Behandelter Abschnitt Ps 65,1-6
Anbetung durch Schweigen Psalm 65,1-6
Dreierlei lernen wir beim flüchtigen Überblick des Psalmes:
- Anbetung und Lobgesang in der Stille, im Schweigen.
- Das gewaltige Wirken Gottes (V. 5‑8).
- Die Segnungen Gottes in der Natur.
Ein anderes Merkmal sind die vielen vertraulichen „Du“. Sie zeugen von einem kindlichen Verhältnis des Psalmisten zu seinem Gott. Unterstreichen wir sie, setze hier ein Sela, und du wirst schweigend in der Stille anbeten wie David.
Anbetung in der Stille (V. 1). „Deiner harrt schweigend der Lobgesang.“ Flügge übersetzt: „Schweigend nahen wir Dir o Gott in Zion.“ Schweigend bringen wir Dir unser Lob, unsern Dank. Schweigend in der Stille anbetend kennen nur wenige. Vor Gott ohne Worte zu liegen ist nur möglich nach langem, stillem Betrachten der unbeschreiblichen Größe und Liebe Gottes und der Erkenntnis meines absoluten Nichts. Am Nahesten drückt sie Tersteegen in seinen Liedern aus: „Ich will, anstatt an mich zu denken, ins Meer der Liebe mich versenken.“ Es dürfte jenes stille Singen und Spielen im Herzen sein, von dem Paulus in Kolosser 3,16 schreibt. Das war oft Davids Beschäftigung in der Nacht, da er über das Wort sann. In der Stille erinnern wir uns der vielen Unterlassungssünden. Hier bestaunen wir einerseits Seine lückenlose Treue, Größe und Liebe und andererseits unser Versagen. Mit Jesaja 6,5 rufen wir aus: „Wehe mir!“ Eine reiche Belehrung nach der Seite bietet Psalm 116. David wird an sein Versagen erinnert und bezahlt seine Gelübde.
Einige Einzelheiten wofür David anbetete. Er rühmt den Hörer des Gebets, zu dem alles Fleisch kommen darf. Er dankt für die Vergebung seiner Ungerechtigkeiten. Er gedenkt nicht nur an seine, sondern an die des ganzen Volkes. Für die Vergebung der Sünden betet und dankt er. Er weiß wie zahlreich sie sind. Mit dem Propheten muss er bekennen: „Herr, wenn Du wolltest Sünde zurechnen, wer würde bestehen?“ Er muss bekennen, dass seine Sünden zahlreicher sind, als die Haare seines Hauptes (40, 13). Gottes Ohr ist stets offen für jeden, der sich in Buße und Glauben zu Ihm wendet. Wir sehen nicht nur die ungeheure Größe unserer Schuld, sondern die der unermesslichen Gnade, die sie zudeckt. „Alle, alle meine Sünden hat Sein Blut hinweggetan“ (Jes 1,18; 55,7; Ps 103,3).
Er dankt für die Erwählung. Er sagt in Vers 4: „Glückselig der, den Du erwählet hast.“ Über diese unaus-forschliche Gnade haben viele nachgedacht und sind auf keinen Grund gekommen. David mag zunächst über das große Vorrecht der Erwählung zum König gedacht haben, an jene Stunde, da Samuel im Auftrage Gottes in sein Elternhaus kam und ihn salbte inmitten seiner Brüder (1Sam 16). Ob er darüber hinausgedacht hat, dass sein Königtum kein Ende
haben werde, dass selbst Christus, der Messias, der König der Könige, auf seinem Throne sitzen werde, dann hätte er sich tief unten auf einen Schemel gesetzt. Stehen wir hier still! Wer vermag zu erfassen, dass wir vor Grundlegung der Welt erwählt worden sind, zuvor bestimmt zur Kindschaft (Eph 1,3; Röm 8,29; Joh 15,16)? Hier stehen wir vor einem unergründlichen Geheimnis, worüber wir in der Stille nur anbeten können. Erwählt um heilig und tadellos vor Ihm zu sein in Liebe, zu einem Königtum und zu Priestern unserem Gott (Off 1,6). Uns, die Unwürdigen, ja sogar einstigen Feinde, hat Er zu solcher Würde bestimmt. Wer denkt dabei nicht an 2. Petrus 3,11? Welche solltet ihr dann sein in heiligem Wandel und Gottseligkeit!
