Behandelter Abschnitt Jes 32,9-14
Verse 9–14 | Das Gericht über Sorglosigkeit
9 Steht auf, ihr sorglosen Frauen, hört meine Stimme! Ihr sicheren Töchter, nehmt zu Ohren meine Rede! 10 Nach Jahr und Tag werdet ihr zittern, ihr Sicheren; denn die Weinlese ist dahin, die Obsternte kommt nicht. 11 Bebt, ihr Sorglosen; zittert, ihr Sicheren! Zieht euch aus und entblößt euch und umgürtet die Hüften [mit Sacktuch]! 12 An die Brust schlägt man sich wegen der lieblichen Fluren, wegen des fruchtbaren Weinstocks. 13 Auf dem Feld meines Volkes schießen Gestrüpp [und] Dornen auf, ja, auf allen Häusern der Wonne [in] der frohlockenden Stadt. 14 Denn der Palast ist aufgegeben, verlassen das Getümmel der Stadt; Ophel und Wachturm dienen zu Höhlen in Ewigkeit, zur Freude der Wildesel, zum Weideplatz der Herden,
In Vers 9 ist Jesaja wieder zurück in Jerusalem. Bevor im Friedensreich Gerechtigkeit herrscht, muss das Volk erst während der großen Drangsal geläutert werden. In dieser Zeit wird das Volk schreien: „Erforsche mich, Gott, und erkenne mein Herz; prüfe mich und erkenne meine Gedanken. Und sieh, ob ein Weg der Mühsal bei mir ist, und leite mich auf den ewigen Weg“ (Ps 139,23.24). Dazu wird der geistliche Zustand des Volkes beschrieben, der eine Läuterung durch Gott notwendig macht.
Jesaja wendet sich mit scharfen Worten gegen die selbstbewussten Frauen der Stadt (vgl. Jes 3,16-26). Er verurteilt ihre Sorglosigkeit, während das Gericht vor der Tür steht (vgl. Amos 6,1a). Sie kümmern sich um nichts, außer um ihr eigenes Vergnügen. Sie leben ganz ruhig ihr Leben in Luxus und Wohlstand, ohne jede Angst vor der drohenden Gefahr. Diese Sorglosigkeit und Ruhe sind nicht das Ergebnis von Vertrauen auf den HERRN, sondern von ihrer Gleichgültigkeit gegenüber dem HERRN und seinen Worten durch den Propheten.
Deshalb werden sie in absehbarer Zeit – und diese Zeit wird ziemlich genau angegeben – aus dieser Sorglosigkeit wachgerüttelt (Vers 10). Es kommt noch nicht sofort, aber es kommt ganz sicher. Ihre Ruhe wird sich in Zittern verwandeln. Das Vergnügen, bei dem der Wein eine so wichtige Rolle spielt, ist vorbei.
Jesaja fordert sie auf, sich zu entkleiden, sich all ihres Prunks und Pomps zu entledigen (Vers 11). Er ruft sie zur Umkehr und zur Reue über den Lebensstil auf, den sie angenommen haben und von dem der HERR ausgeschlossen ist (vgl. Lk 15,17-19). Jesaja zeigt ihnen, wie es in der nicht allzu fernen Zukunft sein wird (Verse 12–14). Es wird alles trostlos und hoffnungslos aussehen.
Es gibt keine Milch mehr für die Säuglinge; es gibt kein goldgelbes Korn mehr auf den Feldern; es gibt keine Weinstöcke mehr mit ihrer üppigen Frucht (Vers 12). Die Folgen der Sünde, „Gestrüpp und Dornen“, werden das Land füllen und die Freudenhäuser und die ausgelassene Stadt überwuchern (Vers 13). Alles ist trostlos, wenn ihr König weg ist und das Volk aus ihren Häusern in die Gefangenschaft weggeführt wird (Vers 14; Sach 14,2b). Die Stadt wird zu einer Geisterstadt ohne jeden Schutz. Die Ein-
zigen, die dort noch etwas Freude finden, sind die Wildesel, die dort vielleicht noch etwas Essbares finden.