Behandelter Abschnitt Ps 63,1-5
Verse 1–5 | Sehnsucht nach Gott
1b Gott, du bist mein Gott! Früh suche ich dich. Es dürstet nach dir meine Seele, nach dir schmachtet mein Fleisch in einem dürren und lechzenden Land ohne Wasser – 2 so wie ich dich angeschaut habe im Heiligtum –, um deine Macht und deine Herrlichkeit zu sehen. 3 Denn deine Güte ist besser als Leben; meine Lippen werden dich rühmen. 4 So werde ich dich preisen während meines Lebens, meine Hände aufheben in deinem Namen. 5 Wie von Mark und Fett wird gesättigt werden meine Seele, und mit jubelnden Lippen wird loben mein Mund,
David beginnt den Psalm, indem er Gott sagt, wer Er für ihn ist (Vers 1b). Gott ist sein Gott. Das spricht von einer intensiven Liebe zu Gott. Seine tiefe Liebe zu Ihm hören wir auch, wenn er dann sagt, dass er Gott „früh“ sucht. Er tut dies, weil seine Seele nach Ihm dürstet und sein Fleisch nach Ihm schmachtet (vgl. Ps 42,1.2). Seine Seele und sein Fleisch stehen für seine ganze Person. Sein großer Durst und sein starkes Verlangen sind ein geistlicher Ausdruck der Wüste, in der er sich befindet. Er fühlt sich wie in einer Wüste, wie „in einem dürren und lechzenden Land ohne Wasser“.
Wenn der Herr Jesus am Kreuz sagt: „Mich dürstet“ (Joh 19,28), dann ist das ein Durst nach Gott wegen der drei Stunden, in denen Er von Gott verlassen ist. Wenn der reiche Mann im Hades dürstet (Lk 16,23.24), dann ist es ein Durst, weil er als Geschöpf ewig von seinem Schöpfer getrennt ist.
Er erinnert sich an die „Macht“ und „Herrlichkeit“ Gottes, weil er Gott „im Heiligtum“ angeschaut hat (Vers 2). Er hat Gottes Heiligtum immer wieder betreten, um Gott anzubeten und Ihm zu begegnen (2Sam 7,18a), mit dem Ergebnis, dass Gott sich ihm in seiner Macht und Herrlichkeit offenbart hat.
Wer in Gottes Gegenwart ist, wird von der Macht seiner Liebe und der Herrlichkeit seiner Person beeindruckt. David hat etwas von dieser Herrlichkeit gesehen, das heißt, er hat sie intensiv erlebt. Das sind die Eindrücke, die er von Gottes Gegenwart erfahren hat und die in seinem Herzen sind. Er hat sie nicht vergessen. Jetzt, wo er in der Wüste ist, will er sie wieder und noch intensiver erleben.
Wer mit den Augen seines Herzens Augenzeuge von Gottes Macht und Güte geworden ist, der hat sozusagen „geschmeckt, dass der Herr gütig ist“ (1Pet 2,3). Daher weiß er auch, dass Gottes Güte – also die Segnungen, die Gott aufgrund des Bundes geben will – besser ist als Leben (Vers 4). Das Leben ist das wertvollste Gut, das man hat. Aber die Güte Gottes übertrifft das Leben. Wir können das Leben verlieren, aber die Güte Gottes bleibt, und das Bewusstsein dafür nimmt zu, besonders wenn das Leben zu vergehen scheint. Wenn dieses Bewusstsein im Herzen groß wird, öffnen sich die Lippen, um Gott zu loben.
Gott zu preisen (Vers 4) geht hier der Errettung voraus (vgl. 2Chr 20,21.22). Gott für seine Güte zu loben, ist auch nicht auf einen einzigen Augenblick beschränkt, sondern kann ständig getan werden, solange wir leben. Dabei warten wir nicht, bis wir bei Ihm sind. Wer Gott liebt und seine Güte erfährt, wird nie aufhören, Ihn zu loben. In Gottes Namen wird er seine Hände erheben als äußere Geste, um sein Herz zum Lob Gottes zu erheben.
Sich so mit Gottes Güte zu beschäftigen, sättigt die Seele „wie von Mark und Fett“ (Vers 5). Hier überwindet der Gottesfürchtige sozusagen die Bedingungen der Wüste, und sein Mund lobt Gott „mit jubelnden Lippen“. Er singt darüber, wer Gott für ihn ist. Sein Körper leidet zwar unter dem Aufenthalt in der Wüste, aber seine Seele ist reichlich gesättigt mit dem Besten der Gemeinschaft mit Gott. Gott ist das beste Teil für die Seele (Ps 16,5). Das erfährt man am meisten, wenn die Umstände hart sind.