Behandelter Abschnitt Jer 48,29-39
Verse 29–39 | Der Stolz der Moabiter
29 Wir haben den Hochmut Moabs vernommen, [das] sehr hochmütig [ist], seinen Stolz und seinen Hochmut und sein Großtun und die Überheblichkeit seines Herzens. 30 Ich kenne wohl sein Wüten, spricht der HERR, und sein eitles Prahlen; unwahr haben sie gehandelt. 31 Darum jammere ich über Moab, und wegen ganz Moab schreie ich; über die Leute von Kir-Heres seufzt man. 32 Mehr, als man Jaser beweinte, weine ich über dich, du Weinstock von Sibma; deine Ranken gingen über das Meer, sie reichten bis zum Meer von Jaser. Über deine Obsternte und über deine Weinlese ist der Verwüster hergefallen, 33 und verschwunden sind Freude und Frohlocken aus dem Baumgarten und aus dem Land Moab. Und dem Wein aus den Fässern habe ich ein Ende gemacht: Man tritt nicht mehr [die Kelter] unter Jubelruf; der laute Ruf ist kein Jubelruf. 34 Vom Geschrei Hesbons haben sie bis Elale, bis Jahaz ihre Stimme erschallen lassen, von Zoar bis Horonaim, bis Eglat-Schelischija; denn auch die Wasser von Nimrim sollen zu Wüsten werden. 35 Und ich mache ein Ende in Moab, spricht der HERR, dem, der auf die Höhe steigt und seinen Göttern räuchert. 36 Deshalb klagt wie Flöten mein Herz um Moab und klagt wie Flöten mein Herz um die Leute von Kir-Heres. Deshalb geht das, was es erübrigt hat, zugrunde. 37 Denn jedes Haupt ist kahl und jeder Bart abgeschoren; auf allen Händen sind Ritze, und Sacktuch ist an den Lenden. 38 Auf allen Dächern Moabs und auf seinen Straßen ist lauter Klage; denn ich habe Moab zerbrochen wie ein Gefäß, an dem man kein Gefallen hat, spricht der HERR. 39 Wie ist es bestürzt! Sie heulen. Wie hat Moab den Rücken gewandt vor Scham! Und allen, die rings um es her wohnen, wird Moab zum Gelächter und zur Bestürzung sein.
Die große Sünde der Moabiter ist ihr Stolz (Vers 29), zusammen mit ihrer Sorglosigkeit (Vers 11). „Wir“, das heißt Jeremia und seine Gefährten, „haben den Hochmut Moabs vernommen“. Jeremia hat es schon früher erwähnt (Verse 7.11), aber noch nicht in der starken Form dieses Verses. Sechsmal wird in diesem einen Vers in unterschiedlicher Weise davon gesprochen. Hochmut ist die Ursünde. Sie ist im Herzen der Moabiter und im Herzen eines jeden Menschen. Hochmut ist im Herzen, aber der HERR kennt das Herz der Moabiter und den Stolz, von dem es erfüllt ist (Vers 30). Bei den Menschen äußert sich dieser Hochmut in „eitlem Prahlen“ und unwahrem Handeln, dem Tun von Dingen, die nicht in Ordnung sind. Hochmut führt zu allen anderen Sünden.
Wegen all dieser Sünden kommt das Gericht über Moab. Aber Jeremia freut sich nicht darüber (Vers 31). Damit zeigt er auch, dass der HERR sich nicht über das Gericht freut, das Er ausführen muss. Er drückt damit die
Gefühle des HERRN aus. Er weint über sie und erwähnt Sibma (Vers 32). Sibma ist für seine Weinberge weit und breit bekannt, bis zum Meer von Jaser. Die gesamte Ernte wurde von den Feinden vernichtet. Wein ist ein Bild der Freude. Den Wein wegzunehmen bedeutet, die Freude wegzunehmen (Vers 33). Es gibt keine Weinernte. Alle Ausdrücke der Freude, die beim Keltern der Trauben zu hören waren, sind verschwunden. Der HERR hat sie zum Verstummen gebracht.
Anstelle von Freudenbekundungen ertönt nun ein Aufschrei als Ausdruck tiefen Leids (Vers 34). Dieses Geschrei, das aus Hesbon, das in der Nähe von Sibma liegt, ertönt, ist überall zu hören. Es bedeckt sozusagen das ganze Land; das ganze Land ist voll davon. Es gibt nicht nur keinen Wein mehr, sondern auch keine Erfrischung durch Wasser, denn die Wasser von Nimrim werden zu Wüsten.
Der HERR wird nicht nur die Freude und die Erquickung aufhören
lassen, sondern auch dem Götzendienst ein Ende setzen (Vers 35). Er wird
dies tun, indem Er alle tötet, die den Götzen räuchern. Damit sind vor
allem die Priester gemeint, aber auch das ganze Volk, das sich den
Götzen hingegeben hat, mit Kamos als Hauptgott. Ihm opferten sie Kinder
(2Kön 3,27), eine Praxis, die die Israeliten nachahmten (
Wegen der großen und vielen Sünden weint Jeremias Herz um Moab und die Leute von Kir-Heres (Vers 36). „Wie Flöten“ bezieht sich auf den Gebrauch der Flöte als Instrument, um Gefühle auszudrücken, sowohl in Freude als auch in Trauer. Jeremia sieht alles, was Moab durch seine Sünden verloren hat. Dabei denkt er nicht an die ungerechte Art und Weise, in der Moab seinen Reichtum erlangt hat. Er sieht, dass das Volk bekommt, was es verdient, aber das bereitet ihm Kummer, nicht Schadenfreude.
Die Moabiter drücken auch ihre Trauer über ihre Verluste aus (Vers 37). Sie rasieren ihre Köpfe, schneiden ihre Bärte ab, machen Ritze in ihre Hände und tragen ein Sacktuch an ihren Lenden. Auf viele Arten zeigen sie ihre Niedergeschlagenheit. Auch lassen sie ihr Wehklagen überall laut werden (Vers 38). Sie lassen es auf allen Dächern hören, wo sie ihren Götzen opfern, und auf allen Gassen, wo sie sich treffen.
Aber von einer Umkehr zum HERRN ist keine Rede. So ist Er schließlich mit Moab verfahren wie mit einem wertlosen Topf, an dem niemand interessiert ist. Ein solcher Topf nimmt nur Platz weg und wird deshalb zerschlagen.
Alle, die davon hören und es sehen, merken, wie bestürzt Moab ist (Vers 39). Wegen des entgangenen Gewinns, der im Handel mit Moab liegt, werden sie darüber klagen. Gleichzeitig können sie ihr Gelächter aus Schadenfreude nicht zurückhalten, wenn sie sehen, dass das hochmütige Moab ein Gegenstand der Bestürzung geworden ist. So können entgegengesetzte Gefühle in einem Menschen zusammengehen: Er trauert über seinen eigenen Verlust und freut sich über den Verlust eines anderen.