gewesen sein! Bileam sagt uns etwas davon (4. Mose 24,5.6). In der Mitte des Lagers stand die Stiftshütte mit der Wolke als Zeichen der Gegenwart Gottes darüber. Rings herum hatten sich die einzelnen Stämme wohl geordnet gelagert: Bei Nacht war das ganze Lager durch die Feuersäule hell erleuchtet als Beweis dafür, daß der Gott Israels nicht schläft noch schlummert (Ps 121,4). Und in der Hütte standen die Priester Gottes Tag und Nacht und beteten ihren Gott an.