Behandelter Abschnitt Ps 10,1-18
O Herr, erhebe Dich Psalm 10
Dieser Psalm beginnt wie mancher andere mit einer Klage. „Herr, warum stehst Du fern und verbirgst Dich in Zeiten der Drangsal?“ Das Sprichwort sagt: Not lehrt beten. Der Ertrinkende, der sonst nicht betet, schreit zu Gott. In welch besonderer Not sich David hier befand wissen wir nicht, da er fast beständig in Drangsal war. Die Passagiere der sinkenden Titanic stimmten das Lied „Näher mein Gott zu dir“ an, was sie sonst kaum gesungen hätten; aber die Todesnot veranlasste sie dazu. Sie dachten an das, was folgt (Heb 9,27). David sah das Treiben der Gottlosen, ihre bösen Absichten, ihn wenn möglich umzubringen. Er konnte nicht begreifen, dass Gott so lange zusah. In der großen Trübsal werden die Gläubigen aus Israel sich fragen, warum Gott den Antichristen um sie wüten lässt; warum schreitet Er nicht ein?
Das Benehmen des Gottlosen. Er brüstet sich und ist aufgeblasen. Der reiche Kornbauer brüstet sich seines reichen Ertrages, als sei es seiner Tüchtigkeit zuzuschreiben und nicht Gott, der allein das Gedeihen schenkt (Lk 12,20). Nebukadnezar mochte sich der stolzen Stadt Babylon rühmen; aber schon am Abend war er unter den Wahnsinnigen (Dan 4,33).
Die Gottlosen sind hochmütig und stolz. Das werden wir noch in Psalm 73 sehen. Aber plötzlich findet ihr Protzen ein Ende. Hochmut kommt vor dem Fall! Gott widersteht David, was dieser zur Genüge erlebte. Der Hochmütige braucht Gott nicht, er meint ohne ihn ungestörter leben zu können. Er spottet Seiner. Er rühmt sich wie Nabal, verachtet dabei den Dürftigen und endet plötzlich mit Schrecken (lSa 25). Der Gottlose schaltet Gott in seinem Leben aus, verherrlicht sich selbst wie Herodes und findet ein schreckliches Ende (Apg 12,23).
Der Gottlose ist blind. denkt nicht an die Ewigkeit und noch weniger an das, was Gott dem Hiskia sagen ließ: „Bestelle dein Haus, denn du musst sterben.“ Der Gerechte aber ist klug und betet: „Herr, lehre mich, dass es ein Ende mit mir haben muss“ (Ps 35,5). Selbst sogenannte Christen sind blind, ihnen ratet der Herr, sich Augensalbe zu kaufen um sehend zu werden (Off 3,17.18). Der Psalmist sagt vom Gottlosen, dass er in seiner Kurzsichtigkeit fortfährt. Gott möchte so gern in dieser Zeit den Blinden die Augen öffnen (Apg 16,18). Petrus durfte einigen Tausend am Pfingsttag die Augen öffnen. Wir wissen, wie sie nachher jubelten (Apg 2,40). Gottlose sind voll Selbstvertrauen. Der Gottlose spricht in seinem Herzen: ich werde nicht wanken von Geschlecht zu Geschlecht. Selbstsicher sein ist gefährlich, das hat Petrus schmerzlich erfahren müssen (Mt 26,35.75). Was aber ist mit denen, die zu spät erwachen (Off 6,15-17)?
Gottlose sind voll Falschheit und Trug. Mit der Zunge richten sie großen Schaden an. David vergleicht sie mit einem Löwen, der im Dickicht auf seine Beute lauert. Es gibt ein Lauern, das gleich schädlich ist: Das Kritisieren statt einander zur Liebe anreizen (Heb 10,24).
Gottlose sind voll Selbstbetrug (V. 11). Sie sagen: Gott vergisst, Er verbirgt Sein Angesicht; aber in Hebräer 4,13 lesen wir das Gegenteil (Röm 2,16). Er bedarf niemanden zu fragen (Joh 2,25). Gott sah, wie Adam und Eva die verbotene Frucht aßen, und wie Kain seinen Bruder Abel erschlug. Irret euch nicht: Gott lässt sich nicht spotten!
Des Psalmisten Zuflucht war das Gebet. Diese sichere Zuflucht, dieser reiche Trost ist die Quelle der Kraft und allen Trostes. Zugleich ist es der Weg zum Sieg und zur Fruchtbarkeit. Heute Nacht gegen 11 Uhr hörte ich am Radio sagen: Wer weniger als eine halbe Stunde im Tag betet, wird wenig ersprießlich für Gott sein, dem musste ich zustimmen.
David fordert Gott zum Handeln auf (V. 12). Stehe auf, Herr, wie einst gegen die Feinde Daniels. Erhebe Deine Hand, handle wie einst am Roten Meer gegen Pharao. Vergiss die Elenden nicht. Du wirst sie nach Deiner Verheißung aufrichten. Zerbrich den Arm der Gottlosen wie den des prahlenden Rabsak, dessen Heer am Morgen am Boden lag (2Kön 19,35). Den Wunsch der Sanftmütigen hast Du gehört. Demütig sein war das Verlangen Davids, der sich nach der Meinung Michals vor dem Volk lose benahm; aber er antwortete seiner Frau: „Ich will noch geringer werden“ (2Sam 6,22). Dem Demütigen gibt Gott Gnade; aber Er widersteht den Hochmütigen, und das hat David reichlich erfahren. Gott gab ihm das Beste: ein Herz nach dem Herzen Gottes.
Und doch durfte nur Jesus sagen: „Ich bin von Herzen demütig.“ Petrus ermahnt: „So demütiget euch nun unter die mächtige Hand Gottes, auf dass Er euch erhöhet“ (1Pet 5,6). Wer sich leer und ohnmächtig vorkommt, den füllt Er mit Gütern (lSa 2). Er füllt die leeren Wasserkrüge mit dem besten Wein bis oben an (Joh 2,8).
Sein Trost. Gott hört Gebete. Daran wollen wir festhalten. „Dein Ohr merkt darauf.“ Du hast ihre bösen Absichten vernommen, und Du wirst handeln. Gebete aus demütigen Herzen erhört Gott, und Er schafft dem Elenden Recht (Ps 147,6). Das lehrt auch Vers 18: „Dass du Recht schaffest dem Waisen und Armen.“ Auch wir dürfen beten und zugleich für die Erhörung danken (Phil 4,6.7).