Er dankt für das Hinzunahen. Den du hinzunahen lässt, dass er wohne in deinen Vorhöfen. Ein Tag in den Vorhöfen war ihm mehr wert, als tausend andere (Ps 84). Er preist die glückselig, die in Seinem Hause wohnen, die loben Ihn stets, Unser Hinzunahen ist unendlich größer! Jene durften nur in den Vorhof, wir aber gehen im Geiste beständig in das Allerheiligste droben ein. Im alten Bunde durfte nur der Hohepriester einmal im Jahr hineingehen; wir aber dürfen beständig eintreten. Hier sehen wir den hohen Wert des Blutes Jesu, durch welches wir den Zugang haben (Heb 10,19.20). Wo darf heute Gottes Volk solche Gnade erfahren, in Seiner Gegenwart zu weilen? Da, wo sich zwei oder drei in Seinem Namen versammeln (Mt 18,20). Der einzelne Christ darf diese Gnade beständig und überall erfahren. Es ist wie der Herr in Johannes 4,20-24 sagt, dass die wahrhaftigen Anbeter Gott überall im Geist und in der Wahrheit anbeten. Jakob rief jubelnd auf freiem Feld aus. „Hier ist nichts anderes als Gottes Haus“ (l. Mose 28). Das kann im Kämmerlein, in der Werkstatt, im Gefängnis (Apg 16,25), ja selbst während eines Orkans sein (Apg 27,23.24).
Hier gibt es wahre Befriedigung. Gesättigt mit Gutem in Seinem Hause (V. 4). Das haben viele im Heiligtum erlebt. Hier wurde der niedergeschlagene Asaph aufgerichtet (Ps 73). Hier wurde (im Tempel) der Zöllner ein neuer Mensch, als er um Gnade flehte (Lk 18,13). Hier wurde jene arme Witwe so reich gesegnet, dass sie aus Dankbarkeit ihr Letztes dem Herrn hinlegte (Mk 12,42).
Und wo wird unsere Seele gesättigt? Bei Israel geschah das jeden Morgen durch das Manna. Heute unter dem Wort, sei es daheim oder in der Bibelstunde, wohin wir mit dem heißen Verlangen gehen, genährt, gesegnet zu werden (1Pet 2,2). In der Gebetsstunde, da wir unsern Mund weit öffnen, dass Er ihn neu fülle mit Seinem Heiligen Geist und der Erkenntnis Seines Willens. Wir ahmen unsern Herrn nach, der sich jeden Morgen in der Frühe das Ohr öffnen ließ, um belehrt zu werden, um auch andere zu trösten und zu erbauen (Jes 50,4).
Zwölf vertrauliche Du Psalm 65
Gern möchte ich wiedergeben, was mir in der Stille des Morgens in diesem Psalm als erstes auffiel. Es ist das liebliche Wörtlein Du. Meistens bieten wir es nur Vertrauten an. Die vielen Du, die David nennt, zeigen uns seine Vertrautheit, sein kindliches Verhältnis zu seinem Gott. Daneben bietet der Psalm weitere köstliche Belehrungen. Wir wollen die vielen Du zu uns reden lassen. David beginnt mit „Du erhörst Gebete, darum kommt alles Fleisch zu Dir!“ Das sagt er vom Herrn ganz allgemein. Als Hörer der Gebete hat David den Herrn reichlich erfahren, anfangend bei seiner Rettung aus der Sünde (Ps 40,1-3). Dann geht er zu Einzelheiten über und beginnt bei der Vergebung.
„Du vergibst.“ Die Missetaten drückten ihn schwer, er bekennt sie in Psalm 32,5, und die Folge war Vergebung. Herrlich ist es sagen zu können: „Wir haben die Vergebung der Sünden durch Sein Blut“ (Eph 1,7). Dadurch kommt das Kind Gottes in das größte Vorrecht, in die Gemeinschaft mit dem Vater und mit Seinem Sohne Jesus Christus (1Joh 1,3). Wir haben dadurch ständigen Zutritt zum Gnadenthron.
„Du erwählst.“ Diese Tatsache muss jeden Gläubigen zur Anbetung führen (Eph 1,4; Joh 15,16; Röm 8,29). David muss an das Vorrecht seiner Königswahl gedacht haben. In diese Königswahl sind auch wir mit einge-schlossen (1Pet 2,9; Off 1,5) und haben allezeit Zutritt zum allerhöchsten Thron (Heb 4,16; 10,19) um Gnade und Barmherzigkeit zu finden (Heb 4,15.16). Dieses Hinzunahen ist uns zugesichert.
