Behandelter Abschnitt Jer 37,16-21
Verse 16–21 | Jeremia im Gefängnis
16 Als Jeremia in den Kerker gekommen war, und zwar in die Gewölbe, und Jeremia viele Tage dort gesessen hatte, 17 da sandte der König Zedekia hin und ließ ihn holen. Und der König fragte ihn heimlich in seinem Haus und sprach: Ist ein Wort da von Seiten des HERRN? Und Jeremia sprach: Es ist eins da, nämlich: Du wirst in die Hand des Königs von Babel gegeben werden. 18 Und Jeremia sprach zum König Zedekia: Was habe ich an dir oder an deinen Knechten oder an diesem Volk gesündigt, dass ihr mich ins Gefängnis gesetzt habt? 19 Wo sind denn eure Propheten, die euch geweissagt und gesagt haben: Der König von Babel wird nicht über euch und über dieses Land kommen? 20 Und nun höre doch, mein HERR König: Lass doch mein Flehen vor dich kommen und bring mich nicht in das Haus Jonathans, des Schreibers, zurück, damit ich nicht dort sterbe. 21 Da gebot der König Zedekia, und man verwahrte Jeremia im Gefängnishof; und man gab ihm täglich einen Laib Brot aus der Bäckerstraße, bis alles Brot in der Stadt aufgezehrt war. So blieb Jeremia im Gefängnishof.
Jeremia verbringt „viele Tage“ im Gefängnis, in den tiefsten verborgenen und schmutzigsten Gewölben desselben (Vers 16). Dann sendet Zedekia hin und lässt ihn holen (Vers 17). Er will etwas von Jeremia wissen. Keiner darf wissen, dass er mit Jeremia spricht. Deshalb geschieht es in seinem Haus, im Geheimen. Zedekia will wissen, ob es ein Wort vom HERRN gibt. Damit meint er ein für ihn günstiges Wort. Jeremias Antwort klingt kraftvoll, dass es tatsächlich ein Wort gibt. Dieses Wort ist nun ein persönliches Wort für Zedekia und sein Inhalt ist, dass er in die Hand des Königs von Babel gegeben wird.
Trotz des Gefängnisses, in dem er nun schon seit vielen Tagen ist und das ihm ein Schrecken ist, spricht Jeremia Gottes Worte zu Zedekia. Er lenkt nicht von Gottes Botschaft ab, um sich zu befreien. Er verhandelt sie nicht. Das heißt nicht, dass er nicht die Gelegenheit nutzen darf, die Frage, warum er im Gefängnis ist, an die höchste Instanz zu stellen (Vers 18). Er bittet nicht um Mitleid, sondern um Gerechtigkeit. Ob Zedekia ihm auch sagen kann, was er falsch gemacht hat, dass er, Zedekia, ihn ins Gefängnis gebracht hat? Darin ist er wie Joseph, der auch sagt, dass er unschuldig im Gefängnis ist (1Mo 40,14.15). Er macht Zedekia dafür verantwortlich.
Er fragt ihn auch nach seinen Propheten, die geweissagt haben, dass der König von Babel nicht gegen ihn und das Land vorgehen wird (Vers 19). Wo sind sie jetzt mit ihrem vorlauten Mund? Hat Zedekia nicht mit eigenen Augen gesehen, dass der König von Babel doch hinaufgezogen ist? Wenn ja, dann soll der König doch einmal auf ihn hören, auf seine Bitte, nicht in das Haus des Schreibers Jonathan, dieses schreckliche Gefängnis, zurückgehen zu müssen, damit er dort nicht stirbt (Vers 20). Es ist eine zynische Situation. Die falschen Propheten, deren Lügen so eindeutig entlarvt wurden, laufen frei herum, aber der wahre Prophet, dessen Worte sich so eindeutig als wahr erwiesen haben, sitzt im Gefängnis.
Zedekia erlaubt seine Bitte, aber er lässt ihn nicht gehen, obwohl er von Jeremias Unschuld überzeugt ist (Vers 21). Er ist geistlich sehr ähnlich wie Pilatus, der auch den Herrn Jesus wider besseres Wissen verurteilt (Lk 23,22-24). Für Jeremia ist es eine Erleichterung, dass er nicht in sein altes Gefängnis zurückkehren muss. Er ist immer noch in sicherer Verwahrung, aber auch gesichert durch das Brot, das er jeden Tag von der Bäckerstraße erhält, bis es kein Brot mehr gibt. Dort wird er bleiben, bis die Babylonier ihn befreien.