Behandelter Abschnitt Ps 60,1-12
Ein Psalm zur Ermunterung Entmutigter Psalm 60
Dieser Psalm hat scheinbar wenig Ähnlichkeit mit andern. Er beginnt mit einer Reihe von Niederlagen in Kriegen; welche David meint, sagt der Text nicht. Er klagt als einer, der von Gott vergessen ist. Er nennt die Feinde mit Namen sowie ihre feste Stadt ihre Zuflucht (V. 7‑9). Es ist schwer den Psalm zu analysieren. Wir begegnen Teilen gleichen Inhalts in Psalm 108. Es bestehen viele verschiedene Auffassungen, in welche Zeit er einzureihen ist, und wir schweigen, da es der Psalmist selbst tut. In jedem Fall gehört er in die Geschichte Israels während Davids schwerer Notzeit.
Der Psalm redet von schweren Züchtigungen über Israel. Als der Herr Sein Volk nach der Volkszählung Israels durch David züchtigen musste, legte ihm Gott dreierlei Zucht vor; eine davon lautete Flucht vor den Feinden. David bat den Herrn, ihn davor zu verschonen (2Sam 24,12-14). Würden wir in einem solchen Fall nicht auch lieber Krankheit oder Verluste wählen, als in die Hände falscher Brüder zu fallen? Auf Verfehlung und Sünde muss Zucht folgen, wenn nicht zuvor gottwohlgefällige Buße eintritt, und selbst dann folgt sie noch oft. Das sehen wir im Fall Davids nach seiner Sünde mit Bathseba und Uria. Sie vollzog sich an seinem eigenen Hause und lastete schwer auf ihm. Gott nahm ihm vier Söhne, und die ärgste Zucht lag zweifellos in Absalom. Wie sehr oft Zucht nötig ist, lesen wir in Hebräer 12,4 bis 11. Wie sie in unserer Kinderstube unerlässlich ist, so ist sie es auch von Seiten unseres himmlischen Vaters Seinen Kindern gegenüber.
„Du hast uns mit Taumelwein getränkt.“ Wir glichen Trunkenen, die unsicher umherirrten. Unser Abschnitt verzeichnet nach Vers 6 bis 8 verschiedene Niederlagen in Kriegen unter der Regierung Davids. Gott muss Missfallen an Israel gehabt haben und wandte sich für kurze Zeit von ihm weg (Jes 54,7). Die Erschütterung war überall bemerkbar. Vielleicht hat auch ein Erdbeben stattgefunden, weil David um Heilung der Risse bittet. Wir wissen es nicht. Solche Erfahrungen sind hart für ein Volk, das sich nach Seinem Namen nennt und dem so reiche Segnungen verheißen sind; man denke an die vielen Niederlagen von Ebal (5. Mose 11,29).
Gott hat den Stämmen ein Panier gegeben, das auf ihre Zugehörigkeit hinweist. Wo war es? Zusammengerollt. Unser Panier ist das Kreuz. Ist es entrollt wie bei Paulus, der keinen anderen Ruhm kannte als das Kreuz (Röm 1,16; Gal 6,14)? Schweigen wir, so wird uns Schuld treffen, sagten jene vier Aussätzigen (2Kön 7,9 f). Lasst uns unser Panier hoch erheben! Es ist das einzige, was die Welt retten kann (1Kor 9,16)! Mit Petrus wollen wir sagen, dass wir es nicht lassen können zu zeugen (Apg 4,20), weil in keinem andern Heil ist, als in Jesus (Apg 4,12).
Der Psalmist setzt wieder ein „ Sela“ . Es ist nötig über die Ursachen unserer Niederlagen, Züchtigungen und der Fruchtlosigkeit nachzudenken. Einem reichen Bruder nahm der Herr sein Geld. Als er zur Besinnung kam, wusste er, warum Gott es tat: weil er dem Herrn kaum etwas gab. Was folgte dem Sela, dem Nachdenken über die Niederlagen?
Ernstes Gebet. O welch herrlichen Ausweg hat Gott den Seinen durch Buße und Gebet geschenkt! David betet gottwohlgefällig. Er bittet um Befreiung der Geliebten Gottes. Wir dürfen es ähnlich tun und beten: „Dein Name werde geheiligt, Dein Wille geschehe, Dein Reich komme“ und nicht zuerst um unser täglich Brot. David bittet für die Geliebten Gottes, denn an ihnen hat Gott all Sein Wohlgefallen (Ps 16,3). Hier beginnt der Teil des Psalms, den er in Psalm 108 wiederholt. Er redet von der rechten Hand Gottes, die alles vermag. Wohl allen, die sich in so einfacher, aber mächtiger Sprache des Gebetes bedienen. Rette Dein Volk um der Väter und um Abrahams, Deines Freundes wegen! Mein Gebet ist sehr mutig, aber Deine Erhörung ist weit größer.
Gottes Reden. Gott hat geredet in Seiner Heiligkeit oder aus Seinem Heiligtum, und mit diesem Heiligen redet David wie ein Kind mit dem Vater. Das Ergebnis ist Freude und Frohlocken! Es ist, als schwöre Gott bei Seiner Heiligkeit, dass Er das Land bewahren wolle. Der Psalmist ist der Treue Gottes und Seiner Verheißungen sicher. Er weiß, dass Gott das Verlorene zurückgeben werde. Sichern war der Ort, da Abraham zuerst sein Zelt aufstellte und den ersten Altar baute (1. Mose 12,6). Dort nahm Israel Besitz vom Lande (Jos 20,7). Daselbst machte Josua einen Bund zwischen Gott und Seinem Volk (Jos 24,25-28).
Vertrauen in die Verheißung (V. 10). „Wer wird mich führen in die feste Stadt?“ Das war seine Frage und sein Sehnen, aber er ist der Erhöhung gewiss. Derselbe Gott, der sie für kurze Zeit sich selbst überlassen musste, erbarmte sich ihrer neu. Edom war der stärkste Ort, doch David weiß, dass er einziehen werde. Das allein genügt nicht, es galt auch Hand anzulegen und zu kämpfen. Große Gerichte haben uns getroffen, die Erde selbst ist erschüttert worden. Du hast uns zerstreut, warst zornig über uns; aber ich habe gehört, dass Du alles wohl machst. Beachte den Schluss.
Das Los aller Menschen ist Zucht. Sie währt von der Wiege bis zum Grab. Zahlreich sind Gottes Erziehungswege (Heb 12,11). Der Schrei aller Menschen lautet „Herr, schaffe uns Hilfe“ (Ps 50,15), die allgemeine Erfahrung aller: Menschenhilfe ist eitel. Darum lasst uns beten wie David: „Der Herr wird uns retten“ (Elberfelder -Übersetzung).