„Du wirst uns antworten.“ Kinder Gottes dürfen alle ihre Anliegen vor Gott hinlegen und dürfen gleich für die Erhörung danken (Phil 4,6). Wollte David all die Erhörungen seiner Gebete niederschreiben, so gäbe das einen längeren Psalm als der 119. Hätte ich all meine Gebetserhörungen in den 65 Jahren meiner Jesusnachfolge niedergeschrieben, so gäbe das ein dickes Buch. Uns allen geht es wie David, dass wir uns fragen: „Wie soll ich dem Herrn vergelten alle Seine Wohltaten“ (Ps 116,12)? Geben wir auch Antwort wie Er in den Versen 13‑19?
„Du bist Zuversicht“ allen, die auf Erden wohnen. Wir dürfen Psalm 50,15 beständig erfahren! Moses in seinen Nöten bestätigt es in Psalm 90: „Du bist unsere Zuversicht und Stärke.“ Wohl dem, der in allen Nöten diesen Weg wählt!
„Du stillst das Brausen der Meere.“ Unser Herz gleicht manchmal einem aufgepeitschten Meer, dass wir mit den Jüngern fragen: „Meister, fragst Du nichts danach, dass wir umkommen?“ Oft gehen die Wogen der Versuchungen, Nöte und Schwierigkeiten sehr hoch. Wohl dem der vertrauensvoll sagen kann: „Du stillst sie.“
„Du machst fröhlich.“ Das erfährt jedes Kind Gottes am ersten Tag seiner Bekehrung (Apg 8,39; 16,34). Es freut sich der Vergebung der Sünden und des Friedens mit Gott (Röm 5,1). Unsere Freude darf dauernd sein (Phil 4,4). Wir rühmen uns selbst in Trübsal; denn die Freude am Herrn ist unsere Stärke.
„Er sucht die Erde heim.“ Er ist nicht nur ihr Schöpfer, sondern ihr Erhalter. Er trägt alle Dinge mit Seiner Macht (Heb 1). Er konnte Israel wegen ihres Herzens Härtigkeit dreieinhalb Jahre den Regen entziehen; aber Er erbarmt sich der Seinen immer wieder. Diese große Verheißung hat der Herr schon Noah gegeben. Solange die Erde steht, soll nicht aufhören Saat und Ernte, Frost und Hitze, Sommer und Winter, Tag und Nacht.
„Du sorgst für sie. Du lässest das Getreide wohl geraten und sorgst für die Deinen.“ Einer der schönsten Anblicke sind die wogenden Kornfelder. Sie sind Zeugnis der treuen und reichen Fürsorge Gottes. „Du tränkst ihre Furchen.“ Er gibt den Früh‑ und den Spätregen. Alle Bemühungen des Bauern wären umsonst, gäbe der Herr nicht den Regen. Ähnlich ist es im Glaubensleben. Mit dem Dichter bitten wir: Ströme des Segens lass fallen.
„Du erweichst das Land.“ Ehe der Frühregen fällt. ist der Erdboden mit einer harten Kruste bedeckt; aber der Regen erweicht ihn. Ähnlich ist es mit dem natürlichen Herzen: es ist hart, aber der Regen des Geistes vermag es zu erweichen wie Saulus von Tarsus. den rohen Kerkermeister.
„Du krönest das Jahr mit Deiner Güte. Deine Fußstapfen triefen von Fett.“ Das erste der vielen „Du“ redet von der Vergebung der Sünden und das letzte von der Krönung. So ist es im Glaubensleben. Es begann bei Paulus mit der Vergebung, der Bekehrung (Apg 9), und es endete mit der Krönung (2Tim 4,7.8). Leider dürfen viele nicht sagen: „Hinfort ist mir beigelegt die Krone.“ In 2. Korinther 5 muss er sogar von solchen reden, die dereinst nackt erfunden werden. Ihr Wirken auf dem Erntefeld des Herrn war nicht zur Ehre des Herrn, sondern zum eigenen Ruhm. Darum werden sie die Stoppeln verbrennen. Der Tag Christi wird alles offenbar machen (1Kor 3,14.15). Prüfen wir uns ernstlich, ob in all unserem Wirken auf dem Erntefeld der Seelenrettung uns das Motto leitet: „Die Liebe Christi drängt uns“ (2Kor 5. 14). Nicht wenigen muss der Beweggrund unseres Arbeitens auf dem Erntefeld unseres Herrn sein. Das Feld ist reif zur Ernte. Bittet den Herrn der Ernte, dass Er Arbeiter sende in Seine Ernte. Er ruft allen zu: „,Gehe auch du in Meinen Weinberg.“ Mit dem Dichter singen wir: „Dir zur Verfügung mein Gott und mein Herr. Dir zur Verfügung je länger je mehr. Dir zur Verfügung in Freud und in Leid, täglich und stündlich für Jesus bereit.“