Behandelter Abschnitt Ps 61,1-8
Sehnsucht nach Gemeinschaft Psalm 61
Man nimmt an, dass auch dieser Psalm aus der Rebellionszeit Absaloms stammt. David muss in dieser schweren Zeit besonders in inniger Gemeinschaft mit Gott gelebt haben, um so der Griffel Gottes sein zu dürfen und diese ermunternden Worte zu schreiben. Das war nur möglich unter der Leitung des Heiligen Geistes, denn alles in der Schrift ist von Gott eingegeben (2Tim 3,16). Unsere Bibel wäre arm ohne die Psalmen. Ähnliches wie in den Psalmen lesen wir über Johannes. Während er in der Verbannung auf Patmos litt befahl ihm der Herr: „Schreibe“ (Off 1,11). Gerade in Leidenszeiten braucht Gott Seine Knechte, Er schenkt ihnen auch die nötige Kraft dazu (Phil 1,29; Kol 1,24). David fühlte besonders die
Einsamkeit. Er kommt sich vor, als sei er am Ende der Erde, und doch fühlt er wie Asaph Gottes Nähe (Ps 139,9.10). Einsamkeit hat zu unerträglichem Schmerz, ja selbst zum Tode geführt. Missionare auf einsamen Posten litten oft schwer darunter. Besonders aber unser Herr: alle Jünger verließen Ihn, als Er am Kreuze hing und schrie: „Mein Gott, mein Gott, warum hast Du mich verlassen?“ David schrie zu Gott, dass Er ihm eilends helfe. Er kennt die Verheißung: „Ich will dich nicht verlassen“ (Heb 13,5). Singen wir nur laut: „Nein, niemals allein!“ ‑ David fühlte die Einsamkeit sehr, denn er redet von sich als einem Verschmachtenden.
Sein tiefes Bedürfnis nach Gemeinschaft. Er betet wie aus weiter Ferne, aber in der Gewissheit der Erhörung (Joh 15,7). Er muss wie Paulus sein Alleinsein schwer empfunden haben, besonders da das Schwert über ihm hing, wie über dem Apostel Petrus in Apostelgeschichte 12. Auch der furchtbare Zustand im Lande drückte ihn schwer. Seine einst Getreuen haben ihn verlassen, und er kann sich mit niemandem aussprechen. So schreit er zu Gott. Sein Alleinsein wurde noch in besonderer Weise belastet, durch
Seine Sehnsucht nach dem Hause Gottes. In Psalm 84 tritt dieses Sehnen noch stärker hervor, da er nach den Vorhöfen und den Altären Gottes schmachtet. Kinder Gottes, die an Orte ohne Gemeinschaft von Mitgläubigen versetzt wurden, haben schwer darunter gelitten. Mit andern Gläubigen singend zum Hause des Herrn pilgern war für David unersetzlich. Zugleich aber erwähnt er dreierlei Segnungen, die ihm unvergleichliche Sicherheit bieten:
1. „Du wirst mich auf einen hohen Felsen leiten.“ Oft haben wir uns mit dem Felsen beschäftigt. Christus ist der Fels, und was gibt es Sichereres als Christus selbst. Also nicht nur Gemeinschaft mit Ihm, sondern Sicherheit.
2. David vergleicht den Herrn mit einem starken Turm, der seine Zuflucht ist. In einem solchen erfreute sich Luther auf der Flucht, als er diesen Psalm übersetzte.
3. Er braucht ein besonders schönes Bild des Schutzes, das des Vögleins unter den schützenden, warmen Flügeln der Mutter. Letzteres will der Herr den Seinen sein (Mt 23,37). Er ist ihnen Schutz, ihr Zuhause, ihr wirkliches Wohlsein unter Seinen Fittichen (Ps 91). David drückt es in dreifacher Weise aus: Sicherheit, Vertrauen und Gemeinschaft. Eine Quelle wird erst dann vermisst, wenn sie versiegt. Nicht so lebendiger Glaube. Er sagt: « Du bist bei mir» (Ps 23) auch am äußersten Ende der Erde, wie das David und Asaph bezeugen (Ps 139,9.10).
Sela, denke nach, stehe still, blick zurück, was dir dein Gott war und dir in jeder Lage sein will! Hätte David nur eine Ahnung gehabt, wie er durch seinen Glauben inmitten von Leiden schwerster Art. Millionen Menschen aller Zeiten und Rassen Ermunterung bieten werde, so hätte er noch mehr zur Harfe gegriffen. Das ermutigt auch uns, alle Leiden um Jesu willen willig zu tragen! Mit Paulus sagen wir: „Ich vermag alles durch Den, der mich kräftigt.“
Unser Gott hört. Nicht allein auf unser Schreien, sondern auch auf die Gelübde. Gerade in Zeiten der Prüfungen wird der Christ an sie erinnert. Jedes Kind Gottes hat solche. Denken wir nur an unsere Weihe und Hingabe an Ihn, an die erste Liebe. Ist es dabei geblieben? Sind Seine Züchtigungen nicht berechtigt? Hat Gott nicht Jakob an seine Gelübde erinnert, weil er sie nicht erfüllt hatte (1. Mose 31,13)?
Davids Glaube wuchs. Er schaut über alles hinweg, hin aufs Erbe, und das war sehr groß (Röm 9,4.5). Weitaus größer ist unser Erbe. Alles was mein ist, ist dein (Lk 15,31). Unser Erbe ist Jesus, die größte Gabe Gottes, und mit Ihm haben wir alles (Röm 8,32). Petrus findet nicht Worte um es zu schildern (l. Petr. 1, 4). Wer darauf schaut, was er bald sein wird, kann unmöglich am Boden liegen. Eine schöne Erwartung: Langes Leben. Das war eine Verheißung an den treuen Israeliten, anfangend beim gehorsamen Kinde. „Auf dass es dir wohl gehe und du lange lebest auf Erden“.
Ein heiliges Verlangen: Was war ihm Herrlichkeit, ewig im Zelte Gottes zu sein. Hier blickt er nicht in die nächste Zukunft nach Zion, sondern auf die Verheißung in Jesaja 9,7, da der Stuhl Davids ewiglich gesichert ist. Er schaut hinüber bis in das Millennium, ja noch weiter in das Zion droben, wovon das Irdische nur ein Schatten ist (Heb 12,22.23). David redet von Güte und Wahrheit in Christo (Joh 1,14); darin zu bleiben ist seine Sehnsucht.
Was ist sein letztes Sehnen?
David will den Namen des Herrn ewiglich besingen, und täglich seine Gelübde bezahlen. Was sagt er uns, den Gläubigen von heute? Wohin zog es David? Ins Heiligtum. Und wo sind für uns die geistlichen Segnungen? Der Herr zeigt uns ihre Fülle in Johannes 15: „Bleibet in mir!“